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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.08.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-08-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192308076
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230807
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230807
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-08
- Tag 1923-08-07
-
Monat
1923-08
-
Jahr
1923
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s-n« 2 n». Vie Kommunisten und das Kabinett Seigner Abschlägige Antworten auf törichte Kragen Dresden, S. August. (Eig. Tel.) Di« Kommu nistische Presse lauft wieder einmal Sturm gegen die sächsische Regierung, die sich als schwach und unfähig erwiesen habe, und nach einigem Lavieren im Lager der Bourgeoisie gelandet sei. Dieses Urteil stützt sich auf eine Unterredung, die ein kommunistischer Land- tagsabgeordncter mit Minister Liebmann gehabt hat. In dieser Unterredung hat der kommunistische Landtagsabgeordnete folgende Fragen gestellt: 1. Ist der Regierung bekannt, daß die Berliner Reichswehr behörde das Neichswehrkommando Dresden angewie- sen hat, die sächsischen Rcichswchrverbände in vollste Alarmbereitschaft zu stellen und gegebenenfalls gegen die Demonstranten (es handelt sich um die kom- monistische Antifaschistendemonstration am 28. Juli) marschieren zu lassen? 2. Ist die Regierung bereit, zum Schutze der Demonstranten bei eventuellen An- griffen der Reichsrcgierung und ihrer Organe Maß- nahmen zu treffen und welcher Art? 3. Ist sich die Regierung bewußt, welche politischen Konsequenzen die eventuellen Angriffe auf die Demonstranten, ohne daß die Negierung dagegen Stellung nimmt, für die Zeignerregicrung hat? Zur ersten Frage hat Minister Liebmann erklärt: Ich glaube nicht, daß die Berliner Reichswehrbehörde dumm genug ist, gegen Sachsen vorzugehen, ohne daß für dieses Dorgehen der sogenannte Rcchtsboden ge schaffen ist. Wenn die Rcichsregierung deshalb gegen Sachsen vorgehen will, weil die sächsische Regierung den Antifaschistentag nicht verbietet, dann hätte sie cs sehr leicht, auf Grund des Art. 48 der Reichs- Verfassung die Demonstration über ganz Deutschland, also auch für Sachsen, zu verbieten. In diesem Falle wäre sie in der Lage, gegen die Demonstranten legal vorzugchen. Die sofort angestcllten Ermittlungen haben auch ergeben, daß der angebliche Ge- heimbefehIan das Rnchswchrkommando Dresden nicht besteht. Zn Punkt 2 fragte der kommunistische Landtags abgeordnete, ob die sächsische Negierung die Polizei angewiesen habe, in dem Falle, daß die Reichswehr gegen die Demonstranten vorgehen würde, die De- monstranten gegen die Reichswehr zu schützen. Die Antwort war: Ein Vorgehen der sächsischen Polizei gegen die Reichswehr würde bedeuten, daß die sächsische Regierung der Rcichsregierung den Krieg erkläre. Ich kann dazu keine Ansicht der Negierung zum Ausdruck bringen, denn das müßte im Kabinett beschlossen werden. Aber ich glaube nicht, daß im Kabinett Leute sitzen, die sich so stark fühlen, daß sie mit der Rcichsregierung Krieg zu führen bereit wären, ganz abgesehen davon, daß ich auch nicht glaube, das sächsische Kabinett würde eine solche politische Dummheit machen Zu Punkt 3<1 drohte der kommunistische Land- tagsabgeordnete wieder einmal, wie das neuerdings sehr oft geschehen ist, mit dem Sturz der Re gierung, wenn die sächsische Polizei in solchem Falle nicht gegen die Reichswehr eingreife. Darauf ist ihm gelassen erklärt worden, die Regierung werde jede Konsequenz daraus tragen. Ferner wird die Regierung Zeigner von der kom munistischen Presse wegen der Maßnahmen ange- griffcü, die sie gegen die Streikausschreitun. gen in Zwickau angekündigt hat. Es wird be hauptet, daß sich die Regierung damit als Anwalt der Besitzenden aufgctan habe. Dagegen muß her- vorgchoben werden, daß sich die Maßnahmen nicht gegen die Besitzlosen richten, sondern gegen die Aus schreitungen, die zweifellos auch von jedem organi- fierten Arbeiter abgelchnt werden. Nach den der Staatskanzlei vorliegenden Meldungen sind bei De- monstrationcu einzelne Personen aus ihren Woh- nungen herausgeholt, durch die Stra- ßen geschleppt und in einzelnen Fällen blutig geschlagen worden. Zwei Personen sind so mißhandelt worden, daß sie ins Kran kenhaus gebracht werden muhten. In einem dritten Falle wurde ein Fabritdirektor gewaltsam aus der Wohnung geholt, in die die Demonstranten einge drungen waren. Ein Trupp blieb in der Wohnung und beleidigte die Frau des Wohnungsinhabers. Diese Ausschreitungen, die in ihrer Art von keinem organisierten Arbeiter gebilligt werden dürsten, sind der Anlaß für die Maßnahmen gewesen, die von der Nachrichtenstelle auf die Anfrage der Abg. Kaiser und Schneider (D. Vp.) angekündigt worden sind. Die Kommunisten hatten ferner an Dr. Zeigner folgende Anfrage gerichtet: „Will die sächsische Re gierung gemeinsam mit der thüringischen Regierung und Parteivertretern der DSP. und KPD. beider Länder Verhandlungen darüber pflegen, was getan werden soll zur Tlbwehr eines Faschistenangrifscs auf die Regierung?" Darauf antwortete Dr. Zeigner, die sächsische Regierung erkläre dazu, daß sie bisher schon dauernd mit der thüringischen Regie rung in Verbindung gestanden habe. Bei den Beratungen seien auch die Abwehrmaßnah men gegen einen,Faschistenangriff Ge- genstand der Erörterungen gewesen und würden es voraussichtlich auch bleiben. Beratungen dieser Art müßten naturgemäß so vertraulich behandelt werden, daß sie nur in engstem Kreise gepflogen werden können. Deshalb hält die sächsische Regierung den Vorschlag der KPD. nicht für zweckmäßig, es wäre auch fraglich, ob die thüringische Regierung zur Be handlung dieser Frage auf so breiter Grundlage ein- verstanden wäre. Nach Meinung der sächsischen Re gierung müßten diese Fragen von den Regierungen eingehend beraten und geklärt werden. E» müsse dann den Regierungen überlassen werden, an die Parteien, die die Negierung parlamentarisch unter stützen, die ihr geeignet erscheinenden Mitteilungen zu geben. Im gleichen Antwortschreiben lehnt Dr. Zeigner die Forderungen der KPD. auf Einsetzung einer Kommission au» Vertretern der beiden Linksparteien, die die Maßnahmen gegen die Faschistengefahr beraten und beschließen soll, aus staatsrechtlichen Gründen ab, da ein« Kontrolle über die Regierungstätigkeit ein- geschlossen sei. In diesem Zusammenhang ist es interessant, daß do» kommunistische „Dresdner Polksblatt" zu dem angekündtgten Dortrag des sächsischen Minister- Präsidenten in München bemerkt, daß die bayeri schen Orgeschverbände Dr. Zeigner, wenn er es gewagt hätte, nach München zu kommen, ein Schick sal angedroht haben, von dem diejenigen, die sich noch keinen Sarg bestellt haben, gemeinhin nicht» wissen wollen. Dieser Spott von selten der Kom munisten wird aber auf die ernste Stellung ver Kommunistischen Partei zu der augenblicklichen Re- gierung zurückzuführen fein. Lelp-lgervvck Hlwäelsreltuag Vie Not der Erwerbslosen Mahnungen Sachsen» an die Reich», regierung Dresden, 6. August. (Gig. Te l.) Das Arbeits ministerium hat ein dringliches Schreiben an das Reichsarbeitsministerium gesandt, worin im An- schluß an mündliche und telephonisch« Vorstellungen die Erhöhung der Unter st ützungsätze für die Erwerbslosen und ihre Anpassung an die Geld- entwertung in möglichst kurzem Zwischenraum ge fordert wird. Das Schreiben erklärt es für not wendig, die Unterstützung so zu bemessen, daß sie die Kaufkraft von ungefähr der Hälfte des Dorkriegslohnes hat. Die bisherigen Sätze hätten dieser Forderung nie entsprochen. Es müsse geprüft werden, ob sie als Grundlaae weiterer Anpassung überhaupt verwendbar seien. Wöchent lich müßte die Höhe der Unterstützung neu fest gesetzt werden, für die am nächsten Montag be ginnende Woche auf Grund des jeden Mittwoch abend vom Statistischen Reichsamt veröffentlichten Indexes. Die Festsetzungen müßten jeden Donnerstag abend im „Reichsanzeiger" veröffent licht werden. Dos Schreiben fordert, das Reichs- arbeitsministerium möge zur Beruhigung der Er- wcrbslosen möglichst bald mitteilen, daß es so zu verfahren gedenke. Der Schluß des Schreibe,rs lautet: „Das Arbeit»- Ministerium möchte die aufgestellten Forderungen mit allem Nachdruck erheben. Uebcrall im Lande tauchen seit einigen Tagen Forderungen auf, die außer der Erhöhung der Unterstützung Natural- leistungen und eimnaltge Wirtschaftsbeihilfen für die Erwerbslosen als unerläßlich bezeichnen. Die Ge meinden können sich dem Druck der Erwerbslosen nicht langer entziehen, zumal da die Reichsunter- stiitzung eines Ledigen seit dem 30. Juli nicht einmal mehr für den Bezug von etwa» Margarine ouareicht. Bei der Dringlichkeit der Notlage ist zu längeren Versuchen und Berechnungen keine Zeit. Man wird deshalb die beiden aufgestellten Forderungen, na mentlich die Erhöhung der realen Erwerbslosen- Unterstützung und die Anpassung der sich so ergeben- den Unterstützung an die Geldentwertung, zunächst provisorisch gleichzeitig nach einem höheren Maßstab lösen müssen. Deshalb wird beantragt, zunächst vom S. August 1823 ab die seit dem 30. Juli geltenden Unterstützungssätze zu ver doppeln und sie vom 13. August ab zu verdreifachen. Bis -um 20. August wird es dann möglich sein, die Entwicklung so weit zu über sehen, daß feststeht, welcher Teil dieser verdreifachten Satze als reale Unterstützung und welcher als Teue- rungszuschlag anzusehen ist, ferner wird es möglich sein, Grundsätze, deren Ausarbeitung da» sächsische Arbeitsministerium zunächst der Reichsregierung überlassen möchte, für die Anpassung dieses Teue- rnngszuschlagcs an die weitere Geldentwertung auf- zustcllcn. Das sächsische Arbeitsministerium möchte nicht unterlassen, darauf hinzuweiscn, daß hinter dieser nachdrücklichen Forderung sowohl die politi- scheu Parteien als auch die Gewerkschaften und die Erwerbslosen des Landes stehen, und dringend, sie zu beachten." Neue Unruhen in Dresden Scharfes Borgehe« der Polizei Dresden, 6. August. (Eig. Tel.) Am Sonntag abend kam es auf dem Mtmarkt wiederum zu Ansammlungen. Es bildete sich hiernach ein Demonstrationszug, der sich wiederum mit Latten und Steinen ausgerüstet hatte. Die Demon stranten zogen vor das neue Rathaus, wo Haltge macht wurde. Einer der Zugteilnehmer hielt dort eine Ansprache; durch Einsatz der uniformierten Polizei wurde die Menge restlos zerstreut, wobei von den Gummiknüppeln Gebrauch gemacht wer den mußte. Kurze Zeit darauf sammelten sich die Demonstranten wiederum und zogen vor das Taft Maximilian. Hier kam es zu einem größeren Auflauf, wobei ein Kriminalbeamter von der Masse erkannt und sehr bedrängt wurde. Er wurde von einem Wagen der Straßenbahn, den er zum Schutze aufgesucht hatte, heruntergcholt und durch Stein- würfe und Schläge verletzt. Die Scheiben des Straßenbahnwagens wurden dabei demoliert. Zwei der Diter wurden kurz darauf festgenommen, bei ihnen fand sich die dem Beamten entrissene Brief tasche mit Inhalt. Nach Einsatz von uniformierten Beamten zogen die Demonstranten nach der Larus- straße zu dem Etablissement Odeum, in das man ebenfalls einzudringen versuchte. Einig« der Töter wurden fcstgenommen. Im Zusammenhang mit den Unruhen hatte man vorsorglich den Hauptbahnhof bis auf einen Ausgang an der Prager Straße ab gesperrt. Das Polizeipräsidium teilt soeben folgendes mit: Bei den Ansammlungen der letzten Tage ist ver schiedentlich feftaestellt worden, daß Polizeibeamte tätlich angegriffen und ihrer Barschaft beraubt wurden. Die Polizeimannschaften haben nunmehr Anweisung erhalten, in ferneren derartigen Fällen von ihrer Schußwaffe Gebrauch zu machen. Auch wird das Publikum gewarnt, sich weiter in der Nähe dieser Demonstranten auszuhalten, da kiinft-ghin auch auf die Neugierigen bei diesen Demonstrationen keine Rücksicht mehr genommen werden wird. Anfrage über veamten-veförderung Dresden, 6. August. (Eig. Tel.) Der deutsch- volksparteiliche Abgeordnete Dr. Kaiser hat fol- gende Anfrage eingebracht: „Dis vor einiger Zeit wurden im Finanzministerialblatt, Iustizministe- rialblatt, Minister! 1»latt für die sächsische innere Verwaltung und im Verordnungsblatt des Mini steriums des Kultus und des öffentlichen Unter richts Anstellungen, Beförderungen und Versetzungen der Beamtem ver öffentlicht. In neuerer Zelt finden sich solche Der- öffentlichungen nur noch im Finanz ministerialblatt. Die Beamtenschaft und die veffentlichkeit haben ein berechtigte» Interesse daran, über Anstellungen, Beförderungen und Ver setzungen der sächsischen Beamten unterrichtet zu sein. E» wird deshalb gefragt, ob bei dem Justiz- Ministerium, Kultusministerium und Ministerium de» Innern die Absicht besteht, diese Veröffent lichungen dauernd einzustellcn." Wie der Sächsische Landesausschuß der Deutschen Rotgemeinschaft mitteilt, ist die Sammlung für di« Rotgemetnschaft in der Hauptsache abgeschlossen. St« hat bi» jetzt 281 088 454 Mark erbracht. Der Ausschuß empfiehlt dringend, die Sammlungen »ach Möglichkeit fort- zus«tzcn und weift nochinals darauf hin, daß da» Ministerium de» Innern die Genehmigung zur Sammlung bis auf weitere» verlängert hat. * Gegen die sozialistische thüringische Regierung ist im Landtag sowohl von den Rechts parteien und den Demokraten als auch von den Kommunisten ein Mißtrauensantrag ein gebracht worden. Da sich die beiden Anträge, die gegen die Gesamtregierung gerichtet sind, inhaltlich decken, ist ihre Annahme gesichert. Oie Ausbeutung Deutschlands Belgische „Studien" Brüssel, 6. August. (Eig. Tel.) Das belgische Kabinett wird demnächst ein Graubuch veröffent lichen, in dem auch die schon offiziell besprochenen technischen Studien enthalten sein werden, die seinerzeit in den alliierten Hauptstädten als Grundlage einer Besprechung der Reparationefrage übergeben worden sind. Diese Studien zerfallen in drei Teile. Der erste beschäftigt sich mit einer Reihe von deutscher Einnahmequellen, die für die Sicherung einer deutschen Jahres leistung benutzt werden können. Es werden dabei folgende Fragen aufgeworfen: Welche» Erträgnis kann man nach einer Periode zum Ausgleich der Währung und desIahreshaushalt» er warten 1. von der sachlichen Verwertung der deutschen Eisenbahn, 2. von der Ausnutzung gewisser Verbrauchs. Monopole, 3. von den Kohlenlieferunaen. Hinsichtlich der Eisenbahn stellen die belgischen Sachverständigen fest, daß die deutschen Eisenbahn tarife in ihren Erhöhungen niemals mit der Ent wertung der Mark gleichen Schritt gehalten haben, und daß die Ausgaben für die Eisenbahn in unratio neller Weise vielfach übertrieben worden sind, daß man also bei einer Beurteilung der Ertragsfähigkeit der deutschen Eisenbahn von einem Vorkriegsstand und nicht von dem augenblicklichen Haushalt auszu gehen hat. Sie kommen zu dem Schluß, daß die deutsch« Regierung eine Ausbeutung der deutschen Eisenbahn gegen einen jährlichen Gegenwert von 1 Milliarde Goldmark verpachten könnte. Die Berbrauchsmonopole (Tabak, Bier, Zucker, Hol- usw.) könnten für insgesamt 1530 Millio- wen Doldmark verpachtet werden. Das Kapitel über die Kohlenlieferungen endet mit der Schlußfolgerung, daß aus Grundlage der für die deutschen Kohlen wahrend der drei letzten Jahre gehandhabten Preise der jährliche Wert der Kohlenncferuogen 340 Millionen betragen würde. Wenn man von den in der ersten Studre in» Auge gefaßten Einnahmequellen ausgebt, kommt man zu einer Gesamtsumme von 2Z70 Milliarden Goldmark. Di« -weite Studie schlägt vor, zugunsten der Wiederherstellung Kaffenanteilscheine an die deut- scheu industriellen Unternehmungen auszugeben, die 25 Prozent des Reingewinnes, den diese Unter nehmungen erzielen, einzuziehen berechtigen unter Voraussicht einer Stabilisierung der Mar! und einer verhaltismäßigen Wiederherstellung des deutschen Wirtschaftswesens, die man als eine natürliche Folge der Regelung der Reparationsfrage ansieht. Die dritte Studie untersucht zunächst, welche« die Gesamteinnahmen und Ausgaben de» Deutschen Reiches in d^n Monaten April-Mai und Juni 1928 waren, Monat«, wahrend der sich der Wert der Mark nicht stark geändert hat. Dabei ergibt sich ein Ueberfluß von etwa 27 Milliarden Paptermark. Während der gleichen Periode haben die durch die erste und -weite Studie untersuchten Einnahme- quellen nicht mehr ergeben als 13Z Proz. der Ge samteinnahmen. Der Bericht geht dann darauf arm, nachzuweisen, daß in dieser Epoche, in der dir Mark verhältnismäßig stabilisiert war, trotz der Erhebung der oben angegebenen Einnahmequellen für die Reparationstheorie gesehen, ein Ueberschuß der deutschen Einnahmen von etwa 1 Milliarde Gold mark vorhanden gewesen sei. Hieraus wird der Schluß gezogen, daß bei einer normalen Finanz- läge die obengenannten Einnahmen ohne schwere Unzuträglichkeiten, dem deutschen Staatshaushalt entzogen werden können. Aus Polen Oke Negierung und Marschall pilsudski Warschau, «. August. (Eig. Tel.) Die Fahrt de» Marschalls Pilsudski nach Lemberg zur Tagung ehemaliger Legionäre ist unter Begleit- erscheinungen erfolgt, die ein bezeichnendes Licht auf die gegenwärtigen innerpolitischen Verhältnisse Polens werfen. Als Pilsudski auf einer Zwischen station den Lemberger Schnellzug besteigen wollte, zeigte sich, daß der für ihn bestellte Schlafwagenplatz anderweitig verkauft und besetzt war. Das mitreisende Empfangskomitce forderte nun für Pilsudski einen Platz in dem Salonwagen für reisende Ingenieure der Staatsbahn. Dieses Verlangen wurde aber erst erfüllt, als Eisenbahner und Legionäre mit der Demo- lierung des Salonwagens drohten. In Lemberg wurde der Marschall von einer zahl- losen Menschenmenge mit begeisterten Hochrufen empfangen. Obwohl der Feldmarschall Uniform trug, war weder eine Ehrengarde noch der Wojwode selbst erschienen. Die Menge spannte die Pferde aus und zog den Wagen bis vor da« Hotel. Trotz ausdrück lichen Verbots waren auf dem Dege zwei Ehren pforten errichtet worden. An der Tagung der Legionäre nehmen unter Pilsudski» Vorsitz 4000 Delegierte teil, für morgen erwartet man eine hochpolitische Rede des Marschalls im Rathaus. Vie kommunistische Verschwörung Warschau, 6. August. (Eig. Tel.) Der Minister de« Innern machte im Sejm sehr ernste Mitteilungen über die Aushebung der Kommunistenzentrale in der Nacht zum 2. August. E» habe sich um eine terroristische un^ Spionage-Organisation gehandelt, an der auch zwei polnische aktive Offiziere beteiligt waren und die nach Befehlen von außerhalb Polen» arbeiten. Man fand Bomben und Sprengstoffe, mit denen u. a. einige große Bahnbrücken gesprengt werden sollten. Be schlagnahmte Schriftstücke beweisen, daß in ganz Polen eine Reihe von Terrorakten gegen die gegen- wärtige Etaatsform unternommen werden sollten. Feftgestcllt sei bereit« die Verbindung der kommu nistischen Zentrale mit den Bombenanschlägen in Krakau, Warschau und Lod-. vlensrtLg, 6eu 7. Lägest Keine Valorisierung Das Steuerzivsgesetz setzt die Zinsen für ver- spätete Steuerzahler herauf. Während bisher nach dem Geldentwertungsgesetz für Steuerrückstände 15 Prozent Verzuaszmscn für die ersten drei Monate und 30 Prozent für weitere drei Monate zu zahlen waren, sollen nach dem Steuerzinsgesctz für jeden angefangenen halben Monat SO Prs- -ent Verzugszinsen bezahlt werden. Man kann nicht sage», daß dieser Prozentsatz sonderlich niedrig wäre, und der Druck, der damit auf die säumigen Steuerzahler ausgeübt wird, scheint für den gegenwärtigen Augenblick nicht gerade sanft zu sein. Aber das gilt, wie schon gesagt, nur für den gegenwärtigen Augenblick. Man kann sich sehr wohl eine Entwicklung vorstellen, der gegenüber dieser Zinssatz keinen Anreiz zur Steuerzahlung darstcllt, wie man sich auch Perioden denken kann, in der 30 Prozent für einen halben Monat eine unerträg- liche Last für die Wirtschaft bilden. Beides aber sollten Steuergesctze möglichst vermeiden. Ihr Zwcck ist doch, dem Staat so viel an Steuern einzu bringen, daß die öffentlichen Ausgaben damit be stritten werden können. Um diesen Zweck ?u er reichen, wäre es bei den schwankenden Verhältnissen der Gegenwart und der nächsten Zukunft also am besten, einen Maßstab für die Steuervcrzugszinsen zu finden, der sich den veränderlichen Verhältnissen jeweils anpaßt. Da» Verlangen nach einem derart veränderlichen Maßstab ist in der Forderung der „Valorisierung" ausgedrückt. E« soll weder der Staat einen ungerechtfertigt hohen Steuerbetrag noch die Steuerzahler eine Prämie für die Nichterfüllung ihrer Steuerpflicht erhalten. Beide Möglichkeiten werden aber durch die Bestimmungen des Steucr- zinsgesetzcs nicht ausgeschaltet. Die jetzige Lösung wäre höchstens dadurch gerecht- fertigt, daß alle die Steuergesetze, die dem Reichs tage am 8. August zugehen werden, nur darauf ab zielen, dem Staate schnell zu Steucrgeld zu ver helfen, in Erwartung einer gründlichen Steuer- reform, die mit größter Beschleunigung aus zuarbeiten wäre. Dieser Gedanke ist durchaus ver lockend. Zn der Tat handelt es sich zunächst darum, dem Staate möglichst schnell zu einigem Geld« zu verhelfen, um ihm eine ernstliche Entlastung der Noteupresse zu ermöglichen. Die Finanzierung des Staates durch die Notenpreffe hat sich zu einer Ge fahr ausgewachsen, die alles zu vernichten droht. Gegen diese Gefahr kann man auch mangelhafte Cteuergesetze für erlaubt halten, wenn ihnen ein gut- durchgearbeitetcs Sbeuerprogramm nachfolgt. Und in diesem Programm wird die Valorisierung der Steuern, die mit dem Steuerzinsgesctz nicht geglückt ist, «inen breiten Ranm einnehmen müffem Hardings letzter Gang New York, ö. August. (Eig. Tel.) An allen Stationen, die derTrauerzug durchfährt, welcher die Leiche des Präsidenten Harding nach Washington führt, bringen die Einwohner der Ort- schäften Blumen und Kranze an den Zug. Die'ameri kanische Armee hat gestern von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang in Abständen von 14 Stunde auf allen Militarposten von Alaska bi» zum Panama- Kanal, von Haoai bis zu den Philippinen Salut schüsse zum Zeichen der Trauer um den verstorbenen Präsidenten abgegeben. In den Kirchen aller Reli gionen wurden Sondergottesdienste gefeiert. Da» staatliche Begräbnis und die daran anschlie ßenden Feierlichkeiten in Washington werden von größter Einfachheit sein. Die Regierungsgeschäfte werden 3 Tage lang völlig eingestellt werden. Der Trauerzuy wird bei seiner Ankunft in Washington vom PrasidentenLoolidge und von Mitglie dern de» Kabinettes, sowie vom Obersten Gerichts hof empfangen und nach dem Weißen Haus geleitet werden. Dort wird die Leiche des Präsidenten bis Mittwoch früh 10 Uhr bleiben und alsdann ins Kapitol Übergeführt werden. Alle dienstlichen Washingtoner Stellen sowie die Mitglieder de» diplo matischen Korps werden der Trauerfeier im Kapitol beiwohnen, in dem die Leiche noch 8 Stunden auf gebahrt bleiben wird. Nur vier Kranz« werden auf der Bahre liegen: der der Frau Harding, einer vom Präsidenten Coolidge, einer vom Obersten Gerichtshof und einer vom Kongreß. Die Kränze der fremden Staaten und Regierungen sowie der Kabinettsmit- alicder werden an der Seite der Bahre und des Kata- falkes angcordnet werden. Eine militärische Ehren wache wird die Leiche vom Bahnhof nach dem Weißen Hause geleiten. Eine Abteilung Land- und Marine- soldaten wird die Leiche alsdann zum Kapitol brin gen. Der Trauerzug wird auf 3000 Personen be schränkt bleiben. Präsident Wilson, der erst beab sichtigte, an den Trauerfeierlichkeiten teilzunehmen, mußte diesen Plan auf Einspruch seine« Arztes auf geben. Nach New Yorker Meldungen beträgt dasDer wögen des Präsidenten Harding 7—800 000 Dollar. Er hat kürzlich seine frühere Zeitung dem in seiner Vaterstadt Marion erscheinenden „Star" für 423 000 Dollar verkauft. Der Witwe Harding» ist außerdem eine Pension von 5000 Dollar von dem Kongreß zur Verfügung gestellt worden. Der Stellvertreter de» sächsischen Minister- Präsidenten hat durch einen Vertreter des Ministeriums der Auswärtigen Angelegenheiten dem amerikanischen Konsul in Dresden das Beileid der sächsischen Regierung zum Tode de« Präsidenten Harding zum Ansdruck bringen lassen. Notlandung eines französischen Zlieger^ Hamburg, 6. August. (Eig. Tel.) Da» Mittag- blatt der „Hamburger Nachrichten" meldet, daß zwi- schen Rendsburg und Kiel im ^kaiser-Wilhelm-Kanol ein französische« Bombenflugzeug landet«. Die Be satzung bestand au« einem deutschsprechenden Kapi tän und einem Leutnant. Sie sind angeblich in Kre- selb aufgestiegen, um nach Gotenburg in Schweden zu fliegen. Von der deutschen Regierung wollen sie die Erlaubnis erhalten haben, deutsche» Gebiet zu überfliegen. Infolge eine« Leck« im Oeltank waren sie zur Landung gezwungen. Da« Flugzeug ist be- schädigt. An Bord befanden sich 3 Bomben, doch handelt e« sich nach Aussage des Kapitäns nur um „Bersuchsbomben". Die beiden Offiziere befinden sich vorläufig in einem Gasthofe in Gewahrsam. Der belgische Minister für Landes verteidigung, Dev^ze, hat dem Minister präsidenten Theunis sein Abschiedsgesuch übermittelt.
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