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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.08.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-08-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192308046
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230804
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230804
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-08
- Tag 1923-08-04
-
Monat
1923-08
-
Jahr
1923
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Sette 2 183 Leipziger HgeLlett «ack tte»«1e1sLett»og Sovoedenä, üea 4. Lvgiutt Sozialdemokratie und Ruhrkrise Was soll geschehen, um das Deutsche Reich aus der furchtbaren Lage zu befreien, in die es durch die Ruhrbesetzung, die Finanznot und den Währungsverfall geraten ist? Diese brennendste aller Gegenwartsfragen wird auch innerhalb der sozialdemokratichcn Partei lebhaft erörtert, und dabei zeigt sich, daß die Meinungen unter den führenden sozialdemokratischen Politikern weit auseinandergehen. Line Gruppe um Levi und Rosenfeld, die sich als Opposition gegen den Parteivorstand bezeichnet, ist am Sonntag in Weimar zusammengetreten und hat dort „Richtlinien" aufgestellt, deren wichtigste folgendes besagen: Anbahnung direkter Verhandlungen mit Frankreich und Belgien unter An gebot einer bestimmten Reparationssumme für Räumung des Ruhrgebiets, die durch Vermögens abgabe zu erheben ist. Alle a) zur Balancierung de» Etat», zur Etillegung der Notenpreffe und gegen Wäh rungsverfall, b) zur Sicherstellung der Ernährung der Bevölkerung nötigen Maßnahmen. Ablehnung jeder Koalition, solange nicht die Partei durch eine klare, selbständige, proletarische Politik sich die Macht sicherzestellt hat, die ihr das Ucbergcwicht in jeder Koalition sichert. Unter vollster Wahrung unserer Anschauungen, Ziele und Selbständigkeit möglichstes Zusam menarbeiten mit den Kommunisten zur Erreichung der nächsten proletarischen Ziele. Energischste Ausnutzung aller möglichen parla mentarischen und außerparlamentari schen Machtmittel in engster Verbindung mit den Gewerkschaftsorganisationen. Zwei dieser Forderungen, Ablehnung jeder Koalition und Anwendung aller parlamentari schen und außerparlamentarischen Mittel — also wohl Etraßenkundgebungen und Generalstreik — vertritt auch Cri spien im „Vorwärts" vom Donnerstag abend. Dagegen lehnt dieser ehe mals unabhängige Sozialist ein Zusammengehen mit den Kommunisten entschieden ab. Er er- wartet die Aufrichtung einer deutlichen Scheide linie von den Kommunisten gerade von einer „selbständigen sozialistischen Politik", als deren Mittel er die Auflösung des Reichs- tages und Neuwahlen empfiehlt. Er schreibt hierüber: „Wir müssen die Kühnheit wagen, selbst eine rein sozialistische Regierung zu bilden und den Reichstag mit seiner bürgerlichen Mehrheit heim zuschicken. Bei einem Wahlkampf für ein Programm im Intereste der ungeheuren Mehrheit de» deutschen Volkes haben wir nichts zu vcr- lieren, aber viel, vielleicht sogar alles, zu ge winnen. Eine klare, feste sozialistische Politik für die Arbeiter, Angestellten, Beamten, kleinen Gewerbe treibenden, Rentner aller Art, kurz für alle durch den Kapitalismus proletarisierten Schichten, würde uns diese Millionenmasten zuführen. So bereiten wir die Auflösung des Reichstags und den Wahlkampf vor, um im Kampf die große Koalition der Arbeiter im weitesten Sinne des Wortes zu erringen. Denn hier bei den Arbeitern liegt die wirkliche Macht, sobald sie zusammen- geführt sind und sobald sie wissen, was sie wollen. Eine solche selbständige sozialistische Politik wird auch spielend die Paroleschusterci der Kom munisten überwinden. . . . Allein die kühne ent schlossene Tat gewinnt uns alle, die wir brauchen, um stark und unbesiegbar zu sein." Auf der anderen Seite steht der besonnene Friedrich Stampfer, der am Mittwoch abend im „Vorwärts" die Frage behandelte, ob wir mit Frankreich verhandeln sollen. Er weist dar- auf hin, daß Frankreich als Vorbedingung für Verhandlungen die Aufgabe des passiven Wider .)er Zlügel Don Vitt An einem Sonnabendmorgen, es war gerade Markt, auf dem alten Marktplatz waren die Obst- buben aufgeschlagen und zwischen Blumenkohl und Salat blühten Geranien, Fuchsien und weiße Win den, betrat ein Bauer das Pianofortegcschäft an der Ecke, in dem eben die Rolladen aufgezogen wurden; er schien es sehr eilig zu haben, denn al» der Ver läufer nicht gleich nahte, klopfte er ungeduldig mit dem Peitschenstiel auf die Theke. He da, junger Herr, was kostet denn ein Klaviex? Und er wies auf eines der schwarzen Instrumente, die an den Wanden stan den, groß und glänzend poliert und stumm, wie Flügel, wenn sie nicht gespielt werden. Der Verkäufer, ein schmächtiger blonder Herr, näherte sich. Klaviere sind leider ausgegangen. So? Wohin denn? Wir haben keine mehr. Ja, aber Sie hab'n doch'n Klaviergeschäst, denk ich. Gewiß, aber Klaviere sind eben gesuchte Artikel, und kaum steht eins da, so ist cs schon fort. Na, dann machen Sic doch neue. Ja, das geht nicht so rasch, mein Herr, dazu braucht man mindestens vier Monate. Nee, so lange kann ich nich wart'n. Meine Dochter hat nämlich Montag Hochzeit und du soll ich ihr so'n Klavier besorgen. Eie können aber einen Flügel haben, wenn Sie wünschen, mein Herr. Einen Flügel? Kann man auf dem auch einen Foxtrott spielen? Gewiß, warum nicht? Der Verläufer schlug den Deckel eines großen Flügels zurück, dieses ist z. D. ein erstklassiger Konzertflügel. Ach nee, der is mir zu groß. Der geht nich zu arnsrer Diehre herein, ich wohne nämlich aufn Lande, da Hot man schon Not, ein Büfett zur Diehre 'nein zubringen, ich hab' mir grad ein» gekauft, draußen auf meinem Wagen steht'», da seh n Eie. Dor dem Hause hielt eine breit« Fuhre mit zwei schweren belgischen Ackergäulen bespannt, auf der ein umwickeltes Büfett stand. baß noch so'n F'üael draufginge? standes und damit die Kapitulation fordert. Bor der Kapitulation ober warnt »r eindringlich: „Die Kapitulation bringt kein Brot! Die Kapitulation bringt nicht die Räumung des Ruhrgebiet», sondern die dauernde Besetzung. Di« Kapitulation bedeutet, daß der Anspruch Frank reichs, das Gebiet nur nach Maßgabe der deutschen Zahlungen z» raumen, zu einem vertragsmäßigen Recht erhoben wird. Und wenn wir der französischen Regierung das Recht zugestanden hätten, die Bevölkerung de» Ruhrgebiet» nach Belieben zu drangsalieren und auszübeuten, wenn wir uns für die Dauer damit einverstanden erklärten, daß die deutsche Wirt schaft aus dem Ruhrgebiet so viel oder so wenig Kohlen erhält, wie die französische Regierung ihr jeweilig, je nach ihrem Verhalten, zuerkennt, so wäre ein rascher Abschluß der Reparationsverhand- lungen und damit die Schaffung eines dauernd beruhigten Zustandes er st recht noch nicht zu erwarten. Frankreich kann mit Deutschland über die Summe der deutschen Reparationen und über die Zahlungsmodalttäten verhandeln. Aber diese Ver handlungen können nicht zum Abschluß kommen, ohne die Zustimmung der übrigen Re parationsgläubiger, also vor allem England». Das beißt: nach der Kapitulation be ginnt da» Spiel von vorne. Aber, es beginnt jetzt unter verschlechterten Be dingungen. Der passive Widerstand ist aufgegeben. Deutschland hat Frankreich da» Recht eingeraumt, im Ruhrgebiet zu bleiben, solange e» ihm beliebt. Frankreich kann England, wenn e» ihm dieses Recht streitig machen will, vorhalten, daß es dar über mit Deutschland schon längst ins reine ge kommen ist. . . ." . . . Frankreich verhandelt nicht mit Deutsch land, sondern mit England. Deutschland hat kapi- tuliert und steht zur Verfügung des Siegers. Frankreich braucht sich jetzt mit den Verhandlun- gen noch weniger als vorher zu beeilen. Es hat ein vertragsmäßiges Pfandrecht auf das Ruhrgebiet erworben. Deutschland kann ihm jetzt auch weitere Akonto-Zahlungen auf die noch endgültig festzusetzende Reparationssumme nicht vorenthalten. Frankreich kann warten, es hat gegen England alle Trümpfe in der Hand." Auf dem Standpunkt, daß an Kapitulation nicht gedacht werden darf, steht auch der „Vor wärts" selbst, aber er betont zugleich — und scheint damit die Auffassung des sozialdemokra- tischen Parteivorstandes und der Mehr heit der Reichstagsfiaktion zu vertreten — daß sich Deutschland bereit erklären soll, mit jedem Reparationsgläubiger zu verhandeln, der mit Deutschland verhandeln will. Die positive Außenpolitik der Sozialdemokratie umschreibt der „Vorwärts" am Mittwoch morgen folgender maßen: „Nach dem Ruhreinbruch hat die Sozialdemo kratie jenen passiven Widerstand gegen di« französische Gewaltpolitik organisiiert, an dem sich die stärkste Militärmacht der Welt so gut wie vergeblich die Zähne ausgcbissen hat; sie hat die nationalistische Wahnsinnspolitik energisch be kämpft und zu klaren Reparationsangeboten ge drängt. Auf ihre Initiative ist vor allem das deutsche Memorandum vom 7. Juni zurückzuführen, das England zu einer entschiedenen Absage an die französische Ruhrpolitik veran- laßt hat. Jetzt fordert die Sozialdemokratie, daß in ent gegenkommender Absicht mit jedem Rcpa-ra- tionsgläubiger verhandelt wird, der mit Deutschland verhandeln will., daß aber die Freiheit der Arbeit und das demokratische Recht auf dem Boden der Deutschen Republik wiederher gestellt werde. Um den Anspruch des deutschen Volkes auf Gleichberechtigung zu unterstreichen und Wege der friedlichen Verständigung zu öffnen, fordert sie den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund." Die Anhänger dieses gemäßigten Programms scheinen augenblicklich innerhalb der sozialdemo- kratischen Partei die Oberhand zu haben. Aber es ist nicht zu verkennen, daß die Vertreter weitergehender Forderungen sehr rührig sind. und schon Re Tatsuchy. daß Lrispie» mit seinen, Vorschlag, den Reichstag aufzulösen und zu außerparlamentarischen Mitteln z« greifen, in einem Leitartikel des „Vorwürta" -u Worte kommt, spricht dafür, daß es in der Partei heftig gärt. Man muß sich deshalb auf Ueberraschun- gen gefaßt machen. Der Radikalisierung der Sozialdemokratie vorzubeugen, gibt es kein bes sere» Mittel, al» daß der Reichstag, der am 8. August zusammentritt, die ihm von der Re- arerung vorgelegten Maßnahmen zur Besserung der Neichsfinanzen und zur Steuerung der Rot so schnell als möglich annimmt. Geldnot, Zranzosennot! Gelsenkirchen, 3. August. Bei der heute morgen fälligen Auszahlung der Löhne auf der Zeche Rhein- Elbe konnte infolge Mangel» an Bargeld nur ungefähr die Hälfte des Lohne» ausgezahlt werden. Obwohl die Direktion versicherte, daß Bemühungen im Gange seien, das Geld mit einer geringen Ver zögerung auszuzahlen, trat die Untertag. und Uebsr- tagbelegschaft gegen 11 Uhr in den Au« stand. Obcrkaflierer Krause und vier Mitglieder de« Be triebsrates begaben sich zur Reichsbank, um das in zwischen dort eingetroffene Geld abzuholen Auf dem Wege von der Rcichsbank zur Zeche Rhein-Llbe wur den der Geldtransport in Höhe von zwei Milliarden Mark von den Franzosen weggenommea und die fünf Begleiter verhaftet. Während die Be- triebsratrmitglieder nach kurzer Zeit freigelassen wurden, wurde der Oberkaflierer Krause erst nach einigen Stunden wieder auf freien Fuß gesetzt. Die gesamte Belegschaft der Zeche Rhein-Elbe tritt von heute m'ttag 1 Uhr bis morgen 1 Uhr in einen 24- stündigen Proteststreik. Millerand, Herr über Leben und Tod Pari», 3. August. Der Präsident der Republik, Millerand, hat gestern den Rechtsanwalt Dr. Puennel aus Trier, einen derVerteidi- ger der am 28. Juni vom französischen Kriegs gericht in Mainz wegen Sabotage zum Tode verur teilten sieben Deutschen empfangen. Dr. Puennel erläuterte dem Präsidenten in seiner Eigenschaft al« Rechtsvertreter der Verurteilten die von diesen und ihren Verteidigern eingereichten Gnadengesuche. Beunruhigung der Bergarbeiter Essen, 3. August. (Eia. Te l.) Auf einer großen Anzahl von Zechen im Essener und Gelsen- kirchener Bezirk kam es gestern zu Teil streiks, da infolge der Geldknappheit die Bergleute nur einen geringen Teil des ihnen zu stehenden Lohnes ausbezahlt erhalten konnten. Die Erregung unter den Bergleuten ist um so größer, als cs ihnen bei den geringen Geldmitteln nicht möglich ist, sich die notwendigen Waren für den Tagesgebrauch zu kaufen und die Preise immer stärker anziehcn. Wider Erwarten wurde bei den Versammlungen aber beschlossen, die Arbeit vorläufig wieder aufzunehmen. Es wurde jedoch die Bedingung gestellt, daß spätestens in 2 Tagen der restlich« Lohn auszuzahlen sei. Vie Vanque be Chine Pari«, 2. Aguust. Nach einer öffentlichen Der- Handlung wurde heut« das Urteil gegen den Direktor und den Derwaltungsrat der Banque Indu strielle de Lhin« gefällt. Der ehemalige Direk tor der Bank, Herbette, wurde zu seck» Monaten Gefängnis und 3000 Franken Geldstrafe, Senator Derthelot zu 3000 Franken Geldstrafe und die übrigen für schuldig befundenen Derwaltungsräte zu .je 300 Franken Geldstrafe verurteilt. Die Anklage war erhoben wegen Ausgabe un- regelmäßiger Aktien und fiktiver Dividendenvertei- lung. Nach der „Times" wird aus Eharbln ge meldet, daß Li-Puan-Hung, der geflüchtete Präsident von China, dort einen Selbstmord versuch begangen habe, indem er sich zu er schießen suchte. Sein Zustand soll sehr bedenklich sein. kluf dem weg zurGoldmark Berlst», 3. August. (Gig. Lel.) Gestern fand im Retchsfina »Ministerium eine Besprechung mit Sach- verständigen au» Kreisen der Wissenschaft, der Praxis und de» Parlament» über die Frage der EinführuiH und Erhebung derBesitzsteuern auf Grund einer ffestmark und im Zusammenhang damit über die Frage der Einführung der Goldmarkrechnung statt. Die Möglichkeiten, die Voraussetzungen und die Wirkung der Einführung der Doldrechnung auf dem Gebiete der Steuern wurden eingehend erörtert. Bei der Besprechung, bei der da» Für und Wider sorgfältig erwogen wurde, wurde schließlich von den Sachverständigen es als notwendig bezeichnet, zunächst durch Gutachten von Wissenschaftlern und Praktikern prüfen zu lassen, ob und in welcher Weis« etwa eine Goldmarkbuchführung und Gold- markbilanz von den Steuerpflichtigen durchgeführt werden könne. Der Reichsminister der Finanzen er- klärte sich bereit, dieses Gutachten sofort einzuholen und behielt sich vor, nach Eingang dieser Gutachten, spätestens aber in 2 Wochen, die Besprechungen weiter fortzusetzen. Neuer Präsident -er Lan-esversicherungs-Knftatt Dresden, 3. August. (Eig. Tel.) Am Mittwoch, den 1. August, fand im Großen Sitzungssaal der Landesnersicherungsanstalt Sachsen durch den Ar beitsminister Graupe die Einweisung des neuer nannten Präsidenten der Landesversicherungsanstalt, Tempel, des Nachfolgers des in den Ruhestand getretenen Präsidenten Fräßdorf, statt. Der Mi nister wies in seiner Ansprache an die versammelte Beamtenschaft darauf hin, daß Präsident Tempel ge lobt habe, sein Amt nach bestem Wissen und Gewissen zu verwalten. Dazu bedürfe er der treuen Mitarbeit aller Beamten, deren Tätigkeit sich zwar abseits vom Brennpunkte des politischen und wirtschaftlichen Le- bens abspiele, die aber darum nicht minder wichtig und zur Milderung eines Teiles der sozialen Nöte unsrer Zeit unbedingt notwendig sei. Der Präsident Tempel begrüßte darauf die Be amtenschaft und versprach, ein treuer Mitarbeiter am Werke der Fürsorge für die leidenden Volksgenossen zu sein. Dazu bitte er um das Vertrauen aller Beamten und Angestellten. Er werde jederzeit für seine Beamten eintreten und bemüht sein, in ein Ver hältnis zu ihnen zu treten, das auf Vertrauen und Gerechtigkeit gegründet sei. Der stellvertretende Vorsitzende des Vorstandes, Geheimer Regierungsrat Freiherr von Bernewig, dankte darauf dem neuen Vorsitzenden im Namen der beamteten Vorstandsmitglieder, wobei er dem Wunsche Ausdruck gab, daß das Verhältnis der Vorstands mitglieder zum Vorsitzenden so gut werden möge, wie es unter dem ausgeschiedenen Präsidenten Fraß dorf gewesen sei. Schließlich entbot noch der Per- waltungsinspektor Eichler als Vorsitzender des Be- amtenansschusses im Namen der Beamtenschaft dem Präsidenten einen Gruß und versprach ihm die Unter stützung der Beamten, welche nur Vertrauen und Gerechtigkeit als Gegenleistung forderten. Nach Dor- stellung der juristischen Beamten, Aerzte rind Abtei» tungsleiter besichtigte der Minister die Anstalt. Vie Mörder -es Ztaatsanrvatts Haas Frankfurt a. M., 3. August. (Eig. Tel.) Bei der Kriminalpolizei ist ein anonymer Brief im Zusammenhang mit der Ermordung des Staats- anwaltschaftsrats Dr. Haas eingegangen, in dem angegeben wird, daß bei den Demonstrationsver sammlungen auf dem Römerberg ein einfach ge kleideter junger Mann von ungefähr 25 Jahren als Redner ausgetreten sei. Er soll sich dabei so aufgeregt haben, daß ihm der Schaum vor dem Mund« stand. Dabei soll er geäußert haben, daß er „wegen diese« Lumpen 18 Monate abgemacht" habe und daß er sich heute dafür rächen wolle. Er habe ein langes Messer und dieses wolle er dem Schuft in den Hals stoßen. Zum Schluß soll er d'e jungen Leute aufgefordert haben, mit ihm nach dem Westen zu ziehen. Warum nicht, ein kleiner vielleicht, dort der Mignonflügel wäre geeignet Na ja, dann nehm ich den. Ich mache Sie aber darauf aufmerksam, daß der Mianonflügel . . . Millionen kostet und bar be- zahlt werden muß. Na ja, ich geh' Ihnen nicht damit durch. Und der Dauer kramt aus seinen Schaftstiefeln einen ledernen Beutel hervor und bezahlt. Die Scheine sind echt, Monsieur. Und dann wäre e» doch besser. Sie probierten da» Instrument erst eikmal, ob e» Ihnen gefällt. Ach, das is nich nölch, ich habe Eile, wir dreschen morgen. Ja, aber e« ist ja noch nicht gestimmt, mein Herr. Wir jassen grundsätzlich ke n Instrument au« dem Hause, das nickt tadellos ge timmt ist. Na, dann stimmen Sie doch, los. Ich bin kein Klavierstimmer, sagte der blonde Herr gemessen, aber ich kann unseren Stimmer rufen lassen, es dauert aber mindestens zwei Stunden. Nee, das geht nich, auf'n Marcht wartet meine Frau, packen Sie den Flügel nur auf den Wagen, es kann ja einer rauskommen, der ihn bei mir stimmt. Wenn Sie da» wünschen. . . Und Ihre Adresse? Der Dauer buchstabiert den Namen sein »» Dorfe», es ist wegen seine» Wcizenbodcns und seines schönen Obstes berühmt. Da» Hau» sagt Ihnen jeder am Bahnhof. Also bis morgen, und er lüstet den Hut. Die Packer kommen, der Flügel wird aufgcladen, der Wagen ächzt unter seiner neuen Last, der Bauer nimmt auf dem Brett vorne Platz, knallt mit der Peitsche, die Gäule ziehen an und es geht fort. Am nächsten Morgen fährt der Stimmer, ein alte» Herrchen mit weißem langen Haar und grauem Rad mantel, nach dem Dorf herau». Auf dem Bahnhof zeigt man ihm da» Hau», ein einstöckige» weiß getünchte» Bauernhaus mit grüuen Laden. Der Hof von weißgestrichener Mauer umgeben. Im Hof ein paar Enten, die durch grüne Tümpel waten. Niemand zeigt sich, niemand kommt. Au» einer Scheune klingt da« Klipp-Klapp der Dreschflegel. Er geht darauf zu. Vier Männer in Hemdärmeln dreschen dort staubumwirbelt, und er erkennt den Bauer, der mit drischt. Ah, di ist ja der Klavierspieler, b-v'-üht e- i^n. Und wo haben Sie den Flügel? fragt der Stimmer. Na, da oben, und der Bauer weist auf einen Der schlag in der Ecke, wo in einer grauen Staubwolke der Flügel steht. In unfern» Haus wird nämlich gepicht, da haben wir ihn solang hierher gestellt. Wenn Sie'» nicht geniert, können Sie ihn gleich stimme»». Ja, aber das Oder, wenn Sie lieber erst frühstücken wollen, gehn Sie nur in di« Kiche, da i« meine Frau, und unter Mittage, wenn wir aufhören mit Dreschen, dann können Sie stimmen, wir machen zwei Stunden Pause, die Pausen nämlich sind jetzt die Hauptsache, verstehSn Sie. Hahaha, jetzt kriegt man ja für die Pausen bezahlt ... er klopft dem mageren Alten auf die Schulter. Ra also, frühstücken Sie erst einen Happen, und wenn wir fertch sind, können Sie stimmen. Und so - geschah«. Der Flügel wurde in der Scheune gestimmt, und al» er fertig war, kamen die Drescher mit den Dreschflegeln und droschen. Der Hausherr begleitete den Alten ans Hoftor. Also, nächsten Montag ist Hockzeit, und wenn Sie kommen wollen, sind Sie eingcladen . . . und sagen Sie mal, spielen Sie Klavier? Na, ich hab' ja eben zwei Stunden lang gespielt. Nee ick meine, ob Sie einen Foxtrott spielen können. Na ja. Und da» schöne Lied, ^'ne Flasche Rotspon, eine Flasche Sekt . . . da» »st nämlich mein Lieblingslied, da» spielen Sie auch. Also schön, kommen Sie am Montag, e» soll Sie nicht gereuen... Auf Wiedersehn, Herr Klavierstimmer . . , Wissenschaftlich« Friedenspolitik. Da» „Institut für auswärtige Politik", da» vor kurzem in Ham burg gegründet und der Leitung de» bekannten Dölkerrecht»lehrer» Prof. Dr A Men-ek»s«hn- Bartholdy unterstellt wurde, hat seinen Aufbau soweit vollendet, daß die Aufnahme einer geregelten Tätigkeit erfolgt ist. Während in anderen «uro- päischen Staaten und in Amerika ähnliche Institute seit längerer Zeit bestehen, hat e» bei un« erst zäker Arbeit bedurft, um gesteigerte» Interesse auf die Fragen der Außenpolitik al« di» der Regelung der zwischenstaatlichen Beziehungen zu lenken. Die Auf- gob-n des neuen Institut» gehen noch drei Rich tungen. Neben der wissenschaftlichen Erfassung der diplomatischen Methoden der jüngsten Zeit und einer kritischen Nachprüfung ihrer Auswirkung müssen die gegenwärtig in der Außenpolitik der großen Völker wirkenden Kräfte genau be- obachtet werden. Auf Grund der gesammelten Er fahrungen gilt es dann, Richtlinien für eine stetige, wirksame, dem Frieden dienende und ihn sichernde Außenpolitik der Zukunft aufzustellen. Die Bedeutung des Institut» liegt besonder» darin, daß es beabsichtigt, „der öffentlichen Meinung eine solche Kenntnis der außenpolitischen Fragen zu vermitteln, wie sie im Dolksstaat zur Fassung eigener Entschlüsse und zur Stärkung (oder Desavouierung, je nach dem) der Regierung vor dem Auv- iande bedarf." Da» tägliche Lesebuch. Die Moskauer „Prawda* veröffentlicht eine aus Parteikreisen kommende An regung, wodurch dem langsamen Tempo, in dem die Schulen Rußland« mit den neuen kommunisti schen Lehrbüchern versorgt würden, aushilfsweise begegnet werden solle. Es handelt sich um den Dor- schlag, die Sowjet-Tages presse für die Schulpraxis auszuschlachten-, diesem Zweck sollen ins besondere die kjeineren, für die Provinz und die bäuerliche Bevölkerung bestimmten Presseorgane al« Lesestoff während des Unterricht» dienen, um die Heranwachsende Jugend in die brennenden Fragen des Tages und des Wirtschaftleben» einzuführen. — Da e« auch in Deutschland immer noch sehr an republikanischen oder wenigsten» nicht aus- gesprochen monarchistischen Lesebüchern fehlt, so könnte un« diese bolschewistische Erfindung min desten» zum Nachdenken gnregen. Wiederaufbau de« Gaetheauum». Da» in der Silvesternacht niedergebrannte Goethes- num in Dörnach bei Basel soll nach einem Deneralversammlungsbeschluß der Internationalen Anthroposophischen Gesellschaft wieder aufgebaut »»erden. Die gesamte Leitung liegt in den Händen von Dr. Rudolf Steiner. Die BuchhäudlerschUiffilzakl, die erst am 2. August vom Börsenverein auf 41000 festgesetzt war. mußte bereit» mit Wirkung vom 4. August ab wieder, und zwar auf 70 000 erhöht werden.
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