Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.08.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-08-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192308037
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230803
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230803
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-08
- Tag 1923-08-03
-
Monat
1923-08
-
Jahr
1923
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
8«tte 2 «r. 1S2 Lelprlger "r»AedIstt uaü kLuckelLrettuag krettsg, ckea S. Lagnst Ku« Oortens Geheimakten Die .Neue Züricher eZitung" veröffentlicht von ihrem Berliner Korrespondenten ein Geheimdoku ment über Richtlinien für die Konstituierung der Rheinischen Republik. Da« Dokument stellt «in ge heime» Memorandum dar, da» der General direktion der Rheinischen Republikanischen Dolk»- partei in Bonn den Bertrauensleuten der einzelnen Sekretariate übergeben hat, in dem die Methoden und Maßregeln niedergelegt sind, die »die Kon stituierung der Rheinischen Republik herbeiführen sollen". Da» Memorandum führt den Titel .Not wendigkeiten" und besagt u. a. wörtlich: .Der am Rhein neu zu schaffende Staat wird das Vertrauen der We st möchte haben. Dies ist seine ethische Grundlage. Nur ein auf diesem Vertrauen begründete« Wohlwollen bietet eine Garantie dafür, daß die Schöpfung de« neuen Staates gelingen und daß er von Dauer sein wird. Sine der eresten Taten de» neuen Staate» muß die sein, allen, die bis zu einem bestimmten Tage sich für das Zustandekommen des neuen Staates eingescßt haben, das rheinische Bürgerrecht durch em Patent zu verleiben. Dadurch wird ein Kreis von Personen geschaffen, die sich untereinander genau kennen, die für einander Gewähr üben, und auf die sich das Ausland verlassen kann. Während «um die Konstituierung der Ständevertretung des Zwanziger-Ausschusses, des Vierer-Ausschuffe» und selbst die Präsidentenwahl eine private Angelegenheit der werdenden Republik ist, bedeutet die Uebernahme der Aeinter durch die dazu ausersehenen Personen den eigentlichen Schöpfungsakt der Republik und den kritichsten Punkt der ganzen Angelegenheit. Dieser Augenblick muß gründlich üüberlegt und vorbereitet werden, so daß ein Mißlingen ausgeschlossen ist. Die erste Maß regel hierzu ist, daß die vier bezeichneten Konsoln die Stelle rmd die Geschäfte des früheren Reichskommissars übernehmen und die interalliierte Rheinlandskommission sowie die französische und deutsche Regierung ersuchen, sie in dieser Position zu bestätigen. Während diese Bestätigung von selten Preußens und Deutschlands voraussichtlich ausblei ben wird, wird die Rheinlandkommiffion wahrschein lich ihre Bestätigung erteilen. Die vier Konsuln wählen dann eine den Alliierten genehme Persönlich keit zum Präsidenten der Republik. Wäh- rend dieser Vorgänge müssen die Pesatzungsbehörden auf Grund des immer reichlich zur Verfügung stehen den Materials an feindlichen Handlungen über weite Gebiete den Be lager ungszu st and ver hängen, die Nachtspcrre einführen und die preußische Presse verbieten. Unter dem Schuß dieser Machtentfaltung prokla miert der Präsident der Republik durch Mauer anschlag. Gleichzeitig wendet er sich in einer tele graphischen Adresse an die wichtigsten Großmächte der Erde und an Deutschland zwecks Anerkennung der Rheinischen Republik. Groß-Preußen und seine Helfershelfer werden in diesem Aeropag der Völker überstimmt werden. Seine Proteste werden verhallen wie alle nichtswürdigen P r o t e st e. Die zweite Amtshandlung des Präsidenten ist der Erlaß des Dekrets über das rheinische Bürgerrecht. Durch diese Veröffentlichung wird die Bevölke rung verwirrt und gespalten, und es wird ein Anreiz besonders auf die schwankenden Beamten ausgeübt, sich in die Liste eintragen zu lasten. Die dritte Amtshandlung ist die Einsetzung von Zehner-Ausschüssen in allen Städten und Ortschaften, die unter dem Schutze des Belagerung»- zustande» die gesamte Gewalt in ihren Bezirken übernehmen werden. Sie werden die völlige En:» waffnung der gesamten Polizei und die Bewaff' nung der Miliz übernehmen. Alsdann wird der Zehner-Ausschuß ein Manifest erlassen, das eine neue Währung, Beseitigung des Wuchers und Schiebertums in Aussicht stellt. Die dritte Amts handlung des Zehnerausschustes ist die Uebernahme der Ausweisungsexekutive aus den Händen der Franzosen und damit die Säuberung des Rheinlandes von allen widerstrebenden und als feindlich be kannten Elementen." Susammenstötze im Rheinland ' Oberhause« i. Rhld., 2. August. (Eig. Tel.) Im Oberhausener Bezirk macht sich seit Sonnabend bei der Arbeiterschaft der Gute-Hoffnung-Hütte Streikstimmung bemerkbar. In verschiedene« Versammlungen wurde die sofortige Auszahlung einer Beihilfe von 5 Millionen Mark verlangt, und der Betriebsrat abgesctzt, weil er angeblich nicht genug für die Arbeiter eintrat. Es wurde ein neuer Betriebsrat gewählt, mit dem die Direktion aber nicht verhandeln wollte. Nachdem es schon vorher mehrfach zu Demonstrationen gekommen war, zog gestern nun ein zum großen Teil aus Jugendlichen bestehender Zug von Arbeitslosen und Strei kenden durch Oberhausen. Als er versuchte zum Polizeipräsidium zu gelangen stellte sich den Leuten ein starkes Aufgebot von Polizeitruppen entgegen. Die Haltung der Demonstranten wurde so bedrohlich, daß die Polizisten zuerst Schreckschüsse abgaben, dann aber scharf schieße« mußten. Dabei gab e» auf feiten der Demonstranten zwei Tote und sieben Verwundete. RSuberunwesen französischer Kavalleristen Este«, 2. August. (L i g. Te l.) Wahre Wildwest- Zustände haben sich in den letzten Tagen an der Grenze des besetzten Gebiete» bei Neviges herausgestellt. Die Straßenbahn, die ordnungsgemäß in Nevige» von Posten auf Gepäck und Pässe kon trolliert wird, wurde unmittelbar an der Grenze tagelang von französischen Kavalleristen überfallen, die sich an der Streck« in» Gebüsch legten und plötzlich die Wagen zum Halten brach- ten. Die Kavalleristen „kontrollierten" da» Gepäck der Reisenden und ließen dabei alles, was irgendwie brauchbar war, in ihre Taschen verschwinden. Vor allem hatten sie e» auf Zigarren und Zigaretten ab gesehen, aber auch Silbersachen, Bekleidungsstücke usw. wurden von ihnen „beschlagnahmt". Al» eine Straßenbahn auf einen Anruf der im Hinterhalt liegenden Kavalleristen nicht sofort hielt, schossen diese hinter dem Wagen her und brachten ihn so zum Stehen. Dem Unwesen konnte erst gesteuert werden, M da» Ortskommandanten von Nevige» Bericht erstattet wurde. Der Ortskommandant hat sofort eingegriffen und beorderte eine starke Gendarmerie patrouille, die die Kavalleristen verhaftete. Erkelenz bittet für öle verurteilten Ei» Schreiben an Herriot Pari», 2. August. Der demokratische Reichstag»- abgeordnete Erkelenz hat den Führer der fran zösischen Radikalen Herriot in einem Schreiben gebeten, sich für die Begnadigung der in Aachen und Mainz von französischen und belgischen Kriegs gerichten zum Tode verurteilten Deut schen zu verwenden. Ferner bitte er, dahin zu intervenieren, daß die von verschiedenen Behörden festgehaltenen Geiseln wieder freigelaflen werden, unter denen sich der Gruppenvorsitzende Keller und der volksparteiliche Abgeordnete Motz befinden. Die Vollstreckung der Todesurteile werde nicht ver fehlen, in Deutschland den Ausbruch schmerzlicher Entrüstung zu verursachen, und zur Folge zu haben, daß in Deutschland und Frankreich die Parteien in den Vordergrund treten würden, die auf dem Standpunkt ständen, daß es nur durch Gewalttätig- keiten und eine neue Auseinandersetzung mit den Waffen möglich sei, die Ordnung zwischen Frankreich und Deutschland wieder herzustellen. Wie die Morgenblütter au» Lyon melden, hat Herriot, der von der Auffassung ausgeht, daß die Krise sich nur mit Unterstützung der Deutschen Demo- kratischen Partei regeln lass«, den Brief Erkelenz' dem Ministerpräsidenten PoinearL unterbreitet. wieder ein Todesopfer Mühlheim, 2. August. (Eig. Tel.) In der Nacht zum Mittwoch wurde hier der 18jährige Arbeiter Josef Roth von einem belgischen Posten erschossen. Er soll sich, nach den Angaben der Besatzungsbehörden, mit einem Begleiter in einem Gebüsch in der Näh« des Postens aufgehalten haben und nach Anruf des Postens geflohen sein. Die Ermittlungen haben bisher ergeben, daß sich die Einschußstcllc vorn über der linken Brust warze befindet, daß also der Schuß nicht auf der Flucht abgegeben worden sein kann. Die Polizei bemüht sich um Aufklärung des Sachverhaltes. Der Direktor der Mühlheimer Thyffen-Werke, Dr. Härle, wurde verhaftet und nach Dredeney gebracht, weil die Direktion angeblich eine drahtlose Station benutzt habe. Peitschenhiebe Unter der Uebcrschrift „Schuldiger Uebereifer" wiesen wir vorgestern auf ein Flugblatt des „Deut schen Fichtebundes" hin, das mit entsprechendem Text das Bild eines jungen Deutschen zeigt, auf dessen Rücken 72 Striemen, die von französischen Peitschenhieben hcrrühren sollen, deutlich erkennbar sind. Die Basler Nationalzeitung hat hierzu fest gestellt, daß diese Photographie gefälscht sei. Nun mehr verbreitet das Wolffbureau folgende amt liche Auslassung, die wir der Vollständigkeit halber wiedergeben: Der französische Propagandadienst hat diese Pho tographie als gefälscht erklärt. In Ergänzung der früheren Mitteilungen erfahren wir dazu von amt- licher Seite folgendes: 1. Der Mißhandelte hat seine Darstellung über den Verlauf der unerhörten Mißhandlungen bei seiner eidlichen Vernehmung am 9. April d. I. in vollem Umfange bestätigt; 2. Mehrere eidlich vernommene Zeugen haben sich schon in den Tagen nach dem 5. März von den Spu- ren der Mißhandlungen am Körper des Miß- handelten überzeugt; 3. Die Originalplatte der aufgenommcnen Photographie, die keinerlei Retouchierungen aufweist, ist jetzt nach Berlin gelangt und befindet sich in amtlicher Verwahrung. Meine politische Nachrichten Das Haus Schwindstraße 21 in Frankfurt a. M., da» dem Vater des ermordeten Staatsanwal tes Haas gehört, wird auf Staatskosten wieder hergestellt, da da» Gebäude „gelegentlich eines Auf ruhrs* demoliert worden ist. ec Der dänische Geschäftsträger in Berlin hat dem Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Freiherrn von Maltzan, die Teilnahme seiner Regierung anläßlich de» Eisenbahnunglücks in Krei ensen ausgesprochen. Der Staatssekretär dankte im Namen der deutschen Regierung, die ganz be sonder» bedaure, daß von dem Unglück auch mehrer« dänische Staatsbürger betroffen worden sind. * Im Unterhause teilte Baldwin auf eine Anfrage mit, die Delegierten Englands auf der bevorstehenden Völkerbundsversammlung würden Lord Robert Tecil, der Untcrrichtsminister Wood und Sir Roelle Rodd« sein. » Der italienische Ministerpräsident Mussolini ist zum Ehrenbürger von Neapel ernannt worden. Di« Ernennung erfolgte einstimmig unter lebhaften Bei fallskundgebungen. Diese Ernennung ist ein Zeichen de» vollen Anschlusses Süditaliens an die faschistische Regierung und der Anerkennung ihre» Wirkens. * Wie au» Rom gemeldet wird, ist der ehemalige Minister für öffentlichen Unterricht, Senator Lor- bino, zum Girtschaft»mi«ister und Pro- feffor Senpieri, bisher Direktor de» Land- und Forstwirtschaftlichen Institute» in Florenz, zum Unterstaatssekretär ernannt worden. Der serbische Ministerpräsident hat beim König di« folgende Umbildung de« jugoslawi schen Kabinett» beantragt: Iustizminister Pe- ritsch, Minister für Volkswirtschaft Mtletitsch, San- del»minister Kojitsch, Ackerbamnintster Simonowitsch- Kultusminister Ianttsch oder Pelesch. Der bt»herig« Iustizminister Markowitsch scheidet endgültig au» dem Kabinett aus. O Gestern abend zog durch die Straßen von Athen ein Demenstration»zug von Arbeitern. Oberst Plasttro» empfing eine Abordnung der Demonstran- ten, denen er Maßnahmen gegen die Ent wertung der Drachme ft» Ausficht stellt«. _ Heilige deutsche Einfalt l Unter dieser Ueberschrist lesen wir i« der sozial demokratischen „Münchner Dost": „E» existiert in Deutschland «t« Orden»r»t Z. D. (d. h. in Vertretung de» Kaiser«), der die „deutsche Ehrendenkmünze de» Welt krieg» am heilig-schwarz-wei ß-r»te« Bande" verleiht. Die Denkmünze wird hinter den deutschen Kriegsorden getragen und ziert u. a. di« Brust des Generals Ludendorff. Jeder, der de« Orden trägt, ist Mitglied der „Deutschen Ehren legion". Di« „Bayrische Krieger-Zeitung", da» amt- liche Organ des Bayrischen Kriegerbundes, stellt fest, daß dieser Ordensrat ein Privatunter nehmen ist-, di« Herren, die sich al» Orden»rat zusammengetan haben, vertreiben die Denkmünze gegen Bezahlung. Vertrauensmann des Ordeusrats war bis vor kurzem der aus dem Geisel- mord-Prozeß bekannt«, vorbestrafte Ordensschwind ler Baron Moser. Jede Person, Mann oder Frau, kann gegen Bezahlung einer Stempelgebühr die Denkmünze erwerben und kauft sich damit in die „Deutsche Ehrenlegion" ei«. Damit nicht da« Geschäft durch Konkurrenz gestört werden kann, hat der „Ordensrat" die Denkmünze durch Gebrauchs- und Geschmacksmusterschutz schützen lassen! Deutsche Republik — eine Ordensverleihgesell schaft (in Vertretung de» Kaisers) — ein abgestraf ter Ordensschwindlee al» Vertrauensmann — Ludendarff und allerhöchste deutsche Fürstlichkeiten al» Inhaber dieser Ehrendenkmünze — Patentschutz für den Orden — wer berappt, wird dekoriert — o heilige deutsche Dummheit am heilig-schwarz-weiß- roten Ordensband!" vismar<k-„§eler" Berlin, 2. August. (Eig. Tel.) Gestern abend kam es an der Kieler Brücke und in der Chaussee straße zu kleineren Zusammenstößen -wischen Mit gliedern der deutschnationalen Bismarck jugend und politischen Gegnern, anscheinend Kom munisten. Bei dem Zusammenstoß an der Kieler Brücke wurden mehrere Schüsse abgegeben, die zur leichten Verletzung einer unbeteiligten Frau führten. Welche Partei die Schuld an den Zu sammenstößen trifft, steht noch nicht fest. Drei An gehörige der Bismarckjuaend sind bei dem Zusammen stoß in der Lhauffeestraße von der Schutzpolizei fest- genommen worden. Puttkamer- Geldgeber München, 2. August. Die „Münchener Zeitung" beschäftigt sich mit der Spitzeltätigkeit der Brüder Puttkamer und den Geldquellen für diese. Da nach erhielt Franz v. Puttkamer für seine Tätigkeit um die Jahreswende 1922/23 den festen Betrag von rund 3 Millionen Mark im Monat, eine Summe, die damals recht ansehnlich war. Ja, Puttkamer erbat sich für seine Heimtätigkeit sogar das Gehalt einer Gruppe der Staatsbeamten, indem er ausdrücklich auf die Gefährlichkeit seines Tuns hinwie». Al« Geld geber nennt die „Münchener Zeitung" den Rechts anwalt Le vi n ger-München, Landrichter Hirsch berg Berlin, Oberregierungsrat Mühleisen-Derlin- den Mitarbeiter des Rcichskommiffars für die öffent- liche Ordnung. Die Zeitung kritisiert das Vorgehen de» Reichskommissar», dessen Methode»», einmal schlimme Früchte zeitigen könnten. Der schwerbewaffnete Ordnungsdienst Dresden, 2. August. (Eig. Te l.) Das Presseamt des Polizeipräsidiums teilt folgendes mit: Der T. U.- Sachsendienst hat mitgeteilt, daß ein einziger unter den Verhafteten de« bürgerlichen Ordnungs- dienstes ohne Wissen des Führers einen Hammer, ein altes französische» Seitengewehr und einen Re- volver bei sich geführt hab«. Nach den Ermittlungen sind aber bei der Festnahme aufgefunden worden: ein Trommelrevolver, ein französisches Bajonett, ein Hammer, zwei Totschläger, zwei Dolche, zwei Seiten- gewehre, ein Hirschfänger, sieben Schlagringe, vier Stahlschläger, SO Gummischläger. Bei den Haus suchungen bei Angehörigen de» bürgerlichen Ord nungsdienstes wurden 61 Gummischläger, 160 Stahl schläger und ein Revolver mit Patronen ermittelt. Die vorwürfe gegen die Hamburger Reichswehr Hamburg, 1. August. (Eig. Tel.) Die sozial demokratischen Behauptungen über nationalistische Vorgänge in der Hamburger Reichswehr, die zu einer Erwiderung des Reichswehrministers geführt haben, in der die sozialdemokratische Darstellung bestritten wurde, werden heute vom „Hamburger Echo" in allen Teilen aufrecht erhalten. Das Blatt erklärt, daß es die Veröffentlichung der doku- mentarischen Unterlagen unterlassen müsse, um sich nicht einem Landrsverratsprozeß auszusctzen. Es sei aber bereit, irgendeiner Kommission in geschlos sener Sitzung die Dokumente vorzulegen. Die An gaben beruhten auf dem Material, da« eine poli- -etliche Hau»suchung bei einem Reichswehr offizier ergeben habe. Das Material beweise eklatant, daß Reichswehroffiziere mit antirepubllranischen Vereinigungen in engster Verbindung standen und daß der vom Reichowehrminister nach Hamburg ent sandte General Hellfritz eine ungemein bedenk liche und den Bestand der deutschen Republik schwer bedrohende Tätigkeit in den sogenannten Selbst- schutzorganisattonen ausgeübt habe. Das sozial demokratische Blatt gibt zu, daß der Reichswehr minister gegen diese Vorgänge cingeschritten sei. Vie deutschen Ansiedler in Polen Haag, 2. August. Heute beginnt vor dem Stän digen Internationalen Gerichtshof im Haag die öffentliche Verhandlung über die Streitfrage, ob Polen berechtigt war, die deutschen Ansied ler und Pächter au» ihren Stelle« zu ver treiben. Polen ist durch den Grafen Michael Sostworowski und den früheren englischen General staatsanwalt Str Ernest Pollock, Deutschland durch den Reichsminister a. D. Schiffer vertreten. Die Verhandlungen werden voraussichtlich mehr al» eine Woche in Anspruch nehmen. polnische ksun-rtaer-Ente Warschau, 2. August. (Eig. Tel.) Di« hiesige Abendpreffr veröffentlicht ein „Eigenes Telegramm aus Moskau, Brockdorff-Rantzau» Reis, nach Berltn habe -um Zweck, „die deutsch« Regierung zu bewegen, die Regierungomacht den deutschen Kommunisten zu übergeben". Die Moskauer Etaatsdruckerei, so heißt es »»eiter, hab« bereit» Rtesenplakate mit der Auf schrift: „Es leb« Sowjetdeutschlandl' «gefertigt. Dies« originell« Meldung wirft ein bezeichnende» Licht nicht aur auf die Art der preßlichen Beein flussring der polnischen öffentlichen Meinung, sondern auch auf die politisch« Reife der polnischen Zeitungs leser, die sich solchen Unsinn» bieten lassen. Der bevormundete Zinanzminister «arsch«, 2. August. (Eig. Tel.) Bon ver trauenswürdiger Seite wird bestätigt, daß der pol- nische Ministerpräsident inkognito iu Posen geweilt hat, um den Außenministerposten dem dort wohnen den Roman Dmowski anzubieten. Dmowskt habe die Uebernahme de« Ministerposten» jedoch abgelehnt. Bet dieser Gelegenheit hab« Witos in Posen auch mit dem Posener Bürgermeister Ratajski verhandelt wegen einer eventuellen Neubesetzung de» Finanz ministeriums durch Ratajski an Stelle de» gegen wärtigen Minister» Linde, dessen Rücktritt unmittel bar bevorstehen dürfte. Man erzählt sich hier, der gestrige Ministerrat habe den vorgelegten Text des Bericht», den Linde heute vor dem Sejm oortragen wollte, abgelehnt und drei andere Minister beauf tragt habe, einen neuen Bericht auszuarbeiten, den der Finanzmtnister heute als seinen Sanierungsplan im Sejm vortragen wird. Dies würde zweifellos ein bemerkenswertes Novum im ministeriellen und politischen Leben sein. Der in 2. Lesung von der Srjmkommission an- genommene vielumstritten« Gesetzentwurf über die Vermögen« st euer wird noch im Laufe dieser Woche dem Eejmplenum zugehen; er ist dort der Majorität sicher. -- Internationaler Kongreß für Sozialpolitik Die«, 2. August. (Eig. Tel.) Die Internatio nale Vereinigung für gesetzlichen Arbeiterschutz hat während ihrer letzten Delegiertenversammlung in Feldkirchen beschlossen, einen internationalen Kon greß für Sozialpolitik einzuberufen, ähnlich dem Kongreß von 1897, der vor dem Kriege die große Bewegung für internationalen Arbeiterschutz aufgelöst hat. Die zur Vorbereitung des Kongresses bestimmte Kommission hat sich am 26. Juli in Bregenz ver sammelt. Von den Landesorganisationen waren die Schweiz, Frankreich, Italien, Deutschland, Tschc- choslowakei und Oesterreich vertreten. Albert Tho mas, Direktor des Internationalen Arbeitsamtes in Genf, war gleichfalls anwesend. Es wurde ein stimmig beschlossen, den Kongreß nach Basel für den 21. April 1924 und die folgenden Tage einzr»- berufen. Oesterreichs Finanzlage Wie» 2. August. (Eig. Tel.) In dem jetzt vorliegenden 8. Bericht des Gcneralkommiffars Dr. Zimmermann über die Lage in Oesterreich in der Zeit vom April bis Mai finden sich folgende be merkenswerten Stellen: Im Budgctprovisorium für die ersten 8 Monate des Jahres 1923 wurde das Maximum der Ausgaben mit LöO Millionen Gold kronen festgesetzt. Dieses Maximum wurde nicht überschritten, so daß also die Ausgaben niedri ger al» vorgesehen waren. Mit dem Ver lauf des Personalabbaues ist der Generalkommissar nicht zufrieden, da die Abbauziffern unzureichend sind. In den letzten vier Wochen wurden statt 1000 nur 2430 Angestellte verabschiedet, und bis 6. Mai wurden insgesamt nur 36171 Angestellte abgebaut. In der staatsfinanziellen Lage zeigte sich in den letzten zwei Monaten eine fühlbare Besse rung, so daß sogar auch die Rückstände, die aus den früheren Verpflichtungen der österreichischen Re gierung im Auslande, besonders für die Einfuhr von Lebensmitteln, bestehen, teilweise gedeckt werden konnten. Vevisenspekulattonsverbot in Athen Athe«, 2. August. Die griechische Regierung hat beschlossen, die Devisenspekulation außer halb der Börse zu verbieten, die Bankier« zu kontrollieren und eine Bestimmung zu erlassen, nach der ein Teil der Bankkredite in Drachmen ein gezahlt werden muß. ver Mörder Nowosat „geisteskrank"? Wie«, 2. August. (E i L Te l.) Gegen den neun zehnjährigen Studenten Nowosat, der in einem Walde in der Nähe von Wien seinen Studien genossen ermordete, weil er angeblich die deutsch, nationale Sache verraten habe, ist die Geistes- Untersuchung angeordnet worden. Die bei der Aufdeckung der Mordumstände Verhafteten wurden provisorisch entlassen, dock werden sie «»egen Geheimbündelei strafrechtlich verfolgt werden. In Gefangenschaft blieben allein die Reichs- deutschen, darunter frühere Offiziere, die als Ausländer fluchtverdächtig erscheine«. Besserung im Befinden Hardings Sa» Franzisko, 1. August. (Eig. Tel.) Die Besserung im Befinden de» Präsidenten Hardlng macht weitere Fortschritte. Harding ver- brachte eine ruhige Nacht.und nahm regelmäßig Nahrung zu sich. Die Red«, die der Präsident ursprünglich gestern abend halten sollt«, wurde heut« durch die Presse veröffentlicht. Die Rede enthält eine Rückschau auf die auswärtige Politik de» Präsidenten und stellt die Bemühungen Harding» dar, die Orientstaaten an einem inter- nationalen Gericht»hos teilnehme« zu lassen. Auch die Abrüstungsverträge werden erwähnt. E» heißt dann, daß «» zur Vervollständigung de» Friedens gedanken» wünschenswert wäre, daß Rußland und Mexiko von den Bereinigten Staaten anerkannt ivürden. Harding erklärt jedoch, daß die interna tionale Moral jegliche Sanktionierung der russischen Räterepublik verbiete. Die Bereinigten Staaten wünschten durch Ausbau freundschaftlicher Dezi-Hungen den ffriedensgedanken z« stärken und die Krieg^efahr unter den Na tionen möglichst aus ei« Minimum einzuschränken. Rach der Ansicht Harding» könnt« da» am besten durch die Gründuna eine» tnteraatio« naleq Gertcht-b'i" geschehen. „
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)