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Das Leipzig»« Tageblatt »atbSli amtlich» «»<a«ttmach«»g»« b»« «a«»S »ar »tadt «»ipzig, b»S V»lig»ipr»ii»i««» «eipzi«. »a» «mt»»g^chzs Lelpzi«. iami« veeschled»»»» a»tt»r»r BeH»,»«« Llnrvlnummsr L000 KHsrk I«r. 179 vr«Q8l»g, 6en 31. Juli 1923 Reichstag am 8. August solcher Staatsauffüssung lag, richtig vergegen wärtigt, dann hätten sie auch folgerichtig zu einer gesünderen Einschätzung der im einzelnen Staatsbürger selbst lebenden politischen Kraft kommen müssen. Die Deutschen hätten entdeckt. Von Vismarck bis Cuno z. V. Leipzig, 30. Juli. Fünfundzwanzig Jahre ist Bismarck tot, bis heute aber wirkt noch die Wucht seiner Per sönlichkeit, die eines ganzen Volkes Polilit auto kratisch geführt und sich nicht darum gekümmert hatte, ob sich diese Politik dereinst aus den eigenen Kräften des Volkes ihre Tragstützen werde holen können. Zwar hat Bismarck die Bedeutung erkannt, die dem politischen Willen des Volkes zukam; sonst hätte er nicht die Grün- düng des Deutschen Reichs mit dem allgemeinen Wahlrecht verbunden. Kernpunkt seiner Politik aber war und blieb die Dynastie, d e er so stark machte, daß selbst ein unbedeutender, politisch noch dazu ganz unerfahrener Fürst ihren Gründer und Mehrer eines Tages einfach bei- seiteschiebne und selbst regieren konnte. Bis marcks Werk ist es auch ganz gewiß, daß diese Dynastie im Gefühl ihrer sicheren und — nach ihrer Meinung — geradezu unentbehrlichen Stellung die wachsenden politischen Wünsche des Volkes nicht einzuschätzen vermochte und dabei schl'eßlich »elbst ihr Verhängnis fand. Wie Bismarck über den Erben der Krone gedacht hat, wissen wir nunmehr zur Genüge, vor allem aus dem dritten Band seiner Erinne rungen. Ist cs aber eigentlich zu verstehen, daß daß die Deutschen heutzutage noch die divinato- rische Gabe des Altreichskanzlers rühmen, seine Eingeständnisse über die Gefahren der Zukunft hinnehmen und nicht vielmehr erschüttert sind über die Unseligkeit eines Systems, das das Un heil genau kommen sieht, aber es lieber auf die Katastrophe ankommen läßt, ehe es anderswo Kräfte zu erwecken sucht, die die natürlichen, gesunden Tragflächen einer echt völkischen Pali- lik hätten werden können- Bismarck hat den Btick des deutschen Bürgers von der Politik ab gelenkt. Wo er mit dem deutschen Volk im poli tischen Geschäft zu tun hatte, ließ er ihm eine Behandlung züteil werden, deren Nonchalance der Mensch des Jahres 1923 sich nur schwer noch vorstellen kann. „Glauben Sie doch nicht, meine Herren, daß Ihr Urteil mir maßgebend ist. Ich versichere Sie, daß es mich nicht im geringsten stört," hat er den Reichstag einmal abgefertigt. Unter solchen Worten aber wuchs, gedieh, nahm an Kraft zu die Monarchie, deren künftigen Nutznießer aber wiederum Bismarck nicht so er zog, daß er wenigstens an innerer Kraft und an politischer Schulung ein Gegengewicht zu seiner außerordentlichen Machtfülle gehabt hätte. Nach Bismarcks Entlassung wurde die Mon- crchie äußerlich immer glänzender. Sie allein wurde immer mehr der Brennpunkt unseres politischen Lebens. Wilhelm II. unis sein Tun und Lassen wurden den Deutschen geradezu zur Zwangsvorstellung. Man sprach wie Wilhelm, man dachte wie Wilhelm, man trug den Bart wie Wilhelm. Der deutsche Bürger hatte der Dynastie seinen Schatten verkauft und war wesenlos geworden. Das war so gekommen, weil Bismarck das Deutsche Reich als ewigen Bund der deutschen Fürsten aufgerichtet hatte. Solange Bismarck selbst im Amte war, machte sich das Verhängnis nicht bemerkbar. Es wurde gedeckt von seiner gewaltigen Persönlich, keit, deren Außenpolitik den Bedürfnissen Deutschlands entsprach, weil sie in vorsichtigster Weite das junge Reich vor jeder möglichen Schwierigkeit bewahrte. Ader aus diesem klugen Diplomaten, den uns das Schicksal beschert hatte, konnte der von dem Regime der Hohenzollern ohne Schulung gelassene politische Sinn der Deutschen einfach nichts machen. Sie mußten ihn für sich zurechtstutzen, und hierzu half die Legende vom — eisernen Kanzler. Der eiserne Kanzler, das hieß nichts anderes als: ein poli- ti'ches Wunder, das man unkritisch bestaunt, aber nie zu verstehen trachtet. Der eiserne Kanzler hat sein Gegenstück im unpoltischen Kleinbürger. Es war auch ein Erbe, das Bismarck den Deutschen hinterließ, daß sie ihre Hoffnung von nun an immer auf „den großen Mann" stellten, und gar nicht daran zu denken wagten, daß nur aus ihrer eigenen Mitte die lebendige Kraft hervorgehen konnte, die das deutsche Volk durch den bunten Wechsel der Weltpolitik zu führen hatte. Daß das politische Genie ein Zufall sei, bedachten die Deutschen nicht, noch viel weniger, daß ein Staat in der bloßen Erwartung auf ein immer wiederkehrendes Genie gedeihen könne. Hätten sie sich einmal das Sprunghaft«, was in daß sie selbst der politische Organismus sind, daß al>er „ein großer Mann" etwas Systemloses ist und daß nach seinem Ausscheiden unfehlbar eine Lücke entstehen muß, wenn er es sich nicht angelegen sein ließ, im Volk den politischen Geist zu pflegen, aus dem allein die nötigen Regie rungen sich herausentwickeln müssen, je nach dem Bedürfnis der Zeit. Die Dynastie hat Bismarcks Geist, der das Volk von der Politik fernhielt, mit Eifer weiter- gepflegt. Der Kaiser war alles, politische Be- tätidung des einzelnen mehr oder wenig uner- wünscht. Der Mann aus dem Volke sollte nur seinen Militärverein haben, wie es das Ideal des General a. D. in Errdermanns Schauspiel war. Die Spitze des Staatsbaues funkelte in unerreich barer Höhe, die Basis wurde immer schmäler. Als der Stoß von außen kam, war der Zusam menbruch da. Unter ihm lag der deutscheBürger, die fatale Frucht der Entpolitisierung, die der erste Kauz- ler an ihm durchgeführt hatte. Die Republik bekam diese Frucht zu schmecken. Cs ließ sick politisch nicht viel anfangen mit dem Deutschen. Alle Regierungen blieben Verlegenheit; aus dem Volke floß ihnen kein politischer Saft zu. Das Kabinett Wirth freilich war im Begriff, mit dem Volk politische Fühlung zu gewinnen. Sofort aber unterhöhlten es die Gegner der Republik und schmähten den Kanzler „Schwitzmeister der Entente". So war vor Jahren das französische Ministerium Waldeck-Rousseau, dos di« Republik endgültig sicherte, le mivistörs cks l'ökravgsr gescholten worden. Während aber die Franzosen die Absicht der Verleumder durch- schauten, fiel der in unpolitischem Geist er zogen« Deutsche, darauf hinein und sti«st den Kanzler von sich, der im Begriff war, die deutschen Republikaner zu sammeln. Der un politische Luno wurde auf den Kanzlerposten ge- rnfey, und in einer Zeit des allerstürmischsten Geschehens geriet die Deutsche Politik in einen Quietismus, der mehr als beängstigend wirken mußte. Als endlich die Reichstagsparteien zu- sammentraten, erließ die Regierung eine Kund- gebung, die, so schwunglos sie im Tone auch ist, dennoch den Willen erkennen läßt, daß die Regie- rung endlich mit dem Volke die Verbindung aufnehmen möchte. Ob aber das Kabinett Tuno noch etwas Ersprießliches wird leisten können, muß nach seiner allzu lang gepflegten abwarten, den Haltung bezweifelt werden. Alan sagt zwar immer, jede« Volk habe die Regierung, die es verdiene. Unser deutsches Volk aber hat am Sonntag durch seine wunder- bare Besonnenheit gegenüber den Lockungen des Radikalismus den Beweis erbracht, daß es eine weit bessere Regierung verdient, als ihm gegen- wärtig beschicken ist. Aufruf des LandwirtschajrLrats Berlin, 30. Juli. Der Präsident des Deutschen Landwirtschaftsrates Dr. Brandes erläßt folgen den Aufruf: „Der Herr Reichskanzler weist darauf hin, daß infolge der Verspätung der Kartoffelernte die Städte von Kartoffeln entblößt seien und daß auch sonst die Ernährungsschwierigkeiten der großen Der- brauchcrmassen wachsen. Der Herr Reichskanzler richtet an die deutsche Landwirtschaft den dringenden Aufruf, alle Kräfte anzuspannen, um die Erträge, insbesondere der Frühkartoffeln, möglichst umgehend dem Verbrauch zuzuführen md die Lage in den Städten zu erleichtern. Unterstützung durch Vas Reichsvcrkehrsministerium sei zugesichert. Ich unterstütz« diese ernste Mahnung des Herrn Reichskanzlers auf das Dringendste. Ver spätete Ernte und Markentwertung verschlimmern die Lage. E, kommt jetzt darauf an, trotz dieser Schwierigkeiten den Anschluß an die neue Ernre zu erreichen, die, wenn sie gut geborgen werden kann, gutzu werden verspricht. Ich fordere deshalb die deutschen Landwirt« auf, der Mahnung de« Herrn Reichskanzler» zu folgen und insbesondere, soweit es der Reifegrad der Kartoffeln irgendwie ge- stattet, die Städte möglichst ausgiebig mit Frühkartoffeln zu versehen." Die die „Kölnische Volkszeitung" meldet, sind die Städte im Ruhrgebiet in größerem Maßstabe zur Ausgabe von Rotgeldscheinen geschritten, um dem herrschenden Zahlunasmittelmanqel abzuhelfen. So hat die Stadt Essen beschlossen, vorläufig 400 Milliarden Notgeld herauszugeben. Berlin, 30. Juli. («i«. L<l.) Wie Vas Wolffbureau mitteitt, ist Ver Reichstag auf Mittwoch, den 8. August, einberufen worven. Die Tagesordnung ist noch nicht festgesetzt, doch dürfte« zu nächst die Steuergesetze erledigt werden, die bis dahin vom Reichskabinett im Ent wurf fertiggestellt sein werden. . vorläufig kein Regierungswechsel Berli«, 30. Juli. (Eig. Tel.) Nach den Be sprechungen mit dem Reichskanzler sind die Fraktions führer, die ihren Sommcrurlaub unterbrochen hat ten, wieder von Berlin abgereist. Eine Entscheidung über die Nachfolge des Kabinetts Cuno, die nach übereinstimmender Ansicht zuerst geklärt werden müßte, bevor an einen Rücktritt des Kabi- netts zu denken ist, wurde nicht erzielt. In den heutigen Morgenblättern werden bereits Kombi nationen über die Nachfolgefrage er örtert. So nennt „Der Montag-Morgen" ein Ministerium Loebe-Stresemann als aus- sichtsreich, in dem der sozialdemokratische Reichstag«. Präsident Loebe die Kanzlerschaft und Etresemann das Auswärtige übernehmen sollte. Allerdings soll Loebe selber seiner Kanditatur widerstreben. Auch die „Welt am Montag" stellt Etresemann« Namen in den Vordergrund und verlangt, daß er an die Spitze des Kabinett« trete, da er dar einzige Politiker sei, der die große Koalition von der Deutschen Volks- Partei bis zu den Sozialdemokraten beisammen halten könnte. All diese Mutmaßungen werden von führenden Parlamentariern al» nicht ernst zu nehmen be zeichnet. Die Schwierigkeiten für da« Zustande- kommen der großen Koalition sind immer sehr groß und erscheinen fast unüberwindbar, da innerhalb der Sozialdemokratischen Partei die Ansichten bisher stark auseinandergchen. Während auf der einen Seite Hermann Müll er-Fran- ken für den Eintritt der Sozialdemokratie in die große Koalition kämpft, hat er auf der anderen Seite eine starke Gegnerschaft unter Breit scheidts Führung, der als einer der heftigsten Gegner der Deutschen Polkspartei seine ganze Energie aufbietet, um da» Zustandekommen der Koalition zu verhindern. Die Fraktionsfitzung der Sozialdemokratischen Partei, die heute vormittag um 11 Uhr zusammentrat, ist in die Stellungnahme der Partei zur großen Koalition eingetreten. E» steht zur Stunde noch nicht fest, in welcher Richtung sich die Fraktion entscheiden wird. Die bürgerlichen Parteien halten den augenblicklichen Zeitpunkt für eine Regierungs krise auch noch für verfrüht und wollen, ehe sie die Personenfrage erörtern, den Zusammentritt des Reichstages und den Erfolg der in der letzten Regierungserklärung angekündigtcn Steuern ab warten. Die Parteien sind der Ansicht, daß von einem Regierungswechsel erst dann gesprochen werden dürfte, wenn der Reichstag zu den ange kündigten Steuergesetzen Stellung genommen und sie verabschiedet habe. Oie Haltung der Sozialdemokraten Berli», 30. Juli. (Eig. Tel.) Die Frak- tionssitzung der Vereinigten Sozial demokratischen Partei Deutschland» dauert seit >j11 Uhr vormittags mit einer ein- stündigen Mittagspause weiter an und dürfte wahr scheinlich erst in den späten Abendstunden zu Ende gehen. Bis jetzt ist über die Stellung der Sozial demokratischen Partei zur Regierung Luno und zu den neuen Steuervorlagcn sowie zur großen Koali tion etwa folgendes zu sagen: Die Sozialdemokratie steht auf dem Stand punkte, daß das Vertrauen zu der Regie rung Luno vollständig erschöpft sei. Die Kundgebung der Regierung am vergangenen Sonn tag habe lediglich einige Selbstverständlichkeiten aufgezählt, die schon vor Monaten hatten geschehen müssen. Auch sie habe keineswegs die Hoffnung er wecken können, daß die Regierung Luno in irgend einer Weise dem immer fortschreitenden Elend in wirtschaftlicher und politischer Beziehung werde Ein halt gebieten können. Andererseit» ist man aber — insbesondere unter den Vertretern de» linken Flü gel» — der Meinung, daß es verfrüht wäre, dem Kabinett Luno in diesem Zeit punkte die Zügel au« der Hand zu nehmen. Man müsse warten, bis die Politik Lunos vollständig Fiasko erlitten habe. Innerhalb der Sozialdemokratischen Partei glaubt man, daß dieser Zeitpunkt sehr nabe herangerückt sei. Beson ders dürften sich die schweren Fehler de» Kabinett« in dec inneren Politik bereit« in den nächsten Tagen auswirken. Für die poÜMchen Par teien des Reichstags wäre es daher gefährlich, wenn sie das Kabinett Luno im letzten Augenblick von d«n Konsequenzen seiner politischen Unfähigkeit entbind« und einem neuen Kabinett die ganz« Verantwortung für die verfehlte Politik Lunos aufladen würden. Was die Haltung der Sozialdemokratie zu de» Steuervorlagen der Regierung anbetrifst, so wird die Partei wahrscheinlich der Regierung ein eigenes Steuerprogramm unterbreiten, dessen Annahme sie in scharfer Weis^ verlangen wird. Die Frage der Großen Koalition ist in den bisherigen Verhandlungen nur oberflächlich berührt worden. Die Fraktion dürfte sich wohl heute kaum über diesen Punkt schlüssig werden, da der Partei- vorstand bereits jetzt eine Fortsetzung der heutigen Fraktionssitzung für den 2. August festgesetzt hat. Weite Kreise der Sozialistischen Partei find sich der Notwendigkeit einer großen Koalition, die alle Par teien bis zur Deutschen Volkspartei umfaßt, vost bewußt, aber die Partei müsse für einen Eintritt in eine solche Koalition Bedingungen stellen, deren Annahme besonders bei der Deutschen Dolkspartet auf Widerstand stoßen dürfte. Die Bedingungen dürften sich auch sehr wesentlich auf steuerpolitische Fragen beziehen. Immerhin ist beachtenswert, daß in diesem Zeitpunkte von den Sozialdemokraten mit den bürgerlichen Parteien über die Voraussetzungen einer Großen Koalition Verhandlungen gepflogen werden. Hier biete sich die Möglichkeit wegen einer Neubelebung der sogenannten Kleinen Ko alt* tion mit den Demokraten: und dem Zen» trum zu sondieren. Frankreichs passives Interesse Pari«, 30. Juli. (Eig Tel.) Der „Temps" hat einen Artikel veröffentl in dem er für einen Schritt der Verbündeten in Deutsch land zugunsten der Ersetzung de» Kabr- nett» Luno durch ein entschieden republikanisches Ministerium eintritt. Das französische Außen ministerium lehnt diese Anregung des „Temps" ab; der Artikel gibt nur die Ansicht von Kreisen wieder, durch die Poinears sich in seinen Beschlüssen nicht beeinflussen läßt. Er hat deshalb wenig Bedeutung. Die französische Regierung beobachtet in der Fraga der inneren Politik Deutschlands größte Zurück- Haltung und legt Wert darauf, auch nur jeden An schein einer direkten oder indirekten Einmischung zu verhüten. Ein Schritt, wie ihn der „Temps" sich vorstellt, ist nach Ansicht der französischen Regierung vollständig ausgeschlossen. Man scheint in französischen Regsieruugskveisen allerdings der Annahme zuzuneigen, daß jede Re gierung, die das Erbe des Kabinetts Luno über nimmt, schon deshalb Vertrauen und Entgegenkom men verdient, weil die Sanierung des deutschen Wirtschaftslebens nach französischer Auffassung die Einstellung des passiven Widerstandes im Ruhrge biet zur ersten Voraussetzung habe» müsse und jede neue Regierung zweifellos diese Sanierung als ihr Hauptziel betrachten würde. Ein ausgesprochenes Linksministerium nach Art des Kabinetts Wirth würde nach der hier vorherrschenden Auffassung kaum die genügende Autorität zur Durchführung der für die Regelung der Reparationen erforderlichen Maß nahmen haben. Dazu wäre nach Ansicht französischer Regierungskreise nur ein von der großen Koalition getragenes Kabinett Stre- semann in der Lage. Ein Kabinett Etresemann wird in Frankreich gleichzeitig hcrbeiycwünscht und gefürchtet. Es wird herbeigewünscht, weil man glaubt, daß Etresemann im Interesse Deutschlands eine end- gültige Regelung der Reparationsfrage betreiben würde, die auch den Interessen Frankreichs entspre chen könnte. Man glaubt ferner, daß Etresemann bereit sein werde, mit Frankreich eine wirtschaft, liche Verständigung abzuschließen, die nach Ansicht hiesiger Mirtschaftskreise allein imstande wäre, die französische Wirtschaft von den beiden ihr drohen- den Gefahren, nämlich dem Kohlenmangel und der Ueberproduktion der Montanindustrie, zu befreien. Anderseits ist man aber davon überzeugt, daß ein Kabinett Etresemann Deutschland einer raschen Niederer st ar kung zuführen könnte, die in Frankreich vielleicht bald als gefährlich empfunden würde. Ein Kabinett Etresemann würde von den extremen Nationalisten als eine Bedrohung der Si- cherheit Frankreichs aufgefaßt werden. > München, 30. Juli. (Lig. Tel.) In Rosen hei m kam es gestern zu einem ernsten Zwischenfall. Nach dem Bericht ist auf dem nahen Wendelstein am Sonnabend ein Bayer von Sozialisten verprügelt worden. Daraufhin zogen gestern Angehörige der Vaterländischen Verbände zum Gewerkschafts haus, da» gestürmt wurde. Hierbei wurde ein Kommunist getötet; vier Personen wurden ver letzt. LmcrUliuilttker ««qm«» * Soaäerlcgdel I. L