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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.07.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192307274
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230727
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230727
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-07
- Tag 1923-07-27
-
Monat
1923-07
-
Jahr
1923
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8ette 2 Rr 176 ken als Nordbayern. Daß die alten Stammes- namcn in den offiziellen Bezeichnungen »-er Kreise weiterleben, ändert nichts an dieser, seit einem Jahrhundert durchgeführten Gewöhnung im täglichen Leben. Seit einem Jahrhundert, denn das Land Bayern verdankt, was viel zu wenig beachtet wird, seine „Abrundung" mit fränkischem und schwäbischen» Gebiet der Gnade Napoleons, der damit und mit der Verleihung der Königswürde an den bayerischen Kur fürsten Maximilian dessen Vaterlandsverrat be lohnte. War es wirklich nötig oder klug, ein Gebilde dieser Herkunft bei der Neugestaltung des Reiches in die Deutsche Republik mit hinüberzunehmen? Auch Preußen ist eine Zu- sammenfnssung von Stammcsländern, aber hier wird, dank der Provinzialverfassung, die Eigenart der Stämme viel besser gewahrt als in Bayern. Die Eigenart der Stämme — ist sie denn wirklich eine deutsche Eigentümlichkeit? Haben nicht die Normannen und die Bretonen, die Burgunder und die Provenzalen in Frankreich, die Schotten und die Waliser in England, die Venezianer, die Lombarden, die Neapolitaner in Italien ebensoviel Eigenart und ebensoviel Anspruch auf deren Pflege, wie Bayern und Schwaben, Franken und Sachsen? Und hat man jemals gehört, daß diese Eigenarten der Stämme in den Einheitsstaaten Frankreich, England und Italien Schaden gelitten Hütten? Es ist schlechterdings nicht einzuschen, warum die ein- heittiche staatliche Organisation, die jene Völ ker, sehr zu ihrem Vorteil und ohne im gering- sten darunter zu leiden, durchgeführt haben, für Deutschland unerträglich und nicht vielmehr ebenso vorteilhaft sein sollte. Daß Deutsch land unter der monarchischen Staatsform nicht zur vollen staatlichen Einheit kommen konnte, war die Folge des dem Deutschen tief einge wurzelten Untertanengeistes und seiner ihm sorgfältig anerzogenen Treue zum angestammten Landesherrn. Untertanengeist und Mannes treue haben bei der Einrichtung der Deutschen Revubiik noch sichtlich nachgcwirkt, obwohl sich ihnen die Objekte entzogen hatten. Nun aber, da die Republik vier Jahre besteht und sich außerdem zeigt, daß Mißgunst von außen her sich die mangelhafte innere Gliederung unseres nationalen Staates, diese Rudimente der dy- nastischen Kleinstaaterei, zu unserem Schaden zu- nutze macht, sollten wir ernstlich darauf bedacht sein, den unterbrochenen Weg zum einheitlichen Nationalstaat fortzusetzen. Wenn auch in diesem Augenblick die außenpolitischen Sorgen im Vordergründe stehen, so wird doch gewiß auch einst der Tag kommen, da wir Muße finden, um im Innern unseres Hauses die notwendigen Ausbesserungen vorzunehmen. Diese beizeiten ins Auge zu fassen und uns über ihre beste Ausführung klar zu werden, ist eine Aufgabe, die wir auch jetzt nicht vernachlässigen sollten. N. Sett. Minder Liebmann unb die Demokraten In Nr. 170 unseres Blattes vom 20. Juli gaben wßr in einem Auszug aus der Sächsischen Staats- zettung einen Rückblick wieder, den der Innenminister Liebmann über die dreimonatige Zusammenarbeit der Kommunisten und Sozialdemokraten verfaßt hat. In diesem Rückblick richtete Minister Liebmann An griffe auf die Demokraten, namentlich im Zusammenhang mit dem Gemeindereform-Gesetz, das kürzlich vom Landtag erledigt worden ist. Hierzu geht uns nun vom Dresdner Verein der Deutschen Demokratischen Partei eine längere Er widerung zu, der wir folgende Stelle entnehmen: „Wenn Herr Liebmann die Behauptung aufstcllt, daß die Beratungen der Gcmeindeverfassung mit aller Deutlichkeit den reaktionären Eharakter der Demo kraten gezeigt hätten, so ist er offenbar der Meinung, daß jeder Widerstand gegen kommunistische Forde rungen, mögen diese noch so unsinnig sein, als reak- tionär zu betrachten ist. Zn diesem Sinne hat er allerdings innerhalb seiner eigenen Partei mit den Mitteln eines unverhüllten Terrors bis in die öffent lichen Landtagssitzungen hinein jede Regung orr Per- nunft unterdrückt. Er vermutet durchaus nut Recht, daß ihm diese ersprießliche Tätigkeit nicht gelungen wäre, wenn er auf die Demokratische Partei hätte Rücksicht nehmen müssen." prozetz gegen puttkamer München, 26. Juli. (Lig. Tel.) Dor dem Volksgericht begann heute der Prozeß gegen den Schriftsteller Franz von Puttkamer wegen Aufforderung zum Mord. In der Anklageschrift wird folgende» ausgeführt: Puttkamer sei Korre- spondent de« Berliner Vorwärts, er habe sich in die Münchner Roßbachgruppe eingeschlichen, um ihre Ziele zu erkunden und darüber seiner Zeitung zu be richten. Dabei habe er den Studenten Karl Dauer kennen gelernt, der ihm volles Vertrauen schenkte. Puttkamer habe ihm, um ihn -um Reden zu bringen, sein« Bereitwilligkeit erklärt, politischen Flüchtlingen Unterschlupf zu gewähren. Daraufhin weibte ihn Dauer in seinen Plan ein, den früheren Reichskanzler Scheidemann zu ermorden. Putt- kamer habe ihm seine Zustimmung ausgedrückt, ihm einen Revolver in Aussicht gestellt und auch später, nach Mitteilung Dauer«, daß Scheidemann in Augsburg sei, sein Angebot, Dauer nach durch- geführtem Attentat in seiner Wohnung unter zubringen, nicht widerrufen. Er habe damit den Eindruck erwecken wollen, daß er Bauers Attentats- plan billige und nach Kräften unterstütze. Nuto-Unglück» de« Relchsftnanzmlnlfterr Berlin, 26. Juli. (Eig. Tel.) Heute vormittag stieß da» Auto de» R«ich»finanzmintster» Dr. Her mes, in dem sich außer dem Münster auch Etaat»- sekretär a. D. Bergmann befand, mit einem anderen Kraftwagen zusammen. Der Wagen de« Minister« wurde nmgeworftn. Die Verunglückten «amen mit leichten Hautabschürfungen davon. l-Blprlger 7'sgedlstt und ULvdelsLrttuag Geheimniskrämerei in Paris Pari», 26. Juli. (Eig. Tel.) Die strenge Wah rung des Geheimnisses der interalliierten Vcrhand- tungen durch die amtlichen Stellen gehr den Iourna- listen sicherlich auf die Nerven. Einige Blätter ver suchen das Fehlen zuverlässiger Informationen heute dadurch zu verbergen, daß sie in großer Aufmachung über den angeblichen Stand des französisch-belgischen Meinungsaustausches berichten. Ihre Angaben dar- über, soweit es sich nicht um längst bekannte Wahr- heilen handelt, sind mit größter Vorsicht aufzuneh- men. Die Nachricht, daß PoincarS einen Entwurf für die Antwort auf die englischen Erörterungen nach Brüssel gelangen ließ, wurde bereits gestern demen tiert, ist aber bei der offen eingestandenen Verschlep pungstaktik durchaus wahrscheinlich. Heber die gest rige Unterhaltung des belgischen Botschafters mit Pvincarö ist nicht» bekannt geworden. Die Frage, ob Frankreich und Belgien gemeinsam eine im Wort laut identische Antwort nach London schicken, oder verschieden antworten werden, ist noch nicht ent schieden. In französischen amtlichen Kreisen rechnet man stark mit der Möglichkeit, daß Belgien seiner Antwort eine eigene Fassung zu geben wünscht. Diese Frage wird hier als sekundär betrachtet, oa es sehr leicht möglich sei, die gleichen Dinge auf zweierlei Weise zu sagen. In hiesigen unterrichteten Kreisen hält man an der tteberzeugung fest, daß Frankreich und Belgien darüber einig sind, die Verhandlungen bi« zur E i n- stellung des deutschen Widerstandes hinzuzirhen, und daß die Höhe der Gesamtregelung bereite für alle Verbündeten feststehe, wenn die For- mein für die künftige Verständigung auch noch nicht alle gefunden sind. Man erzählt hier, der tschecho- slowakische Außenminister Benesch habe vor seiner Abreise von Paris geäußert, es werde zu schweren Krisen und Auseinandersetzungen kommen, aber man dürfe sich dadurch nicht in der Zuversicht beirren lassen, daß die endgültige Regelung als gesichert gelten darf. Die extremnationalistischen Kreise betrachten die Entwicklung der Dinge mit größter Besorgnis. Die Libre parole protestiert heute gegen die von England auserlegte Schweigepflicht, die nach ihrer Ansicht nur geeignet ist, die „Hcreinleguny Frankreichs* zu er- leichtern. Das Blatt macht Pomcarck Vorwürfe, weil er sich auf eine nutzlose und gefährliche Unterhaltung mit den Verbündeten eingelassen habe, um Zeit zu gewinnen, und meint, Poincarck hätte dieses Resul tat viel besser durch völlige Ablehnung der Unter haltungen erzielen können. Paris und Brüssel antworten gesondert Pari«, 26. Juli. (Eig. Tel.) Wie der Petit Parisien mitteilt, ist Grund zu der Annahme vor' Händen, daß Paris und Brüssel an London getrennt antworten werden. Die beiden Dokumente würden zwar in ihrem Wortlaut nicht identisch sein, in ihrem Inhalt über die Kernpunkte aber überein- stimmen. Beide würden in freundschaftlichem Tone abgefaßt sein und die Fortführung der Ver handlungen ermöglichen. Das gleiche Blatt teilt mit, daß nach Ueberreichung der französischen und belgischen Antwort in London voraussichtlich eine Zusammenkunft zwischen Poincarö undTheunis zustandekommen werde. Nach dem Matin hat der belgische Botschafter bet seinem gestrigen Besuch beiPoincarck die Anregungen der belgischen Regierung hinsichtlich eines Abände- rungsvorschlages überbracht, den Poincarä durch den französischen Botschafter in Brüssel unterbreiten ließ, um ihn in dem englischen Antwortentwurf an Deutschland unterzubringen. Pertinax bestätigt im Echo de Pari» die Informattonen des Petit Parisien und glaubt im übrigen nach guter Quelle mitteilen zu können, daß vor einigen Tagen Herr Luno bereit gewesen sei, zu kapitulieren, jedoch die Fortführung des passiven Widerstandes auf Drängen der deutschen Großindustriellen beschlossen habe. prlvattnteressen an der Ruhrbesetzung Pari«, 26. Juli. (Gig. Tel.) Die kommuni- frische Humanitö veröffentlicht unter der Ueber- schrift „Fragen an Herrn de Wendel, deren Beantwortung Herrn Loucheur freisteht" in Fett druck die folgenden geilen: „Vor einiger Zeit wurde die Stadt Limburg besetzt. Ist Herr de Wendel nicht in der Lage, uns den Grund für diese mili tärische Operation anzugeben? Man versichert, daß die Städte Weilburg, Braunfeld unb Dillenburg, sowie eine Grube bei Siegen demnächst besetzt werden. Könnte Herr de Wendel nicht sagen, inwiefern diese Operationen von Inter esse sind, oder ob es sich um offizielle» oder private» Interesse handelt? Ist Herr de Wendel nicht davon unterrichtet, daß ein Teil der Aktien der im be setzten Gebiet gelegenen Kruppwerke kürzlich Gegenstand einer Besitzübertragung waren? Die öffentliche Meinung wird zweifellos wünschen, daß diese Fragen, die wichtige politische Probleme berühren, prompt beantwortet werden. Wir haben unsere Fragen an Herrn de Wendel gerichtet, aber wenn Herr Loucheur den Eindruck haben sollte, daß auch er ein Wort zu sagen hätte, werden wir da gegen nichts einwendcn." Der Großindustrielle de Wendel ist der Dor- sitzende des Eomitä des Forges. Lloyd George in Mihkredtt Loud»», 26. Juli. (Eig. Tel.) Die gestrige Rede Lloyd George» hat plötzlich «ine Art von Ein- keitsfront aller auf einen Ausgleich der englisch französischen Interessen hinardeitenden politischen Kreise in England gegen den früheren Premier- Minister zur Folg« gehabt. Die Morning Post schreibt: Al» Ergebnis der dummen Reden fällt der Ruhm Lloyd George» ebenso rasch wie die deutsche Mark und wird vielleicht in nicht allzulanger Zeit in den politischen Wechselstuben nicht mehr notiert werden. Der Daily Herold sagt offen heraus, es sei .ein Wunder, daß für eine Persönlichkeit wie Lloyd "George, der in so hohem Matze die Mitschuld an dem Elend, daß über Europa gekommen sei, trag«, überhaupt noch ein Platz im öffentlichen Leben vor handen sei. Streikunruhen in London Lwed«, 26. Juli. (Eia. Tel.) Infolge de» DockaLbeiterfirelk« kam es gestern beim 'Ausläden von Frischfleisch durch Arbeitswillige im Hasen zu heftigen Kämpfen zwischen der Polizei und den Streikenden. Die Streikenden versuchten die Arbeitswilligen am Ausladen zu hindern. Nachdem mehrere Dorstöße von 260 Polfttsten trotz An wendung von Gummiknüppeln erfolglos geblieben waren, da die Streikenden Pflastersteine auf die Polizisten warfen, mußten berittene Schutzleute ein- gesetzt werden, um die Straßen der Umgebung der Dock» zu säubern, damit das Ausladen und der Transport der Lebensmittel vor sich gehen konnte. Drakonische Strafen 3um aktiven widerstand verführt Aachen. 26. Juli. (Eig. Tel.) Am 14. Juli waren vom belgischen Kriegsgericht in Aachen drei Deutsche -um Tode und einer zu lebensläng licher Zwangsarbeit verurteilt worden. Ueber die Verhandlung füllst ist damals nichts in die Oeffent- lichkeit gedrungen, weil sie gänzlich unbemerkt vor sich gegangen war. Gestern wurde nun fast sechs Stunden lang vor dem belgiscl>cn Kriegsgericht über den Fall erneut verhandelt. Zur Verteidigung war der bekannte Rechtsanwalt Dr. Grimm Herder- gekommen. Auf der Anklagebank saßen, von 6 belgischen Gendarmen bewacht, vier junge Menschen: der 18jährige Friedrich Wilhelm Graf Keller, groß, schlank, knabenhaft, landwirtschaftlicher Volontär aus Neiße in Schlesien, der 22jährige Ludwig Schulze aus Münster in Westfalen, Student, Sohn der bekannten deutschen Schriftstellerin Ilse von Stach, ferner der einer alten Dortmunder Kaus- mannsfamilie entstammende Egon Ringenberg und der 28jährige Bergmann Kurt Lorbeer. Dre drei ersten waren zum Tode, der letztere zu lebens- länglicher Zwangsarbeit verurteilt worden. Zu einem Sabotageakt durch die Angeklagten war es nicht gekommen. Ihre Schuld beschränkt sich auf den Transport und die Beihilfe zur Vor- bereitung eines Anschlages bei Neuß. Der Sachverhalt ist in großen Zügen folgender: Graf Keller hatte als Mitglied des Freikorps Oberland von einem sogenannten Vorgesetzten den Auftrag erhalten, nach Hagen i. W. zu fahren und den passiven Widerstand durch aktives Eingreifen zu verstärken. In blindem Gehorsam fuhr Keller mit sieben anderen jungen Leuten nach Hagen und meldete sich bei einem Hauptmann von Ost, der in seinen Kreisen unter dem Decknamen Weet bekannt ist. In der Nähe des Erftkanal» sollte ge sprengt werden. Graf Keller und einige andere waren dann nach Münster in die Kaserne der Reichs wehr zu einem Major v. Falkenhayn geschickt worden, um Sprengstoffe zu holen. In Elberfeld erhielten die Angeklagten vom Hauptmann West den Auftrag, di« Sprengstoffe nach Neuß zu bringen. In Neuß fielen sie aber einem belgischen Offizier auf, wurden festgenommen und man fand bei ihnen größere Mengen Sprengstoff und Revolver. Der Sprengstoff sollte in Neuß von einem anderen Trupp, der das eigentliche Attentat vollbringen sollte, ent gegengenommen werden. Eine Vernichtung von Menschenleben sei nicht in Frage gekommen. Man wollte nur Kohlentransporte stören. Graf Keller ebenso wie Ringenberg und Lorbeer be stätigten, daß sie den Sprengstoff in der Reichs» wehrkaserne zu Munster geholt haben. Außer den vier Angeklagten waren noch sieben Per sonen festgenommen worden, darunter Hauptmann West. Diesem ist es aber gelungen, zu entfliehen. Der Angeklagte Ringenberg ist Mitglied eine» Stammtisches, der aus ehemaligen Angehörigen de« Freikorps Edelweiß bestand. Auch die Schriftstellerin Ilse von Stach, die Mutter Schulzes, war zur Zeugenvernehmung ge laden, indessen wurde auf ihre Aussage verzichtet. Darauf hielt der Militärstaatsanwalt sein« Anklage rede. Er beantragt Bestätigung des Urteils der ersten Instanz. Die strenge Strafe sei gerechtfertigt. Es müsse angesichts des Attentates von Dtttsburg ein Exempel statuiert werden. Der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Grimm (Essen) führt aus, man müsse zwei Arten von Sabo tage unterscheiden: die birekten Attentate gegen Züge, welche Menschenleben in Gefahr brächten, und solche, di« nur dazu bestimmt seien, militärische An lagen zu stören. Um den 8 1 der Ordomenz Nr. 47 anzuwenden, müsse die Untersuchung durchaus ein- wandfrei ergeben haben, daß die Täter einen töd lichen Unfall versucht hätten. Dieser Umstand sei aber durchaus nicht genügend erwiesen. Es handele sich daher nur um ein Verbrechen, das beabsichtigt war. Bevor sich der Gerichtshof zurückzog, gab der Angeklagte Schulz« noch eine Erklärung ab, daß er, seitdem er den Standpunkt der Regierung und der öffentlichen Meinung kenne und sehe, daß dte Sabotageakte verurteilt werden, sie auch verurtette. Er sei kein Mörder. Es sei ein großer Unterschied, ob jemand aus patriotischen Beweggründen lediglich eine Störurm verursachen oder Menschen um« Leben bringen wolle. Nach einstündiger Beratung fallt« der Gerichts hof folgendes Urteil: Graf Keller, Schulz« und Rin- g«nderg werden zu lebenslänglicher Zwangsarbeit, Lorbeer zu 20 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. An und für sich hat- ten sie den Tod verdient, wie da» Urteil ausführt, angesichts ihrer Jugend habe man aber diese Milde rung cintreten lassen. Vie Grenzsperre aufgehoben Frankfurt a. M., 26. Juli. (Eig. Tel.) Die Grenzsperre ist heute freigegeben worden. Die Frei gabe trifft zunächst jene Personen, die im besetzten Gebiete wohnen und im unbesetzten Gebiet beschäftigt sind. Diese haben wieder die Möglichkeit ein- und au» zu gehen, wenn sb. einen roten Ausweis besitzen und den sogenannten Frontterstempel eingeyott haben. Man sah heute morgen große Ströme von Passanten, welche die Sperre an der Grenze der Wiesbadener Straße überschritten, viele darunter, die glücklich waren, ihre Familien nach längerer Zeit wieder begrüßen zu können. Wie der Frankfurter Zeitung mitgeteilt wird, ist die Grenze zwischen dem besetzten und dem un besetzten Gebiet nur tagsüber offen. Don 8 Uhr abend» bis 6 Uhr morgens bleibt sie gesperrt. von Haur und Hof Esseu, 26. Juli. (Eig. Tel.) Am Sonnabend, 28. Juli, werden in Duisburg wieder 114 Eisenbahner vertrieben. Diesmal befin den sich unter den Ausgewiesenen sogardiePutz- frauen. Auf der Zeche Engelsbui» bei Bochum wurde ein Betriebsrat-Mitglied verhaftet. Dte Be- legschast trat daraufhin in einen 24stündigen Protest- streik. krettng, den 27. W! Dr. Heinze zum Zoll Ehrhardt Berlin, 26. Juli. (Eig. Tel.) Reichsjustiz. Minister Dr. Heinze empfing heute eine Anzahl Ber- liner Journalisten, um zu den Beschuldigungen, die in Form eine« Fragebogens des Vorwärts gegen ihn in der Sache Ehrhardt erhoben worden waren, Stellung zu nehmen. Dr. Heinze führte aus, daß die Reichsjusttzverwaltung sich jeglicher Eingriffe in das schwebende Gerichtsverfahren gegen Ehrhardt in gewissenhafter Hochachtung der Gesetze enthal ten habe. Auch der Detter Ehrharot», der Kauf- mann Karl Ehrhardt in Hamburg, sei sowohl dem Reichskanzler al» auch dem Reichsjustizminister persönlich unbekannt. Er habe lediglich eine Reihe von schriftlichen Eingaben im Inter esse des Kapitäns Ehrhardt gemacht, die vom Ober reichsanwalt weitergeleitet worden seien. Irgend eine andere Verbindung der Reichsreglerung und des Reichsjustizminister» persönlich mit Ehrhardt und seiner Umgebung habe nicht bestanden. Der Reichsjustizminister verwahrt sich besonders gegen die Ausführungen der säch sischen Nachrichtenstelle hinsichtlich der Verantwortlichkeit der Reichsregierung für alle im Falle Ehrhardt getroffenen Maßnahmen. Nach 8 116 Absatz 2 der Strafprozessordnung hätten Ehrhardt nur solche Beschränkungen auferlegt werden dürfen, die zur Sicherheit de» Hastzweckes und zur Aufrechterhaltung der Ordnurch im Gesang- nis notwendig waren. Die Verfügung darüber untersteht nicht dem Reichsjustizministerium, sondern dem pflichtgemäßen Ermessen de» Untersuchungs richter». Dieser habe, von Dr. Heinz« durch einen besonders Beauftragten um Auskunft ersucht, er- klärt, weder der Reichsjustizminister noch irgendein anderer habe sich an ihn gewandt, um zugunsten Ehrhardts auf ihn einzuwirken. Lediglich mit dem Oberreichsanwalt, als Anklagevertreter, seien vor- schriftsmäßige Besprechungen erfolgt. Dritte seien niemals an ihn hera^qetreten. Er habe aus Gründen der Menschlichkeit die einzige Besprechung der Frau Ehrhardt mit ihrem Mann ohne Ueberwachung für geboten gehalten, und sei auch jetzt noch fest davon überzeugt, daß diese Erlaubnis ohne jede Gefährdung des Untersuchungs zweckes hatte erteilt werden können. In einem zweiten Falle habe er eine solche Erlaubnis dem Vetter Ehrhardts erteilt, weil es sich nach dessen Angaben um Regelung von Familienang^egenheiten gehandelt habe, deren Besprechungen in Gegenwart eines Dritten für ihn und die Beteiligten gleich empfindlich gewesen sein würde. Schwierigkeiten der polnischen Regierung Frankfurt ». M, 26. Juli. (Li«. Deck Warschauer Korrespondent der Frankfurter Zeitung meldet, die Regierungsmehrheit bröckel« Immer mehr ab, da außer den Posener Agrariern mm auch die christlichen Demokraten abschwanken. Trotzdem wol- len die Parteien der Linken di« Regierung nicht vor Oktober stürzen, um sie noch zu nötigen, selber noch di« Bodensteuer einzuttciben. Die Partei des Ministerpräsidenten Dito» hielt ein« geheime Sitzung ab, um über ihre Stellung Mr eigenen Regierung zu beraten, da st« befürchtet, daß ihre Politik da, Vertrauen der Bauern eingebüßt hab«. ung unter doa Parteien de» Ein- der e» und Mark eingeführt hätte, aufzr will nur solche fremde Deoi^ herrühren, ganz oder tri kn beschlagnahmen. Eine allgemein« Erreg«« Sejms zeigte sich bei der 5 tion wegen der blutigen Z Streiks in Lodz und Eze geschossen hatte. Minister , wo die Polizei wurde nieder- geschrien, al« er dte erwähnten Dorgange auf die Kommunisten zurückführte; die gesamte Linke stimmte stehend das Arbeiterlied an. Die Sitzung wurde unterbrochen, und schließlich war Linde geuöttgt, seine Aeußerungen stark abzuschwächen. Trotzdem schrie die Linke: „Weg mit der Regierung!" und die Sozialisten im besonderen riefen dem Minister präsidenten „Mörder!" zu. Mussolini und die Gewerkschaften Fraukurt a. M., 26. Juli. (Eig. Tel.) Wie der römische Korrespondent der Frankfurter Zeitung meldet, hat Mussolini unlängst mit den sozia - listischen Gewerkschaften Fühlung genom- men, um eine Verständigung zu erzielen und ihnen das Unterstaatssekretariat in dem neuzugründenden Wirtschaftsministerium anzubieten. Er hat die Derbandsleitung der Gewerkschaften empfangen und bet dieser Gelegenheit angeregt, eine Arbeiterpartei nach englischem Muster zu bilden. Obwohl diese An regung wegen de» tiefgehenden Unterschiede» der italienischen und der englischen Verhältnisse nicht etnschlug, ist doch bedeutungsvoll, daß Mussolini versucht, die Gewerkschaften der sozialistischen Füh- rung zu entziehen und unter seinen Einfluß zu bringen. Zn Sachen der Außenpolitik erklärte Mussolini gegenüber den Gewerkschaftsvertretern, er gehe jeglichem Abenteuer aus dem Wege, da Italien wie überhaupt ganz Europa Ruhe und Arbeits möglichkeit benötige. Meine politische Nachrichten Den im Hamburger Hafen beschäftigten Arbeitern wurde durch Schiedsspruch der Tageslohn, der jetzt 226 000 Mark beträgt, für die Zeit vom 6.—11. August auf eine halbe Million erhöht. Der Schiedsspruch de« Schlichtunaraus^husse« in Frankfurt a. M* der den Stundenlohn «r Me tallarbeiter auf 32 000 Mark festsetzt«, wurde von den Arbeitgebern abgelehnt. * Die Moskauer Zeitungen veröffentlichen eine Dankkundgebung der Sowjetregierua- an di« Nansensche Misston. Al» Nachfolger Worowskt» wurde Jordan- skiker zum Vertreter de« Sowjetbunde« in Rom ernannt. Er ist nach Rom abgereist. * Der tschechoslowakisch« Außenminister Dr. be ne sch ist zu ttner Konferen» ber Staaten der Kleinen Entente in Sinais abgeretst. Ge Der Vertret den, fo Negier, Ein bedroh! Lharak nen ge bestreit gedroh, gegen i verböte Gub':n an der wirken. Die bruch i landkcn weit d die Re Rheinl Grün Recht wide setzten regieru nunger ein Vo Reich r landab tcs be! Die sucht n hafte t von ih gen dc Nrgun fache schwe zu den Zeichen standpi rufung rung c unter Leiden lichst i sind gl De finanzi neue 0 eröffn« Kreise Betraa l 00 Die 2 — wb Serie Die k sprüng Doll etwas Bc> des i minisll innere Reichs blmstä, werde, Ab sich oder sicht mittel Verstu rung zuverl wird, O De Jahre Fried, Lconh miede Ar den k Grenz erwies niemo Lehre, -E verga, märe, unwil Augrr kaum Philo gab n in D lyrisck Freih Umga seine Folge Schul uns « der j wir nicht sam i prete, vorhe scheu starke dessen Hera« S zwiscl träge manc einer Semi und barri
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