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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.07.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192307156
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230715
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230715
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-07
- Tag 1923-07-15
-
Monat
1923-07
-
Jahr
1923
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'kaKesberickt Adio, kjerr Lehrer! E» ist tot, da« rote Plüfchtier! Wenigsten» für die nächsten fünf Wochen. Gestern noch saß e» pei- nigend in dem Nacken, aber nun liegt es still und vergeffen unter dem Sofa. Ganz, ganz langsam haben e» die Kinder mit dem linken Fuß und einer Portion Schadenfreude neben den Stiefelknecht ge schoben. Mit dem Schulranzen unterm Arm oder auf dem Rücken mußte man immer so manierlich und gerade gehen. Und dazu durch die Anlagen, wo die Kleineren, denen noch kein Tornister 'aufgenötigt wird, nach Herzenslust im Grase strampelten. Wo die Sandburg von gestern noch stand! Außerdem: war wo ein Pferd hingeflogen oder kam die Feuer wehr, oder wurden gerade mit der großen blauen Sauerstofflamme Straßenbahngeleise auseinander- geschnitten — immer und immer war da» rote Plüschtier dabei und fing warnend an zu klappern, wenn man sich derartige Ereignisse genauer begucken wollte! Kam man dann nach Hause und wollte nachsehen, ob die Kaninchen endlich Junge bekommen hätten, da sagt^die Mutter: »Hans, wie steht'» denn heute mit ärn Schularbeiten?" Na ja, da war » wieder nicht« mit den Kaninchen und mit dem Fußball» spielen. Mißmutig wurde der Ranzen durch die ganze Stube geschleift und die Plackerei ging von neuem los. Ferien, juchhei! Mutter bekommt einen saftigen Kuß, und Pater auch und die olle verdrießliche Tante Pauline auch und alle, alle. Morgen wird erst ein- mal bis um neune geschlafen, nein, bi» um zehne, und übermorgen machen wir eine Partie und über übermorgen gehe ich mit Willi baden und überüber- übermorgen ... Riesenprogramm. Jeder Tag ein Fest. Und an jedem Abend das selige Gefühl: morgen sind auch noch Ferien und das achtunddreißig Tage lang!! Achtunddreißig Tage, da« sind, warte mal . . . das sind 456 Stunden! Jawohl, den Tag zu 12 Stunden gerechnet, denn bis zum 20. August ist mütterlicher- seits die Polizeistunde auf abends )410 Ukr fest gesetzt worden. Da kann man wenigstens „Farmer und Indianer" zu Ende spielen und braucht nicht immer dort aufzuhören, wo Katinka, das Trapper- weib, an den Marterpfahl gebunden werden soll. Zudem stärkt das Längeraufbleiben-Können das Ge fühl des Erwachsenseins in wohltuender Weise. Da« rote Plüschtier ist tot. Aber seine Besitzer leben, leben wie nie zuvor. In unbändiger Freiheit, in lichter Sonne, im großen Ferienglück! Mit Recht stand daher gestern am Eingangs portal einer Leipziger Volksschule: Adio, Herr Lehrer! Stu Zwanzig Markstück 550 000 Mark. Der Ankauf von Gold für das Reich durch die Reichsbank und Post erfolgt vom 16. d. M. ad bi« auf weiteres zum Preise von 550 000 Mark für ein Zwanzigmarkstück, 275 000 Mark für ein Zehnmarkstück. Für aus- läniükche Goldmünzen werden entsprechende Preise qczWt. Der. Unkauf von Reichssilbermünzen durch dieMsch^bdnkund Post erfolgt bis auf weiteres tick» verssßdert zum 11 OOOfachen Betrage des Nennwertes. k Belegen von Sitzplätzen in Eisenbahnzügen. Die Eisenbahnverwaltung hat bestimmt, daß in den Zügen ein Platz nur dann als belegt zu gelten hat, wenn der Sitz belegt ist. Das Unterbringen von Gepäckstücken in den Gepäcknetzen ist dem nach zur Sicherung eines Sitzplatzes nicht ge nügend, auch ist die Verwendung von Zeitungen und " Zeitschriften für die Belegung von Plätzen nicht aus reichend. Eine neue Paßstraße durch di« Glocknergrupp«. Die österreichischen Fremdenverkehrsverbanve be- absichtigen, die von Zell am See über Druck-Fusch nach Ferleiten führende und schon jetzt für Kraft wagen fahrbare Straße in den Talschluß von Fer leiten und von dort über da» Ruschertörl und dte eisfreien Heiligenbluter Tauern bi« in die Nähe de« Vie wett ohne vücher Don PfitttOMpttk Vierzig Jahre sind » heute. Don dem düstern Trafci unter dem Stilfser Joch führte damal» keine Fahrstraße nach Suldem jenem Parodie» der Ortler- bczwinger. Auf schmalem, zuweilen rauhem Pfade gelangte der Wanderer ans Ziel, wo noch nicht dte üppige Gaststätte des Sulden-Hotel» ihm winkte. Neben der bescheidenen „Alpenrose" gewahrte nur das gastliche Dach de» Kuraten Eller Herberge. Sie kostete ohne Unterschied für jeden Gast «inen Gulden und ebensoviel betrug insgesamt der Preis der drei Hauptmahlzeiten oder de» mitgenommenen Pro viants. Rüstig waltete der liebenswürdige, hochbe jahrte Priester al» Hausherr, neben ihm die treu sorgenden, auch schon recht ältlichen Schwestern Eller, unterstützt von dem biederen Hausknecht. Um diese unentbehrliche Hilfskraft für immer zu fesseln, ent schloß sich die eme der Schwestern, den jungen Mann zu heiraten, was aber an seiner diennden Stellung nichts änderte. Lachte die Sonne, so war das Haus schon bei Tagesanbruch leer. Aber dazwischen kamen böse Re gentage, machten diee Wae ungangbar und bedeckten die Berge mit dem gefürchteten Neuschnee. Dann Dann waaten sich auch die Mutigen nicht hinaus und mit allerlei Spicken und Späßen wurde die Zeit verbracht. Das Hau« war aus Bruchsteinen zusam-. mengefügt, ohne Bewurf, di« Fugen schlecht vermör- telt. Sie lockten die Kletterer, Kunst und Kraft an ihnen zu rrptdken, und, um der Sache einen Sport reiz mehr zu geben, wurde in ein gerade offen stehen des Fenster, (gleichgültig wer dahinter haust«), «in Silberzwanziger (20 Kreuzer) geworfen. Kletterschuhe und Finger stemmten sich in die Fugen, klommen an der Außenwand in die Höhe und Jubel begrüßt» den Sieger, der sich »uerst in da» Frnster hinein schwang und den Kampsprei» errang. Bei den gemeinsamen Mahlzeiten und abend» unter der traulichen, bescheidenen Petroleumlampe aad es nur «inen Gegenstand de» allaemeinen Gesprächs: di« früheren und die geplanten Bergfahrten. Der schnei dige Regierunzsrat au» Berlin prahlte mit seiner Bezwingung des Matterhorn» und sprach verächtlich von diesen allzu leichten Tiroler Gipfeln, bis er dann den Ortler vergeben» zu besiegen suchte und dafür mannigfachen gutmütigen Svott emheimste. Ernst und^achlich wurden die Möglichkeiten erwägen, eine» Glocknerhauses weiterzusühren- wo sie in der be stehenden Glockncrhausstraße «ine Fortsetzung noch Heiligerchlut und durch da» Mölltal und über den Iselberg bi» Ling finden würde. Man könnte durch den Neubau eine» 20 Kilometer langen Verbindungs stücke» und durch Ausbesserung einzelner Teile der bereit» vorhandene« Straßen einen 100 Kilometer langen, in einer Seehöh« von über 2V00 Meter führenden Htraßenzug erhalten, der eine Reihe hoch alpiner Landschaftsbilder aufweisen würde. Debattierende englische Studenten Die Debattierkunst hat an den englischen Hoch schulen seit je in hoher Blüte gestanden. Der Aus länder, der nach England kommt- muß di« außer ordentlich« Fähigkeit bewundern, mit der der eng lisch« Student in der Debatte selbst ganz unrichtige Behauptungen verteidigt. So trat nach der Zeit schrift „Hochschule und Ausland" ein englischer Stu dent in Manchester für die These ein, daß die Erd« flach sei, und die studentische Presse stellte fest, daß er da» mit großem Geschick getan habe. Daß die studentischen Debattierklub» sich aber auch mit ernst- hafteren Fragen befassen, zeigen folgend« Themen, über die in den letzten Monaten in Manchester de- battiert wurde, und die für uns Deutsche eigentlich recht erfreulich sind: 1. Die englisch-französische En- tcnte widerspricht dem Geist de« Völkerbünde»; 2. die Zugehörigkeit Amerikas zum Völkerbund kann nicht als Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit des Bundes angesehen werden. Bedenklicher stimmt folgende» echt englische Thema: „Dte Existenz kleiner Nationen bedeutet eine Bedrohung des europäischen Friedens." Und sehr tief blicken läßt das Thema: „Die Universitätsvorlesungen sind ein« unzweckmäßige Einrichtung". verstoß gegen die Vevifenorbnung Auf der Fahrt von Oberhof nach Berlin ist in Erfurt der Generaldirektor der Deutschen Evapora torgesellschaft Paul Litwin verhaftet worden. Es werden ihm Verstöße gegen die Devisenverordnung zur Last gelegt und zwar in Höhe von vier Millionen Mark. Der Verhaftete ist auch wirtschaftspolitisch hervorgetreten und genießt in Industrie- und Han- delskreisen großes Ansehen. Der Fall erregt um so mehr Aufsehen, als das Objekt von vier Millionen Mark bei dem bedeutenden Vermögen des Verhafte ten einen Fluchtverdacht nicht rechtfertigt. Diese ist die erste auf Grund der Devisenverordnnng erfolgte Verhaftung. Unfug am französischen Konsulat In der Nacht vom Freitag zum Sonnabend wurde am französischen Konsulat in der Grassistraße in Leipzig ein Unfug getrieben. Fünf männliche Per- sonen versuchten die Fahnenstange des Kon- sulate» herunterzureiben. Bevor sie jedoch die Tat ausführen konnten, wurden sie von der Polizei verhaftet. Der Hungertod geht «»! In der letzten Juni woche haben sich iy Berlin 41 Selbstmordfälle er eignet, bei 2d davon waren Nahrungssorgen die Ursache. 29 Menschen in einer. Woche durch Hunger in den Tod getrieben. Die Blutprophezeiuuge» i« Gerstenblatt. Land leute au« der Umgebung von Bonn haben in ver letzten Zeit verschiedentlich Hofer- und Gerstenblätter gefunden, in denen eine Art Run«, und »war der große lateinische Buchstabe „L" deutlich zu erkennen gewesen sein soll. Alsbald war die ganze Gegend erfüllt von Gerüchten und abergläubischen Phanta sien. Man glaubte auf das Wirken über- dzw. unterirdischer Mächte schließen zu sollen, die mit dem geheimnisvollen „8" den Menschen eine prophe- tische Offenbarung zuteil werden lassen wollten. Der Reihe nach wurden alle geeigneten- mit „8" anfangenden Begriffe de» deutschen Sprachschatzes in Erwägung gezogen, so „Buße" und „Beten", Brot", (an dem Mangel kommen wird). Bo« Zug überfahren. Auf der Saalbahn ist der Bahnwärter Krause au» llllstadt von einem Güter zug überfahren und sofort getötet worden. der Riesen auf bisher unbegangenem Wege beizu kommen und die gewichtigsten Stimmen waren di« der wortkargen erprobten Führer. Auch an sogenannter geistiger Nahrung fehlte es nicht. Auf dem Tische stand eine Zigarrenkiste; sie diente jetzt al» Postamt des Hause». Ihr Inhalt wan- derte von einem Platze zum anderen und wurde, so weit er aus offenen Mitteilungen bestand, mit naiver Verachtung des Postgeheimnisse» gelesen, wenn nicht schon die Nachbarin vorher versicherte: „Heute lohnt e« sich nicht, es ist gar nicht» Interessante» dabei!" An sonstigem Lesestoff gab es außer ein paar al pinistischen Schriften nur da» Fremdenbuch mit vielen stolzen, in die Liste der Alpinisten mit gol- denen Lettern eingetragenen Namen. Von den Gästen brachte schwerlich einer im Rucksack mehr Gedrucktes mit al» Bardeker, Lssell-Fel» und Generalstabskarten schon um dem eigenen Rücken nicht» überflüssige» aufzubürden. In dieser Welt Iredurste die Seele nicht der ge wohnten Kost. Wo das Auge sich an den tief grünen, mit bunten Blüten durchfärbten Matten sättigt, wo es hinaufsteigt zu dem reinen Silber der Gletscher gipfel vor dem leuchtenden Blau der Himmelskuppel, wo der Leib sich wie auf Flügeln zu den Höhen ge tragen fühlt, da» Auge von dort oben mit einem Blicke die unaeheure Weite de- Horizont» umfangt, wo alle« Grübeln und Forschen erlischt in einem un endlich beseeltgendem Atmen, — do verstummt der Hunger de» Geistes. Vergessen ist da» erzene Nein« Alltagsleben mit seinen Wünschen und Sorgen, in den Abgrund gesunken sogar tue Erinnerung an du» Geschehen da draußen, denn hier hinauf kommt Höch- sten» da» fromme Blättchen, das von den Tages ereignissen so spät und so spärlich kündet. Pier Wochen ohne Bücher, ohne Zeitungen! Der da» nicht einmal erlebt hat, der hat auch nicht die Probe auf keine eigene aeiptge und seelische Gesund- beit bestandet. Zu Nikotin und Alkohol und den sonstian Kultnrgisten gehört auch die Druckerschwärze, scheinbar da» unentbehrlichste aller Narrotiea. Vie dünken un» unentbekrlich, so lang« wir sie jeden Augenblick erlangen können, erst wenn st« un« fehlen, wenn wir Ke znerst stznerzltck' entbehrt haben, ge- langen wir dazu, ihre Macht zu überwinden. Ungläu big sm Anfang, schließlich mit stvlzer Bewußtheit werden wir e» inne: wir können un» befreien, wir bedürfen dieser Mittel nicht um zu leben, um glück lich zu fein. Pflicht und Recht -er Krau im demokratischen Gtaat Don >.»nb» v. Kourvwr Zm Demokraten schrieb kürzlich der Reichs tagsabgeordnete Erkelenz: „Im demokratischen Staate erkenne ich keine Unterschiede in den poli tischen Rechten und Pflichten zwischen Frauen und Männern an. Hier gibt es nur Bürger. Dom ersten Tage selbständiger politischer Tätig- leit an bin ich für die volle politische Gleich, berechtigung der Frauen eingetreten. Diese Grkensttnis darf nicht bloß Theorie sein, fix muß lebendige Praxis werden..." Erke- lenz fordert weiter die Frauen auf: „Nicht zu ruhen, bis sie ihre volle politische Gleichberech- ftgung errungen haben", die bisher leider nur auf den» Papiere steht. Um das letztere zu be weisen, brauchen wir gar nicht wett zu sehen, denn in der sächsischen Landtagsfrak- tion befindet sich bei den Demokraten seit der etzten Wahl überhaupt keine Frau. Um ür die späteren Wahlen dte notwendigste Berück- ichtigung zu finden, haben nun die demokra- ischen Frauen Sachsens, wie bereits vor einigen Togen an dieser Stelle gemeldet wurde, dem Landesausschuß einen Antrag übergeben, der die Aufstellung einer Frau in einem der drei Wahl kreise verlangt, wenn sich alle Frauen Sachsens auf «ine Kandidatin einigen. Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen, und so ist für die späteren Listenaufstellungen dieser Punkt geklärt. Die Heranziehung der Frauen zur verant. wörtlichen Mitarbeit in den Paria- menten ist von größerer Wichtigkeit, als all gemein angenommen wird. Es handelt sich nicht allein um die Bearbeitung spezieller Frauen- fragen, bei denen eine weibliche Vertretung un entbehrlich ist. Es gilt vor allem, die vielen weiblichen Wähler, die heute noch der Politik fern und fremd gegenüberstehen, heranzuziehen und zu eigener Urteilsbildung anzuregen. Er- fahrungsgemäß geschieht das am besten durch Frauen, die durch politische Mitarbeit ihr Ver antwortungsgefühl beweisen. Es liegt ungeheuer viel daran, die Frauen von dem Wert der jetzigen Staaatsform zu überzeugen, deren Gründung mit dem Beginn von Deutschlands tiefstem Elend zusam mentrifft und darum von irreleitenden und irre geleiteten Gemütern als Unglück bezeichnet wird. Es ist wahrlich eine schwere Aufgabe für ein Volk, das traurige Erbe der alten überlebten Staatsform in den Händen, inmitten schwersten wirtschaftlichen Elends vor der Pflicht eigenen Gestaltens zu stehen. Man war zu lange ge- wohnt, daß ),voy oben her" Beschlossene gläubig hinzunehmen, um heute jederzeit die Notwendigkeit eigenster Anteilnahme zu er- kennen. So wählt man Führer, die ihrer Auf- gäbe nicht gewachsen sind, und drängt sie nicht einmal zu entschlossenem Handeln; es wird ab gewartet, wie im Kriege so oft, und Hilfe von außen erwartet. Die demokratische Staatsform war unser Retter aus dem Zusammenbruch 1918, nur zu viele haben sich seitdem teilnahmslos abgewandt, als die Anforderung an eigene Opfer gestellt wurde. Demgegenüber steht die starke Opferbe- reitschaft jener Frauen, die aus der Frauen bewegung fast alle zu den Demokraten gekommen find, und deren Tüchtigkeit für uns gerade zu vorbildlich ist. Ueberall wird von ihnen- im Reiche fruchtbare Arbeit geleistet, um den Mit erfrischtem Gemüt, mit geweiteter Brust kehren wir au« den Bergen heim. Unser Blick grüßt heiter da» Gewimmel der Bahnhöfe, wie ein Neues erauickt un« die bunte Menschenfülle, das Jagen und hasten. Und wenn dann endlich un» die bunte Men Hasten. Und wenn dann endlich in unserer stillen Aelle die Lampe wieder freundlich brennt, dann neh men wir eines unserer Lieblingsbücher mit jenem beinahe verschämten Empfinden zur Hand, wie der Fahrend« nach mannigfachen Abenteuern die treue, fast vergessene Geliebte in seine Arme schließt, weil er das Bewußtsein hat, er kann von ihr frei werden, nicht ein äußerer und innerer Zwang bindet ihn an sie, und sie wird ihm um deswillen desto teurer. Ob e» viele gibt, die in solcher Ehe mit dem lite- rarischen Teil ihre» Selbst leben? Ob viele in diesen Tagen es unternehmen, mit einem Felleisen ohne Bücher binauszuztehen und ihre Seele die wenigen Wochen der Freiheit mit anderen, heilsameren Freu den zu speisen? Wünschen wir, daß mcht zu wenige so klug und so stark seien. n Mahren ge- i er 1887 Gehrtwrst Buucke, der Ordinarius für Nerven heilkunde an der Universität Leipzig und Direktor der Universitatsnervenklinik, wird, wje wir erfahren, am End« de« Wintersemesters 1923/24 einem Rufe an die Universität München Folge leisten. Troeltsch» Nachfolger. Wie au» Freiburg im Breisgau gemeldet wird, hat der dortige Ordinarius der Philosophie Professor Dr. Edmund Husserl eine Berufung nach Berlin al« Nachfolger Ernst Troeltsch« erhalten. Husserl, dessen Name in den letzten Jahren al» Begründer einer eigenartigen Form der erkenntni»theorett sehen Logik in, Fachkreisen viel genannt wird, ist 1859 zu Proßnitz i """" baren. Seine akademisch« Laufbahn begann al» Drlvatdozent in -all«, wurde später Professor in Göttingen und lehrt seit 1916 in Freiburg al» Nach- Holger Heinrich Rickert». Husserl yat sich durch seine „Philosophie der Arithmetik" (1891) und besonders durch seine „Logischen Untersuchungen" (1901/02) den Ruf eine» scharfsinnigen und tiefdringenden Denker erworben. Da» neue Zncker-Heilmittel ft» Vevtschkavb. Da» au» dep» tierischen Pankrea» (Bauchspeicheldrüse) ge- wannen« neue Mittel gegen die Zuckerkrankheit „Insulin", da« in Kanada entdeckt und nach Versuchen in anderen Ländern «ine groß« Bedeutung zu btsttzen scheint, wird jetzt auch in Deutschland nach- > r. . . ' . Kreis der verantwortungsfreudigen Staats- bürgerinnen zu erweitern. Gewissen Kreisen wäre es sicherlich nuv er- wünscht, wenn die Frau auch weiter in Unkennt- nis der letztvergangenen und gegenwärtigen Ge- schichtsentwicklung lebte, denn es ist fraglos leich- ter mit Wahlpropaganda zu wirken (welche die guten Vorkriegszeiten und die schlech ten heutigen mit der glorreichen Monarchie und der schlimmen Republik in Verbindung bringt), — wenn der Boden durch Urteilslosigkeit günstig vorbereitet ist. Darum ist es Pflicht jedes wachen und fort- schriftlich denkenden Staatsbürgers, sofern er in dem demokratischen Staate die einzige Möglich, keit für Deutschlands Wiederaufrichtung erblickt, auch die Frauen als gleichberechtigte Mitarbei- terinnen anzuerkennen. Zustimmung zum Metzprojekt Die Leipziger Stadtverordneten haben in einer öffentlichen Sitzung am Freitag dem neuen Messe projekt. auf dem Gelände derTechnischenMesse eine Riesen Halle unter Beteiligung der Stadt und der Schwerindustrie zu errichten (wir haben an dieser Stelle das Projekt ausführlich gewürdigt), zuge stimmt. In der Sitzung waren 34 bürarr> liche Stadtverordnete erschienen, die gesamte Linke blieb der Sitzung fern; sie hatte als Sprecher den Kommunisten Lieberasch entsandt. Das Referat, und die kurze Aussprache (mit Ausnahme des Kommu nisten, der ablehnte, da die Stadt an kapitalistische Kreise städtisches Eigentum verschenke) stellten sich auf den Standpunkt, daß die Errichtung der Meß- Halle für die Stadt und die Messe Leipzigs ganz be deutende Vorteile bringe. Pom Reichsgericht. Der Präsident des Reichs gerichts Dr. Simons hat seinen Urlaub an getreten und ist am 13. Juli nach Oberbayern zur Erholung abgereist. Er wird zunächst vom Senats- Präsidenten Dr. Hagens vertreten. Muffiger Bureaukratismu«. Die Ortsgruppe Jena des Einzelhandelverbandes Thüringen teilt folgendes Bureaukratenstücklein mit: Am 16. Februar wurde einem seiner Mitglieder für eine sofort gezahlte Ge- bühr von 10 Mark eine Elle vom Eichamt Jena nach geeicht. Nach langer Zeit erhielt der Kaufmann eine Quittung vom Eichamt in Weimar über 120 Mark für die Nacheichung derselben Elle. Mit dem Hin weis, daß für die Eichung bereits 10 Mark bezahlt worden seien, nahm der Beamte die Rechnung mit einem entsprechenden Vermerk wieder mit. Nach vier Monaten erschien ein Exekutionsbeamter und verlangte 180 Mark Eichgebühr und 1800 Mark fslr^/,. Vollstreckungsgebühr. Der Betrag wurde, um Un- aunehmlichkeiten au» dem Wege zu gehen, bezahlt.- Die Abgebanten. Aus Wien wird gemeldet: Die Regierung veröffentlicht eine Statistik der bis zum 30. Juni 1923 abgebauten Beamten. Danach haben die verschiedenen Ministerien und Aemter im ersten Halbjahr 22Y65 Beamte abgebaut gegen 27 185, die gemäß dem Völkerbundsentwurf hättet abgebaut werden sollen. Am meisten zurückgeblieben sind das Verkehrs- und Postministerium. Eft» neue» Kohlenlager bei Mährisch-Ostrau. Im Mährisch-Ostrauer Kohlenrevier stieß man auf dem Gebiete der Larisch-Mönichschen Kohlengruben auf ein neue» Kohlenlager, das durch seine Mächtigkeit überraschte. Die Direktion der genannten Grube trifft großzügige Anstalten, das Kohlenlager aus- zunützen und beginnt bereits in den allernächsten Tagen mit dem Bau der notwendigen Gebäude und groß angelegten Bergwerkseinrichtungen. geprüft. Wie die Deutsche Medizinische Wochenschrift meldet, hat die Universität Toronto, an der das Insulin zuerst dargestellt wurde, eine Anzahl deutscher Forscher veranlaßt, zu einem Komitee zu- sammenzntreten und die Darstellung des Insulins in Deutschland in die Wege zu leiten. Danach ist zu hoffen, daß in absehbarer Zeit den deutschen Aerzten ein zuverlässiges Präparat deutschen Ursprunges »ur Verfügung stehen wird. Bis dahin wird auch oas im Auslande hergestellte Mittel bei uns in den Handel gebracht werden. Da es sich dabei aber um eine durchaus nicht ganz ungefährliche Behandlungs weise handel, so sollt« zunächst eine Zurückhaltung in der ärztlichen Praxis beobachtet werden, bis in den Kliniken ausreichende Erfahrungen gesammelt sind. Achtzigster Geburtstag Rosegger». Am 31. Juli dieses Jahres ist Peter Roseggers 80. Geburtstag. Zur Erinnerung an den 1918 verstorbenen Volks dichter hat Emil Ertl ein Buch (bei Staackmann in Leipzig) unter dem Titel „Peter Rosegger. Wie ich ihn kannte und liebte" herausgegeben, das mit einer Handzcichnung Roseggers geschmückt ist und zahlreiche bisher unveröffentlichte Briese des Dichters enthält. Emil Ertl gehörte zu dem engeren Freundeskreise des Dichters, und sein Buch, das uns Rosegger als schöpferischen Geist und Menschen ungemein nahe- bringt, ist mehr als eine bloße Biographie. Der Verlag L. Staackmann in Leipzig veranstaltet außerdem eine neue „Bibliotheksausgabe" der „Ge- sammelten Werke" Roseggers, von der bereits die erste Abteilung in zehn Bänden vorliegt. Weitere drei Abteilungen in gleichem Umfange sollen tu kurzen Abständen folgen. , An» de« Theaterdurenn«. (Gtü d tt sch « Büh n e n.) Da» Städtische Schauspiel bogtnnt im Alten Theater wieder seine Tätigkeit Sonntag, den 22. Juli, m»t de, ersten Wiederholung de» am TMlutz der SpteUeit neu rtn studierten Lustspiel» .Der Revisor" von Gogol. Aw sang Uhr. — Da» Gastspiel de» Berliner Resthcu,- Theater» im Reuen Theater »egtnnt Sonnabend, den 21. Zwl«. mit „Lady Wintermere» flacher'. -(Kleines Theater.» „Die Kleine vom Bartet«", der dteSjädng- Sommrrschwank de» Kleinen Theater», wird Dtrn«as. den 17. fluli, zum ersten Male ausgesührt. Gaston Demme dessen Mristrrleistungen in Rollen feiner und derder Komik von seinem Wirken am Alten Theater tGtries«, Riekrtmaim ustv.) her unvergeßlich sind ssielt die komische Ro e »es Marm»ladeusabrwanten Kreischa,ar. Di« Titelrolle spielt AnnatdH« «ür». Außerdem sind deschätttgt: Rudolf Reis, Manfred Schösser, Marg. Schtehler, Lisa Thiemann und Mar Zurek, der «AH M» Rh»«« Mßrk.
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