Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.07.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192307055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230705
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230705
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-07
- Tag 1923-07-05
-
Monat
1923-07
-
Jahr
1923
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
8«It« 2 Ur. 1S7 kjüben und drüben pt. Wir find just keine Bewunderer de» Ad- «ordneten Gräfe, doch müsse« wir tkm rückbajt- .0» zustimmen, wenn er in der gestrigen Reichs- :ag»sitzung verlangte, daß vot den Ferien noch eine eingehende Aussprache über die Außen politik ftattfinde. In, Wahrheit scheint dies« Forderung an einer so selbstverständlichen Pflicht der Regierung und -Volksvertretung zu erinnern, daß man sich wundern muß, wie es da noch der be sonderen Besprechung bedarf, die, wie der Abg. Strefimann mittetlte, darüber entscheiden wird, ob '»as In- und Ausland noch einmal über den deut- 'chen Standpunkt aufgeklärt werden soll, bevor der Ncichotag in Urlaub geht. Iyr sranßösischen Parlament brauchen der- .(eichen Anfragen nicht gestellt werden. Wenn ja, ,o geschieht es nur um der im voraus bejahenden Antwort willen. Denn unaufhörlich und ohne daß cs besonderer Anregung bedürfte, sinh dort Regie- rung und Parlament am Derk, die weltbewegenden Tagarfragen öffentlich zu erörtern, da» eigene Volk über den Stand der Dinge zu unterrichten, gegnerische Auffassungen zu widerlegen, die Be rechtigung dev fianzöfischen immer von neuem aller Welt einzuhämmcrn. Ls ist betrübend, den gan» zu unseren Ungunsten lautenden Unterschied zwischen Hüben und drüben feststellen zu müssen. Der unvergleichlich schlechteren Lage, in der wir un» gegenüber Frank reich befinden, hätte doch offenbar «in Mehr an Aktivität unserer Regierung und Volksvertretung zu entsprechen. Doch gerade das Gegenteil ist der Fall. Der nach längerer Ruhepause kaum erst in Tätigkeit getretene Reichstag denkt schon wieder an alsbaldigen Urlaub, während das französische Parlament, seit dem Ende des kurzen Osterurlaub» nahezu ununterbrochen an der Arbeit, den Beginn der Lerbstferien hinaus zuschieben gedenkt. Di« französischen Staatsmänner, unablässig auf der Rednerbühne, während sich die unserigen mit Ach und Krach zu den notwendigsten Aeußerungen — unser absonderlicher Außenminister auch zu diesen nicht — bewegen lassen. In Frank reich, in England, überall hat man begriffen, daß Außenpolitik heute zum guten Teil al« Freilichtkunst zu betreiben ist. Nur bei uns glaubt man, wie es der Reichskanzler kürzlich getan hat, auf die .Akten", d. h. auf den Staub der Kanzleien verweisen zu dürfen, um den im Lande bedenklich umgehenden Zweifel am Fleiß und Talent der Regierung zu widerlegen. Es »st Zeit, daß in dem Kampf mit höchst un- gleichen Waffen, den wir auf dem weltpolitischen Fechtboden zu führen haben, wenigsten« die Gleich beit de» Eifer» lxraestellt werde, mit dem sich die Staatsmänner und Volksvertreter unserer Sache an nehmen. Streikfieber in Berlin Roch kein Endbeschluß der Metallarbeiter Berlin, 4. Juli. (Lig. Tel.) Nachdem die Funktionäroersammlung des Metallarbeiterverbande» gestern beschlossen hatte, den neuen Schied»- spruch ohne Aussprache abzulehnen, traten heutt yormittpg der Vorstand de» Metallarbeiter« verbände» und die gewählte Streikleitung zusammen, um ittv technische Durchführung des Streiks zu beraten. Der Streik soll nicht sofort pro klamiert werden, sondern die Entscheidung wird noch, mal» einer Versammlung voryelegt, die heute statt finden soll. Zu dieser Versammlung sind sämtliche Obleute und Betriebsräte der Metallindustrie ein geladen. Sollte diese Versammlung den endgültigen Streikbeschluß fassen, so ist mit dem Streikbeginn für heute abend 11 Uhr zu rechnen, als zu jener Zeit, da die dritte Schicht die Arbeit antreten soll. Obwohl also heute vormittag noch keine An weisung zum Verlassen der Betriebe gegeben war, legten die Metallarbeiter einer Reihe kleinerer und mittlerer Betriebe bereit« die Arbeit nieder. Diese Teilstre ik s werden aber vom Metallarbeiter verbande nicht gebilligt. So konnte durch den Ein fluß des Betriebsräte» der Streik im Kabelwerk Oberspree und im Transformatorenwerk der ALG. heute morgen schnell wieder unterdrückt werden. In allen größeren Betrieben wird heute wie gewöhnlich gearbeitte. Für den Fall des Streik» wurde- seitens der Streikleitung und der Organisation di« Aus- führung der Notstandsarbeiten gesichert. Auch im Baugewerbe ist heute der Streik ausgebrochen, nachdem ein Schiedsspruch, den die Arbeitnehmerverdnde angenommen hatten, von den Arbeitgebern abgelhnt worden war. Daraufhin hat die Organisation der Bauarbeiter ihre Mitglieder angewiesen, sofort an allen Orten die Arbeit ein zustellen. Die Bauarbeiter find dieser Anweisung bereit» nachgekommen. Zugleich dauert auch der Streik der Holzarbeiter noch an. Etwa fünfzig kleinere Betriebe haben die Forderungen der Ar- beiter über den Kopf de» Verbände» der Arbeitgeber im Holzgrwerbe hinweg bewilligt. Die Zahl der Ausständigen sm Holzgrwerbe wird auf 100 000 ge schaßt. Konferenz -er Steuerfachverstänbigen Berlin, 4. Juli. (Lig. Tel.) Im Reich- Wirtschaftsministerium ist heut« vormittag eine Sachverständigenkonferenz zusammen- getreten, die sich mit Fragen der Einkommen steuer befaßt, und an der Vertreter der Wissen- schäft, der Parlamente und der Gteuerpraxi» teil- nehmen. Zunächst stehen Grundfragen zur Erörte rung, die sich auf da» System der Einkommensteuer, ihre Bewertung und ihre Tarife beziehen. Um die Lohnsteuer-Abzüge AutrSge in» Sächsische« Lkndtag D«»-«», 4. Juli. (Lig. Tel.) Im «eiteren Verlauf seiner gestrigen Sitzung erledigte der Land tag antragsgemäß do» Kapitel SS, die Taub stummenanstalten betreffend. Sodann lag ein kommunistischer Antrag vor be treffend Aufhebung de» Gesetze» über di« Ein kommensteuer vom Arbeitslohn. Der Au»schuß hat hierzu folgende Fassung vorgeschiag«,: „Bei der Reich»regierung zu beantragen, ein« Er weiterung de« B«trieb»rSteges«tze» dahingehend durchzoführen, daß die Arbeitgeber verpflichtet werden, den Betriebsräten bei der Kontrolle über die ordnungsgemäß jeweils sofortig« Abführung d«r Tteurrbeträg« an die Finanzämter kein« Hindernisse in den Weg zu legen." Rach Ausführuvgen der Abg-. Schneider (D. vpt.). Renner (Kam.) und Edel (So- ) wurden die Ausschußanträge ein stimmig angenommen. Im Zusammenhang damit wird ein kommunistischer Antrag ans Entlastung der f^lprlgee ^WgedlMßß «6 RleuSelsreituag minderbauttttalteu Bevölkerung von dm» ungeheure« Steuerdruck durch di« im Reichstage bereit» vor liegenden Anträge der Parteien für erledigt erklärt. Michste Sitzung: Donnerstag, S. Juli. Auf der Tagesordnung stehen LtatUkapitel, di« neuen Gesetz entwürfe über TotenbestattUttg und Schlächt-' steuer. Amnestie für Kriegsbeschädigte Dresden, 4. Juli. (Ltg. Tel) Da» Justiz- Ministerium hat die im April erlassen« Verordnung, wonach die Akten über Straftaten von Schwer kriegsbeschädigten dem Ministerium zurück zureichen sind, damit diese» nachprüfen kann, ob «ine Niederschlagung oder Beanabigung gut erscheint, neuerdings auf erwerbsfähige Leich tkrie gä be schädigte und Krieaerwttwen ausgedehnt, bei denen dir Erwerbsfähigkeit mindern« SO Prozent beträgt. Ausgeschlossen sind Straffälle, deren Ver sagung im öffcntichen Interesse zwingend geboten ist, aso vor allem Strafsachen wegen Schleichhandels, Preistrdiberei und Ausfuhr lebenswichtiger Gegen- stände. Aus den Landtagsausfchüssen Dresden, 4. Juli. (Lig. Tel.) Der Haushalts ausschuß de» Landtag« verabschiedete aus dem Haus- Haltplan die Etatskapitel Gesamtministerium und Staatskanzlei, ferner da» Kapitel Sächsische Staats zeitung. Bei der Aussprache wurde von den Ab geordneten der Bürgerlichen die Sächsische Staat»zettung wegen ihrer parteipolitischen Einseitigkeit heftig angegriffen mit dem Hinweis, daß das au» allgemeinen Mitteln finan zierte Blatt nicht einseitig im Dienste einer Partei stehen dürfe. Die Kommunisten erklärten im Gegensatz hierzu ihr Einverständnis mit der Haltung der Staatszeitung, während die Sozialisten dafür eintraten, daß die Schriftleiter diese» Blatte» weiter- hin als Staatsbeamte, nicht nur al» Angestellte, zu beschäftigen seien. Gegen die Bürgerlichen wurden die Einstellungen angenommen. Das Kapitel Landesanstalten wurde ebenfalls der Vorlage gemäß verabschiedet. Ueber die religiöse Erziehung der Schwesternschaft und die Tätigkeit derGeistlichen entspann sich hier- bei eine längere Debatte. Die Kommunisten wandten sich gegen Andachten und religiöse Umzüge in den Anstalten. Im Haushaltausschuß L wurde der Entwurf eines Gesetzes zur Aenderung der Anleihe gesetze» behandelt, wobei die Anleihehöhe, die ur sprünglich 78 Milliarden betrug, auf Antrag der Deutschnationalen Dolkspartei auf 275 Milliarden erhöht wurde. Außerdem soll die Regierung er- mächtigt werden, bis zu 270 Milliarden Schatz- anweisungen auszugeben. Im übrigen wurde noch eine größere Reihe von Kapiteln de» zweiten Nach- trage» -um Haushaltplan 1V22 mit erledigt. Deutscher Reichstag Die Aussprache über die Fechenbach-Iuterpellatio». Verlt»,Ä. Juli. (Lig. Tel.) Bevor oe-Reichs, tag heute die Besprechung der Fechenbach-Inter' pcUattok fottsetzt«, genehmigte ei? vhae Aüssprachr da» deutsch-portugiesische vorläufige Handels übereinkommen, sowie die Verlängerung des Handelsübereinkommens mit Spanien. Ferner wurde die Novelle zum Reichsbeamten gesetz über di« Zurückziehung eine» schon ein- geleiteten Disziplinarverfahren» in . allen drei Lesungen angenommen. , In der folgenden Wetterführung der Aussprache über da» Fechenbach-Urteil empfahl Abg. Dr. Bell einen Antrag der Aentrumsfraktion, der die Reich regierung ersucht, di« Strafprozeßreform möglichst zu beschleunigen und dadurch die vollständige Recht»- einheit auf strafprozessualem Ge biet in Deutschland einzuführen. In einer Zeit, wo das deutsche Volk sich über die willkürlichen Urteil« französischer Kriegsgerichte mit Recht empört, müßten auch bedenkliche Urteile deutscher Errichte der Kritik de» Parlament« unterliegen. Reich» cegierung und bayerische Regierung hätten die unabweisbare Pflicht, durch Herstellung der Reichseinheit da» Ver- trauen zur Rechtspflege wiederherzustellen. (Beifall link» und im Zentrum.) Abg. Dr. Strathmann (Dtsch.-Ratl.) führte aus: Wenn da» Parlament sich in die Justiz ein- mischen würde, so wäre da« ein Rückfall in die alte Kabinettsjustiz. Ueber diese schwierigen Rechts fragen kann nur ein Grenium von Sachverständigen entscheiden. Der Redner der Deutschen Volkspartei, der Ber liner Rechtslehrer Abg. Dr. Kahl, der jetzt ein Münchener Reichstagsmandat übernommen hat, hob hervor: Da» Recht de» Reichstages zur Kritik de« Fechenbach-Urteil» ist unbestritten, denn der Reichs- tag ist auch Hüter der Rechtsordnung. Für den Reichstag hat sich die Angelegenheit aber eigentlich schon durch die Erklärung der bayerischen Regierung erledigt. Ein offenbarer Rechtsbruch läßt sicht* keinem Falle bei dem Urteil feststellen', auch der Ver jährungseinwand kann nicht gelten. Trotzdem wünschen wir, daß der vorübergehende Zustand der Dolksgerichte bald beseitigt und da» Fehlurteil gegen Fechenbach aufgehoben wird. (Bei fall links.) - Reichstustizmintster Heinze: Ich muß der Meinung widersprechen, al» wär« da» Fechenbach- Urteil schon al» Fehlurteil erwiesen. Ich sagt« be reit» gestern, daß die Frage der Verjährung sehr umstritten ist, und daß ich zu der Meinung neige, daß da» Delikt verjährt sei. Wenn aber da» baye rische Oberlandergericht zu einem anderen Gutachten kommt, so wird man da» nicht mit einer Hand bewegung beiseite schieben können. Die bayerisch« Regierung will ta di« Nachprüfung nicht bloß ans den Verjährungseinwand beschränken, sondern auch auf die Fäll, Garga» und Lembke erstrecken. Ich bitte um einstimmige Annahme de« Zentrum— antraaes, damit der Reichata- so dokumentiert, daß wir alle di« Einheit de» Rechte», die allerdings durch den Bestand der bayerischen Dolksgerichte beeinträch tigt ist, in möglichster Kürze wieder einführen wollen. Nachdem sich noch die Abgg. Thoma» (Komm.) und Lrdebour (Unabh.) scharf gegen die bayeri schen Dolksgerichte gewendet hatten, sprach für di« sozialdemokratischen Interpellanten Abg. Dr. Rad bruch da» Schlußwort. Lr bedauert«, daß der Reich»justizminister seine gestrig« Red« etwa» ringe- schräntt hab«. Der Z » »tru m» aatrag wurde hierauf gegen weni-« bayerisch« Stimmen angenommen. Rach 7 Uhr vertagte sich da» Hau» auf Mittwoch zur Be ratung kleinerer Vorlggen. Bet der Festsetzung der Tagesordnung verlangte Aba. von Graefe (Dt. Völk.), daß noch vor dem AuseinanbergelM des Reichstages eine eingehend« Au»s pracheüberdleAußen- Politik stattfinde. Abg. Dr. Stresemann erklärte, daß Besprechungen de« Reichskanzler» und de» Außenminister» mit den Parteiführern morgen ent- scheiden wurden, ob noch eine solche außenpolitische Debatte stattfinden soll. Vie Unsicherheit in München München, 4. Juli. (Lig. Tel.) Der Münchener Stadtrat nahm gestern einen demokratischen Antrag an, wonach die Pollzeidirektion befragt werden soll, welche Maßnahmen sie zu treffen gedenk«, um die zunehmenden brutalen Ueberfälle auf friedliche Bürger zu verhindern und die Täter der verdienten Strafe zuzuführen? E« handelt sich um den Ueberfall auf Kommerzienrat Fränkel. Bürgermeister Schmidt erklärte, der Stadtrat habe bei der geplanten Hitlerparad« «ine Warnung an da» Publikum anschlagen wollen, sich nicht provo zieren zu lassen, daß aber da» beabsichtigte Vorgehen der Stadtverwaltung vom Polizeipräsidium ver hindert wurde. Der Sozialist Schramke meinte, man sei in München leider so weit, daß sich ähnliche Zu stände ergeben wie im Ruhrgebiet unter den Franzosen. Die Bevölkerung sollte da» politische Ropdytum der Nationalsozialisten ab- zu schütteln versuchen. Vas Warenlager im Mönchskloster Wien, 4. Juli. (E ig. ,Te l.) Im Gebäude des Piaristenkonvikts wurde heute bei einer von der Polizei vorgenommenen Haussuchung ein Waffen lager beschlagnahmt. E« wurde eine große Anzahl von Gewehren, Repetierpistolen, Handgranaten und Munition vorgefunden. Die Waffen (landen zur Verfügung einer Gruppe von ungefähr 30 jungen Leuten im Alter von 18 bis 20 Jahren, die beschlossen hatten, eine eigene Kamps- truppe zu bilden. Diese Gruppe soll ähnlich organi siert sein, wie gewisse Terrorgruppen in Deutschland. Es soll der Plan bestanden haben, gegen verschledene namhafte Persönlichkeiten vorzugehen, die teil« in der Industrie, teils in der Finanzwelt eine Rolle spielen, und gegen solche, die sich politisch al» Gegner dieser Kampfgruppe gezeigt haben. voch ein politischer Morö «tep, 4. Zyli. (Lig. Tel.) . Mit der Unter suchung der Ermordung des 19jährigen Konrad Karger durch den gleichaltrigen Mittelschüler Novosat ist eine sensationelle Wendung einaetreten. Es bestätigt sich, wie sofort nach dem ersten Ge ständnis Novosat» vermutet wurde, daß die Er- morduna Karger» aus politischen Motiven erfolgt ist. Inzwischen stnd bereit« 14 Verhak- tungen vorgenommen worden, da die Nach forschungen ergaben, daß ein« geheime Haken- kreuzlerorganisation, eine sogenannte .Teutzzrupve", besteht, deren Mitglieder, fast durchweg Jugendliche, Kenntni» von dem Mordplane hatten, dem Karger »um Opfer fiel. Karger mußte, wie sein Mörder ge stand, wegen ^Verfehlungen an der nativnal- , sozialistischen Hache" beseitigt werden. - . Die Untersuchung hat ziemlich start in die Terror organisation der Nationalsozialistischen Partei hineingeleuchtet. Der Pater de» ermordeten Karger ist der zweite Obmann des Antisemitenbunde» und Kassierer de» sogenannten Kampfausschusse«. Er will seinen Sohn vergeblich vor dem Eintritt in politische Kampforganisationen gewarnt haben. Zum Schluß habe er ihm befohlen, au« der Gruppe, der er mit dem Mörder Novosat gemeinsam angehörte, aus- zutreten. E» ist möglich, daß dieser Austritt den jungen Karger verdächtig gemacht hat. Budapester Hochverratrprozetz Budapest, 4. Juli. (Eig. Tel.) Die Staats- anwaltschaft hat gegen 17 Personen, die vor kurzem von der Polizei eingeliefert worden waren, Anklage wegen einer geplanten Ermordung de» Ministerpräsidenten Grafen Bethlen und wegen anderer politische^ sowie wegen ver- schiedener geplanter gemeiner Verbrechen erhoben. Im Laufe der Untersuchung find Verdachtsmomente dafür aufgetaucht, daß die Verhafteten auch gegen den König von Rumänien ein Attentat ge plant haben. ver Abgeordnete als Schieber Wien, 4. Juli. (Eig. Tel.) Der christlich-soziale Abg. Weigl hatte den Schriftleiter der Kremser Landeezeitung Faber wegen de» Vorwurfes, er (Weigl) habe mit staatlich zugewiesenen landwirt schaftlichen Produkten Schiebereien getrieben und dabei Millionen Provisionen erhalten, verklagt. Da» Wiener Schwurgericht fällte nach mehrtägiger Verhandlung auf Grund de» vollständig er brachten Wahrheitsbeweise» Frei, sprechung. Hohe Entlastungszeugen für Iudet Pari», 4. Juli. Im Prozeß Iudet wurden gestern nachmittag die Lntlastung»zeugen vernommen. Die Ehrenhafttgkeit de» Angeklagten bekunden u. a. die Generale Marchand, Pau und De la Croix, ferner der ehemalige Gesandte in Bern, Beau, der während de» Kriege» wiederholt mit Iudet verhandelt hat, der ehemalige französisch« Kriegsminister General Messi my und der ehemalig« Minister präsident Patnlevch der hinsichtlich der deutschen Dokument« erklärte, wenn man sich derartigen Schriftstücken gegenüber befinde, die von Spionen geliefert würden, di« nach zwei Seiten verdienen wollten, müsse man sie mit größter Vorsicht auf nehmen. Auch der Direktor de» Journal de» Däbat» und Vorsitzende der Vereinigung der Pariser Press« de Maltche erklärte, er könne nur sagen, er hab« keinen Augenblick an der politischen Ehrenhaftigkeit und der beruflichen Unantastbarkeit Iudet» ge zweifelt. Auch dt« ehemaligen Mitarbeiter de» Eclair bestätigten, daß »an ihnen fiele Hand gelassen hab«, während de» Kriege» zu heroischem Widerstande an- zufeuern und die Notwendigkeit eines ehrenvollen Frieden» für Frankreich darzutun. Die Vernehmung der Entlastungszeugen wird heute fortgesetzt werden. Ministerpräsident Dr. Aeigner hat seinen Sommerurlaub »»getreten. Er wird »ährend seiner Abwesenheit vo« Innenminister Liebmann vertrete». VoruiOrslLg, ü«i S. Jult Der Etnzelrichter Der Gesetzentwurf zur Neuordnung der Strafgerichte, der jetzt de» Reichstage vor- liegt, steht unter anderem di« Ausdehnung der Zuständigkeit der Einzelrichter vor. Diesen Dor- schlag begrüßt der Berliner Rechtslehrer Pro- fessor Dr. Kohlrausch im neuesten Heft der Deutschen Iuristenzeitung. Kohlrausch, der im. übrigen an dem Gesetzentwurf mancherlei au— zusetzen hat, schreibt dort über den Einzelrichter: „Daß der Etnzelrichter gehoben wird, erscheint mir unter der Voraussetzung richtig, daß besonder» geeignete und erfahrene Richter vor die trotz Be- ' rufungsmöglichkeit unvergleichlich verantwortungs volle Aufgabe gestellt werden, wobei geradezu an. Heraushebung in di« Klasse dre Oberlandesgericht— . rate zu denken wäre. Daß heute die Großstadt an Zugkraft verloren hat, läßt Derartiges durchaus nicht aussichtslos erscheinen. Hier kann die große Per- . sönlichkett vor eine Aufgabe gestellt werden, die viele für da» Menschliche im Recht interessierte Juristen reizen sollte, und die ihren Mann sich erziehen wird. Sicher wird jetzt gegen den Etnzelrichter Sturm gelaufen werden. Vergessen wir aber nicht, daß wir ihm vor 1879 im größten Teil Deutschland« schon hatten. Und daß er noch jetzt in Englanh und Nord amerika, den Niederlanden, Norwegen, Frankreich, Italien und Belgien und in einigen der größten Schweizer Kantone tätig ist, von Japan ganz zu schweigen, wo er mit einer Strafbefugnis bi« zu zehn Jahren Zuchthaus ausgestattet ist. E» ist er freulich. daß die Frage nun auch bei un» wieder ernsthaft zur Diskussion gestellt wird, ob nicht die an sich unleugbare Garantie, die das Kollegialurteil bietet, in vielen Fällen ausgewogen wird durch - Stärkung des persönlich-menschlichen Elen.ents in der Strafjustiz, durch Appell an den Mut de- Ver antwortlichkeit für die eigene nEtscheidung, und durch die damit verbundene Möglichkeit, schneller zu zufassen, Strafe oder Freispruch unmittelbar der Tat folgen zu lassen. Jeder, der einem beschlußfassenden Kollegium arwehört, weiß, daß die Güte der Be- schlüffe keineswegs im Verhältni. zu der Zahl und Qualität der Mitwirkcnden wächst, daß vielmehr oft infolge Lähmung der persönlichen Initiative und Derantwortungefreude das Ergebnis verkümmert. Intellekte und Willensentscheidungen lassen sich nicht addieren. Gegen Unsorgfalt und Gewissenlosigkeit aber schützt die Berufung." Mussolini über die Nuhrfrage Rom, 3. Juli. Mussolini erörterte im heutigen Ministerrat die jüngsten Geschehnisse auf dem Gebiet Ätr auswärtigen Politik. Dabet auf die Ruhrfcäg« eingehend, sagte er, die Vage der Ruhr habe sich in den letzten Tagen ver - -5 schlechtere Einerseits dauere der passive Wider- stand fort; anderseits sei die Besetzung ausgedehnt und verschärft worden durch Maßnahmen, dre immer mehr einen politischen und militärischen Charakter annähmen. Die allgemeinen Rückwirkungen dieser Krisis, die einen akuten Zustand erreicht zu haben scheine, kämen in den Wechselkursen der europäischen Valuten zum Ausdruck, die sich einschließlich des Sterlings un günstig entwickelten. Da» sehr edelmütige Eingreifen des Papstes im Interesse Europa« und der Menschheit habe die Lage nicht verändert. Was den passiven Widerstand anlange, so glaube Italien, daß Deutschland kein Interesse daran habe, ihn zu verlängern, da es nicht daran denken könne, - Frankreich zu überwinden, noch auch die Illusion hegen könne, auswärtige Hilfe zu erlangen. Man » müsse die Herbeiführung von Möglichkeiten für eine Verständigung durchaus beschleunigen, da die Ruhr frage auf der europäischen Wirtschaft schwer laste und den Wiederaufbau verzögere. . Ver Hirtenbrief ver „bekehrten" Patriarchen Moskau, 4. Juli. Der Patriarch Tichon hat einen Hirtenbrief erlassen, in de mer gegen die Reformatoren polemisiert, und seine Ent- Hebung vom Patriarchenamt für nichtig erklärt. Er.- schreibt ferner wörtlich: Seit meinen Angriffen gegen die Sowjetmacht hat sich mehrere» ver ändert. Beispielsweise ist es gegenwärtig an gebracht, die Sowjetregierung um Schutz für die von den Polen verfolgten Orthodoxen zu bitten. Ich er kläre sämtlichen Monarchisten und Weißgardisten, daß ihre Bemühungen vergeblich sind, da ich jede Aktion gegen di« Sowjetmacht ent schieden verurteile. Die Meldungen über meine Folterung find glatt erlogen. Meine politische Nachrichten Der Neich«pr äs ident beauftragte den deut schen Gesandten in Caracas, dem Präsidenten von ' Venezuela anläßlich de» Tode» seine« Bruder», de» Vizepräsidenten Juan Gomez, da» Beileid der Reichsregierung aus-usprechen. Die Sowjetregierung hat an sämtliche ' Regierungen der Westmächte ein« Protestnote ' gegen da» Vorgehen Frankreichs in der Angelegen beit der 9 Kriegs- und IS Handelsschiff« erlassen, die General Drangel im Jahre 1920 bei seine« Flucht au» der Knm nach Frankreich geleitet Hal. Auch in Berlin ist diese Rete eingetrvffin. Die Botschaftrrkonferenz nahm die Verband- lunaen über da» Statut de» Memelgebtet» wieder auf, di, am 15. April unterbrochen worden waren. Di« deutschen Interessen von Memel ver tritt der Vorfitzende der Handelskammer Krau». Die Beratungen der Sachverständigen England«, ,, Frankreich» und Spanien» über di« Tanger- frage find aus einige Tag« unterbrochen worden, damit die Vertreter in der Lage find, mit ihren Re gierungen über di« bisherigen Ergebnisse der Ver handlung« t» Verbindung zu tret«,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)