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Loonadsoö, 6ea 30 Juni l^sipriger ^sgedlstt «>ck S»«ck^»ettaas Iße. 1« 8«tte - 'ts^esberickt „verkehrt—Politik" Ditte sehr! Es ist kein Druckfehler, aber un- zweifelhaft ein unschönes und vielleicht auch ein un sinniges Wortgebilde. Doch was verschlägt's, es ist wirklich nicht der einzige Unsinn unserer Tage. V e r k e h r s. Politik kann es einfach nicht heißen, denn dergleichen gibt es bei uns in Sachsen nicht, sondern nur in Berlin. Der Freistaat Sachsen besitzt nicht einmal ein Berkehrsministrrtum. Aus Spar samkeitsgründen natürlich. Die sächsischen Verkehrs- wünsche werden so ganz nebenbei vom Finanzministrr uritverwaltet, und der hat jetzt andere Dinge im Kopfe als Reise- und Eisenbahnfrogen. Wenn» nur nicht immer auf unsere Tasche ginge! Zum Beispiel bei den Sommer-Sonderzügen. Sie sind an sich eine sehr gute Einrillung, der man — bis vor kurzem — die Billigkeit nachrühmte. Man freute sich förmlich auf die verbilligte Urlaubsreise und pries den Fiskus, daß er in diesem Punkt in der allgemeinen Teuerungswelle nicht mitzuschwimmen gewillt war. Doch der Reichoverkehrsminister macht halt einen Strich durch die Neisekalkulation und ver- fügt plötzlich, daß Karten für Ferkensonderzüge zu erhöhten Preisen abgegeben werden müssen, „so fern der Vorverkauf noch nicht begonnen hat/ Und niit diesen paar dürren Worten zerschlägt er manchen schönen Reiseplan. In . Preußen, wo die Schulferien 14 Tage früher einsetzen, werden die Karten schon seit langem ausgegeben. Auch heute noch. In Sachsen beginnt die Ausgabe nach dem 1. Juli, wenigstens für Reisen nach der Ostsee, wohin die Sommcrzüge erst am 7. und 14. Juli laufen. Die sächsischen Ferienxeisenden dürfen alo den dreifachen Preis anlegen, gegenüber den Fahrgästen in Berlin oder Breslau, die heute noch die Karten zum einfachen Preis erhalten. Ein derartiges Verfahren ist nicht nur ungerecht, sondern es führt dazu, daß besonders „Schlaue" sich durch Mittelspersonen die Karten in Berlin be- sorgen lassen. Eie profitieren dann immer noch, auch wenn sie nach dem 1. Juli den erhöhten Fahr- preis bis zur Ncichshnuptstadt zahlen müssen. Wir haben nicht gehört, daß das sächsische Finanzministe rium gegen die unterschiedliche Behandlung Be- schwerde erhoben hätte. Die sächsische Eisenbahn- dircktion hat zwar den Versuch dazu unternommen, ist aber mit ihrem Protest abgefallen. Berlin be- stimmt eben und wir zahlen! Da die Willkür hier offenbar ist, sollte man meinen, daß die Dresdner Verkehrspolitiker im Finanzministerium nunmehr Lärm schlagen. Das tun sie aber nicht, obwohl sie es der Öffentlichkeit schuldig wären, die in Geldsachen ebensowenig Spaß versteht, wie das Finanzministe- rium, wenn es sich um Steuern handelt. Vornehme Zurückhaltung ist hier fehl am Platze. Sonst wird aus einer Derkehrspolitik eine verkehrte Politik, die von niemandem verstanden wird. Wir hoffen, daß -der versäumte Protest nunmehr schleunigst und energisch nachgeholt wird. kV. R, Demokratischer Gemeindebeamtcntag in Dresden. Am 8. Juli findet der diesjährige demokratische Ge- meindebsamtentag im Künstlerhaus in Dresden statt. Es werden sprechen: Landtagsabg. Dehne über Demokratie und Beamtentum, Reichstagsabgeordne- tcr Schul dt über Neugestaltung der Beamten besoldung. Außerdem stehen noch Oryanisations- fragen auf der Tagesordnung. * Personalien vom Reichsgericht. Am 1. Juli tritt Dr. Meyn, Präsident des Hl. Zivilsenats des Reichsgerichts, in den Ruhestand. Geboren am 11. Juli 1849 in Altona, wurde er April 1879 Amtsrichter, 1883 Regierungsasseffor und Spezial- Kommissar für agrarrechtliche Auseinandersetzungen in Schleswig-Holstein, 8186 Rcgierungsrat, 1887 Mitglied der Kgl. Generalkommission von Münster, 1891 Oberlandeskulturgerichtsrat in Berlin, 1893 Oberverwaltungsgerichtsrat, 1. Mai 1896 Reichs- gerichtsrat, 1. Juli I91V Senatspräsident, zuerst des II. Zivilsenats, 1912 de» Hl. Zivilsenats, 1919 Ehrendoktor der Juristischen Fakultät der Leipziger Universität, 1921 Vorsitzender des Reichsschieds- gerichts für einheitliche Besoldung der Landes- und Kommunalbeamten mit den Reichsbeamten. Zur Sprengung des -alleschen Kaiserdenkmals. Bei der Halleschen Polizei stellte sich ein 18jähriger Schneider, der als Angehöriger der Kommunistischen Iugendgruppe am Silvestertage sich an oer Sprengung der Moltkefigur de« Kaiserdenkmal« in Halle beteiligt hat. ... Die neuen Berliner Straßeubshufahrpreise. Dom 2. Juli ab wird die Einzelfahrt auf den Ber- liner Straßenbahnen 1600 ^t. die Umsteigefahrt 2200 kosten. Einbrecher im Sterbezimmer Kaiser Wilhelms l. Berlin, 29. Juni. In der vergangenen Nacht gegen 11 Uhr hörte eine Streife der Schutzpolizei am Palais Kaiser Wilhelm» l. Unter den Linden ein Klirren von Fensterscheiben. Da an dem Palais von der Streif» nichts bemerkt werden konnte, weckte sie den Hauspförtner, der fest stellte. daß Einbrecher durch ein mit Efeu be- wachsenes Fenster in do» Sterbezimmer de» Kaisers einyedrungen waren. Da sie ge- stört worden sind, fiel ihnen nur ein mit Perlen besetzter Griff in die Hände. Obgleich man da» Gebäude sofort absuchte, konnten die Täter nicht gefaßt werden. . - - Dieb« auf dem Dresdner Opernhaus. In der Nachi zum Freitag sind unbekannte Spitzbuben auf das Opernhaus geklettert und haben vom Blitz ableiter auf dem Dache des Bühnenhauses die Platin spitze äbgesägt. Die Kolonialschnle Witzeuhausen begebt am 1. Juli das Jubiläum ihres 25jährigen Bestehens. Seit der Gründung sind 1150 Studierende durch die Kolonialschule gegangen, wovon 500 nachher in den Kolonien tätig waren. Haftentlassung der Frau Morvilius. Frau Mor- viliu», die im Prozeß Röber wegen ihrer Be teiligung an umfangreichen Ladendiebstählen za einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis ver urteilt worden war, ist vom Gericht auf freien Fuß gesetzt worden. Frau Morvilius hat eine Buße von drei Millionen Mark zu zahlen und erhält eine Be währungsfrist; sie muß sich außerdem der Schutzauf sicht des Jugendamtes unterstellen und den An weisungen der Aufsichtspersonen Folge leisten. Bei Zuwiderhandlungen wird die Vergünstigung rück gängig gemacht. Da» Waffcnlager tm Leierkasten. Der Leier- kastenspieler Wilhelm K. in Berlin, der unter dem Spitznamen „Jesus" bekannt ist, verübte ein Attentat auf einen Polizeibeamten. Plötzlich zog K. eine Pistole und legte auf den Beamten an, der ihm jedoch die Waffe entriß. Im selben Augenblick zog der Leierkastenmann eine zweite Pistole au» der Tasche. Es stellte sich dann heraus, daß er noch zwei weitere Pistolen und 100 Schuß Munition im oberen Teil seine» Leierkastens verborgen hatte. Auf der Wache, wohin er mit großer Mühe gebracht werden konnte, versuchte er schließlich, als er allein gelassen wurde, sich aufzuhängen. Er wurde aber wieder abgeschnitten. Al» ihm Hand- und Fußfessel angelegt wurden, schlug K. mit dem Kopf die Fensterscheiben ein und versuchte sich mit einem Glasscherben die Kehle durchzuschneiden. Schließ- wurde er, schwer verletzt, in ärztliche Behandlung gebracht. Zritz Mauthner s In der Nacht aus Freitag tst Fritz Mauthner in seinem Landhaus in Meersburg am Bodensee. 73- ILYrig. nach längerem Leiden gestorben. Einer der geistvollsten, originellsten Denker unserer Zeit hat nach einem rastlosen Leben, das der Erkenntnis geweiht war, die Augen geschloffen. Er war ein Fackelträger der Hellen Vernunft, ein Kämpfer, der, außerhalb der zünftigen und aner kannten philosophischen Schulen, die Wissenschaft, das Denken, die Sprache und den Glauben einem kr.tischen Prozeß unterzog. Skeptiker von Geblüt, hat er die Grundlagen und Methoden, auf denen sich unser geistiges Sein aufbaut, einer strengen Revision unterzogen. Sein Spott war nie Selbst zweck, sondern diente der Erkenntnis und dem Fort- schritt. An die Reihe der kämpferischen Denker,, vsie Hutten, Voltaire, Heine, Nietzsche, schließt sich' sein Name würdig an. Erst kürzlich, anläßlich der Besprechung seines letzten Werkes „Der Atheis mus und seine Geschichte im Abend land", das nun wirklich sein letztes Werk geblieben ist. wurde an dieser Stelle die Bedeutung Fritz Mauthners in zwei großen Aufsätzen von berufenen Federn gewürdigt. Wir können uns deshalb heute auf einen kurzen biographischen Abriß beschränken. Fritz Mauthner ist am 22. November 1849 als Sohn eines wohlhabenden Fabrikanten in dem deutsch-böhmischen Dorf Horzitz bei Königgrätz ge- baren, besuchte in Prag das Gymnasium und studierte dann dort und in Straßburg Rechtswissenschaften. Er begann seine literarische Laufbahn 1871 mit einem Eonettenzyklus „Die große Revolution", dem einige nun verschollene Lustspiele folgten. Nachdem er sich an den Prager deutschen Blättern die ersten feuille- tonistischen Sporen verdient hatte, ging er 1876 nach Berlin, wo er nun jahrelang als Theaterkritik«! und Feuilletonist lebte. Er gab auch zeitweilig einige literarische Zeitschriften heraus und war besonders für das Berliner Tageblatt tätig. In den neunziger Jahren zog er sich aus dem Getümmel der Reichs- Hauptstadt nach Freiburg zurück, um ganz seinen philosoph'schen Arbeiten leben zu können. Seit einigen Kahren hatte er seinen Alterssitz im „Glaser- hiiuslc" bei Meersburg am Bodensee, dem idyllischen Londhöuschen, das einst durch Annette von Droste- Hülshoss schon berühmt geworden ist. Die Gattin Fritz Mauthner» hat unter dem Pseudonym Hantel Straub mehrere Bände volkstümlicher Erzählungen veröffentlicht. Fritz Mauthner war ein unermüdlicher Arbeiter. Seine „Auserwählten Erzählungen", die bei der Deutschen Derlagsanstalt in Stuttgart erschienen sind, umfassen sechs Bände. Au» seinen Romanen und Novellen sind hervorzuheben: „Der Geisterseher", „Slantippe", „Die böhmische Handschrift", „Die Be- kenntniffe einer Spiritistin", die satirische Roman reihe „Berlin W ", der „Letzte Tod des Gautama Buddha" und die Parabeln des „Märchenbuches der Wahrheit". In seiner Sammlung „Nach berühmten Mustern" zeigte er sich als glänzender literarischer Parodist. Seine satirische Ader kommt auch in seinen „Aturenbriefen", dem „Dilettantenspiegel" und in der Travestie „Schmock oder die literarische Karriere der Gegenwart" zur Geltung. Außerdem sind eine Reihe ausgezeichneter Effay-Bände zu nennen. Das Hauptwerk Fritz Mauthners stellt sein dreibändiges Merk „Beitriigezueiner Kritik der Sprache", das 1900 zu erscheinen begann (1. Sprache und Psychologie, 2. zur Sprachwissen, schäft, 3. Grammatik und Logik). Die grundlegenden Erörterungen zur Sprachwissenschaft enthalten gleich, zeitig aber auch eine Kritik des Denkens und damit der Erkenntniskritik. Ein anderes wichtiges Werk Mauthner» ist sein zweibändiges Wörterbuch der Philosophie. Trotz seines schweren Leidens gelang es ihm Heuer, mit dem dritten und vierten Band seines großen Geschichtswcrkes „Der Athei». mus und seine Geschichte im Abend land e" bis auf unsere Tage fortzuführen. Schlüsse-«-! 9000. Der Vorstand des Börsen- verein» der Deutschen Buchhändler hat die Schlüssel- zahl mit Wirkung von heute Sonnabend um 12 Prozent auf 9000 heraufgesetzt. Die Leibniz^aguug der Preußische» Akademie. Aus Berlin wird uns gedrahtet: Die heutige öffent liche Sitzung der Preußischen Akademie der Wissen schaften stand im Zeichen von Leibniz. Trotz aller Nöte der Zeit konnte die Akademie den ersten Band der großen Leibniz-Ausgabe, di« auf 22 Bänd« berechnet ist, vorlegen. Er enthält 368 Briefe allgemein-politischen und historischen In- Halts. Nach einer Leibniz-Gedächtniarede von Prof. Lueders hielten die neuen 11 Mitglieder ihre Antrittsreden. Die Leibniz-Medaille kann nicht mehr in Gold abgegeben werden und wird fortan al» eiserne Medaille verliehen. Die erst« ou« diesem Metall erhielt Berlagsbuchhändler Leipziger Kinder in Ostpreußen Schlechter Gestm-heits-«stand der Schulentlassenen — Gesundung bet land, wirtschaftlicher Tätigfeit Vom Rat der Stadt Leipzig erhalten wir fol- gende Zuschrift: Die gesundheitliche Ertüchtigung der Verufsucher ist eins der wesentlichsten Ziele der Berufsberatung»- stellen. Die Wichtigkeit dieser Aufgabe erhellt am besten aus den Ergebnissen der schulärztlichen Unter- suchung der Leipziger Kinder im Iohre 1922. Sie zeigen, daß jeder vierte jugendliche Berufsucher einen schlechten Gesundheitszustand und davon ein erheb licher Teil einen beacytlichen Krankheitsbefund auf- weist. Eine Berufsberatungsstelle, die diese Verhält- niffe einfach hinnehmen wollte, anstatt mit ihren Mitteln dagegen anznkkimpfen, wäre ihrer Aufgabe nicht gewachsen. Die Gunst der Umstände wollte es, daß der Leipziger Nerufsberatungsstelle infolge ihrer engen Verbindung mit dem Arbeitsnachweis die Möglichkeit eröffnet wurde, in ost preußischen Land kreisen Jugendliche in größerer Anzahl unter- zubringen. Äar mit der Verpflanzung Leipziger Kinder in so entfernte Gebiete wirklich die vor gesetzte Aufgabe gelöst? Selbst Freunde der Be- rufsberatung trugen Bedenken. Aber allen Bedenken gegenüber siegte der feste Wille, wenigstens Versuchs- weise vorzngehen. Denn das war ja gerade der Hauptpunkt, daß man in jenen Gebieten — mochten sie fast 1000 Kilometer von der Heimat entfernt sein und den Jugendlichen sicheres Heimweh kosten — bei einer noch extensiven Landwirtschaft viel Weide betrieb vorfand und eine für die Jugendlichen wie geschaffene besonders leichte Tätigkeit, die sie zudem 6 Monate hindurch vom Morgen bis zum Abend in frischer Luft hielt: das Hüten von Vieh. Als Hütejungen und — allen Einwänden zum Trotz — auch als Hütemädchen sollten unsere in der Großstadt vielfachen Reizen preivgegrbenen Jugendlichen hin- aufziehen, an die masurischen Seen und an die polnische Grenze, um sich in der rauhen, aber würzigen Luft jener stilleren Lande den Sommer über aus einem blassen und schmächtigen Großstadt gewächs in ein pansdäckiges Landkind zu verwandeln. Das Unternehmen hatte von vornherein mit mancherlei Schwierigkeiten zu rechnen, die in den Vorurteilen der Großstadtcltern und Großstadtkinder ebenso begründet waren, wie anderseits in der her kömmlichen Auffassung von der Stellung jugendlicher Landarbeiter, wie sie in bäuerlichen Kreisen üblich ist. Daneben war die große Entfernung Ostpreußen« vom Amtssitz der Berufsberatungsstelle außerordent- lich bedenklich. Bei einer zähen Verfolgung des Plans und einer sorgfältigen Vorbereitung aller einzelnen Schritte ist es jedoch gelungen, dieWiSer- st ä n d e zu überwinden. Möglich wurde das letzten Endes nur, weil Leipzig in den ostpreußischen Be- darfsgebieten an den Leitern der beteiligten Kreis- arbeitsnachweise und nicht zuletzt unter den ost preußischen Bauern selbst bereitwillige Mitarbeiter fand. Die Segnungen des halbjährigen Landausent- haltev, fern allen Einwirkungen und allen Reizen der Großstadt, haben bei fllrsorylichcr Betreuung der Be- rufsberatungsstelle Leipzig im Sommer 1922 zunächst 108 versuchsweise auvgesandte Knaben und Mädchen gespürt. Für diesen Sommer sind fast 300 Schulentlassene nach Ostpreußen verpflanzt worden. Wieviel davon sich diesmal in den östlichen Gebieten heimisch machen werden, ist schwer vorauszusagen. Immerhin waren es voriges Jahr etwa 35 Prozent, die im Winter gar nicht wieder nach Leipzig zurückkehren wollten und die Zustimmung ihrer Eltern für den Verbleib in Ostpreußen fanden. Das zusammenfastende Urteil des beamteten Arztes, der die Aussendung überwacht hat, lautet für 1922 dahin: „Es ist ein gewisser Ausgleich der früheren Entwicklungsstörungen und ein so kräftiger Anstoß zum Dorwärrsschreiten erreicht, daß auch nach Rückkehr in die früheren Verhältnisse voraussichtlich der Körper weitere gute Fortschritte machen wird." Im ganzen bedeutet das Ostpreußen-Unternehmen für die Derufsberatungsstelle eine nicht unerhebliche Belastung. Aber weder Amtsleitung noch Berufs- berater und Berufsberaterinnen möchten trotz mancher ärgerlichen Erfahrungen mit einzelnen unverständigen Eltern und einzelnen beklagenswert gearteten Kin dern das Unternehmen missen. Ein besserer Kursus in praktischer Iugendkunde könnte zudem gar nicht geboten werden. Außerdem ist es der Berussberatungsstelle ge- lungen, ein ziemlich ausgedehntes Unternehmen sozialen Eharakters finanziell einigermaßen auf sich selbst zu stellen, was unter den heutigen Ent- Wertungsverhältnissen immerhin eine Leistung dar stellt. , ., . - - vrand in -er verbotenen Stabt Zn dem früheren Kaiserlichen Palastviertel in der „Verbotenen Stadt" von Peking brach ein Brand aus. Drei wertvolle Paläste sind zerstört und viele wertvolle Kunstdenkmäler vernichtet war- den. Der frühere Kaiser soll den ersten Alarm um Mitternacht selbst gegeben haben. Die Wache soll sich zuerst geweigert haben, die Feuerwehr zuzu lasten. weil sie Plünderungen befürchtete. Als dir Feuerwehr endlich erschien, waren bereits mehrere Gebäude zerstört. Schließlich wurde der Brand durch Niederlegung kleinerer Gebäude gelöscht. Die Rote oder Verbotene Stadt in Peking um faßt ein ummauertes Quadrat, deffen Graben und Wälle an jeder der vier Seiten genau einen Kilo meter lang ist. Sie enthält Paläste und Gärten aus der Zeit der Mongolen-Dynastie (13. bis 14. Jahr hundert). In der Hauptsache handelt es sich um einstöckige Häuser, zwischen denen einzelne, aus hohen Sockeln stehende Audienzhallcn untcrgebracht sind. Den charakteristischen Anstrich gibt diesem eigenartigen, während der Kaiserzeit streng abge- schlossen«», Stadtteil der gelbe, blaue und grüne Dachbelag aus Glasurziegcln. In weiterem Um- kreis ist diese genau im Zentrum der Stadt ge legene Palastanlagc von der minder streng abge- schloffenen kaiserlichen Stadt umgeben, die gleich, falls durch eine hohe Mauer von der übrigen Um- weit abgctrennt ist und neben einer großen Zahl von Palästen, Tempeln, Häusern und Läden zwei große Seen inmitten schöner Garren und ein: Marmorbrücke enthält. Explosion bei« Schützenfest. Auf dem Markt- platz in Weferlingen explodierte, als für den neuen Schützenkönig Böllerschüsse abgegeben wurden, der Mörser. Zwei Personen wurden gtötet, vier schwer und vier leicht verletzt. Die Unter- suchung der Polizei führte zur Verhaftung des Berg- arbeiters Kopschinski, der den Dedienungsmann- schäften Munition geliefert hatte, die eine Explosion herbeisühren mußte. Dir Munition wird sonst -um Sprengen in Knlischächten verwendet. End« de« Landarbeiterstreik« in Schlesien. Dic^ in Breslau geführten Verhandlungen über die Bei- legung des Landarbeitcrstrciks in Niederschlesien haben zu einem einstimmig angenommenen Schiede- spruch geführt. Die Arbeit wird sofort wieder auf- genommen werden. rollsrsnüs Siirottrueksr Vsrkrsksr: SSvarS Äemeburs Dr. Karl Sigismund-Berlin wegen seiner Der- dienste um die Hercursgabe wissenschaftlicher Werke und Zeitschriften. Die silberne Leibniz-Medaille empfingen Dr. Za sch, Sekretär der Niederlausitzer Gesellschaft, der sich um die Stadtgeschichte von Görlitz besonders verdient gemacht hat, Prof. Dr, B l a n k e n h o r n - Marburg und der Seniorchcf der Firma Döhlau in Chemnitz Dr. jur. H. C. Har- tung. Seh. Rat Max Friedländer in Amerika. Der Musikhistoriker Geh. Rat Max Friedländer von der Berliner Universität, der im letzten Winter in Hol- land auf Einladung der Niederländisch-Deutschen Ge sellschaft Vorträge hielt, wird im nächsten Herbst zu dem gleichen Zweck nach Amerika reisen. Die russischen Künstler verlassen Berlin. Im vo- rigen Jahre gab es eine starke Invasion russischer Künstler in Berlin: der Bildhauer Alexander Archi- penko, die Maler Marc Chagall und Wassily Kan- dtnsky, der Bildhauer und Graphiker Moissey Kogan, d«: Maler Iwan Puni, der Bildhauer und Theater- künstler Nathan Altmann — sie alle kamen aus Rußland zu uns herüber und wollten sich in Berlin niederlassen. Jetzt verläßt die Mehrzahl dieser russischen Künstler uns bereits wieder: Archipenko geht nach Amerika, Chagall und Kogan gehen nach Pari», Kandinsky ist an das Weimarer Bauhaus' übergesiedelt. Es ist charakteristisch für die wirt schaftliche Lage der Künstler unter unseren heutigen Verhältnissen, daß die Hoffnungen der Russen so schnell enttäuscht worden sind. Deutsche Schriftstellerhouvrare. Eine Anzahl führender deutscher Verlage hat den Beschluß ge- faßt, von nun an die Honorare für Beiträge in den von ihnen herausgegebenen Zeitschriften nach der jeweils schwankenden Schlüsselzahl de» Börsenvereins Deutscher Buchhändler zu berechnen. Da e« sich dabei vor allem um Fachblätter, um wissenschaftliche Arbeiten handelt, ist dieser Beschluß sehr zu begrüßen. Um so mehr, da ja bereit» tm Frieden tie Einkünfte der freien Schriftsteller äußerst gering waren und in der letzten Zeit durch die Markentwertung kaum mehr dt« Material spesen decken konnten. Bau d«n Hochschule». Der wissenschaftliche Assistent bei der Landeswetterwarte in Dresden und Privatdozent an der Technischen Hochschule, Prof. Dember, ist zum ordentlichen Professor für Physik und zum Direktor de« Physikalischen Institut, an der Dresdner Hochschule ernannt ward«». _ Vas Zeichen Don Rlsmvntln» Rrümsr (München) Er sagte zu dem ganz jungen Mädchen: „Wie herrlich sind die Maiglöckchen in Ihrer Hand." Das ganz junge Mädchen bat: „Nehmen Sie sie." „Nein, ich dank», ich kann Sie nicht berauben, meine Gnädige." „Oh bitte", sie drängte ihm die Blumen auf, „o bitte, ich habe noch viele davon zu Hause." Er ging langsam heim. „Hier", sagte er und schenkte das Büschel seiner Frau. „Wie ein junger Herr", lächelte diese. „Im Gegenteil", widersprach er, „ich bin jetzt alt. seit heute, seit diesem Vormittag, seit 12 Uhr 15 Minuten." Dann fragte er: „Woran erkennt man, daß man alt geworden ist?" „An den weißen Haaren, oder daran, daß man Großmutter wird, oder am Rheumatismus, oder . . .", sie dachte nach, „diesen Vormittag hat mir der Medizinalrat einen unzweideutigen Witz erzählt, das ist wohl auch ein Anzeichen, daß eine Dame aufgehört hat, jung zu sein." Er nickte: „Du magst recht haben. — Und mir hat heute — ein junges Mädchen Blumen geschenkt." ,p«tt» l»ure»tu«" i» Amerika? Es besteht nach Zeitungsmeldungen aus Amerika die Aussicht, datz die Welt demnächst mit einem amtlichen poeta I»ureatus der Vereinigten Staaten beglückt werden wird. Dem' nächsten Kongreß wird eine Vorlage zugchen, wonach der Präsident durch einen Dreier ausschuß einen nationalen Barden ernennen soll- der diesen Titel eines Poet» Isureatus für die Dauer der Amtszeit der Präsidenten führt. Für den Fall, daß der Kongreß di« Vorlage ablehnt, soll einer Dichtervereinigung da» Recht gegeben werden, einen Dichter auf je ein Jahr mit diesem Titel zu be- lehnen. Aus da» Pret»au«schrr>den de« Ha»del«.H»<ys«yule Letpzig vom Herbst 1S22 sind mehrere Arbeite» über da« Ddema .Der Stnslutz der Aeldentwertung aus die Kalkulation" etngeaangen. Den ersten Poet» «rbielt dt« Arbeit de« sMd. rer. merc. Sri» w nklcr. den »weiten dt« «weit de« stud. rer. merc. Paul Hoff mann. Danf einer Spende der Seselks<dait der tzlreund« der Handei»do0>lclnUr formten die V«!sr au« de» Zinsen der LHeodor-Dborer-Stiftung «uf 50 000 b»v 25 000 .^l erböbt werden. >va» de« Tdeatrrdureau de« OperrttrMdeater«. Da« Opmettentbeater beginnt Sonntag, den 1. Juli, di« neue «ptetzeit mit der ersolgr«i<den Operette .Madame Pom padour". Der Vorder»«« deginnt am 2S. AutU.