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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.06.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-06-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192306289
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230628
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230628
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-06
- Tag 1923-06-28
-
Monat
1923-06
-
Jahr
1923
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8ette 2 «r. 1« Staatranwalt und Republik Aus den Kreisen des Republikani schen Richterbundes wird uns ge schrieben: Leit der Gründung der repbltkaatschen Fach- verbänd« find über diese Organisationen und ihre Mitglieder in der Tagespreise und in Fachzeitschriften ganz« Hübel voll Schmutz ausgegoffe» worden. Ma» hat sie al» gefährlich, al« .rote Mache", die Mit glieder als Pharisäer und Opportunisten bezeichnet; die wildeste Kritik war: .überflüssig". Wie wenig überflüssig die Gründung dieser Ver bände, insbesondere des Republikanischen Richterbund'es , den, beizutreten ein Plauener Landgerichtsrat jüngst als .Gesinnungslumperei" verdammte, war, beweist der Inhalt eines Schrei bens de» Vorsitzenden des Deutschen Richter bundes, der älteren Richterorganisation, in de» dieser deren Stellung zur Republik in folgender Weise charakterisiert: .Der Stand des Richter» darf mit Fragen irgendeiner politischen Einstellung überhaupt nicht» zu tun haben, gerade wegen des der Justiz nötigen Vertrauen» aller Volksgenossen, und doppelt in heutiger Zeit, in einem Volke, da» politisch so zerspaltet und zerklüftet ist. Aus diesem Grunde halte ich die Einstellung auf eine bestimmte Staatsform und deren öffentliche Proklamierung nicht im Interesse der Justiz." Deutlicher kann der Unterschied in den Zielen zweier Richterorganisationen nicht in die Erscheinung treten; der Deutsche Richter bund will eben nur nicht gegen die Republik gehen, während der Republikanische Richterbund sich offen zmr Republik bekennt und ihrek Schutz in sein Programm ausgenommen hat. Aber nicht nur Richter stehen der republikanischen Stoatsform fremd oder gar feindlich gegenüber, son dern auch Staatsanwälte, obwohl sie, wie ihr Name schon besagt, die Anwälte de» Staate», d. h. der deutschen Republik sein sollten. Was sich einzelne Staatsanwälte leisten zu dürfen glauben, ließ jüngst eine Verhandlung vor dem Reichsdisziplinarhof in Leipzig erkennen. Ein Gtsenbahnbeamter war von der Reichsdisziplinar- kannner in Kassel zu einer Ordnungsstrafe verurteilt worden. Der Beamte der Statsamoaltschaft be antragte höhere Bestrafung, stellte aber zunächst den Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an die Disziplinar- kammer zurückzuverweisen, weil diese nicht ord nungsmäßig besetzt gewesen wäre. Man höre und staune. Der Statsauwalt der Republik bestritt die Rechtsgültigkeit einer vom Reich».; Präsidenten vorgenommenen Er nennung eines Reichsdisziplinarrichters! Was hätte man wohl in der alten guten Zett mit einem Staatsanwalt gemacht, der auf den Gedanken ver- fallen wäre, die Rechtsgülttgkstt einer kafferlichen Beamtenernennung bestreiten zu wollen? Der Reichspräsident hatte einen Kommunal - Geamte'n zum Mitglied der Diszipliparkammer zu Kassel ernannt, und da» paßte dem Staatsanwalt nicht. Nur allgediente Reichs- und Staatsbeamte dürften nach seiner Meinung zu einem so wichtigen Amt berufen werden. Man kann di« Besorgnis de» Staatsamoalt» begreifen, denn wer weiß denn, n^rr die Kommunalbeamten auswählt und ernennt? Eine Stadtverordnetenversammlung, in der vielleicht Demokraten und Sozialdemokraten den Ausschlag geben. Also sagt der Staatsanwalt: Lin solcher Be amter ist kein Beamter! Was schert ihn da» Gesetz über die Pflichten de» Beamten zum Schutze der Republik? Wa» geht es ihn an, daß der Reichstag bewußt alle Disziplinarbehörde« oärfgehoben und ihre Neubesetzung mit Dffziplinarrichtern .au» dem Deamtenstvnd" angeordnet hat? Das geht dem in alten Auffassungen befangenen Staatsanwalt der Republik nicht ein, und deshalb bestrettet er die Rechtsgüktigkeit der Amtshandlung des obersten Be amten der Republik. Der Reichsdisziplinarhof folgte aber den Aus führungen diese» trefflichen Staatsanwaltc» nicht. Der Reichsqerichtsprosident verkündet« mit kurzen Worten, daß der Reichsdisziplinarhof di« Frage ge prüft und die Rechtsgültigkeit der Ernennung ve» focht habe. Was macht jetzt der Verkehrsart«kster Groener mit seinem staatsanwaltschaftlichen Be»- '-lomtzert? .v. wieder SvfcmrmonftStze mit Nationalisten Stettin, 2«. Juni. (Eig. Tel.) Ja Dram burg kam es zu einem blutigen Zusammenstoß zwischen sozialistischen Arbeitern und Zuugsturm- leutea. Al» die Ortsgruppe Dramburg des so- aenaanten Zuugsturm» zur Feier ihre» Sttstunas- festes durch di« Stadt marschierte, trugen einige Iungsturmführer Waffen. Die Arbeiter verlangten deren Abnahme, doch zeigte sich, daß die Iungsturm führer Waffenscheine besaßen. Bei den Auseinander setzungen wurde schließlich geschossen und ein Arbeiter durch Brustschuß getötet, ein anderer Arbeiter durch einen Brustschuß schwer verletzt. Auch auf feiten der Nationalisten gab er einige Verletzte. * Nach einer Meldung der Münchner Post haben sich in Passau die -akenkreuzler bei ihrer Fahnenweihe Ausschreitungen gegen Straßenpassanten und Zuschauer zuschul den kommen lassen. Sie überfielen ohne Grund Leute, die ein republikanisches Abzeichen trugen, entrissen ihnen die Abzeichen und verprügelten sie. Mehrer« Personen wurde« verletzt. Reichsvermittlung im Lausitzer Schulstreik Dresden, 27. Juni. (Eig. Tel.) Ja der Frag« de» Schulaedete«, di« den Anlaß zum Südlau- sitzer «chulstreik gegeben bat, hatte die deutschnationale Fraktion em« Anfrage an den Reichsmlnister de» Inner« gerichtet. Reichsminister Oeser hat hierauf folgende» geantwortrtt .Wege« de» Verbote», außerhalb der Reliaionsstund« zu Be- ginn und am Schluß de» Unterricht* ei« Schulgebet zu sprechen, stehe ich seit längerer Zeit mit dem sächsischen Ministerium de» Kultu» uno öffentlichen Unterricht» in Verhandlungen, ohne bieder ein Ein vernehmen erhielt zu haben. Nachdem da» Bezirks schulamt in Zittau für di« Volksschule von acht Ge meinden seines Bezirke», di« von etwa 700 fast au» schließlich am Le sigionaimtir richt teünehmenden l'KgGdlMt» «S Lkoäelsrettuog vouätzffklEg, ü« LS. IuvS kiholtkchen Kinder» besucht «erd«, da» Schulgebet -noch besondere Verfüg una verboten hat, werd« lch Angehend bet der sachststkn Landesregierung er »«ut vorstellig werden." ver sozialdemokratische Feldstschntz' in Leipzig Die kommunistische Sächst^ Arbeiterzeitung veröffentlicht «ine Enffchl^fp^,, die auf einer Der- tretertagung Leipziger riebe am 21. Juni in Leipzig angenommen Morden sein soll. Hiernach soll beschlossen worden fiin, im Hinblick auf die drohende faschistische Gefahr in den Betrieben Leipzigs ge meinsame Selbstschutzorganisationen der DSPD. und der KPD. zu bilden. Die Leipziger Volkszeitung zweifelt jedoch die Gültigkeit diese» Beschlusses an, wie auch die Echtheit der Resolution, indem sie auf den Beschluß der Generalversammlung und der Gesamtfunktionäre der sozialdemokratischen Partei hinweist, der sich ausdrücklich gegen die Bil- düng gemeinsamen Selbstschutzes in den Betrieben wendet. Gegen das Zechenbach-Urt^Sl Dienstag abend sprach in einer von der Liga für Menschenrechte einberufenen Versammlung im Volks- Hau» der bekannte Kammergerichtsrat Freymuth über das Fechenbachurteil. Zuerst beschäftigte sich der Redner mit der Rechtsbeständigkeit der bayrischen Dolksgerichte. Das Verfahren vor diesen Gerichten und besonder» die Ausschließung jede» Rechtsmittel« gegen die von ihnen erlassenen urteile widersprächen dem deutschen Recht. Die bayrischen Dolksgerichte seien deshalb eine gesetzwidrige Einrichtung. Frey muth legte dann in überzeuaender Weise dar, daß das Fechenbachurteil ein Fehlspruch sei. Richt Fechen- bach, sondern Payot habe da» Rittertelegramm ver öffentlicht, Fechenbach habe sich also keines Landes verrats schuldig gemacht. Wenn aber Fechenbach als Mittäter angesehen werden solle, dann sei zn be- weisen, daß durch die Veröffentlichung de» Ritter telegramms dem Deutschen Reich ein Schaden zu- gefügt worden sei. Die geschichtlichen Tatsachen sprächen dagegen. Endlich sei die der Anklage zu grunde gelegte Handlung bei Beginn de» gerichtlichen Verfahren» längst verjährt gewesen. Zum Schluß richtete Fveymuth an den Reichstag und an die Richter den Appell, der Gerechtigkeit zum Siege zu verhelfen. An den beifällig ausgenommen« Vortrag schloß sich eine längere Diskussion, in der der Unwille über das Fechenbachurteil wiederholt zum Ausdruck gebracht wurde. „Deutschlands ZchicksakvGnde" .Deutschland» Schicksalswende" überschrieb der erste Vorsitzende der Demokratischen Partei in Sachsen, Rerchstagsabgeordneter Dr. Külz, seinen Vortrag, den er gestern in dem überfüllten Kauf männischen Dereinshaussaal in Leipzig hielt. In den Vordergrund seiner Ausführungen stellte Külz den machtpolitischen Gegensatz zwischen Frankreich und England auf dem Kontinent. Die Reichsregierung müsse diese Spannungen für die deutsche Politik aus- zuwerten trachten, in dem Maße, wie e» der Selbst erhaltungstrieb Deutschland« vorschreibt. Boraus setzung für diese Politik sei die Stärkung der noch sehr brüchigen Statasautorttät, eine Aufgabe, der sich keine Partei entziehen dürst«. Wie schwer es augen blicklich sei, eine zielsichere Reichspolrtik zu treiben, ergebe sich aus der grundverschiedenen Parlaments- rischen Zusammensetzung der Regierungsparteien der vier größten deutschen Länder. Sieraus entstehe naturuottvendig eine Dissonanz, die durch nichts besser dokumentiert werden könne, al« durch die be kannten Ausführungen de» sachsisichen Ministerpräsidenten in Planitz. Külz trat für eine deutsche Schicksal sgemeinschaft aller republikanischen Parteien ei», lehnte jedoch eine Fusion der Demokratischen Pattei mtt der Deutschen Dolk»partei ab. In der Frage de« Ruhrkriege» gäbe e» nur einen Weg: Stvndhalden und jede Der» handlung»möglichkeit ausnutzen, um die Leiden der Ruhrbevölkerung abzukürzen. Die von tiefem Glauben an da« deutsche Vater land getragene Red« Külz' wurde mit großem Beifall ausgenommen. Die Versammlung gewann dadurch noch an Bedeutung, daß der zufällig in Leipzig an- wesende demokratische Abgeordnete Ziegler- Barmen in kurzen Motten die Lage im Ruhrkrieg schilderte, die nur dann zu einem schlechten Ende ge führt werde, wenn das Hinterland nicht den Willen zur Fortführung des Kampfe« aufbringe. Kleine politische Nachrichten Der Sächsische Landtag überwies am Dienstag nach Abschluß der Aussprache den Gesetz entwurf zur Abänderung -er, Gcwerbesteoergesetze» au den Rechtsausschuß. Der Besoldungsausschuß des sächsischen Landtage« «ahm in seiner letzten Sitzung die Vorlage über Vie vierte Aendcrung de» Beamtenbesoldungsgesetze» gegen die Stimmen der Kommunisten an. O Die Deutschnationale Fraktion hat im sächsischen Landtag ein« Anfrage eingebracht, ob die Regierung dasDerbotderSchlageterfeierinDres- den billigt und bereit sei, in Zukunft vaterländisch« Veranstaltungen zuzulaffen. * Da» Direktorium der Deutsch-Hannover schen Partei veröffentlicht ein Schreiben a« den Rcichsminifter des Innern, in de« mit Rücksicht auf den Adwehrkampf gegen den Einbruch der Franzosen in da» Ruhrgebiet der Antrag auf eine Volksab stimmung in Hannover zurückgezogen w!rl mtt dem Vorbehalt, den Antrag zu gegebener Zeit erneut einzubringen. Nach einer römischen Meldung der Münchener Soantagszeitung hat der väpstlich, Nuntius in Mün ch««, Pacelli, das Konkordat mtt Bayern unter Be handlung aller Streitpunkte fettiggestellt. Man er wartet nunmehr den baldigen Abschluß de» Kon kordat». Da» offizielle Gnadengesuch für de» zum Tode verurteilte» Goerke» wurde gestern von dem Verteidiger dem Revistonsgericht in Düsseldorf überreicht. Den» Gesuch war ein Schreiben de» Vater» und de» Bruder» de» Angeklagten beigefügt worden, wovon besonder» da» Schreiben de» Vater» aus die französischen Stellen einen tiefen Eindruck gemacht hab«, soll Der Minister de» Aeußern Lord Eurzon hat gestern den deutschen Botschafter Dr. Sthamer zn längeren Besprechungen empfange«, England rüstet Es ist in der Geschichte der seltene Uall vuchrzu- nehmen, daß die englische Ratio« st» d«n V^tr^en, ihre Finanzen zu sanieren und den Delthandelsmarkt ^kommen in die Hand zu bekommen- den Um- -- der Politik und der Kriegstechnik auf dem Kontti nt übersehen hat und nun fieberhaft bemüht sei« m tß, die erbrütende Ueberlegentzett -er ihr be» nachba-en französischen Luftmacht einzw- holen. ^Nichts vermag die Gewalt der Zahlen zu ent kräften die besagen, daß die französische« Luftstreit kräfte ^eute das Vierfache der englischen ausmachen. Nach vorsichtigen Schätzungen stehen 37V englisch« Kricgsflugzeuge 1260 französischen gegenüber. Da» Verhältnis verschiebt sich noch mehr zuungunsten Englands, wenn man in Rechnung zieht, daß von der englische Luftflotte nur ein Teil im Mutterlande stationiert ist. Um di« Wucht dieses Verhältnisse» für die Politik kenntlich zu machen, hätte es der brutalen Offenheit französischer Militärs nicht bedurft. Keine Prognose der englischen Politik Mr die Dauer der nächsten Jahre kann daher da» Richtige treffen, die a« diesen Tatsachen vorübergeht. Die entnervend« Wirkung auf die Politik Eng land», die von diesem schwachen Punkt seiner Wehr macht gegenüber der stärksten Kontinentalmacht aus- geht, will Baldwin beseitigen. Seine gestrige Er klärung im Unterhaus war der Anfang dazu, der zu-» gleich von der höchsten Aktivität de» jetzigen eng- tischen Regierung zeugt. In den nächsten zwei Jahren sollen nicht weniger als 32 neue Geschwader in die englische Luftflotte eingereiht werden. Die englisch« Flugzeugindustrie wird diesen Auftrag ohne nen- nenswerte Schwierigkeiten tösen; auch der Kampf wett der englischen Flugzeugtypen wird den Ma schinen jeder anderen Luftmacht in nichts nachstehen. Die neuesten englischen Verkehrsflugzeuge beweisen das zur Genüge. Wichtiger jedoch, al« die Lösung der technischen Frage des Programms ist seine Bekannt gabe und Durchführung, die einzig und allein al» eine Maßnahme gegen Frankreich zu verstehen ist. Der Rüstungsbeschluß läßt keinen Zweifel daran, daß England sich der von Frankreich drohenden Gefahr bctzzußt geworden und nunmehr willens ist, diesen unerträglichen Zustand durch eine Wiederherstellung der militärischen Sicherheit in der Luft aufzuheben. Jetzt hat England den ersten Schritt auf diesem Wege getan, der politisch zugleich als Druck auf Frankreich angesehen werden muß, vorerst nur ein Druck, noch keine endgültige Aufkündigung der französischen Waf fenbrüderschaft. Dies würde dann erst eintreten, wenn die Franzosen die zu einer letzten Verständigung mögliche Gelegenheit, auf einer von Baldwin bereits andeutungsweise vorgeschlagenen Konferenz ähnlich der Beschränkung der maritimen Rüstungen auch der Luftrüstung Grenzen zn ziehen, von der Hand weisen würde. Frankreich wird wohl nicht lange mit der Antwort auf sich warten kaffen. K I-, Allgemeine Zustimmung in London London, 27. Juni. (Eig. Tel.) Das gestern von Baldwin angekündigte Luftverteidtgungspro- gramm England« hat in der Londoner Presse and im Parlament eine außerordentlich günstige Aufnahme gefunden. Alle Blätter erklären, daß nicht England es gewesen sei, da» de« Wettbewerb und Ausbau der Luftflotte begonnen habe. England habe die wahrend des Krieges ge baute Luftflotte abgebaut, während Frankreich seine Luftflotte ständig verstärkt habe. Jetzt beweise Eng' land wiederum seine friedliche Gesinnung, indem es die Ankündigung seiner neuen Bauforderungen mit der Erklärung veröffentliche, daß e« jederzeit bereit sei, auf Grund der Völkerbundsatzungen einen Ver- trag für die Abrüstung der Luftflotte abzuschließen. Daily Mail und Westminster Gazette stimmen dartt» überei», daß England durch eine entgegen- kommende Haltung in der Reparation»- und S«he- rungsfrage Frankreich die notwendigen Garantien geben müsse, um dessen Luftflotte abrüsten zu können. Während Morning Post für ein englisch französisches Bündnis eintritt, befürwortet die West minster Gazette die Annahme eines für England günstigen Abrüstung«, und Garantiepakte». Der Daily Ehroniclch setzt heute auseinander, daß da» neue Programm die Zahl der Heimatsgeschwader der englischen Luftflotte von 18 auf 52 und die Ge- samtstärke der Luftflotte von 48 auf 82 Geschwader erhöhen wird. Wenn das englische Programm und da» vorgesehene französische Bauprogramm unver ändert zur Ausführung gelangen würde, würde Frankreich im Jahre 1926 in der Heimat über 1530 und England nur über 624 Flugzeuge verfügen. Kongreß der VSlkerbundslkgen Ei« peinlicher Zusammenstoß Wien, 27. Juni. (Eig. Tel.) Auf dem Kongreß der D ö l ker d u n d sl i g en kam e» gestern zu einem peinlichen Zusammenstoß. Der bulgarische Delegierte, Prof. Kyroff, beantragte, die mazedonische Frage dem Völkerbund zur Unter- suchung vorzulegen, worauf der jugoslavische Dele gierte Lzerowie diesen Vorschlag al« eineUeber- raschung und als illoyale» Vorgehen bezeichnete. Der den Vorsitz führend« Schweizer Bovet rief des halb den Serben zur Ordnung und entzog ihm dar Wort, falls er den Ausdruck nicht -urücknehme. Dar auf protestierte Ezerowic und verließ die Sitzung. Der Intervention der tschechischen Delegierten ge lang es, den Zwischenfall beizulegen, wonach der bulgarische Vorschlag in etwa» gemilderter Fassung angenommen wurde. Die Vollsitzung nahm einstimmig einen Antrag an, der verlangt, daß die Intellektuellen aller Staaten sich gegenseitig Hilfe leisten, die öffent lichen Bibliotheken unterstützen und für materielle Hilfe in jenen Ländern sorgen, wo sonst eine geistig« Mehrproduktion behindert wäre. Der Schutz der Intellektuellen «erd« al» Sonderinsntution dem Völkerbund angegliedert werden. Der 4. Punkt dieser Resolution wurde auf englischen Antrag einer schärferen Formulierung für die nächste Sitzung zurückgestellt. Er fordert den Kampf gegen die lüg- nerische und gehässige Tendenz im SckMunterricht, wo Humanität und Brüderlichkeit gelehrt werden sollen. Der Professor der Universität Dijon, SeeHet, hielt einen zweistündigen Vortrag über die Anträge zur Mi nori täten frage. E» soll eine ständige inter nationale Organisation für die nationalen, sprach lichen und religiösen Minderheiten geschaffen wer-en. Den nationalen Minderheiten soll di« Möglichkeit gegeben sein, sich mit ihren Beschwerden direkt an den Völkerbund zu wenden. Bei Differenzen in-er Auslegung der Verträge soll der Völkerbund und -er Internattoaal« Gerichtshof i» Haag obliga torisch sein. Der englisch« Präsident Dicken» er- Karte, falls es nicht gÄing«, -4« Minderheitenfrage auf dein Balkan und in Mitteleuropa zu lösen, würden -i« Keim« für wettere Kriege lebendig bleiben und der Frieden nicht gesichert werden können. Lin neuer Seusationrprozetz in Pari» Indet unter Anklage -er Spionage Port», 27 Juni. (Ltg. Tel.1 Am heutigen Mittwoch beginnt vor dem Pariser Schwurgericht der Prozeß gegen den früheren Herausgeber des Eclair, Ernestr de Iudet, der d« Einver ständnisse» mit dem Feinde beschuldigt wird. Iudet hat während der Voruntersuchung jede Auskunft mit dem Bemerken verweigert, er werde erst vor den Geschworenen sprechen. Dies hatte zu dem Gerücht Anlaß gegeben, daß Iudet aufsehenerregende Enthüllungen machen werde. Die Polizei hat zur Verhütung von Zwischenfällen strenge Sicherheitsmaßnahmen getroffen. Da« Verfahren gegen Iudet wurde im Sommer 191S durch das Pariser Kriegsgericht eröffnet auf Grund einer Anzeige, die eine Frau Bossard, eine geboren« Französin und Frau eine» Schweizers, gegen ihren Mann, mit dem sie in Scheidung lebt, und Icttret erstattet hat. Die Aussage der Frau Bossard lief darauf hinaus, Iudet sei durch Ver mittlung Dossard» mit der deutschen Ge sandtschaft in Bern in Verbindung getreten und habe sich gegen Zahlung von Millionen Franken ver pflichtet, auf die Beeinflussung der Stimmung cn Frankreich und sonstige Dienste für einen für Deutschland günstigen Frieden hinzuarbeiten. Die Aussagen der Frau Dossard wurden scheinbar be- statigt durch geheime Dokumente, die nach dem Ab- marsch der Deutschen in Brüssel gefunden wurden und au» denen hervorgehrn soll, daß Staatssekretär von Iagow und der frühere Pariser Botschafter von der Lenken im Winter 1914/15 über die angebliche Verpflichtung Iudets für die deutschen Zwecke chif friert korrespondiert haben. Iudet, der seit dem Frühling 1918 in der Schweiz lebte, hat sich den französischen Gerichten zunächst nicht gestellt und beschuldigte den damaligen Minister präsidenten Elemenceau, seine Verurteilung aus Gründen persönlicher Rachsucht zu betreiben. Am 4. Februar 1923 ist Iudet von dem Pariser Gerichts- t.' Hof im Abwesenheitsverfahrcn zu lebenslänglicher Festungshaft verurteilt worden. Diese Verhandlung war nur von kurzer Dauer und bestand im weseut- -2 lichen darin, daß die Anzeigeakten mit den fch-inbar unwiderleglichen Beweisen für Iudets Schuld ver- ' lesen wurden. Frau Bossard hat durch ihre Aussagen auch den > mittlerweile verstorbenen französischen Delegierten Paul Meunier und seine Freundin Frau Bernals de Ravist belasset. Diese beiden find im Herbst 1919 z noch unter dem Kabinett Clemenceau in Unter- - suchmnqshast genommen worden, aber das Derfabren gegen sie ist im Februar 1923, wenige Tage nach der '' Verhaftung Iudets, eingestellt worden, da die Beweise nicht ausreichend erschienen. Nunmehr hielt Iudet den Augenblick zur Rege lung seiner Angelegenheit für gekommen. Er stritt; sich am 27. Februar der französischen Behörde Grenze bei Basel und befindet sich seitdem in Untes» s suchungshaft. s Das Publikum interessiert sich weniger für die Verteidigung Iudet«, dessen Freisprechung von vielen für sicher gehalten wird, al« für die Mitteilungen, die der Angeklagte vielleicht über seine Beziehun- gen zum Vatikan und zu dem durch seinen mi^- lungenen Frieden «versuch bekannten Grafen Armand, sowie über Elemeneeau machen wird. Gerüchtweise verlautet sogar, Iudet wolle Poinearäund FrauPoincar- in diese An- ! gelegenhett ziehen. An Stoff für Sensationslüsterne fehlt es also nicht. Man nimmt an, daß der Prozeß sehr lange dauern wird, da man mit Unterbrechungen rechnet, die durch neue Untersuchungen erfordert ..ME D Abschluß -er General-evEe in Lausanne Lausanne, 26 Juni. Das politische Komitee be stätigte heute morgen die verschiedenen in der letzten Zett getroffenen Vereinbarungen, vor allem das Ab- kommen über die neue griechisch-türkisch« Grenze bei Karagatsch, ausgenommen die Einzelfingen, die noch von den Sachverständigen geprüft werden. Mit der heutigen Sitzung de» politischen Komitees kann di- Generaldebatte al» erledigt Helten. Offen bleiben noch drei große Hauptfragen: di« Kupon- frage, die Frage der Konzessionen und der Räumung Konstantinopels. Es verlautet, daß die alliierten Delegationen ihre Instruktionen über diese Fragen morgen erwarten und dann zu gemeinsamer Sitzung zusammentreten werde». Der französisch« Finanzsachverständige Barge ton, der bisher in der Kuponfrage maßgebend her- vortrat und gestern in Pari» weitte, ist heute wieder in Lausanne eingetroffen. Theurrlr' Bemühungen erfolgreich? Puri», 27. Juni. (Eig. Tek.) Während noch gestern nachmittag in Brüssel die Meinung überzu wiegen schien, daß es Theuni» nicht gelingen werde," das neue Kabinett zu bilden, scheinen sich in den Abendstunden seine Aussichten gebessert zu habem Der Brüsseler Korrespondent der Matin schreibt seinem Blatte in später Nachtstunde, man hoffe, daß man nunmehr doch bald einer Lösuug der belgischen Ministerkrise entgegengehe. Die Furcht, daß Tüeu- nt» die Bildung de» Kabinett» aufgebe« werde, fall» er nicht in der Lage sei, am Donnerstag vor der Kammer mit einem kompletten Ministerium zu er scheinen, habe vermutlich den Führern der Patte! en die ganze Schwere der Krise klar vor Augen geführt. Die Rechte scheine sich insbesondere in ihrer gropen Mehchett der Formel Rolf mtt einer leichten Ab änderung angrschlosseu zu haben, so daß di« Lehr gänge der Universität Gent verdoppelt »erden und G di« Studenten ihre Studie« sowohl in französischer als auch in flämischer Sprache au dtr Universität beende« könneri. Di« au« Budapest gemeldet wird, sind in der jungst aufgedeckten PutsHaffäre in der Nacht vom Dienstag »um Mittwoch 28 Haussuchungen vor- I genommen worden. Neuerdings sind wieder 12 V«r- I Haftungen erfolgt, acht davon betreffen Mitglieder l de» .Verein» der -rwachmdea Lngmm*,
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