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2 ßir. dM l^elpLlger u»ck HLoäelsLeituag 8oaLLde»ü, 6 en 22. I«al Hetze gegen Severing Im Preußischen Landtag haben die Deutsch- ilionalen einen heftigen Vorstoß gegen den sozial- c cmokratischen Innenminister Severing unter- .winmen. Sie warfen ihm vor, daß er an der Er- hießung Schlageters durch die Franzosen insofern chuld trage, al« er hinter Schlageter einen Steck- vrief erlassen und dadurch dessen Verhaftung er- l'ichtert habe. Severing beantwortet« die Angriffe der Deutickmationalen mit der ihnen peinlichen Ent hüllung, dcG Schlageter von zwei Roßbach-Leuten verraten worden ist, nämlich von dem Leutnant Schneider und dem Unteroffizier Götze, und daß diese nach ihrem eigenen Geständnis hierfür von dem französischen Spionagedienst einen Judaslohn von <00 000 erhalten haben. Severing hat diese wahren Verräter, die Verbindungen zu den Rechts» radikalen unterhielten, auf Grund der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Ruhrgebiets festnehmen und gegen sie Anklage erheben lassen. Weiter machte Severing die den Deutschnatio nalen weniger angenehme Mitteilung, daß der Steckbrief hinter Schlageter nicht von ihm, sondern von dem Bürgermeister der Stadt Kaiserswerth veranlaßt worden ist, der politisch der Deutsch nationalen Volkspartci nahesteht. Der Bürgermeister hat unter dem Drucke der Besatzungsbehörde ge bandelt; aber es ist doch ein böses Mißgeschick, das den Deutschnationalen passierte, wenn der Vorwurf des Landesverrats nunmehr auf ihre eigenen Reihen zurückfällt. Aehnlich wie im Falle Schlageter ist es mit dem Vorwurf, Severing habe das Vorgehen des Berliner Polizeipräsidiums gegen den Bandenführer Heinz Hauenstcin veranlaßt. Der preußische Innen minister konnte Nachweisen, daß das Berliner Polizeipräsidium ohne sein Wissen und aus pflicht gemäßem Ermessen heraus gegen Hauenstein ein- geschritten ist, und daß sich Severing erst eine» schwe ren Amtsvergehens schuldig gemacht haben würde, wenn er die Verhaftung Haucnsteins verhindert haben würde. Di» Deutschnationalen haben mit ihren unberech tigten Borstößen gegen Severing das Gegenteil von dem erreicht, was sie anstrebten; denn es sind nicht nur der Ministerpräsident und das preußische Ge samtkabinett hinter ihren Ministerkollcgen getreten, sondern auch die gesamten Koalitionsparteien mit Einschluß der Deutschen Bolkspartei haben die Maß nahmen Sevcrings gutgeheißen und ihm somit ihr Vertrauen erneut zum Ausdruck gebracht. Es ist nun zu begrüßen, wenn die Nationalliberale Kor respondenz, das amtliche Organ der Deutschen Volks partei, ans die blindwütige Hetze gegen Severing hinwcist, die in ihren politischen Fernwirkungen ein Verbrechen gegen das deutsche Volk darstellt. Denn in den Zeiten, wie sie das Deutsche Reich setzt durchlebt, wird nur das Vaterland ge schädigt, wenn die Träger der Verantwortung mit ungerechtfertigten Schmähungen überhäuft werden. Wenn nun auch dem Angriff die Spitze abgebogen werden konnte, so ist doch auf die Verantwortungs losigkeit der Deutschnationalen hinzuweisen, die auf ungeprüften Verdächtigungen üble Polemiken ent fachen. " * Abermalige Verschiebung des Prozesses Tillessen? Seit Monaten tauchen in verschiedenen Tages- zeitungen Notizen auf, die auf den bevorstehenden Prozeß Tillessen und Genossen Bezug haben- Neuer- ding» wird mit großer Sicherheit behauptet, der Prozeß fände am IO. Juli vor dem Leipziger Schöffengericht statt. Wir wir in Erfahrung ge bracht haben, kommen diese Meldungen von außer halb und stammen von interessierter Seite. Man weiß also in Berlin, Frankfurt und an anderen Orten wieder einmal mehr al» die amtlichen Stellen in Leipzig. Wohl ist als Termin für die Verhand lung bisher der 10. Juli angesetzt gewesen- Neuer dings hat aber der Göttinger Rechtsanwalt Lütje- drune die Akten eingefordert. Man darf deshalb annehmen, daß eine abermalig« Verschiebung des Prozesses notwendig wird. Unter Anklage stehen fünf rechtsradikale Heißsporne Tillessen, Sunder- mcier, Krebs, Wegelin und Seffner. Die Angeklag ten hatten versucht, zwei ihnen nahestehende ehe- wie komme ich zu einer Wohnung? Von In der ganzen Welt, in jeder Stadt, in jedem Ort hört man jetzt ein und denselben Schmerzens schrei: Gebt mir eine Wohnung! Und auf den letzten Seiten der Zeitungsn da wimmelt es von Inseraten der Suchenden, und man hört ihre Rufe: Gebt uns doch eine Wohnung! Nicht alle diese Inserate sind farblos. In der letzten Zeit haben die Wohnungssuchenden diesen Inseraten sogar einen hübschen Rahmen gegeben. Hier eine kleine Auslese: „Gebt mir bloß ein Zimmer, und ich werde die ganze Wohnung meiner Quartierfrau auf meine eigenen Kosten beheizen lassen!* „Für eine Wohnung stelle ich Lebensmittel meiner Hausfrau gratis zur Verfügung und will außerdem unentgeltlich Musikstunden erteilen!* Aber es gibt auch kompliziertere Inserate: „Suche eine Wohnung. Ein Zimmer mit sepa riertem Eingang! Din bereit, meiner Hausfrau ein Paar Morgenschuhe zu verehren. Dort wird auch ein Pelz verkauft!* Und ein Inserat mit Berechnung auf die Psycho logie des Vermieters: „Der Partei, die mir ein Zimmer überläßt, zahle ich Miete in Schweizer Franken!* Und ein angeblich naiv versteckte» Inserat: „Ich suche «in hübsche», ruhige» Zimmer. Ich bin noch ein lediges Mädchen und hab« noch keinen Ver ehrer! Mit Vorschlägen an M. S.I* Einer meiner Freunde gab in der Zeitung folgendes Inserat auf: „Ich bin bereit, die Tochter der Partei zu heiraten, die mir ein Zimmer in ihrer Wohnung einräumt Alter Nebensache. Prer» Nebensache. Zimmer Hauptsache!* Mein Freund war «in kluger Mann. Am selben Tage erschien bei ihm ein älterer Herr: „Ich komme wegen meiner Tochter . . .* „Und der Wohnung selbstverständlich', sagte »ein Freund vorsichtig. „Natürlich. E» gcht ja nicht eia» ohne da« andere. malig« Marine-Offizier«, Boldt und Dittmer, die sich in einem Kriegrbeschuldigtenprozrß vor de» Reichsgericht zu verantworten hatten, und zu Ge fängnisstrafen verurteilt worden waren, bei ihrem Rücktransport in dir Gefangenenanstalt in der Beethovenstraße zu befreien. E» blieb aber bei dem Versuch, da dan der Aufmerksamkeit der Poli zei das Unternehmen rechtzeitig scheiterte. er. Der Schulftreik in der Südlausitz Aussprache im Landtag Dresden, 21. Juni. Nachdem der demokratisch« Aba. Dr. Weigl im weiteren Verlauf der Landtags-Aussprache über die Amnesttevorlage der Regierung für Not- und Ab- treibungsdelikte die Notwendigkeit einer Amnestie in Zweifel gestellt und darauf hinaewiesen hatte, daß die Berechtigung einer solchen Amnestie nur dem Reiche zustehe, wurde der Entwurf an den Rechts ausschuß verwiesen. Der Gesetzentwurf über die Ausgabe von Roggenrentenscheinen durch die Landes kulturrentenbank und über Aenderung des Gesetzes über die Landeskulturrentenbank, Gienso ein sozial demokratischer Antrag über die Regelung de» Bau- arbeiterschutzes wurde angenommen. Weiter kam zur Beratung ein Antrag, der die Aufhebung der Fleißnerschen Schulorrordnungen über die Schul- befreiung an staatlich nicht anerkannten Feiertagen fordert, ferner eine Anfrage betr. das Verbot de» Gebetes in den katholischen Schulen der Südlausitz. Die Abgg. Hickmann (D. Vpt.) und Grell- mann (Dnatl.) nannten di« Empörung der Süd lausitzer Katholiken und Evangelischen über das Ver bot des Schulgebets durchaus für berechtigt. Es werde sich wohl kaum irgendeine Behörde dazu her- neben, die die verhängten Strafen ausführe. (Zuruf des Kultusminister»: Das wird sich erst noch finden!) Kultusminister Fleißner betonte, daß nach der Reichsverfafluna die Bekenntnisschule aufgehört habe. Wenn da» Schulzebet noch bi» fttzt bestanden habe, so sei da» ein ungesetzlicher Zustand gewesen, der beseitigt werden müsse. E» werde hier eine Machtprobe gegen die Regierung ins Werk gesetzt, und die Regierung werde unter keinen Umständen nachgeben. Nach weiterer Aussprache, in der der Gegensatz in der Schulfrage zwischen recht» und link» immer deutlicher und schärfer zum Ausdruck kam, schlug schließlich der Abgeordnete Wehrmann (Dem.) vor, eine retchsgesetzliche Regelung und Klärung in dem Südlausitzer Schulstreik anzuruscn, um den Streik zu beendigen. Die Abstimmung über den Antrag wurde bis zur nächsten Sitzung vertagt, die am Dien»tag, den 26. Juni stattslnden soll. Im Ministerium für Kultus und öffentlichen Unterricht ist der Referentenentwurf zum Berufsschulgesetz mit Begründung fertig- gestellt. Er ist zunächst den beteiligten Ministerien, ferner einer großen Anzahl von Wirtschaits-, Ge meinden- und Lehrerberufsvertretungen zur Stellung- nähme zugegangen. Der Kampf um die Gemeindereform Dresden, 22. Juni. (Eig. Tel.) Der Sonder ausschuß de» Landtage» für dir Gemeindere- reform trat in die 2. Lesung de» Entwurf» ein. Es wurde beraten über die Paragraphen, in denen r» sich um die Verwaltung der eigenen und der den Ge meinden übertragenen Angelegenheiten handelt. Die Regierung verlangt, daß die Gemeinden die Kosten für di« übertragenen Geschäfte zu tragen haben. Gegen die 10 bürgerlichen Stimmen wurde der An- trag der Regierung angenommen. Bei dem Abschnitt Gemeindeverwaltung wurde zuerst die grundsätzliche Frage behandelt: Freie Entscheidung der Gemeinden für die Rats- und Diirgermristerversassung. Die Linke lehnte auch diese freie Entscheidung der Gemeinden ab. veutschnationale Anträge Dresden, 22. Juni. (Gig. Tel.) Die deutsch nationale Fraktion hat zwei neue Anträge im Land- tag eingebracht. Der erste bittet, die Etaatsregie- rung zu ersuchen, eine Verordnung zu erlassen, wo nach den sächsischen Stadt- und Gemeindebehörden dringend untersagt wird, unter dem Druck der Er- werbslosendemonstrationcn Kreise de» selbständigen Unternehmertum» zu Besprechungen einzuladen, um sie zu zwingen, besondere U mla gen zur Be- reitstellung von Mitteln für die Er werbslosenfürsorge vorzunehmen. Ein zweiter Antrag bezieht sich auf vielfach« Uebcrfälle aus Kaffenboten und Geldbriefträaer ufw., und wünscht, die Staatsregierung zu ersuchen, daß Personen, die einen verantwortlichen und mit Gefahr verbundenen Beruf nusllben, die Erlaubnis zum Tragen von Waffen gegen Ausstellung eines Waffen scheine» erhalten. Für die letzte Sitzung des Haushaltausschusse» war vom Ministerium ein Exposä über den Stand der Etaatsfinanzen angekündigt worden. Wegen Erkrankung des Finanzministers fielen die Mitteilungen aus. Wie verlautet, wird die Regie rung zunächst fordern, daß der letzte Beschluß de» Landtages, nachdem die Negierung ermächtigt war, Kredite bis zu 20 Milliarden aufzunehmen, abge ändert und auf 100 Milliarden erhöht wird. Vie Gewerkschaften beim ReichsernLhrungsminister Kürzlich fand im Neichsernährungsministerium in Berlin eine Besprechung mit Vertreten der Gewerk- schafts-Spitzcnorgcmisationen über die Sicherung der Ernährung statt. Hierbei wies Reichsmini ster Dr. Luther eingangs auf die Unmöglichkeit hin, die Lebensmittelpreise zu beeinflussen; vielmehr müsse eine Anpassung der Löhne an die Preise her beigeführt werden. Ministerialrat Müller be- richtete sodann über verschiedene Maßnahmen des Er nährungsministeriums zur Einschränkung des Wu chers mit Lebensmitteln: Der Handel mit Lebens- und Futtermitteln sei jetzt konzessionspflichttg. Die Strafen wegen unerlaubter Ausfuhr und Preistrei bereien seien erhöht und auch die Schließung von Ge schäftsräumen sei jetzt möglich. Ferner sei ein Ent wurf zum Zwecke der Handelsbeschränkung mit Vieh und Fleisch ausgearbeitet worden. Seit dem IS. Mai habe die MUchverordnuny eine Aenderung erfahren, und der Lieferungszwanq an die Kommunen sei ver längert worden. Die Milchverbilligungsaktion habe sich als sehr zweckmäßig erwiesen. Auf den Schlacht höfen sollen Ueberwachungskommissionen zum Zweck einer gerechten Preisbildung geschaffen werden, in denen auch die Verbraucher vertreten sein sollen. Aus den Kreisen der Gewerkschaften wurde darauf hingewiesen, daß eine Verbilligung des Milch- Preises weitergeführt werden müsse. Der Regie rung würde anheimgestellt zu prüfen, ob sie nicht durch eine Zufuhrvergrößerung preisdrückend wirken könne. Auch auf die Verteuerung der Versorgung der Städte mit frischem Gemüse durch die hohen Bahnfrachten für Lebensmittel wurde hingewiesen. In vielen Gegenden beständen noch zuviel Handels genehmigungen für Lebensmittelhändler, besonder» bei dem Handel mit Eiern. Ferner sei e» notwendig, daß die Lebensmittelgeschäfte angewiesen werden, die ausgestellten Waren sämtlich mit Preisen zu versehen. Vom Gewerkschaftsring wurde besonders auf die un haltbare Berechnung der Lebensmit te lindexzahl durch da» Reichsamt für Statistik hingewiesen, die für den Monat Mai mit 2V Prozent als vollkommen unzureichend be zeichnet werden müsse. An Stelle der bisherigen Methode, die Errechnung nach Stichtagen vorzuneh men, sollte man den Durchschnitt sämtlicher Monats- tage als Errechnungsbast» verwenden. Die Regierungsvertreter erwiderten auf die Ein wände, da» Reich könne auf dem Inlandsmarkt al» Käufer größerer Mengen nicht auftreten, da solche Käufer immer preissteigernd wirkten, während Au», landskäufe im großen Umfang die deutsche Valuta verschlechterten. Die Lebensmittelbeschaffung auf Grund von Kredit sei für Deutschland außerordent lich schwierig. Führe die Regierung selbst ein, so beschränke sie die freie Einfuhr. Deutschland beziehe z. gt. die Hälfte alle» Fette« vom Ausland. Der Milch und Butterprei» sei im Verhältnis zum Steigen der übrigen Lebens- mittel in den letzten Wochen als niedrig zu bezeichnen gewesen. Der Ernährungsminister bat zum Schluß die Ge- werkschaftsvertrcter, in ihren Kreisen in bezug auf die Ernährungsschwierigkeiten beruhigend zu wirken und sagte zu, daß er mit dem Arbeitsministerium in Verbindung treten wolle, nm eine Anpassung der Löhne und Gehalter an die steigenden Lebensmittel preise anzuregen. „Lehr angenehm. Ist sie hübsch?* „Lk geht an! Klein gewachsen, aber elegant.* „Ich frage: Ist da» Zimmer elegant?* „Es geht an. Und die Tochter sehr begabt. Hat Matura . . .* „Gas oder elektrisch Licht?* „Licht? Nein, braun.* „Wer? Die Tapete?* „Nein, die Haare.* „Wessen Haare?* „Na meiner Tochter.* „Aber scherzen Sie nicht. Ich spreche ernst . . .' „Ach, Sie sprechen über bas Zimmer? SUdsonne. Hm, wissen Sie, meine Tochter hat allen Verehrern bi» heute einen Korb gegeben.* „Ach, du lieber Gott, ich werde sowieso Ihre Tochter heiraten. Wozu loben Sir sie. Erzählen Sie mir lieber über Ihre Wohnung. Ich habe drei Monate in einem Nachtasyl geschlafen und sehne mich nach einem anständigen Bett.* „Pardon, ich wollte über meine Tochter erzählen, ich bin der Vater. . .* „Und ich der Mieter. Also, den Samowar be kommt man zu jeder Zettl* „Selbstverständlich. Sie hat eine schön« Mitgift, sechs Hosen und sech» Hemden.* „Kommen Sie, gehen wir anschauen." „Aber sie ist ja noch nicht angekleidet!* „Wcr?* „Die Tochter!* . . . „Und ich meine das Zimmer.* „Ach so . . .* Da» Zimmer erwies sich sehr nett, sehr hübsch, was man von der Tochter nicht sagen konnte, aber mein Freund fühlte sich wie im siebenten Himmel.... Als die Iungvermkihlten aus der Kirche kamen und sich an die Festtafel setzten, küßte die junge Frau zärtlich ihren Mann und sagte: „Grischenka, wenn der Honigmonat vorbei sein wird, müssen rott «ine Wohnrmg suchen . . .* „Was?* „Ein« Wohnung! Wir könn«n doch nicht mit d«m Dienstmädel in einem Zimmer schlafen . . .* Bei der Gerichtsverhandlung erklärte der Staats- anwalt, daß er den Angeklagten nicht beschuldigen, sondern verteidigen müsse. Di, Geschworenen sammelten unter sich einige tausend Rubel und Übergaben dies« Summ« vem Angeklagten. Da» Gericht fällte folgende« Urteil: „Der Mord geschah in dem Moment, wo der An- geklagte in einem unzurechnungsfähigen Zustande war. Da er aus Motiven der Selbsterhaltung ge- handelt hat, so ist er freizusprechen und sofort au» der Hc-ft zu entlassen.' „Was? Keine Gefängnisstrafe? Haben Sie keinen Platz, einen Fretplatz im Irrenhaus?* „Nein. Da gehören Verrückte hin, und Sie sind ja ein normaler Mensch. Sir sind frei und können gehen.* . . . Nun sagen Sie mir, bitte, meine Herrschaften, gibt es noch Gerichte in Rußland? Einzig berechtigte Ueberscvung aus dem Russischen von Maurice Htrschmann (Men). Ehrung für Helene Lange. Au» Stuttgart wird uns gedrahtet: ^rr Vorkämpferin in der ffraue n- bewequng Frau Helene Lange wurde von der rechts, und wisscnjchaftlichen Fakultät der Universi tät Tübingen der Ehrendoktor verliehen in Anerkennung ihrer Verdienste als Vorkämpferin für die Eingliederung der Fruu in dir Volkswirt schaft. Schwere Srise im Wiener Dnchverlag. Der gesamte Wiener Ruchverlag befindet sich infolge des Marksturzes inmitten einer schweren Krise. Die kleineren Betriebe haben bereit» seit längerer Zett ihre Tätigkeit eingestellt, so daß ein nicht unbedeutender Teil der Wiener Berlage eigentlich nur mehr auf dem Papier existiert und in Wirklich keit das Berlagsgeschstftnur von einer geringen Anzahl größerer Unternehmungen betrieben wird. Durch den katastrophalen Markstur- sahen sich zwar di« deutschen Verleger genötigt, die Bücher preise stark in die Höhe zu schrauben, doch hielt da» Steigen der deutschen Bücherpreise nicht im dollen Maße mit der Markentwertuna Schritt, so daß die deutschen Bücher noch immer be- deutend billiger sind al» die Wiener Der- lag-werke. Um der kritischen Lage abzuhelsen, leiteten vor kurzem di« Besitzer von vier Wiener Verlagen Verhandlungen ein, deren Ziel die Vertrustung de» Wiener Verlagswesen» ist. Wenn die Verhandlungen zu einem positiven Ergebnis führen, sollen die Verlage Literarta, Wila, Renaissance und Strach« ,u einem großen Verlagsverband fusioniert werde«, dessen Mnan- »ierung durch ein» Wiener Großbank erfolgt. Hardin-s Vorschläge für den Internationalen Gerichtshof Ne» Park, 21. Juni. (Gig. Tel.) Präsident Harbins hielt heute in St. Louis eine große Rede zur Befürwortung des Eintritts Amerikas in den internationalen Gerichtshof, der aber nach An sicht Harding» völlig unabhängig vom Völ kerbund sein müsse. Trotz heftigen Widerspruch» aus der Versammlung heraus erklärte Harding in großen Zügen seine Auffassung von diesem inter nationalen Gerichtshof. Zwei Bedingungen müßten vorerst erfüllt werden: 1. müsse der Gerichtshof auch in der Praxis der Theorie, welche ihn gründete, entsprechen; 2. möchten die Bereinigten Staaten auf völlig gleichberechtigter Stufe mit den übrigen Mächten darin vertreten sein. Der Präsident erklärte alsdann, daß die ameri kanische Nation mehr als je Gegner des Völkerbundes sei. Es sei deshalb vorzuschlagen, daß der Gerichts- Hof nichts mit ihm zu tun habe. Es gebe zwei Ar:en, diese Trennung zu betonen: 1. müsse man dem Ge- richtshok das Recht erteilen, irgendwelche Angelegen heiten selbst ohne Befragen irgendeiner Instanz in die Hand zu nehmen; 2. müsse man dem internatio nalen Gerichtshof in ein erst noch zu schaffendes Schiedsgericht umwandeln und seinen Mitgliedern die Vollmachten erteilen, die gegenwärtig dem Dölkerbundsrat und der Vollversammlung des Völkerbundes zustanden. Das Privileg des Völkerbünde», sich in juristischen Fragen vom internationalen Gerichtshof leiten zu lassen, soll entweder ganz abgeschafft werden oder, was vielleicht klüger wäre, auf alle Mitglieder in gleicher Weise ausgedehnt werden. Wenn eine Nation, die nicht Mitglied des Gerichtshofes sei, eine andere Nation vor diesen fordern wolle, könnte sie sich zu diesem Zwecke durch eine andere Nation vertreten lassen. . Das sind in großen Zügen, erklärte Harding, die Vorschläge, die ich dem Senat bei Eröffnung des Kongresse» unterbreiten will, um Verhandlungen mit den Mächten in diesem Sinne einzuleiten. Der Zweck dieser Verhandlungen ist in letzter Linie, durch ein internattonales, in der Praxis starkes und unab hängige» Schiedsgericht den internationalen Streitig keiten vorzubeugen und den Krieg zu unterdrücken. „wir halten zu poincarS" Pari», 21. Juni. (Eig. Tel.) Die radikalen Minister des Kabinetts Poincarä, die von dem Parteivorstand zum Austritt aus der Regierung aufgefordert wurden, haben bereits öffentlich zu er- kennen gegeben, daß sie diese Forderung nicht ernst nehmen und ihr jedenfalls nicht zu folgen gedenken. Der Kolonialminister Sarraut erklärte hcure nach dem Ministerrat den Journalisten, er könne nur wiederholen, daß er stolz darauf sei, mit Poincard zusammenzuarbeiten. Der Hnqieneminister Strauß betonte, daß er die Politik Poincares vor behaltlos billige und nicht an Kritik denke. Der Unterstaatssekretnr Lafont erklärte, es sei der Stolz seines Lebens, Mitarbeiter . und Freund Poincarös gewesen zu sein. London, 21. Juni. (Eig. Tel.) Der Minister- Präsident erklärte heute im Unterhaus alle Nach richten, wonach der englische Fragebogen bereits mündlich beantwortet sei, für unrichtig. Das eng lische Kabinett habe von einer amtlichen französischen Antwort noch keine Kenntnis erhalte«. Revolution in NorLalbanien? Pari«, 22. Juni. Der Matin gibt eine bisher unbestätigte Meldung Belgrader Blätter wieder, nach der in ganz Nordalbanien die Revolution ausgebrochen sei. Aufständische hätten bei Kras- niac die zur Unterdrückung der Bewegung entsandten regulären Truppen in die Flucht geschlagen und rück ten aus Skutari vor. Ihr Ziel sei der Sturz der Re- gierung in Tirana und die Wiedererhebung de» Fürsten zu Wied auf den albannischcn Thron. Auf die flüchtende albanische Regierung sei von den Parteigängern des Fürsten Wied ein An schlag verübt worden. Die südslawische Presse sehe diese Vorgänge als eine Folge des bulgarischen Staatsstreiches an. Der „geistige" Bedarf für eine Amerikasahrt. Die White - Star - Linie läßt an die Passagiere erster und zweiter Klasse, die auf ihren Schissen Plätze für die Fahrt nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika bestellen, Formulare verteilen, in denen anzugeben ist, wieviel Wein und Schnap» man für die Ueberfahrt, bis man in die amerikanischen Territorialgewässer kommt, zur Verfügung zu haben wünscht. Ein Passagier verlangte zum Beispiel vier Flaschen Champagner, eine Flasche Kognak, 34 Flaschen Lagerbier, ein anderer begehrte zwölf Flaschen Champagner, zwei Flaschen Wermut, drei Flaschen Kümmel- schnavs und eine Flasche Benediktiner. — Der amerikanische Staatssekretär Mellon hat den Be amten des hygienischen Departement» eine An weisung erteilt, nach der den ausländischen Schiffen, die nach den Vereinigten Staaten kom men. die Einführung genügender Mengen medi zinischer Liköre genehmigt werden soll. In Washington wird allgemein angenommen, daß dadurch die Alkoholrattonen der ausländischen Schiffe künftig al» medizinisch gelten würden. (Die oben angeführten Quantitäten sind Wohl al» „medizinisch" anzusehen . . .) Ein Denkmal für Do« Quixote« Duleinea. Das in der spanischen Provinz gelegene Städtchen Toboso, die Geburt-stätte jener Alduza Lorenzo, di« al» Don Quixote» Dulcinea Unsterblichkeit gewonnen hat, hat beschlossen, der berühmten Heldin de» CervantcSschen Roman» ein Denkmal zu errichten. Mit der Ausführung dieses Denk mal» ist Manuel Sarzt-Gonzale-, einer der besten Bildhauer Spaniens, betraut worden. Die Ehrung richtet sich natürlich weniger an die Adresse der Dulcinea al» an jene de» Cervantes, dem auch Toboso seine Weltberühmtheit verdankt. Dem Denkmalskomitee gehören alle bervorragcn- den Persönlichkeiten der KunstrM^tteratur und der Politik Spanien» au «ockeftster stiftet ftir Zuckerkranke. Rockefeller hat ISO 000 Dollar gestiftet, um den Bedürftigen die Möglichkeit zu geben, sich unentgeltlich gegen Zuckerkrankheit behandeln »u lassen. Der Betrag soll an 18 Krankenhäuser verteilt und zum Ankauf eines neuen Insulin-Mittel« verwandt werden, da» ein Dr. Simon Flerner al« ausgezeichnet zur Behänd- . lung brr Zuckerkrankheit begutachtet hat.