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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.06.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192306210
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230621
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230621
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-06
- Tag 1923-06-21
-
Monat
1923-06
-
Jahr
1923
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ÜGN 21. /uo! ». I M «te S ^«^erberickt Rezept gegen Ropfhangerei. Sticht» ist so sehr geeignet, un» eine Haltung zu geben, wie da» Bewußtsein, da» wir vor einem Publikum stehen, die Augen einer Galerie aus un» gerichtet sind. Der kleinste Kntrp» gibt sich ein Ansehen, wenn er in die gute Stube gebracht wird, um den Gästen zu zeigen, daß er „so" groß ist oder unartikulierte Laute auszustoßen vermag, die ebensogut Papa und Mama wie sonst etwa» heißen können. Al» Bonaparte, der ein Menschen» lenner war, seine Soldaten in der sengenden ägyptischen Wüste umherschleppte, wo sie nicht» zu suchen hatten, und die halb verschmachtete Ge- sellschast den Kops hängen ließ und zu maulen begann, prägte er da» berühmte Wort: Soldaten, vierzig Jahrhunderte betrachten euch von der Höhe dieser Pyramiden! Und schon reckte die Mann schaft sich empor, spottete der zehrenden Glut und stürmte gegen die Mamelucken, daß ihnen Hören und Sehen verging. Warunr sollten nicht auch wir, die wir doch einiger Aufpulverung dringend bedürfen, un» sölche menschliche Eigentümlichkeit zunutze machen? -Wn dazu gehörigen Publikum kann e» un» gewiß nicht fehlen. Mit unserem Weltkrieg, unseren Mvolutronen, Biehpreisen, Bsrschwörangen, über haupt mit dem ganzen Theater, da» wir auf zuführen für gut fanden, sind wir mindesten» so interessant wie die Zeitgenossen der napoleoni schen Kriege, der Reformation oder der Sintflut, und der geringste Wäschezettel, der in tausend oder zehntausend Jahren von un» übrig ist, Wird al» ein Denkmal unsere» bemerkenswerten Zeitalter» Dutzende von Gelehrten beschäftigen. )Denn sich aber Bonapartes Soldaten schon von der Galerie der abgestorbenen Geschlechter der Vergangenheit so entflammen ließen, wie viel mahr erst wir durch unser Publikum von lebeu- digen Generationen der Zukunft! Kern Zweifel: wir brauchen nur an die kom- «anden Jahrhunderte zu denken, die un- erstaunt »Nb bewundernd von der Höhe unserer Dollar- karsc betrachten, und wir werden nicht versehlen, irn» znsammenzunehmen, die Köpfe hoch zu trage« und (natürlich nur bildlich gesprochen) siegreich gegen die Mamelucken zu stürmen. tztzur Was kostet ein Blitzfuuktelegramm? Dom SO. Juni ab ist die Gebühr für Blitzfunktelegrmume wie folgt festgesetzt worden: Grundgebühr 2 Mark Grundwert, Wortgebühr 1 Mark Grundwert. Diese Beträge find mit dem jeweils geltende« Goldfranken- Gegenwert (zurzeit 28 000) mal zu nehme«. Der Schutzmann al« Schmuggler. Bei Ober- sachsenberg (Erzgebirge) wurde ein Schmuggler, der nrn fünf anderen Anzugsstoffe über die Grenze bringen wollte und auf den Anruf der Grenzwache di« Flucht ergriff, durch einen Schuß in das Dein verletzt. Er entpuppte sich bei seiner Festnahme al« der Schutzmann von Schwaderbach. Sin »euer Berliner Sport. In Berlin mehren sich jetzt die nächtlichen böswilligen Alarmierungen der Feuerwehr. So sind in einer Nacht die Lösch- -üge u. a nach der Hochstraße, Boqenstraße, Kloster straßs, Milmersdorfer Straße, Dismarckstraße in »Steglitz und nach der ß-chwartzkopfstroße gerufen worden. Nur in einem Fall gelang es den empör ten Feuerwehrleuten, den Arbeiter Paul Zentrer ah» Täter zu ermitteln und der Polizei zu über geben. Gegen ihn ist ein Strafverfahren eingeleitet vor den. Die Berliner Feuerwehr wird in einer Besprechung, die demnächst stattfinden soll, Maßnah men gegen diese große Kosten verursachende Unsitte beschließen. Ei» Achtzehnjähriger al« Millionendefraudant. Nach Unterschlagung von 24 Millionen Mark ist der 18 Jahre alte Handlungslehrling Bruno Hin-, der btt einer Lebensmittelgroßhandlung in der Pots- tmner Straße in Berlin beschäftigt war, flüchtig ge worden. Hinz verließ das Geschäft, um zur Fort- bildungsschnle zu gehen, obwohl er wußte, daß der Unterricht an diese« Tage ausfiel. Unterdessen er- kielt ein anderer Angestellter de» Geschäft« den Auf- trog, 24 Millionen Mark von einer Filiale ad- zuhole« und «ach de« Hauptgeschäft zu bringe». Hiervon wußte der Lehrling. Hinz lauert« dem ungen Mann auf und sagte ihm, daß der Unterricht n der Schule ausgefallen sei und er da« Geld bringen ollte. Dieser händigte ihm auch ahnungslo, da« Geld au«. Al» man nach dem Lehrling forschte, stellte «» sich heraus, daß er nicht nach seiner elterlichen Wohnung zurückgekehrt war. wo sind die alten Kartoffeln? Aus mehreren Wochenmärkten Berlins gab e« am Dienstag wegen des Fehlens jeglicher alter Kartoffeln erregte Szenen. Es wurden nur ita- lienische neue Kartoffeln für 2800 -4t je Pfund über all reichlich angeboten. Dank dem Eingreifen der Polizei konnten Tumulte und Plünderungen verhin dert werden. Der Leiter der Wucherabteilung beim Berliner Polizeipräsidium hat eine Runddepesche an alle Revier» erlassen, in der die Bereitstellung von Polizeimannschaften zur Perstärkung der Kriminal beamten angeordnet wird, weil Durchsuchun gen stattfinden sollen, um etwa zurückgehalten« Kar- toffelvorät« zu beschlagnahmen. Auch das Landespolizeiamt Preußen hat alle ihm unterstellten Organe in Stadt und Land angewiesen, gleichfalls Nachforschungen anzustellen und zurückgehaltene Kartoffeln zu beschlagnahmen, zumal noch vor wenigen Wochen in landwirtschaftlichen Kreisen eine Konferenz darüber abgehalten worden ist, wie man die ungeheuren Kartoffel mengen au» der letzten Ernte unterbringen solle. Ium Ausbruch des Aetna Rom, 20. Juni. (Gig. Tel.) Telegramme aus Messina berichten, daß die Tätigkeit des Aetna eine neue Steigerung erfahren hat. Mit Angst und Bangen erwartet man das Schicksal de« Städtchens L i u g u a g I o s s a, in dem man wegen der Hiße des nahen Lavastrcnnes kaum mehr atmen kann und auf das ununterbrochen ein feiner Aschenregen heruiederfällt. Die Eisenbahnstation des Ortes soll bereits zerstört sei«. Die Bevölkerung ist auf dem Marktplcch ver sammelt und kniet dort, um den Bischof von Eatania versammelt, den Himmel um Gnade an- flehend. Der König, der gestern in Eatania ein getroffen ist, begab sich sofort an die Unglücksstätte. Im Verlauf eines Tages hat der Lavastrom etwa 15 Kilometer zurückgelegt. In einer Breite von über 200 Meter begräbt er wie eine riesige Feuerwalze alles unter sich. Schon bevor die Lava die Wein- berge und Pflanzungen überschwemmt, sind viele Weinstöcke durch die ausströmende Hitze verkohlt. Die fruchtbare Ebene von Pierra raucht im Brand«, und di» Flure« von Pierra scheinen dem Tode geweiht zu sei«. Die Hauptöffnu«g der Kraterwa«d westlich de» Kraters, der sich bei de« furchtbaren Ausbruch von 1879 gebildet hat, ist aufgeplatzt und dauernd steigen glühende Massen und Asche zum Himmel. In der Nacht leuchtet der Feuerschein weit über ganz Sieilien und über das Meer hin. Die Glut ist weithin spürbar-, in Eatania wurden meh rere Erdbebenstöße wahrgenomme«. Ein Seschwaderoon Flugzeugen ist an die Unylücksstätte abgesandt worden, um neue Er- güsse rechtzeitig zu melden und ihre Richtung zu er- kennen. Die Sonderberichterstatter in Sizilien schildern, wie unser römischer Korrespondent telegraphiert, in anschaulichen, aber oft widersprechenden Darstellun gen die dauernd fortschreitende Größe der Aetnakata- strophe. Zwischen dem Monte Nero und dem Monte Rosso stürzt der Feuerstrom wie ein Wasserfall licht sprühend zuerst einige Meter herab, um dann seine« furchtbaren Flammenwall über die Ebene zu schicken. Don Zeit zu Zeit steht der Strom still und bildet eine dunkle Kruste; aber der glühende Nachschub hebt diese alsbald wieder hoch, reißt sie auf und schiebt das Verderben weiter. Dor Linauagossa hat der Strom vor einem niedrigen Hügel halt gemacht, aber die Flammcnglut schleicht auch hier langsam wie eine Feuerraupe weiter. Ungedrucktes Don AkuIAtsr Kntttvnnu In -totizbücher«, verstreut. s«ve» sich dies« «p-ortSmen und LeMS-e. Mr geben ein« kleine Auswahl der Gedanken wieder, dl« stöh t« rgallher-Rathcnau-Hett des .Tageb'.nb" (Z'nn 1. Todestag am 24. ».) sind«« Sieg setzt Gegner und Krieg voraus. Wer sich nicht wehrt, ist nicht zu besiegen, aber auch nicht zu vergewaltigen. Ls kommt nicht auf Entstehung von Recht und Kodifikation an, sondern auf Entstehung vom Begriff des Rechten und Unrechten im AMerdasein. * Jede Zelt hat zwei kontrastierende menschliche Ideale: Da« Zeitsymbol und sein Gegenteil, Fried rich und Weither, Bismarck und Parsifal, Napoleon und Romantik. * Noch immer ist e« das Ideal der Sozialpolitik, Unsreie frei und Unzufriedene zufrieden zu mächen. Das ist aber sinnlos und unmöglich. Das Ziel muß sein: die Selbstbestimmung der Menschen zu fördern (und somit die Quelle berechtigter Unzufriedenheit zu stillen), ersten, durch Erziehung, -wetten» durch Beseitigung falscher Erblichkeiten. * Di« wirtschaftliche Erziehung der Völker: Wirt- schaftsstaaten. * Zweifellos ist di« Demokratisierung de» Geiste«. All« arbeiten mit; für Könige ist kein Platz mehr. Noch Goethe konnte sich rühmen, baß er die Erbschaft der ganzen Literatur angetreten hatte, und er besaß da» geistig« Monopol von einem Dutzend Wissens zweigen. Heut« ist kein Zollbreit mehr unbearbeitet; di« Mechanik de» Denkens ist halb entschleiert. Den« dennoch die Welt arm bleibt, so geschieht e», weil die wahren Probleme nicht Probleme de« Denken» sind. * Gäbe r« einen Moment, wo wir Gott ganz und dnrchau» lieben könnten, so brache die Welt zu sammen. Gottheit knüpfen und heften: der ist kein Physiker, Philosoph unb Poet. * Da« überzeugende Recht und die hinreißend« Kraft, die Jugend zu unseren Idealen von Glaube«, Vaterland und Staat hinzuführen, ist uns gewonnen, sobald wir Glaube«, Vaterland und Staat zur un- verkümmerten geistigen und seelischen Heimat eines jeden, wes Standes und Bekenntnisse« er sei, ge schaffen haben. (4. 8. 1917.) * Alle Ethik lautet: Halte dein Herz rein und folge deine« reinen Herzen. Schließe die Augen, und du wirst auf einer Schnur wandeln, sofern du nicht von Furcht und Absichtlichkeiten beirrt wirst. » Kein Elend, Blutvergießen und Pestilenz kommt der grausamen Torheit gleich, die darin besteht, daß die Gesellschaft jährlich Tausende von Intelligenzen und Talenten unerkannt und ungenutzt verwelken läßt. Buchhändler-Schlüsselzahl 6S00 Bisher erfolgte die Festsetzung der Schlüssel zahl für den Buchhandel stet» am Wochenende; die rapide Geldentwertung macht eine raschere An passung nötig. Go wurde diesmal, wie wir er- fahren, die Schlüsselzahl bereit» am Mittwoch mit Wirkung ab heute Donnerstag neuerdinss» um 3« Proz. von 5000 auf 8800 erhöht. Die un- mittelbare Ursache dieser neuerlichen Erhöhung ist, außer in der allgemeinen Teuerung, in der Steigerung de» Papierpreise» um 4b Prozent zu suchen. Der nicht glaubt, fühlt und weiß, daß tausend Gtudentenanntousch. Auf Einladung weiter finnischer Kreise befinden sich auch in diesem Jahre viele deutsche Studenten zur Erholung in Finn- land Der Transport nach Finnland ist durch da» Au»land»amt der Deutschen Studentenschaft organisiert worden. — Zurzeit bestnden sich sech deutsch« Studenten kür 6 Wochen al» Gast« eng lischer Studenten in Oxford Sie wurden überall von den Engländern mit dem größten Entgegen kommen ausgenommen. Oxforder Studenten werden den Besuch i« August diese» Jahre» er- wsHern. Rassisches Getreide fkr Neaischla«- Di« Nachricht, daß Rußland wieder Getreide, und zwar über 300000 Tonnen Roggen ausführt, »röhrend «» eben «och amerikanischen Saatroggen für weite landwirtschaftliche Distrikte bezogen Hal, ist zunächst auf mancherlei Zweifel gestoßen. Jetzt gibt die russische Regierung für die Verteilung der Gesamtmengen dieser Transporte von 394 000 Tonnen Rogge« folgende Zahlen: Deutschland hat 231000, Estland 5000, Lettland 1800, Schweden 5500, Finnland 29 000, Holland 57 000, Däne mark 28 000 und Engadin 17 000 erhalten. Dieses Getreide ist heute Rußlands Tausch- arttkel, womit es alle Lieferungen an Roh stoffen (Baumwolle) und Fabrikaten bezahlt, bie es au» Europa und von Ucbersee erhält. Sein Vorrat an Gokd, mit dem es bisher bezahlte, ist so ziemlich zusammengeschrumpft. E» verfügt nur «och über geringe Bestände an Bruchgold. Rußlands wirtschaftliche Zukunft steht und fällt heute also damit, ob es so viel Rohstoffe zu produ zieren und auszuführen vermag, als es braucht, um die für den Wiederaufbau seiner Wirtschaft nötigen Maschinen und Werkzeuge einzutauschen. Woher stammen nun diese 394000 Tonnen Roggen, die doch schon immerhin etwa» bedeuten, wenn man bedenkt, daß Deutscklands Einfuhr im Jahre 1912 im ganzen nur 269 000 Tonnen be trage« hat? Der am 31 .Mai veröffentlichte Bericht der russischen Handelsvertretung in Berlin enthält darüber folgende sehr wichtige Angaben: „Die starke Ausdehnung der Anbaufläche und der gute Stand der Wintersaaten brachten unerwartet große Reserven an Getreide und Futter mitteln zum Vorschein." Das hat in der letzten Zeit eine Getreideausfuhr möglich gemacht, deren Geßrmbctrag an Roggen hier noch auf 282 000 Tonne« angegeben wird, wovon 212000 nach Deutschland gegangen seien, llnb dann heißt es weiter, daß bis zur neuen Ernte aus den alten Be ständen noch weitere Mengen zur Ausfuhr gelan- gen dürften, und der Ausfuhrüberschuß der neuen, allerdings noch auf den Halme« stehenden Ernte wird — vielleicht etwa« weitherzig — auf 2-5 bis 5 Millionen Tonnen geschätzt. Heber die Bedeutung dieser Roggenausfuhr für den russischen Güteraus- tausch enthält der Bericht dann folgende sehr be- Achtenswerten Ausführungen: „Das Wieder erscheinen Rußlands als großer Exporteur von Ge- treide aus dem Weltmarkt wird natürlich auf die Loge -er Getreidemarkte» von großem Einfluß sein. Besondere Wichtigkeit hat dies für Deutschland, da es durch Ausfuhr von deutschen Industrieartikeln die Möglichkeit erhält, seinen Bedarf an Broi- qetreide in Rußland zu decken und nicht auf die hochvokutarischen Getreide - Exportländer ange wiesen zu sein." Damit wird ein ganz neuer Abschnitt in -en Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Ruß- land gekennzeichnet. Rußland will seine Einfuhr an Fabrikaten und Maschinen au» Deutschland zum Teil mit Getreide bezahle«. Deutschland wird also, wenn man die schlechte Währung beider Länder ausscholtet und Ware gegen Ware handelt, nicht mehr genötigt sein, mit seiner Papiermark Ge- treide in hochvolutarischen Ländern zu kaufen, die ihm ihrerseits nicht entsprechende Mengen indu strieller Erzeugnisse abnehmen. Das sind Zeichen einer künftige« Entwicklung, die von den maß- gebenden Faktoren im deutschen Wirtschaftsleben rechtzeitig verstanden fein wollen. Daß der Roggen mit der Ausdehnung der An- bauflächs und dem guten Saatenstand auf den russischen Dörfern wieder zum Vorschein gekommen ist, entspricht übrigen» durchaus der psychologischen Einstellung des russische« Bauern. So hat kürzlich erst der ehemalige Leiter der Baumwollbörse kn Kokand, dem Zentrum des Fergana-Distrikte», dar- auf hingewiesen, daß die erste Vorbedingung zur »»>»" >' ' > »'M >»>!-»,»- M, Wiederaufnahme einer Baumwolltultur m Russisch- Turkestan da« Vorhandensein sichtbarer Getreide- mengen sei. Nur dann würden ftch die turkestaai- schen Bauern entschließen, vom gegenwärtigen Ge treidebau wieder zum Baumwollbau überzugehen. So hat sich der russische Bauer auch erst von seinen stillen Roggenreserven getrennt, als er die Aus sichten der auf dem Halme stehenden Ernte leidlich abschätzcn konnte. Damit hat Rußland beträchtliche Mengen zum Einkauf industrieller Fabrikate frei bekommen. Eine Entwicklung, die die Möglichkeiten des Rapallo-Dertrago« endlich zur Reife bringe« kann, wenn man in Deutschland die Zeichen der Zeit versteht. , , , A. Vle Regenwochen und die Ernte Die Tatsache, da durch die nasse und kalte Witte rung der letzten Wochen die Gemüseernte voll- ständig zurückgeblieben ist, hat vielfach auch schwere Besorgnisse für die Getreideernte hervor gerufen. Diese Besorgnisse sind jedoch nach dem gegenwärtigen Stande der Saaten in Deutschland noch nicht gerechtfertigt. Roggen und Weizen dürften, besonders auf höher gelegenen Feldern, einen recht guten Ertrag geben, wenn die Witterung bald besser wird. Bisher ist die Entwicklung der Halme und der Früchte gut. Allerdings wird verschiedent- lich darüber geklagt, daß das Sommergetreide zu kleine Aehren angesetzt Hot. Die Sommergerste ist von der Nässe b^onders mitgenommen worden, sie dürfte selbst bei einem günstigen Temperatur umschwung kaum eine befriedigende Ernte geben. Die Kartoffeln haben unter Kälte und Regen besonders stark gelitten oder sind in ihrer Ent- Wicklung zurückgeblieben. Verschiedentlich wird über Fänlniserscheinungen geklagt. Trotzdem kann auch hier noch nicht von einer Mißernte die Rede sein. Die sehr ungünstige Lage der Gemüse war schon oben erwähnt. Auch für die Heuernte ist die nasse Witterung natürlich nicht von Vorteil; nach ver schiedenen Meldungen ist in tief gelegenen Gegenden die erste Heuernte geradezu eine Mißernte gewesen. Bei der kommenden Obsternte wird man die jetzigen nassen, sonnenlosen Regenwochen besonders zu spiirep bekommen. Die FFrüchte bleiben klein oder entwickeln sich überhaupt nicht. Dazu kommt, daß in einigen Gegenden die Rinde der Obstbäume von einer Krankheir befallen ist, die ein vorzeitiges Abfallen der Früchte hervorrnft. Bei anderen Obst sorten. namentlich bei den Aepfeln, hat das stän dige Regenwetter während der Befruchtungsperiode den Biencnflug gestört, die Klebefliissigkeit der Dlütenstempel abgewaschen und so im Höchstfälle eine verminderte Befruchtung gestattet, die ebenfalls nur knollcnartige Fruchtansätze hervorbringt (die für die Ernte nickt in Betracht kommen). Erdbeere^ und Stachelbeeren haben sehr gut «»gesetzt brauchen aber notwendig Sonne. Trockenes Wetter und mehr Wärme ist also fsiy alle Feld- und Gartenfrüchte dringend notwendig. Erfüllt sich dieser Wunsch bald und geht vor allont die Erwärmung allmählich vor sich, dann ist bi» jetzt noch nicht viel verloren und die Ernte in den haupt sächlichen Früchten dürfte durchaus befriedigen. Eine recht schnelle Besserung des Wetters ist dazu ober unbedingt erforderlich, denn noch eine oder gar mehrere Wochen der bisherigen nassen Witterung lassen Schlimmes befürchten. Schncllzugverkehr Berlin—Leipzig—München. Don Mittwoch, den 20. Juni ab wird der Schnellzug l) 24 Berlin (ab 7,10)—L eip - ig (an 9,58)— München (an 7,89) und von Donnerstag, den 21. Juni ab der Schnellzug l>25 München (ab 11M) —Leipzig (ab 8^5)—Berlin (an 11,17) wieder ein- gelegt. Letzterer kifft erstmals am 22. Ivni stt Leipzig und Berlin ein. Anekdoten Racherzählt von vnino I'rnnk (München) Der große Kant führte ein liebeleeres, einsames Iunggesellendasein, gern hatte er eigentlich nur seinen Diener Lampe; an dessen Erfahrnng war er gewöhnt und an dessen Treue glaubte er. Aber nach vielen Jahren stellte sich heraus, daß dieser Lampe stahl; er wurde entlassen. Run gab es in Kants methodisch abgeteiltem Leben eine gewisse Stunde täglich am frühen Abend, da rückte er seinen Sessel ans offene Fenster, spannte ab und erlaubte sich, etwas anderes zu sein als ein zermalmender logischer Hammer. Und täglich kehrten nun unweigerlich sein« Gedanken zu Lampe zurück, zu seiner Sorgfalt und Pflege. Er sehnte sich nach diesem Dieb und schämte sich doch, Moralist, der er war, seiner Sehnsucht auf das bitterste. Deshalb schrieb er auf ein Stück weißem Karton diese Worte: „Lampe muß vergessen werden!" und stellte diesen Karton allabendlich vor sich hin auf di« Fensterbank. Man fand ihn noch in seinem Nacklasse. * .Ei« Soldat aus Friedrich, Armee hatte von einem wundertätigen Muttergottesbild einen Edel- stein gestohlen. Seine Tat wurde entdeckt. Er be hauptete freilich, die Muttergottes habe ein Wunder getan, sie habe ihm, in Ansehung seiner bitteren Armut, den Edelstein geschenkt. Aber das Kriegs gericht glaubte ihm nicht, es verurteilte ihn zum Tode, imd der König sollte da« Urteil bestätigen. Dem lag an einem Soldaten mehr al» an einem Heiligenbild, und er richtete an den nächsten Bischof di« Frag«, ob denn nach den Lehren der katholischen Kirche ein solche» Wunder möglich sei. Der Bischof mußte ant worten, möglich lei e». Friedrich kassierte da» Urteil und schrieb an den Rand: „Der Soldat wird frei gesprochen, weil nach den Lehre« seiner Atrche die Muttergottes so etwa» wirklich tun kann. Ich ver biete ihm aber bei Todesstrafe, je wieder Geschenke von dieser Dame anzunehmen." Mit einem Freunde stand Schiller am Fenster und betrachtete einen Kometen, dessen Erscheiuuna gerade damals die Gemüter beschäftige. „Welch großer erhabener Gedanke", sagte Schuler bewegt. „Woran denkst du?" fragte der andere, „wohl daran, daß dieser Stern so au» unerforschte» Dunkel her ¬ vortaucht, um in «in gleiches wieder ein-ugehen?" „Nein, Bester," antwortete Schiller, sondern daray, daß, zu dieser Stunde, das Publikum von gaizz Europa gleichzeitig seine Airgen auf diesen Siern gerichtet hält." * Tallenrand lieh einer Unzahl von Regierun- gen seine glänzenden Dienste, dem König so gut wie dem Konvent, dem Kaiser so gut wie der Resta» ration. Für jede tat er sein Äeußerstes, aber wenn sie abgewirtschaftet hatte, verließ er sie und wandte sich dem neuen Lichte zu. Als er nun, schon ein sehr alter Mann, dem Burgerkönig Louis Philippe die Treue schwören sollte und vor dem Erzbischof von Paris stand, da wandte er sich zum König, drohte lächelnd mit der schon -um Schwur erhobenen Hand und sagte: „Sir, 's ist der dreizehnte!" Liner jungen hübschen Dame fiel der Fächer zu Boden. Der alte weißhaarige Fontanelle, der daneben stand, bückte sich mühsam mit steifen Knien und hob ihn auf. Sie nahm den Fächer und dankte kaum. „Aber, gnädige Frau," sagte Fontanelle, .sehen Sie mich doch an! Bei Gott, Sie verschwen den Ihre Kälte." Ei» Jahrhundert Geschichte i» KarUatuve». Äe» bekannte englische Karikaturist Max Beerbohm veröffentlicht im Manchester Guardian unter dem Titel „Geschichten von drei Völkern" neun künstlerisch ausgeführte Zeichnungen, in denen er v« Verhältnis von England Frankreich und Deutschland im Laufe de» letzten Jahrhundert» darstellt. Da» erst« Blatt zeigt das eroberung-gierige Napoleonische Frankreich mit der räuberischen Adlerphysiognomi«, wahrend der Engländer im Hintergrund sitzt und der Deutsche demütig den Hut zieht. Dann kommt die Besiegung diese» Frankreichs durch England und Deutschland, die neue, mehr lächerliche Raubgier unter Ro- poleon III., bi» 1870 dt- Gestalt de» Deutschen riesengroß emporwächst. Zu Anfang de» 20. Jahr hundert« hat dann Deutschland die Züge de» raub gierigen Adler» angenommen, aber zu» Schluß sehen wir 1923 wieder in grotesker Derrerrung Frankreich die Rolle des gierigen Raubvogel» spie len, der do» arme verelendete Deutschland in seinen Klauen hält, während der Engländer mit gefaltete« -änden nachdenklich im Hintergrund sitzt.
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