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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.06.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-06-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192306205
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230620
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230620
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-06
- Tag 1923-06-20
-
Monat
1923-06
-
Jahr
1923
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Sei,« ? ». 144 Sankoffs Sieg .cöcrrascheud jchnell scheint die Revolution in .garieu, wenn man den Ausstand der Intellek- .Ilcn gegen Stambolijski» Bausrnrcgi.ue so nennen irf, ihren oorliiusigen Abschluß gefunden zu Koben, icch vor wcnigcn Lagen hatte es den Anschein, als ob der persönliche Appell des geflüchteten Minister» Präsidenten an die Bauernschaft eine Gegenaktion Hervorrufen und Bulgarien in einen Bürgerkrieg -siezen würde. Es ist anders gekommen. Der chlag kam zu plöyiich, war von den Putschisten itlich äußerst günstig gewählt und überraschte die struecnschnst mitten in den Erntsarbelten. Unter en Getreuen Ltan.l-olijskis waren nicht viele bereit, nt der Ernte nU ihr Hab und Gut im Stich zu rsscn, um in einem ungewissen Kampfe gegen wohl» isgerüsict's Militär die verlorene Herrschaft -icder an sich zu reißen. Stan.bolisski, der eben noch Umsichtige „Bane-.nkön'.g", sah sich inmitten eine, leinen Schar bald von den Häschern um- :ellt und als eins der wenigen Opfer des sonst unblutigen Umsturzes fiel auch er, als ihm schon wieder die goldene Freiheit zu winken schien. Mit st inen: Lode leistete Stambolijski dem gesamten bulgauischcn Bolle vielleicht den grössten Dienst; denn, in Feeheit oder in Gefangenschaft, er wäre trotzd.m stets die Ursache eines Bürgerkrieges ge- mcscn. Vielleicht, das; Stamüolijsti in dem kleinen Dorfe Vetren, wo er nun von den Strapazen der Flucht lär immer nusruyt, einstmals noch noch als Nationr.lhclb und Netter des Vaterlandes gefeiert wird . . Lebend r.oll-en die neuen Machthaber in Sofia den von ihnen gebähten Tyrannen in die Hände be- lommeu. Vermutlich nicht aus bloßcm Nachegefühl, nm an ihm Gleiches mit Gleichem zu vergelten, aber auch nicht ans edler Menschenfreundlichkeit — ein Tyrann hat auf so etwas keinen Anspruch. Aber die ihn lebend dem Gericht überliefern wollten, waren eben nicht jene bäuerischen Diktcrturnatnren wie Stambolijski selbst, waren vielmehr die klugen Diplomaten, di? s-hr nohl muhten, daß ihnen das Blut dec Eulentcgüvstlings mehr schaden als nühen würde. Und nun ist cs doch geflösst n. Unfreiwillig, so heisst es, durch eine Kette unglücklicher Umstände. In Losin weinten ihm nur wenige eine Träne nach, und Stambolijski selbst ist viel erspart geblieben. Iaiilosj aber und die neuen Machthaber sehen den Gegner verschwunden, nichts nnhr ist übrig geblie ben von dem einst so stattlichen Varleiherr ' der „Drnngega bist' n". und lorbeckgeschmückt kehrten die „siegreichen Truppen" des Generals Lasarow nach der Hauptstadt zurück. Auch in anderer Bez ehung ist das Glück der neuen Negierung hold geblieben. Auf die Kunde von dem Sturz S.ambolijstiv »in hatten sich am anßenprüitlscheu Himmel Bulgariens drohende WNcerwollc:: zusaminenzevallr Namentlich im bc- n.chbarlcn Jugoslawien kennte man sich mit dem spontanen Kabinctiwechsel in Sofia wenig be freunden. Noch nie hatte zwischen Belgrad und Sofia seit der Schlacht an der Bregelnitza ein so gutes E.nvcrnehr.l n besiandcn, wie während der H'.rrsth.är Slamooliisiis. Nun stch die jugojlaw.schc Negierung plötzlich di? Felle sortschwstnu.cn. Sic sic sich ch.rch das Abkommen von Nisch, den, der ge stärkte bulgarische Ministerpräsident zugcstimmt Hache, ,gesichert zu haben schien. Wenigstens traute die Belgrader Negierung den weniger erfüllungs- bertiiei- Putschisten in Sofia nicht, und dies um so weniger, als aus dem Auslände von allen Seiten die früheren Offiziere und Anhänger der alten Krirqs- tadinst^c nach Sofia eilten, um sich der neuen Ne gierung zur Verfügung zu stellen. Die Jugoslawen sohcn darin eine „Mobilmachung", die mit dem Friedens vertrage von Ncuillp nicht vereinbar sei. Der frühere Innenminister Stambo- chjjkis, und einer seiner treuesten Anhänger, der jetzige buigaiische Gesandte in Prag Dastalow tat ein übriges, um den Interessenten die Bedrohung der Entcntcintcresscn durch die nationale Bewegung in Sofia vor Augen zu führen, und so war cs denn bald eine beschlossene Sache, daß die Kleine Entente eine Demarche vorbereitete. Der Telegraph spielte zwischen Belgrad, Prag und Warschau, und schon sprach man davon, daß im Falle der Ablehnung des beabsichtigten Protestes die jugoslawischen Truppen Westbulgarien besehen würden, um Stambolijski wieder in seine Rechte cinzusetzen. Auffallend lang ließ der Schritt der Kleinen Enteiste, dcr bereits ganz offiziell angckündigt war, auf sich warten. Nunmehr hat der jugoslavische Außenministcr Dr. Nintschitsch den Pamei- jühoern die Mitteilung machen müssen, daß die In tervention der Kleinen Entente nicht zur Tatsache werde, nachdem das Ministerium Zankoff sich bereit erklärt Habs, den Vertrag von Neuilly zu erfüllen. Aber der wahre Grund des Rückzuges der Kleinen Entente ist wohl der, den Nintschitsch gleichfalls anfiihrte, nämlich daß die Kleine Entente mit ihrem Vorhaben bei ihren befreundeten Nach barn keine Gegenliebe gesunden zu haben scheint. Namentlich soll Rumänien, das zu Belgrad die eng sten dynastischen Beziehungen unterhält, einen ent scheidenden Einfluß ausgcübt haben, wie auch Grie chenland keinerlei Unterstützung zusagcn wollte. Gegenüber Italien aber erhob Nintschitsch sogar den schwerwiegenden Vorwurf, daß es den Sturz Stam- bolijsiis finanziert habe, um Jugoslawien in neue Schwierigkeiten zu verwickeln, und daß es auch einen zweiten Putsch in Albanien vorbereiten half, der aus unbekannten Gründen unterblieb. Die letzte Möglichkeit einer Intervention wurde der Kleinen Entente aber durch dos Telegramm genommen, das Poincarä an dos neue Kabinett in Sofia sandte und in dem er dieses anerkennt, solange cs den DcNrag von Ncuilly erfülle. Dir äußere Politik des Kabinett Zankoff ist mit der Anerkennung des Friedensvertrage» festgelegt. Eine Fülle neuer Aufgaben harren aber der Regie rung im Innern des Landes. Der Charakter des Kabinetts al» Kouliiionsregicrung, die mit Aus nahme der Kommunisten und Bauern alle Parteien umfaßt, macht cs schwer, allen Wünschen gerecht zu werden Insbesondere wird die neue Negierung wohl diejenigen Gesetze abändern müsscn, die Stambolijski mit einseiriger Klassenpolitik zugunsten der Bauernpartei erließ, wie die Abänderung der Wahlgesetze (die künstlich jene gewaltige Mehrheit für Stambolijski st: der Sobranse geschaffen hatte) oder des Arbcitszwangsgcsctzes, das nur die Ge bildeten, Handwerker und Gewerbetreibenden be traf. Recht heikel ist auch die Stellungnahme gegen über den noch im Gefängnis sitzenden früheren Ministern, von denen es erst hieß, daß sie sofort in Freiheit gesetzt werden würden. Die Sympathien des Volkes sind jedoch nicht durchaus auf der Srite dieser Minister, von denen sich verschiedene gemeiner Vergehen schuldig gemacht haben. So ist denn das kLipLiAer «ul Lnäelsreituirg neue Kabinett, wie in einer Sofioter Zeitung fest gestellt wird, nicht abgeneigt, die Prozesse wieder- aufzunchmen, um prüfen zu lassen, welch« unter den gefangenen Ministern in Freiheit zu setzen oder wegen gemeiner Vergehen, weiter in Gefangenschaft zu halten sind. Alles in allem: nachdem die neue Negierung die ersten Gefahren überwunden und sich den Weg zur Arbeit geebnet hat, liegt es an ihr selbst, zu zeigen, daß sic nicht nur einen mächtigen Gegner stürzen, sondern auch selbst realeren kann. Diele Möglich- keiten bieten sich ihr dar, weiten Kreisen des bul garischen Volkes das Heil zu bringen, das sie sich von den neuen Männern erhoffen. K k. X. Vie neuen Staatsarbeiterlöhne Berltu, 19. Juni. (Eig. Tel.) Die gestrigen Verhandlungen im Reichsfinanzministerium mit den Spitzenverbändrn der Staat»arbeiter haben in den späten Nachtstunden zu einer Einigung geführt. Danach soll der Stunden lohn ohne Ortszulage in Ortsklasse A für Handwerker 4560 Mark gegen bisher 2250 Mark, für ungelernte Arbeiter 4272 (2109) Mark ab 15. Juni betragen. Die neuen Be träge für die lausende Woche gelangen am Freitag zur Auszahlung. Der Höchstsatz für die Ortszulage beträgt künftighin 58 gegen bisher 70 Prozent des Lohnes. Heute nachmittag beginnen die Verhandlungen über die Bezüge der Reichsbeamten und An gestellten. Vie Ursachen -es MarksturzeS^ Der Rcichstagsausschuß zur Untersuchung der Ursachen des Marksturzes vernahm am Montag den preußischen Borsenkommiffar Geh. Rat Dr. Lip pert. Dieser erklärte, entscheidend für die Möglich keit der Rcichsbank, den Dollarkurs auf einem Niveau von etwa 20 000 zu halten, sei die außer ordentliche Geldknappheit gewesen, die im Februar wegen der Kreditrcstriktionen der Reichsbank ein setzte. Außerdem seien der deutschen Wirtschaft größere Auslandsguthaben entzöge» worden, weil das Ausland selbst Geld benötigte. Auch im März und April habe die Reichsbank Devisen aus dem Berliner Börsenmarkt ziehen können. Es sei daher nicht verwunderlich, daß doch einmal eine besonders starke Nachfrage nach Devisen einsetzte. Geh. Rat Gleimius von der Devisen- beschosfungsstelle teilte mit, daß die Rcichsbank in dcr Zeit vom 1. März bis 9. Juni insgesamt 80 Millionen Dollar in verschiedenen frem den Devisen an die 15 Großbanken abgegeben habe, wovon nach den Angaben der Großbanken 10 Prozent be- Handel und Industrie, 9 Prozent bri den Berliner Banken, 22 Prozent bei eigenen Filialen und Banken im besetzten Gebiet und 11 Prozent im Ausland geblieben seien. ' Abg. Dr. Dernburg ^rechnete aus der Abgabe von 80 Millionen Dollar in einem Vierteljahr, daß die Rcichsbank ein? Milliarde Goldmark im ganzen Jahre abgebrn mußte, wenn sich die Abgaben gleich mäßig aui das Jahr verteilten. Das Landesfteuergesetz im Reichstage Der Reichstag überwies am Monrag den Gesetz entwurf über die wertbeständigen Hypo theken und die Novelle zum Hypothekenbankgcsetz dem Ncchtsausschuß. Hierauf wurde das Gesetz über das Zusatzabkommen zwischen dem Deutschen Reich und dcr Schweiz betreffend schweizerische G o l d h y p o t h e k e n a n D e ut s ch l a n d mit einer Entschließung des Ausschusses in 2. und 3. Beratung angenommen. Line längerr Aussprache entspann sich wegen der Novelle zum Landessteuergesctz. Der Aus schuß hat in der Regierungsvorlage den Artikel 5 ge strichen, wonach dir Umsatzsteuer zugunsten der Ge meinden um )4 Proz. auf 2ick Proz. erhöht werden sollte. Nach der Ausschußvorlage sollen die Gemeinden 15 Pro-, des Aufkommens der Umsatzsteuer erhalten. Ferner Hai der Ausschuß die Schankverkehrssteuer und die Viehhaltungssteuer gestrichen und die Höchst grenze der Getränkesteuer von 30 auf 15 Proz. herab- gesetzt. Reichest nanzminister Dr. Hermes begründete die Regierungsvorlage und nannte dabei die Streichung der vorgesehenen Erhöhung der Umsatzsteuer eine finanzielle Belastung de» Reichs von kaum,absehbarer Tragweite. Die Finanzlage der Länder und Gemein den sei nicht so trübe, wie sie vielfach angesehen werde. Abg. Koch-Wesel <Dem.) vermißte in dem Entwurf die angctiindigte große Reform und den so dringend notwendigen Abbau des zentralistischen Systems, mit dem von Berlin aus die Verhältnisse auch der letzten Gemeinde geregelt werden sollen. Nachdem noch die Abgy. Oberfohren (Dnotl.), Schul- <D. Vpt.) und Deims (Soz.) Bedenken und Vorschläge zu der Vorlage geäußert hatten, wurde iu vorgerückter Stunde die Beratung des Landcs- stcucrgcsetzes abgebrochen. In zweistündiger Debatte wurde darauf die dritte Beratun- des Gesetzes gegen die Geschlechtskrankheiten .er ledigt und das Gesetz in der Fassung der 2. Lesung angenommen. Alsdann vertagte sich das Haus-auf Dienstag. wirtschaftlicher Wiederaufbau Nutzlandr In Berlin wurde am Montag im Reichstags gebäude die Weltkonferenz für Wirt- schaftshtlseundWiederaufbauinSow- jetrußland in Anwesenheit von etwa 200 Dele- gicrten des In- und Auslandes eröffnet. Der rus sischen Botschafter Krestinski und General sekretär Müncheberg von der internationalen Ar beiterhilfe hielten die Eröffnungsansprachen. In drn Vorsitz wurden gewählt: der Präsident der anhalti- schen Kammer Pcus, der Botschafter Krestinski- der ukrainische Gesandte Außem, al» Vertreterin der Ientralkvmmission zur Bekämpfung der Folgen des Hunger», Frau Kamenewa, al» Vertreter der französischen Gewerkschaften Drssang, als Ver treterin der Ouäkerorganksation Mr«. Surey. E» wurde eiustimmig ein« Entschließung angenommen, die die Notwendigkeit der Unterstützung aller Bestre bungen zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Sowjet- Rußland« anerkennt und namentlich die Fortfüh rung der bereits von den Hansaorganisationen, der internationalen Arbeiterhilfe usw. geleisteten Wirt schaftshilfe fordert. Zur Aufrechterhaltung der Ver bindung zwischen den teilnehmende« Organisationen wurde eine Kommission eingesetzt. Sächsischer Landtag Der Antrag Aufhebung des Süddeutschen Senat» bei» Gtaatsgerlchtshos angenommen. Dresden, 19. Juni. (E i g. Tel.) In der heutigen Sitzung des Landtages findet zunächst die Abstim- mung über die in der letzten Sitzung beratenen An- träge statt. Da» von den Kommunisten verlangte Verbot der Einsetzung der technischenNothilfe in Sachsen wird allerdings abgelehnt, dafür aber der Antrag auf Aufhebung des süddeut schen Se nat e s beim Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik im wesentlicher Abstimmung mit 45 Stimmen der Sozialisten und Kommunisten gegen '35 Stimmen der drei bürgerlichen Parteien angenommen. Auch das Stempelsteuergesetz wird entsprechend der Geldentwertung zum vierten Male abgeändcrt und verabschiedet. Es werden nachdem Einstellungen genehmigt, die Kapitel betreffend Abgaben: Höhere Staatslehran- stalt für Gartenbau-Pillnitz, Versuchs-Gärtnerei Pill- nitz, Perwaltungsrat der Kinderheilanstalt Dresden und Gewährung einer Beihilfe im Betrage von 12 Millionen Mark zur Unterhaltung der Anstalt. Die Kapitel amtliche Krieaerfürsorge und Gesundheits- pmt, Untersuchungsanstalt für öffentliche Gesund heitspflege, die Kapitel Akademie für Künste und Buchgewerbe für Leipzig, Akademie für Kunstgewerbemuseum Dresden, sowie Kunstschule für Textilindustrie zu Plauen, Maschinenbauschule, Fär bereischule und Gcwerbelehrerbildungsanstalt Lhem- nitz. Etaatsbauschule zu Dresden, Leipzig, Plauen und Zittau. Kapitel über Reichsversicherung, Reichsversorgung und Unfallstirsorge für Gefangene, Kapitel Botanischer Garten Dresden, Gymnasium, Realgymnasien, Oberrealschulen, Realschulen. Bei der hier einsetzenden Besprechung nimmt Abg. Rammelsberg (Dntl.) die Lehrerschaft gegen die Angriffe von linksradikaler Seite in Schutz. Mit der Schulügcldmindcrung seien seine Partei freunde einverstanden. Die Umlegung einer Schul steuer lehnten sie ab. Abg. Schneller (Kom.) be- klagt sich über nationalistisch-eingestellte Lehrpläne der höh. Schulen. Ministerialdirektor Dr. Michel und Geheimrat Dr. Mencke-Glückert weisen die gegen die höheren Schulen und deren Lehrerschaft erhobenen Vorwürfe zurück und verteidigen den Ee- schcchtsplan des Sächsischen Philologenvereins. Uebec den kommunistischen Antrag auf Lern mittelfreiheit beschließt das Haus die Re gierung zu ersuchen, genügend Mitiel bereit zu stellen, um den Kindern minderbemittelter Familien an Volts-, Fortbildungs- und höheren Schulen die Lern- mittel unentgeltlich abgebcn zu können. Es werden weiter die Einstellungen bewilligt bei den Kapiteln Ruhegelder, Landespfcrdezucht. Auf- lösung dcr ehemaligen Hofhaltungen und deren Leistungen, Verzinsung und Tilgung der Staats schulden, auf den Staatskaffen ruhende Iahresrente, Stenographisches Lanüesamt, allgemeine Rcgierungo- und Derwaltungsangelegsnhcitcn, Volksheilstätten und Staatsanstalten für Krankengymnastik, weiter die Kapitel znm Zwecke der staatlichen und anderen gewerblichen und Handelsschulen, Wegebau und Wegcuntcrhaltungsunterstützungen. Aufwendungen für rvasserpelizciliche Zwecke, Kapitel coangei. sch- lutherisckes Landeskonsistorium und katholische geist lichen Behörden, Verwaltung der Staatsschulden u. a., Albrechtsburg Meißen, allgemeine und unvor hergesehene Ausgaben im Geschäftsbereich des Finanzministeriums, endlich Personen- und Be soldungspläne dcr Landesbrandversicherungsanstalt auf das Jahr 1923. Nächste Sitzung: Donnerstag. 21. Juni, nachmittags 1 Uhr. Rus den Prüfungsausschüssen Dresden, 19. Juni. (Eig. Tel.) Vom Prüsungs- ausschuß des Landtages ist beschlossen worden, die Eingabe des Krcisverbandcs Leipzig des allgemeinen sächsischen Siedlcrvcrbandes zu Dresden gegen die Mißachtung des Siedlergedallkens im Kreise Leipzig auf Grund der vorliegenden Handaktcn und der Erklärung der Regierung auf sich beruhen zu lassen. — Dcr Rechtsausschuß des Land- tages hat beschlossen, das Gesuch des Sächsischen und des Leipziger Bcrussschulvereins um Acnderung des Schulbe-arfsgesrtzes in der Richtung, daß die An rechnung des wablsreien Unterrichts in die Pfl'cht- stundcnzahl der Lebrkräfte eingercicht wird, der Re gierung zur Berücksichtigung zu empfehl"- Oer Reichspräsident in Weimar Weimar, 19. Juni. Der Reichspräsident ist, von Ministerialdirektor Dr. Meißner und dem thü ringischen Vertreter bei der Reichsregierung Minister Dr'. Münsche begleitet, heute vormittag zum Besuch der thüringischen Landesregierung und zur Eröffnung der Iugendfestspiele des Schillerbundes hier eingetroffen. Am Bahnhof wurde der Reichs- Präsident vom Staatsminister Frölich und dem Vorsitzenden des Schillcrbundes Prof. Dr. Scheide mantel empfangen. Um 12 Uhr mittags fand '.m Gebäude des thüringischen Finanzministeriums eine Besprechung des Reichspräsidenten mit Mitgliedern der thüringischen Negierung und dem Landtags präsidenten statt. Demokratischer Parteitag in Erfurt Erfurt, 18. Juni. (Eig. Tel.) Dcr Parteitag der Deutschen Demokratischen Partei für den XIII. Reichstagswahlkreis (Thüringen) fand gestern in Erfurt statt und war gut besucht. Der Geschäfts bericht verzeichnet eine Zunahme der Mitglieder. Dem geschäftsführende:: Vorstand gehören an: Stadt baurat Bogl als Vorsitzender, Telephoninspektor Fricke als Geschäftsführer und Bankdirektor Stier als Kasscnführer. Auf der Versammlung spräche» Prof. Dr. Gerland-Iena über die äußere, Reichstagsabg. Fräulein Dr. Gertrud Bäumer über die innere Politik, der Parteivor sitzende Erkelenz über die Ruhrfrage. Der Land- tagoabg. Prdf. Dr. Hermann Andere-Krüger hielt die Schlußrede. Nach einer Meldung aus Madrid i^ dort da» Gerücht im Umlauf, daß der bekannte Führer der Riffpiraten, Abdel Krir, ermordet worden sei. Abdel Krir war einer der bekanntesten Führer der Aufständischen in Spanisch-Marokko. * Di« polnische Regierung hat an das Deutsche Reich eine Note gerichtet, in der sie sich gegen den kürzlich in einer Landtagsrcde des LUttvock, «L«r 20. juul preußischen Ministerpräsidenten gegen Polen er- hobenen Vorwurf der Intoleranz wendet. Die polnische Regierung glaube, daß diese Erklärung von einer feindlichen Gesinnung und einer offen- baren Aggressivität Deutschlands zeuge. Oer Kamps um den welfenfonds Die sehr komplizierte Streitigkeit zwischen dem preußischen Staat und dem Herzogyaus Braun- schwcig-Lüneburg, die über die Verwendung der Zinsen des Welsenfonds entstanden ist, war heute Gegenstand der Entscheidung vor dem VII. Zivilsengt des Reichsgerichts. Der preußische Staat war ver treten durch den Iustizrat Dr. Seuffert, das Haris Braunschweig-Lüneburg durch den Iustizrat Dr. Wildhagen. — Nach längeren Darlegungen des Berichterstatters des Senats über die Materie des Streitfalles legte Iustizrat Dr. Seuffert den Standpunkt Preußens dar. Danach ist die preußische Regierung der Ansicht, daß der Rechtsweg in dieser Klage des braunschweig-lüneburgischen Herzoqharycs überhaupt unzulässig sei. Durch die vollständige Annexion des Staates Hannover im Jahre 1866 sei aller Besitz dieses Staates in die Hand Prcvßcns gekommen. Der Staat Hannover habe damals auf gehört, eine völkerrechtliche Rechtsversonlichkeit zu sein, die Souveränität des Königs Georg V. von Hannover sei an Preußen übergeqangen. Kraft dcs Rechts der Eroberung seien alle Krongüter in Haud und Eigentum des preußischen Staates gekomm-n. Der Betrag von 1867 zwischen der prcußsien Regierung und dem König Georg V. über die Rege lung der vermöglichen Verhältnisse des Welfenhm ses sei in diesem Falle kein Privatvertrag zwisckun Gleichberechtigten, sondern ein Staatsvertrag des Er oberers mit dem Besiegten gewesen, wie das ia auch aus dem Vertrag, der sowohl die Unterschrift des Königs von Preußen, als auch die des Exkönigs Georg und die Gegenzeichnung durch den damaligen preußischen Außenminister Bismarck trage, klar hervorgehe. Bismc.rck habe selbst am 13. Februar 1869 im Herrenhaus an läßlich eines Antrages auf Aufhebung der Beschlag nahme dcs königlich hannoverscbcn Vermögens ge sagt, daß der Vertrag von 1867 seiner ganzen Form nach ein Staatsvcrtrag gewesen sei. Preußen wollte mit den: Könige einen Friedensvertrag schließen, der aber von der Gegenpartei gebrochen worden sei. Preußen wollte König Georg sein Vermögen aus- bezahlen, wenn er für sich und seine Agnaten förm lich auf alle Thronrechte in Hannover verzichten wolle. Diesen Verzicht hat der Exkönig aber nicmeis ausgesprochen, so daß auf diese Weiss dis Beschlag nahme der Güter und Vermögen beibehaltsn werden mußte und alle Verträge, dis trotz dieser Beschlag nahme zwischen dem preußischen Staat und de» Herzögen von Cumberland geschlossen wurde::, nur Derwaltungsmaßnahmen waren. Dis jetztzu- llüegc - des Herzoghausss Draunschrveig-Liincburg steile cüsti einen schweren Eingriff in die Verwaltuugsbefiianisse dco preußischen Staates dar. Auch der Vertreter des braunschweig-'nuebur- gischen Herzoghauses Iustizrat Dr. Wildhagen kam nicht um die Erörterung der hochpolitischen Md staatsrechtlichen Seite des Prozcßgegcnstandss spn um. Aber er steht aut dem Standpunkt, daß Bertxag von I8p7 zwsschey dem Könsg Georg dem preußischen Staat sich nicht loDch ans t> r Staaksumwälznng folgere, sondern daß cs ein privatrcchtltcher Vertrag, sozusagen mit einer Even- tualklauscl gewesen sei. für Len Fall, daß die stcnnc- rcchtliche Seite des Falles, nämlich die Veraicht- leistung des Königs Georg V. für sich und sine Agnaten auf den hannöveischsn Thron, durch eine besondere Erklärung ausgesprochen werde. Auch sei in dem Vertrag von 1892, auf den der Schwerpunkt gelegt werden müsse, ausdrücklich gesagt, daß die Aufwendungen für die Erhaltung des Schlosses Herrenhausen nicht mehr betragen dürften als dis Durchschnittssummen aus den Aufwendungen in den letzten zehn Jahren. Bismarck habe im Jahre 1867 und den nachfolgenden Jahren stets das Bestrebe» gehabt, den Vertrag von 1867 zu einem Staats vertrag zu stempeln. Es fei durchaus nicht auf geklärt, wie der Vertrag von 1867 zu der Unter schrift Bismarcks gekommen sei. Dr. Wildhagcn bat die Entscheidung auszusetz n, damit er Material über dis noch immer bestehenden Zweifel herbringen könne. Der Senat zog sich dann zur Beratung zurück, konnte aber über den Urteils spruch nicht schlüssig werden und beraumte den Derkündioungstcrmin auf den 6. Juni an. „Neues Eisenbahnmater!crl gcsuchL" Köln, 19. Juni. (Eig. Tel.) Der Kölner Be richterstatter der Times gibt die Ansicht wieder, daß die Franzosen in letzter Zeit darum so sehr auf de» Raub von Eisrnbahnmaterial und für die Besetzung neuer Linien au» sind, weil die Regie dqs von ihr verwaltete Material so heruntergcwirtschaftet hat, daß sie sich dringend nach neuem ümschen muß. Die Seitengleise der Regiestrecke seien überfüllt nut reparaturbedürftigen Wagen und Lokomotiven. Gleichzeitig hört der Berichterstatter von zuverläs siger französischer Quelle, daß die Rcgie den Fran zosen ungeheure Geldsummen koste. Dasselbe gelte vom Zolldienst, dessen Einkünfte nicht einmal hin reichten, um die Gebälter der Angestellten im Emser Ausfuhrcmt zu bezahlen. -2 Die Franzosen lassen jetzt zwischen Dortmund und Essen zwei Pcrsonenzugpaare verkehren. Von deutschen Reisenden werden diese Züge nicht benutzt. In Gerolstein sind nun sämtliche deutschen Eisenbahner vertrieben. Am Freitag und Sonnabend wurden 180 Eisenbahner unter einem starken Aufgebot von einfarbigen Truppen in rücksichtsloser Weiss aus ihren Wohnungen ge- holt und mit französischen Zügen abtransportiert. Die Dortmunder Geiseln noch in Haft Dortmund, 19. Juni. (Eia. Tel.) Die wegen der Erschießung der französischen Adjutanten fest genommenen Geiseln sollen erst wieder auf freien Fuß gesetzt werden, wenn die fran-ösifchc Unter suchung ergeben hat, daß Bolduan der allemigr Tater war. Die Franzosen sind im Besitz des Revolvers, mit dem die Tar ausgeführt wurde, und haben bri der Absuchung de» Tatortes auch dir beiden Pa tronenhülsen gefunden. Diese Hülsen sollen verschiedenartig sein. Es soll durch Schieß versuche festgestellt werden, ob es möglich ist, ver- schiedenarti^e Patronen mit demselben Revolver ab zuschießen.
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