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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.06.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-06-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192306178
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230617
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230617
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-06
- Tag 1923-06-17
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Monat
1923-06
-
Jahr
1923
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> ». «0 Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten von vr. Ulrlett SrvN (Leipzig) In diesen Tagen ist im Plenum des Reichstages der Entwurf eines neuen Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten zur Beratung gekommen, der vom zuständigen Aus schuft des Reichstages gemeinsam mit Vertretern der Regierung und Sachverständigen durchbera- ten wurde. Von allgemeinem Interesse durfte cs wcchl sein, über das neue Gesetz das Wesent liche auszugsweise zu erfahren. Der Gesetzent wurf ist in der Hauptsache aufgcbaut aus dem Entwurf, der bereits im Jahre 1018 dem Reichs tag Vorgelegen hatte. Damals kam er sedoch wegen der Kricgsercignisse nicht zur Durch führung, sondern es wurden nur einige Bestim mungen erlassen, die dann als Verordnung zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten am 11.De- zcmber 1918 erschienen. Diese Berordnung soll nun demnächst durch das neu zu beschließende Gesetz abgclöst werden. Einer der wesentlichsten Punkte in dem neuen Gesetz ist die Verpflichtung des Ge schlechtskranken, sich behandeln zu lassen, und zwar von einem approbierten Arzt behan deln zu lassen. Damit ist U n b e f u g t e n die Be handlung Geschlechtskranker endgültig untersagt. Davon muß man sich für die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten ganz entschieden einen gro- ßcn Erfolg versprechen, da ja ein Hauptziel der Bekämpfung, die möglichst frühzeitige Erkennung und damit baldmöglichste Unschädlichmachung der Infektionsquellen, nur durch einen Arzt durch geführt werden kann. Während die Behandlungs- Methoden der Schulmedizin imstande sind, binnen kurzer Zeit die ansteckenden Erscheinungen dec Geschlechtskrankheiten zu beseitigen, vermag keine Art der Kurpfuscherei dieser bedeutungsvollen Tatsache etwas Ebenbürtiges an die Seite zu stellen. Mancher Kranke wird es als einen uu- berechtigten Eingriff in die persönliche Freiheit betrachten, wenn er wegen einer Geschlechtskrank. l)eit zwangsweise in ein Krankenhaus eingeliefert wird. Dies soll in Zukunft geschehen, wenn ein Geschlechtskranker sich der ärztlichen Behandlung entzieht und damit wissentlich sein Leiden weiter verbreitet. Die Allgemeinheit hat das allergrößte Interesse daran, daß Geschlechtskranke sofort ärzt- lich behandelt werden, ja daß diese nötigenfalls durch Anwendung von Zwangsmitteln verhindert werden, ihre Umgebung zu gefährden, und ihr Leiden auf Gesunde zu übertragen. Als sehr erfreulich ist es zu begrüßen, daß der Gesetzentwurf endlich die völlige Fernhaltung der Reklame von dem Gebiet der Geschlechts krankheiten Vorsicht. Marktschreierische Anpryi- iung von Mitteln zur Behandlung von Ge- schlechtskrankheiten, sowie unlautere Reklame von feiten von Aerztcn oder irgendwelchen Instituten (wie man das in der letzten Zeit auch in Leipzig wiederholt gesehen hat) soll zuknüftig bei hohen Freiheits- und Geldstrafen verboten sein. Eine derartige Reklame hat es sa wohl zumeist »nehr auf den Geldbeutel als auf die Heilung des Kranken abgesehen. Damit wird auch die, ver hängnisvolle, weil durchaus unkontrollierbare, mit dem ärztlichen Gewissen unvereinbare Fcrnbehandlung Geschlechtskranker, dia sich allermeist auf dem Reklameweg anbahnt, end- lich aus der Welt geschafft. Im Rahmen der Bekämpfung der Geschlechts krankheiten hat stets die A n z e i g e p f l i ch t des Arztes eine große Nolle gespielt. So sehr man ink Interesse einer einwandfreien Statistik, die für die Beurteilung von Krankheiten von un-. schätzbarem Vorteil ist, eine allgemeine Anzeige-' pflicht begrüßen müßte, kann man cs anderseits jedoch als eine glückliche Anordnung bezeichnen, daß die Meldepflicht auf solcheKranke beschränkt ist. Mainfranken Don vssttn« .Es ist im ganzen Teutschland keine Provinz oder Landsort, denn allein das Land zu Franken, welches Edel und Frey genannt wird," so pries der alte Merian die sriickst- und rrbengesegneren Gaue, durch die de: blanke Main seine malerischen Schleifen schlingt Freilich, der schöne, freie, ungebändigte Strom ist der Main heute nicht mehr wie damals, als Albrecht Dürer im bewimpelten „Scheich" (großer Kahn) auf den Wellen dahinzog, den Niederlanden entgegen. In unermüdlicher Arbeit wurde und wird der Wasserlauf verengt, vertieft, seiner malerischen Ausbuchtungen beraubt. Doch bei diesem auf reinen Nutzen abziclenden Zwecksinn hat es sein Bewenden, denn wohl nirgends anderswo in deutschen Landen ist die verträumte Romantik der alten bewehrten Stabilem, der Mteien und Klosterhöfe, der Wälder und Nebenhügel so unberührt wie in dem lieblichen Mainrranken. Man muß schon nach den reizvollen Nestern der österreichischen Donau gehen, um ähnliche köstliche Pittoreske zu finden, wie in den weiter- braunen Architekturbildern an Main und Tauber. Bemoost und umwuchert von ehrwürdigen Hainen und Gebüschen, sind die Mauern, Wehrgänge und Tortürme, die Erker und Chörlein, die Brunnen und /Mdstöcke selber ein Stück Natur geworden. Wer ein betörend liebliches Idyll erblicken, wer die Märchen stimmen aus verschollenen Rokokotagen belauschen will, dem öffnet sich der vormals sürstbischöfliche Hof arten zu Veitshöchheim, wo der steinerne Pegasus von kaskadenumrauschten Felsen nach lauschigen Hecken und Kalksteinarvtten niederschaüt. Die Phantasie der Bildhauer lieft hier eine ganze Götterversammlung erstehen. Lin Hauch von Schwermut ruht über den Pavillons aus galanter .d-it. Unweit davon, ummauert und umtürmt, spiegelt sich Karlstadt im Main, die Heimat jenes Strudelkopfes, der als geistiger Urheber de» Bilder- sturmes namenloses Unheil angerichtet hat: Professor Bodenstein, genannt Karlstadt, einer jener Mystiker, der den Gedanken der lutherischen Kirchenreformation gründlich verzerrte. Di« Erinnerung an seine Zeit ist von Wetter- leucht« begleitet, von dem Grollen der-mächtigen die sich der ärztlichen Behandlung vorzeitig ent ziehen. Auf der allgemeinen Meldepflicht würde immer, wenn auch zu Unrecht, das Odium de: Richtgeheimhaltung lasten. Wie sehr aber in dem Gesetzentwurf gerade auf eine völlige Verschone- genheit Wert gelegt wird, beweist die ausdrück liche Schweigepftcht für Beamte und Angestellte dec Beratungsstellen und Gesundheitsämter. Sehr segensreich kann sich besonders für die Graft- städtc die Bestimmung auswirken, welche die ge- werbsinäßige Erwerbsunzucht ausdrück lich von Oertlichkeiten fernhält, welche dem Besuch der Heranwachsenden Jugend dienen. Dem neuen Gesetz, das nun bereits seit 5 Jahren dem Reichstag vorliegt, und mit vielen Widerständen zu kämpfen hatte, darf man im Interesse unserer Volksgesundheit baldige An nahme wünschen. Der Münchner Hochverratsprozetz München, 14. Juni. (E i g. Te l.) In der heuti gen Sitzung des Hochverratsprozcsscs Fuchs machte derOberamtmannFrickvonderPolizei- direktivn München eine für die Beurteilung der Schuldfragc wichtige Aussage. In einer Privat unterredung zwei Tage vor der Verhaftung hatte ihm Fuchs sein Programm folgendermaßen ent wickelt: Bayern sei von Berlin verraten. Eine Re- gierung Breitscheid stehe bevor, die Rhein und Ruhr preisgebcn wolle. Stinncs habe mit Frankreich seinen Frieden gemacht. Bayern könne die Pfalz nur dann behalten, wenn es bald selbständig vor gehe. Der König bleibe noch im Hintergründe. Er habe sich aber zum aktiven Vorgehen bereiterklärt. Im Einvernehmen mit Frankreich werde Frankfurt besetzt werden, und man würde dort aufräumen. Auch in dieser Unterredung hat Fuchs behauptet, daß er mit General Möhl im Einvernehmen stehe. Die Ruhegehälter Berlin, 13. Juni. Im Haushaltsausschuß des Reichstages wurde heute die Beratung der neunten Ergänzung der Besoldungsgesetze fortgesetzt. Hierzu wurde ein Antrag angenommen, nach dem das Wa riegel d 80 Prozent des bei Berechnung der Pension zugrunde zu legenden Diensteinkommens, jedoch höchstens 1800000 Mark monatlich betragen soll. Hat der Beamte indes zurzeit seiner einst- welligen Versetzung in den Ruhestand eine höhere Pension erdient, so erhält er ein Wartegeld in Höhe der zu diesem Zeitpunkt erdienten Pension. Die Be rechnung der Ruhegehälter wurde alsdann nach der Regierungsvorlage angenommen. Hiernach beträgt die Pension bei vollendeter zehnjähriger oder kürzerer Dienstzeit 36 Prozent und steigt nach vollendetem 10. Dienstjahre mit jedem weiter zurückgelegten Dienstjahre bis zum vollendete« 25. Dienstjahre um zwei Hundertstel, von da ab um ein Hundertstel des Diensteinkommens. Heber den Betrag von achtzig Hundertstel diese« Einkommens tritt eine Steigerung nicht ein. Das Ruhegehalt für die richterlichen De- amten wurde in ähnlicher Weise geregelt. Auch der Lärtepgragraph wurde angenommen, nach dem des Reichefinanzminister ermächtigt wird, den Wartegeldempsüngern, Pensionären und Witwen zum Ausgleich von Härten Zuschüsse zum Teuerungszu- schlage zu gewähren. Ferner wurde der Reichsfinanzminister ermäch tigt, vorbehaltlich der endgültigen Regelung durch den Reichshauehaltsplan zu bestimmen, welcher Teuerungszuschlag einschließlich des örtlichen Eonderzuschlags beim Inkrafttreten dieses Gesetzes neben den in diesem Gesetze vorgesehenen Bezügen zu zahlen ist. Schließlich wurde eine Entschließung angenommen, in der die Neichsregierung ersucht wird, das Reichsbesoldungsgcfetz dahin zu ändern, daß das Höch st geholt erreicht wird in Gruppe 1 bis 11 nach 12 Dienstjahren, in Gruppe 12 nach 10 Dicnstjahren und in Grupp; 13 nach acht Dienst, jähren. Die neuen Rohlenpreise Berlin, 13. Juni. (Eig. Tel.) Die Organe der Kohlcnwirtschast haben heute neue Kahlen preiserhöhungen beschlossen. Diese betragen für Ruhr-Fettförderkohle 82 074 Mark durchschnitt lich, oberschlcsische 74 9S1 Mark, Niedcrschlesien sozialen Bewegungen, die im Bauernkriege vor nun- mehr fast 400 Jahren ihren Höhepunkt erreichten. Das blühende Franken war der Hauptschauplatz flammender Empörung, hier wurde am erbittertsten wider Herrscher-stolz und Tyrannei gekämpft, aber die Sehnsucht der Unterdrückten nach Freiheit und Menschenrechten mußte scheitern, weil die unbegriffene große Idee durch blutige Rackeinstinkte entheiligt wurde. Die Städtlein und Weindörfer, deren heutige Bewohuer durch die gegenwärtig glänzenden Ver hältnisse von Landwirtschaft und Winzerei zu be häbigem Wohlstände gelangt sind, waren im 1k. Jahr hundert von armen Ackerbürgern bewohnt, die des harten Frondienstes müde waren. Ja selbst in dem glockenumsurmnten Würzburg, in der Bisckofsresidenz, schlug sich eine stattliche Partei zu den Bauern, die ihre Fesseln svrenqten. Im Weinstübchen des Spitals zum Heiligen Geiste kann man bei einem Borbeutel die Gestalt des hockberühmten Bildschnitzer« Tilman Riemenschneider sich vor die Seele zaubern, der in folge demokratischer, den geistig unreifen Rebellen günstiger Gesinnungen sein Bürgermeisteramt und sein blühendes Geschält einbüßte und, statt würzige» Wein zu schlürfen, sich mit Wasser begnügen mußte. Eine elegische Vorstellung übrigens, wenn der heutige Zecher im Spitalstübchcn merkt, daß der gleiche Wein, den man noch vor wenigen Jahren für SO Pfennige im Schoppen trank, heute 15000 im halben Borbeutel kostet. Die geringste Sorte! Da wird wohl mancher brave Zecher zum „Vier- röhrenbrunnen" am Rathauke wallen müssen. Hoch droben thront in gebietender Höhe die stolze Bischofsfeste Marienburg und schaut auf die alte Matnbrücke mit den verzückten Steinheiligen herab, an die man jetzt (an Stelle taubennmflatterter Mühl dächer) ein surrendes Elektrizitätswerk gelehnt hat. Stolze Marienburg, ingrimmig ballte Florian Geyer die Fäuste wider dein« Wälle und Basteien! Im Bauernkriege versammelte hier der erschrockene Bischof Konrad („Herzog von Franken", wie er sich über lieferungstreu nannte) seine Vasallen und Lehns- ritter. Da» Heer der Dauern, dabei die „schwarz» Rotte" unter Han» Luft, zag siegestrunken von Burg zu Burg, brannte und plünderte, mordete und metzelte alles nieder. Die Schloßherren mußten ja inzwischen den hohen Prälaten auf der Würzburger Feste, -en Nachfolger Sankt Kilian», schützen. Heut« noch erzählen Ruinen vieler Schlösser und Stifter ua6 Rruräelsrertuog 87 358 Mark, Dachsen durchschnittlich IOK 176 Mark, Nieöersachsen Ibbenbüren 81288 Mark, Niedersachsen Barsinghausen dur > Mark, Eschweiler durchschnittlich «1830 Mark, Aachen-Nordstern 109 061 Mark, rheinische Braun kohle (Rohkohle) durchschnittlich 14 880 Mark, Bri ketts 50 531 Mark, mitteldeutsche Braunkohle 15Y34 Mark, Britetts 51 752 Mark. Diese Preise steigern sich um die üblichen Steuersätze usw. und um 900 Mark je Tonne. Die Beschlüsse erfolgten gegen die Stimme eines Arbeitnehmers der verbrauchenden Industrie. Die neuen Preise gelten ab 15. Juni. Sächsischer Landtag Gesetzentwürfe Dresden. 14. Juni. (Eig. Tel.) Die Tagung des heutigen Landtages erledigte in rascher Durch- beratung die erste und zweite Lesung verschiedener Gesetze, von denen aber nur der Entwurf eines Ge- setze» zur Aenderung über das Steuerrecht der öffentlichen Religionsgesellschaften von allgemeiner Bedeutung ist. Die bürgerlichen Parteien erklären durch die Abz. Liekmann (DDP.), Siegert (Dntlll und Wehrman» (Dem.) einstimmig ihre Bereitwilligkeit zu rascher Erledigung der An gelegenheit, um so den wirtschaftlich bedrohten Be- stand der Religionsgesellschaften nicht weiter zu ge fährden. Allerdings stellten diese Redner auch fest, daß die Hilfe der Regierung durch diese Vorlage nur eine halbe sei, solange nicht die Grund-, Gewerbe- und Körpersckaftssteuer mit zur Kirchensteuer heran gezogen werden könne. Abg. Renner (Komm.) macht die Zustimmung seiner Parteifreunde von der Annahme eine» Antrages abhängig, der verlangt, daß die Kirche nicht wie bisher ihre Steuern durch den staatlichen Perwaltungsapparat einziehe, sondern durch eine eigene Verwaltung. Dieser Antrag wird abgelehnt und das Gesetz in der Schlußberatung gegen die Stimmen der vier anwesenden Kommu nisten angenommen. Ein Gesetz über die Aenderung der Gerichts- kosten findet ohne Aussprache seine Annahme. Auch wird der Entwurf über die Gewährung eines ein- maligen Staatsbeitrages von 6 Millionen Mark für die Iahrcsschau deutscher Arbeit Dresden 1923 gegen die Stimmen der Kommunisten in erster Lesung an- genommen, nachdem der Abg. Kuntz sch (Dntl.) darauf hingewiesen hat, daß die Ausstellung für die an sich besonders beteiligte sächsische Spielwaren- industrie und das Kleingewerbe von größter Be- deutung ist. Ohne Aussprache wird der Gesetzent wurf betreffend Abänderunfl des Gesetzes zur Aus- führung einiger mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch zu- sammcnhängender Reichsgesctze dem Rechtsausschuß überwiesen. Ueber die Entwürfe betreffend Hengstkörung, Schlachtviehversicheruna und Schädlingsgesetz berichtet Abg. Beutler (DntH und empfiehlt Annahme Les Entwurfes mit den vom Rechtsausschuß beantragten Abänderungen. Die Vorlagen werden daraufhin un- verändert angenommen. Nächste Landtagssitzung Dienstag, den 19. Juni. Rus den Ausschüssen Dresden, 14. Juni. (Eig. Tel.) Der Landtags ausschuß behandelte in seiner letzten Sitzung eine Anzahl Etatekapttel, u. a. die evangelisch, lutherische Landeskirche und die katho- l i sch ev geistlichen Behörden Letrefferrdl Die Kapitel wurden angenommen unter der Vor- aussetzung, daß die- Einstellungen angemessen erhöht werden, was die Regierung in Aussicht stellte. Ebenfalls sagte die Regierung eine Besserung zu bei den gewerblichen und Handelsschulen. Bei dem Ka pitel Medizinal- und Vetcrinärpolizei, Auflösung von Apvthekenverbictungsrcchtcn u. dgl. teilte die Regierung mit, daß ein Gesetz über die Neuregelung des Hebammenwesens in Vorbereitung sei, das auch eine starke Erhöhung der Sätze vorsteht. Zn der weiteren Aussprache über das Apothekenwesen wurde von feiten der Sozialdemokratie geäußert, die Krankenkassen zu den Apotheken in ein neues Der- hältnis zu bringen. Es wurde dabei mitgeteilt, daß das Reich eine Neuordnung des Apotheken- ge setz es plane, und daß die Regierung bestrebt sei, die Heilmittel zu verbilligen. Der Haushaltansschuß V behandelte einzelne Ka pitel des Nachtragsetats 1922 und des Haushaltplaner 1923, die nach der Vorlage verabschiedet wurden. Der Rechtsausschuß befaßte sich mit dem kommunistischen Anträge auf Aufhebung des Reichs krettas, ä«» IS. Huü gesetze» über die Einkommensteuer vom Arbeitslohn, der sedoch abgelehnt -wurde. Eia sozialistischer An- trag betreffend reickogesetzsiche Regelung dv» Bau- arbeiterschutze» wurde angenommen, ebenfalls in erster Lesug- der Entwurf über Abänderung des Stempclsteuergdsetzcs. Ferner fand der Gesetzentwurf über die Ausgabe von Roggen reuten- scheinen durch die Landeskultureentendank An nahme. Der sächsische Minister de» Innern hat an die Amtshaupt Mannschaften eine Berard- nung erlassen, daß die von ihnen ausgestellten Er laubnisscheine zum Tragen von Was- fen sofort zurückzuziehen sind. Es wird eine Frist zur Ablieferung von drei Tagen gestellt, nach der zur zwangsweisen Einziehung, geschritten werden soll. Ueber die gesammelten Waffen sind Listen anzufertigcn. Die Polizeipräsidien Leipzig, Dresden, Chemnitz und das Polireiamt Plauen haben über Art und Zahl der eingesammelten Waffen zu berichten. Im Anschluß an die Unruhen in Dresden sind jetzt auf Betreiben der Kommunisten die beiden Anführer der sächsischen Schutzpolizei bei den Ab- wchrmaßnahmen suspendiert worden.' Es handelt sich um die beiden Offiziere der Landespolizei Kohl und Haase. Am 16. und 17. Juni findet in Dresden der LandesparteitagSachsens der Deutsch nationalen Volk spartei statt. Singapore und Washington Unter dieser Ueberschrift veröffentlicht das Organ der englischen Pazifisten, Nation, einen Artikel, in dem es auf den Ausbau des englischen Flottenstützpunktes in Singapore hin- weist. Nachdem durch den Abrüstungspakt von Washington England die Verpflichtung übernommen hat, im Stillen Ozean keinerlei Rüstungen zu machen, wird von den englischen Marinekreisen der Ausbau Singapored zu einem Kriegshafen ersten Ranges mit Eifer betrieben. Die Frage Hot in der letzten Zeit wiederholt das englische Parlament beschäftigt, das auch die Riittel hierzu zur Verfügung gestellt hat. Was für hochtragende Pläne die englische Regierung in Singapore verfolgt, beweist die Tatsache, daß das große deutsche Schwimmdock, das früher in Hamburg stationi»rt war und das auf Grund des Waffen stillstands-Vertrages an England ausgeliefert werden mußte und seitdem brach lag, nunmehr schnellstens wiederhergestellt und nach Singapore gebracht werden wird. Das pazifistische Organ weist nun darauf hin, daß diese englischen Rüstungen mehr bezwecken, als den Schutz der englischen Schiffahrtslinien im fernen Osten durch die britische Weltpolizei. In Wirklich keit sei der Bau dieses Stützpunktes für Ucberdread- noughts etwas ganz anderes: die Vorbereitung für einen kommenden Krieg gegen Japan. In diesem Sinne werde die englische Rüstung in Singapore von Japan auch ausgefaßt, sehr zum Schaben der „Atmosphäre des guten Willens", die durch das Dierrnächte-Abkommen über die Abrüstung im Stillen Ozcan geschaffen worden sei. Japan hgbe auf der Washingtoner Konferenz diesem Abkommen nur zögernd zugestimmt und emp finde es nun als Verra t, wenn England jetzt zwar nicht im Stillest Ozean selbst/ aber doch in seiner -unmittelbaren Nähe einen Flottenstützpunkt schasst, der nu? eindeutigen Zwecken dienen kann. > . Das Platt wirft hierbei die immerhin beacht-'a«. werte Frage auf, ob es nicht zweckmäßiger sei, a.H ut den letzten Verbündeten im fernen Osten vor den Kopf zu stoßen, die Unsummen, die der Ausbau des Hafens von Singapore verschlingt, besser zum Schutz des englischen Mutterlandes zu verwen den. Wie es auch bereits im Unterhaus einige Ab geordnete taten, spielt der Artikel hierbei auf Las drohende Anwachsen der französischen Luftstreitkräfte an, wenn cs sagt, daß es nützlicher sei, die englischen Lcstgefchwader in der Heimat zu verstärken. N .L. N. Der kommunistische Reichstagsabgeord- nete Stöcker ist, wie die Rote Fahne meldet, in Nevigee von französischen Offizieren verhaftet worden. Man hat ihn an den Sitz des zuständig:» Revisionekommandos nach Dredeney gebracht. Wahr- scheinlich hatte Stöcker den Versuch gemacht, von Slberf-ld au« mit der Straßenbahn ins besetzte Ruhrgebiet zu gelangen, und tst bei der Paßkontrolle, die in Nevigee stattfindet, von den Franzosen er kannt nnd darauf festgcnommen worden. von der wilden Wut der Selbstbefreier. In Haßfurt und Marieaurgbausen, in Schwarzach, Dolkach, Dcttelbach, Kihingen, Mainbernheim, Iphofen, in Kastell am dunklen Steigerwalde, allüberall waren schreckliche Greueltaten geschehen, nun aber warf das Per- hängnis die Bauern und Ackerbürger zu Boden. Bei Königshofen an der Tauber siegten die ge schulten Truppen des Schwäbischen Bundes über die undisziplinierten Volkshaufen. Ein entsetzliches Kriminalverfnhren begann. Mit fühllosen Henkern zog der finstere Bisckof 30 Tage lang durch sein Frankenland. Da trieften die Schafotte von Blut, da krümmten sich die an schwanken Aesten Angeseilten unter der Oual schwelender Feuer, die ihre Fuße und Deine versengten. Der Leidenshof zu Kitzingen mahnt an das furchtbare Gericht, das dort Markgraf Kasimir von Bayreuth hielt, der 62 Gefangene blenden ließ! Liebes, sonnige» Kitzingen mit deinen krummen Gäßchen, deiner vielbesungenen schiefen Turnihaubc, deiner stattlichen Mainbrücke, du schöne», rotbraunes Dächergewirr im grünen, heiteren Talbecken, wie viele Schattentage hast du überwunden! Geschäftig ist das Treiben in deinen alten Wcinkontoren und Kellern, und wen der Bpcckustrank müde gemacht ha*, der gleitet mit den Flößern stromab gen Sulzfeld. Ade, Mainbernheim mit deinem Bärenbrunnen, schon winken die Stadt tore anderer traumseligen Flecken, und nun nähern i wir uns dir, wunderschönes Marktbreit, du köstliches Nest nach Spitzwegs und Ludwig Richters Lerzen. Was gibt es da für allerhand feines Ornam-nt, für kernhoft Volkstümliche» zu sehen. Recht» Frickenhausen, ein uralt verwettert Städtlein, eine steinerne Rose, und link» Ochsen furt mit hoher Mauer, trutziaen Türmen, gotischem Ratbause samt Freitreppe, Staffelgiebel und Wetter fähnlein, alten Häusern in schattigem Laubwerk, aber auch manch neuem Gebäude, da» echte, auf unsere Zeitbedürfnifle umgedeutete überlieferte Kultur be- zeugt. Was wäre eine Reise durch» Franken land, wenn wir Rothenburg hoch über dem Taubergrunde nicht besucktenk Sein Zauber berührt wie Wetnesduft und Liederklang. Hoch droben schwebt Altan, von dem einst Karlstads nach der Schlacht bei Königshofen floh, und in den Gassen lärmt und schwärmt die Jugend. Zn der reizvollsten aller deutschen Städte herrscht zurzeit auch- sehr ernste Erregung. Der unvergleichlichen Silhouette droht Zerstörung durch Errichtung eines 70 Meter hohen Fabrikschornsteins! Das gibt Debatten, das gibt Prozesse! „Hände weg", rufen die Romantiker. „Ach was," sagen die Praktiker, „es handelt sich um eine Kinderwogenfabrik, und Deutschland braucht Kinderwagen!" Rene Mitglieder de« Orden, Pour le Mdrite. Au« Berlin wird gemeldet: Die freie Vereinigung von Inhabern der F r i e d e n skl ass e des prcu- ßischen Ordens Pour le Mörite hat Albert Ein stein, Gerhart Hauptmann, den Göttinger Mathematiker Felix Klein, den Maler Max Liebermann und den Bildhauer Hugo Lede rer, den Schöpfer de» Hamburger Bismarck- Denkmal», zu ihren Mitgliedern gewählt. Dem im Jahre 1842 gestifteten Orden gehörten zuletzt nur noch vier Künstler an, weil die preußische Negierung die Neuwahlen für die in den letzten fünf Jahren nach der Revolution gestorbenen Orden-Mitglieder mit Rücksicht auf die Reichsverfasiung, welche die Verleihung von Orden verbietet, nicht bestätigt bot. Früher bestätigte der Kaiser als König von Preußen die Neuwahlen von Ordensmitgliedern. Die Inhaber des Orden» haben als freie Vereinigung nunmehr die Ergänzung des Orden» au» den Reihen der führenden Künstler und Männer der Wissenschaft selbst in die Hand genommen. Sin neue, Kant-Werk. Zum Kant-Jubiläum, das itn nächsten Jahre gefeiert werden wird, beginnt jetzt Prof. Eugen Kühnemann ein mehrteilige» Werk über Kant' erscheinen zu lassen (bei L. H. Beck in München). Der Gelehrte stellt in dem ersten Teil, der im Juni herauskommt, den europäischen Ge- danken im vorkantischen Denken dar und verfolgt den Prozeß der Entfaltung de« Idealismu« durch die Geschichte der Philosophie. Bo» de» Hvchsch»!«». Der ordentliche Professor der juristischen Fakultät der Universität Jena Dr. jur. August Köhler (Straf- und Prozeßrecht) st in den Lehrkörper der deutschen Universität in Prag eingetreten. — Der Oberarzt in der medizinischen Klinik in I eN a Dr. med. RuddlfCobet ist zum außerordentlichen Professor in -dr medizinischen Fa- kultat der thüringischen Landesvn-versttät ernannt worden. 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