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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.06.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-06-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192306070
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230607
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230607
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-06
- Tag 1923-06-07
-
Monat
1923-06
-
Jahr
1923
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8ett« 2 ». 1« treiben vorgebeugt, ob sie dem Besitzer de« Kaffee- ,auses Felsche den entstandenen Schaden ersetzen und oie sie die durch die Zerstörung ar bette los ge« oordenen Angestellten entschädigen wolle, und ob sie n der Lage sei, die wirtschaftliche Lahmlegung von Industrie, Handel und Gewerbe zu verhindern? Dieselbe Fraktion hat weiter eine Anfrage Händel wegen der Verhinderung der Fahrt wn 100 Mitgliedern de» Vereins Stahlhelm ,ach Halle eingebracht. Vie Teuerungsfrage im Reichstag Die Wiederaufnahme der Reichstagsarbeiten be- ann am Dienstag mit einer sehr lebhaften Ge- häftsordnungsdebatte. Nachdem Präsident Loebe n einer einleitenden Ansprache auf die ernste Pflicht cs Parlament« hingewiesen hatte, verantworlungs- creit mitzuarbciten an den Maßnahmen zur Be- ämpfung der Notlage des deutschen Dal« es, und nachdem ec unter lebhafter Zustimmung <s Hause, die Verantwortung Frankreich« für iese Notlage gekennzeichnet hatte, wurden von Link» ine Reihe Anträge auf Erweiterung der Tages« rdnung eingebracht. Auf Wunsch der Sozialdemo- eaten wurde mit der Reichsregierung Fühlung ge« ivmmen, ob sie am Mittwoch bereit sei, auf die szialdcmokratische Interpellation zu antworten, die ch mit dem Scheitern der Markstützung und der orans folgenden wirtschaftlichen Notlage beschäftigt nd von der Regierung schleunige Maßnahmen zur kbhilfe fordert. Dagegen wurde ein Antrag der kommunisten, die Sitzung zu unterbrechen, bis die iegierung erscheine, abgeiehnt. Hierauf trat das Haus in die Tagesordnung ein. >ie Entwürfe des Spielkartensteuerqesetzes, des Ge« tz-s über die Ausgabe wertbeständiger Schuldver« hreibungen un- die Novelle zur Änqestelltenver« cherung gingen an die betreffenden Ausschüsse. Bei er Beratung de» Entwurfs über die vorläu» ige Arbeitslosenversicherung, der von ieichsarbeitsminister Braun» kurz begründet nirde, äußerte der Abq. Aufhäuser (Soz.) Be« enken, daß die Vorlage mit der Verfassung nicht creinbar sei, während der Kommunist Eichhorn ie Beratung zum Anlaß nahm, seine Partei vor er Beschuldigung in Schlitz zu nehmen, daß sie an en Erwerbslosenunruhen der letzten Tage die 'xhuld trage. — Hierauf wurde die Vorlage dem »zialpolitischen Ausschuß überwiesen. Bei der Feststellung der Tagesordnung für die ächste Sitzung ersuchte Arbeitsminister Brauns omens der Regierung, die sozialdemokratische In» ?rpellation über die wirtschaftliche Notlage erst am -onnerstag vorznnehmen. Ss wurde demgemäß eschlossen. Für Mittwoch wurde die Strafprozeß« kovelle angesetzt. Vie Gründe des Marksturzes Frrsetzung der Untersuchung. Berlin, «. Juni. (Eig. Tel.) Der Unter« uchungsausschuß zur Untersuchung de» Zusammen« lruchM'der Mark setzte heute seine Arbeit fort. Der tühene'-Wirtschaftsminister, der sozialdemokratische lbgeordnete Robert Schmidt, verlangte einen kachwei» über die Höhe der Devisenumsätze an den kutschen Börsen in der Zeit vom 1. Januar bis :nde Mai. Da die Sachverständigen aber wegen der ußcrordrntlichen Mühe eines solchen Nachweises, er übrigens doch keine Schlüsse über den wirklichen lmsatz zuläßt, Bedenken aussprachen, zog Schmidt en Antrag zurück. Der Ausschuß setzte dann die Erörterungen über Goldkredite und Goldkonten er Reichsbank fort. Der Demokrat Der n bürg fragte, ob die scichsbank an dem alten Prinzip festhalte, keinerlei Finanzwechsel zu diskontieren, die nicht zum Waren ankauf benutzt werden. Reichsbankpräsident Haven« kin versicherte, daß nur ausnahmsweise ür das Ruhrgebiet reine Finanz- sredite gewährt wurden. Es finde eine Außerordentlich scharfe Prüfung statt, bei der münd- ich: und schriftliche Erklärungen verlangt würden, fon sozialdemokratischer Seite wurde Havenstein farauf befragt, wie diese Prüfungen vorgenommen eürden. Es gebe Fälle einer außerordentlichen Verschachtelung mancher Betriebe, so z. B. bei Hugo rtinncs, so daß sich für die Nachprüfung außer« »-deutlich große Schwierigkeiten ergeben müßten, »avcnstcin erwiderte darauf, daß es allerdings nicht a jedem einzelnen Falle möglich sei, alles nachzu« rüfen, aber hier komme das Moment des Ver- rauens hinzu. Auf sozialdemokratische Einwürfe rklärte Havenstein mit erhobener Stimme, das ssort eines Kaufmanns gilt bei un», onst hört jeder Verkehr der Reichs« ank auf. Dann regte Robert Schmidt an, bei der teichsbank und auch bei den Privatbanken Konten ä wertbeständiger Anleihe anzulegen, um den De« isenmarkt zu entlasten. Havenstein bezeichnete «ine -lche Maßnahme als zweckmäßig für die Entlastung cs Den^nmarktes, wies aber auf dos Risiko hin, äs die Banken damit übernehmen, da die Bestände vn den Einlegern naturgemäß nach Spekulation»- ücksichten abgehoben würden. * In der gestrigen Sitzung machte der sozialdemo« ratische Abz. Dr. Hertz noch auf die Tätigkeit >er Markverwertungsgesellschaften m Auslande aufmerksam, doch wurde die Er- rterung dieser Frage für «ine spätere Sitzung zurück« estellt. Auf eine Frage de» Abg. Dr. Helfferich »- äderte Reichsbankprästdent Haven st ein, er schätze ie Verschuldung Deutschland» — aoge- >hen von den Reparationslasten — auf rund Mil- arden Goldmark. Da» Ausland verfüge über 0 Prozent des deutschen Aktienbesitze« von etwa 00 Goldmillionen. Der Verkauf deutschen Grund« esitze» an Ausländer werd« auf 5 bis S Goldmillionen cschätzt. Ueber die Möglichkeit der Einführung von > oldkonten bei der Reichsbank sagte Havenstein, aß die Reichsbank dadurch ein große» Risiko Über lehmen würbe, denn jeder einzelne würde sich der mtwertung de» Geld«» entziehen, indem er ein Gold« rnto bei der Reichsbank oder einer Privatbank limmt. Die Summe dieser Konten könnte so außer« rdentlich hoch werden, daß di« notwendigen Deckun« en, die die Banken an Devisen dafür haben müßten, mmöglich zu beschaffen wären. Auch technisch wäre ie Arbeit für die Abrechnung der zahllosen Wechsel n Goldwertsummen nicht zu oewaltigen. Di« ganz« Wirtschaft würde auf dem Rücken der Reichsbank pekulieren. Denn die Mark steigt, würden all« Kon en abgehoben, und wenn sie sinkt, die Konten erhöht. Zum Schluß bestätigt« d«r Reichsbankpräsident pf eine Anfrage Dr. Helfferich», daß die Reichsbank « Gesamtfaldo7der Privstttwustei« Geld schuldig UVÄ NuaelLLGirurig 7. MW ! Der Preetz Zuchs-Machhaus München, 6. Juni. (Eig. Tel.) In der gestrigen jLachmittagssitzung dr» Hochverratsprozeffe» kam e» zur Vernehmung der anderen Angeklagten. Der An geklagte Han» Berger versuchte in längeren Ausführungen seinen Anteil an der Sache so darzu stellen, al» ob ihm nur darum zu tun gewesen wäre, einen Wall gegen den Bolschewismus zu bilden. Die Absicht eine» aktiven Vorgehen» leugnete er, muß sich aber vom Vorsitzenden an verschieden« Dinge er innern lassen, die seiner Ableugnung widersprechen. Dann wird der Großkaufmann Johann Munk, tschechischer Staatsbürger au» dem Geb'ete von Znaim, vernommen, der seit 190S in München lebt und die Bayerische Kohlen-Importgesellschaft leitet. Er hat den Rechtsrat Dr. Kühle», der sich nach der ersten, polizeilichen Vernehmung er« schossen hat, mit Fuchs in Verbindung gebracht. Munk erklärt, er habe sogleich -um Ausdruck ge bracht, eine Loslösung Bayerns vom Reiche könne er nicht mitmachen. Er könne höchstens in der Tsche choslowakei wirken. Munk behauptet, damit nicht den tschechischen Generalstab gemeint zu haben. Seine Bekanntschaften gingen nur bis zum Auswärtigen Amt. Munk hat dann ein Paßvisum besorgt auf Grund eine» von ihm signierten Anstellungsbriefes aus Prag. Am 14. Februar sei Fuchs aufgeregt zu ihm gekommen und habe von ihm die Beschaffung von 100 Millionen verlangt. Dabei habe Fuchs er klärt, in Bayern sei alle« in Ordnung und mit Hit ler sei man einig. Am heutigen Tage wird in der Vernehmung de» Angeklagten Munk fortgefahren. Auf die Frage, ob er von der politischen Einstellung Dr. Kühles unterrichtet gewesen sei, erklärt Munk, Kühle» sei sehr überarbeitet gewesen und manch« seiner Aeuße- rungen feien diesem Zustande der Ueberarbeitung zu« zuschreiben. Der ,Regentschaft»rat", so setzte Munk weiter auseinander, sollte eine dem Ministerium übergeordnete Behörde sein, ähnlich wie in Ungarn, wo der Reichsverweser für den verhinderten König die Regierung ausübt. An di« Beseitigung der Be hörden will er nicht gedacht haben. Der Vorsitzende weist den Angeklagten auf die Aussagen de, Zeugen Kapp hin, der ihn als Antideutschen bezeichnet habe. Munk führt Kapps Aussage auf Rachsucht zurück und bestreitet auch die ihm von Kapp unterschobene Aeußerung, er werde keine Ruh« geben, bis Bayern, Baden und Württemberg von Deutschland losge trennt und mit Frankreich und der Tschechoslowakei verbunden sein würden. In der Folge gibt es noch eine kleine Sensation. Der Vorsitzende legte Fnch» ein Telegramm vor, auf gegeben an Hartmann, Stillerweg 20, Saarbrücken, das lautet: »Zementgeschäft kurzfristig abschließbar, wenn versprochene Ware im Handel. Zoßwig L Lo.* Dazu muß man wissen, daß Hartmann ein Deckname des Franzosen Richert war. Fuchs leugnet, daß die Unterschrift de» Telegramm« von ihm sei, aber der Vorsitzende legt noch ein zweite» Telegramm vom 31. Januar, edenfalls an Hartmann, auf den Tisch nieder, das lautet: „Zementgeschäft gut entwickelt. Lieferung bald. Rollen Ende nächster Woche. Dör ner." Beginn der Seugenvernahmung Als erster Zeuge im Hochverratrprozeß Fuchs wird der Generalstabsmajor Mayr vernommen. Er war im Juli 1922 auf Machaus aufmerksam ge macht worden, der damals eine Werbestelle für die kemalistische Armee in Deutschland habe einrichten wollen. Außerdem erfuhr Mayr, daß Fuchs poli tische Verbindungen nach Pari« unterhalte, und zwar mit Richert und einem gewissen Le Nay. der Dor- sitzender de» Ausschusse« der auswärtigen Angelegen heiten war. Außerdem hätte Fuchs auch Beziehungen zu Pöhner und zu Flügel in Wien unterymien. MayrAGauptet antiseparatistisch und oroßdeutsch zn sein, dagegen ein Zusammengehen mit dem Bolsche wismus außenpolitisch für notwendig zu halten. Dom Dezember an habe er sich bei Machau» ein- genistet. Dann habe er auch Fuchs kennengelernt, der zuerst, weil er ihm mißtraute, separatistische Ab sichten leugnete, sie später aber zugab. Mayr lieferte dann auf Anforderung eine Aufstellung der von den Franzosen zu fordernden Kriegsausrüstungen, die er aber, wie er erklärte, um später gedeckt zu sein, phan- tastisch anlegte. Der Franzose Richert habe zu der Liste gesagt, man sehe gleich, daß sie Hand und Fuß habe. Am 29. Januar wurde Mayr telephonisch von Fuchs zu Machau» bestellt, wobei Fuchs erklärte, daß e» bald losgehe, daß aber die Tschechoslowakei noch dafür interessiert werden müsse, was Munk besorgen würde. Auch Mayr berichtet von der Bemerkung Munk», daß er di« 66 000 «K, die er ihm zu seiner Reise nach Prag vorschoß, in schönen bayerischen Gulden wieder haben wolle. An diese Aussagen schloß sich dann eine Kontro verse zwischen dem Vorsitzenden, dem Zeugen, dem Staatsanwalt und dem Angeklagten Munk über die Themen: Dr. Heim, Hitler und Monarchie, in der Munk zu erhärten suchte, daß er keine monarchisti schen Absichten hatte. Er gab eine ihm bekannt ge wordene Bemerkung des Kronprinzen Rupprecht wieder, der erklärt habe, im Stadium ab wärtsgehender Wirtschaft sei für die Monarchie kein Platz. Vie Münchner Post verboten Durch Verfügung der Poltzeidirektion München ist das Erscheinen der sozialdemokratischen MünchnerPost vom 6. bi« einschließlich 10. Juni verboten worden wegen eine» Artikel»: „Au» dem Sumpf der Nationalaktiven.' Der Artikel „Aus dem Sumpf der National aktiven"', wegen dessen die Münchner Post ver boten wurde, ist ein Bericht über eine Versamm lung der Nationalsozialisten in Innsbruck, in der wichtige Mitteilungen über die Rüstun gen der sogenannten nationalen Ver bände gemacht wurden. Man erfährt daraus, daß die Führer der Kampfgemeinschaft dieser Verbände Ludendorff und Hitler sind, während ein Generalleutnant v. Tutschek die militärische Agentur und den Stab leitet. Bet der Oberleitung befindet sich ein Bureau. in dem Stammrollen aller wehrfähigen Männer angelegt werden, wobei Staatsange stellte mithelfen sollen. Die Verbände wollen in Deutschland SO Regimenter zu 10 000 Mann aufstellen. Waffen »nd Munition seien genügend vorhanden. Durch Mitglieder der Deutschnationalen Partei habe man Fühlung mit der Reichsregierung. Die Münchner Post be merkt selbst dazu, daß von dies« »Infor» matirnen" vielleich tein aut Teil a'.s Renom misterei abqestrichen »erden dürfe, es bleib« aber immcclj'n ?oä, allerlei Interessantes. (Ls ist für jci"en Unbefangenen klar, daß die Verv^'r i'.k'.nno dieses Berichtes leinen ande ren Zweck i., ika kann, als die Hüt« der Nei n- blik zu warnen. Die bayerische Regierung icheint aber immer noch an der Anschauung fr.kzuhalten, dis dcr Verurteilung dec Journalisten Fechen- lach, Lembke und Gargas zugrunde l 'g, '.atz die Aufdeckung von Verschwörungen gegen Sie Repu blik Landesverrat sei. Nur wenn man oie Ge- heiu Haltung ^ener verbrecherischen Umrricoejür eine Vilich, des Staatsbürgers hält, kann man des Verbot der Münchner Post begründen, vcbrraens ist die Münchner Post die einzige Münchner Zeitung, die einen ganz ausführlichen, ungefärbten Bericht über den Hochverrats prozeß Fuchs bringt. Das Verbot dieses Plattes bat also — nebenbei — die kür manche hochgestellte bayerische Persönlichkeit sehr er wünschte Wirkung, daß unbequeme 'Gut- hüll pngen, die in diesem rPozeß drohen, der bayerischen Öffentlichkeit oorent halten werden. Erschwert« Einreise nach dem Nnhr-ediet Ham», 6. Ium. (Etg. Tel.) Nachdem die Franzosen gestern im Einbruchagebiet eine Reihe wichtiger Bahnhöfe besetzt habe«, ist die Einreise in das besetzte Gebiet bedeutend erschwert, worden. Seit der vergangenen Nacht fahren alle Züge von Hamm au« nur noch bi» Dortmund; von Dortmund a» ist ein PendelverkHr über Langen- dreer-Bochum nach Krey-Süd eingerichtet worden. Da» ist die einzige Ostwestverbindung, die bisher noch bestand, stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Bisher verkehrten die Züge von Hamm au» meist noch direkt über Dortmund- Bochum—Wanne—Altenesten. Diese Linie ist nun unterbrochen worden. Für den Personenverkehr bleiben nur noch die Straßenbahnlinien im Ein- bruchsgebiet al» einzige» Verkehrsmittel übrig. Wiederholte Festellungen haben bestätigt, daß die Franzosen im Ruhrgebiet Kontrollstationen eingerichtet haben, auf denen sie die Telephon gespräch« mtthören, di« auf den in» be« setztzte Gebiet gehenden oder durch diese« Gebiet hindurchführenden Leitungen geführt werden. Di« Desetzungobehörde hat in Buer mehrere Straßen und Gebäude al» neutrale» Gebiet erklärt, da» bek Unruhen oder bei Aufruhr von den Deutschen nicht betreten «erden darf. E» handelt sich um da» Ratha», die angrenzenden Straßen, da« Gymnasium und einige andere Schulen. 4 Veim vrüWiensprengen überrascht Sfsep, 6. Juni. (Eig. Tel.) In der Nacht vom 1. zum 2. Juni versuchte eine Gruppe von sieben Personen, die mit Sprengstoffen ausgerüstet war, die Brücke zu sprengen, die über den Rhein- Herne-Kanal in der Nähe de» fiskalischen Hafen» von Dellwig führt. Da» Vorhaben war aber offen bar den Franzosen verraten worden. Ein französischer Offizier und IS Mann hatten sich in einem gegenüberliegenden Kornfeld verborgen und eröffneten, nachdem sie die Leute zunächst mit der Arbeit hatten beginnen lassen, ein lebhaftes Gewehr feuer auf dis Gruppe. Von den Deutschen wurde einer am Arm getroffen. Er wurde mtt zwei weiteren verhaftet. Den übrigen vier gelang es zu entkommen. * ' Zn Landau sind im Zusammenhänge mit den Sabotageakten, die auf der Strecke Landau- Weißenburg verübt Wurden, 13 angesehene Bürger allem Anschein nach al» Geiseln verhaftet worden,, unter ihnen der L Bürgermeister Dr. Schleiß. Der Franzose Lerf freiselaffen Berlin 5. Juni. (Eig. Tel.) Der Handel»- mann Lerf, der vor einiger Zeit in Deutschland wegen Paßangelegenheiten verhaftet wurde, ist gestern in Leipzig, wo er sich in Unterstützung befand, freigelassen worden. Wegen der Ver haftung de« Eerf hatte die französische Regierung nicht nur die Freilassung de» deutschen kommuni stischen Reich» tag »abyeordneten Höllein bi« jetzt verzögert, sondern hatte al« Repressalie auch mehrere Verhaftungen im besetzten Gebiet vor« nehmen lassen. ksSLoin »lagt Pari», 6. Juni. (Eia. Tel.) Wie die Morgen- blätter mitteilen, hat der deutsch« Abgeordnete Höllein, der immer noch in Gewahrsam gehalten wird, obwohl die Untersuchungshaft gegen ihn auf- aehoben ist, auf Grund der Artikel 114, 115 und 117 de» französischen Strafgesetze» gegen den französischen Minister de» Innern Klage wegen Frei heitsberaubung erhoben. Prager Sorgen «egen ber Marksturze« Prag. 6. Juni. (Eig. Tel.) Der rapide Mark- Kur- und die »»nehmende wirtschaftlich« Unsicherheit m Deutschland, die bei der engen Wirtschaft»- Verbindung der beiden benachbarten Staaten die Tschechoslowakei schwer treffen, werden von den tschechoslowakischen offiziellen Stellen mtt großer Besorgnis verfolgt. Auch der Aufenthalt de» Berliner Gesandten Tusar in Prag gilt der Be- ratung dieser Frage. Nach einer halbamtlichen Mit teilung besprach Tusar mtt der Negierung die mut- »mählichen p«littschen und wirtschaftlichen Folgen der gegenwärtigen Deroute der Mark, die offenbar eine Reihe von Konkursen nach sich ziehen wird. E» sei auch möglich, daß di« Regierung Euno in ihrer Position noch mehr geschwächt werde, obwohl man sagen müsse, daß «» heute keinen Politiker »ehr gäbe, der durch seine Autorität und sein float», männtfche» Genie die überaus heikle Situation Deutschland» beherrschen könnte. Der deutschvolk»partriliche Landtagsabgeordnete Prof. Dr. Franz Herrmann ist ig seiner Heimat- stadt Werdau im Alter von 47 Jahren nach längerem schweren Leiden gestorben. Er «ar Mitglied diese» und de» vorigen Landtage», gehört« auch dem Vorstand de» Landtage» al» stellvertretender «hrift- führ» an. Sein Nachfolger al» stEvertmtander Schriftführer de« Landtage» wird Fufti^nspektor Arthur Ulbrich-Ehennntz. ver neuevolksfchullehrer Bon Skudienrst 0«. ckokonww» (kgtpzig). Die schwerwiegende Frage, die sich dem an der Schule interessierten Laien heute aufdeängt: „Muß die Lehrerbildung reformiert werden?" erscheint leider den meisten mit der anderen gleichbedeutend: .War die bisherige Lehrer- bildung wirklich so jämmerlich, daß man sie auf. geben muß?"' Wir begegnen hier derselben törichten Einstellung, die sich auch sonst in unserem öffentlichen Leben unheilvoll rmd hem- mend auswirkt, die Aenderungen des Bestehen- den nur bch offenkundiger Verwahrlosung für notwendig erachtet. Aber für Verfallserschei- nungen kommen Reformen zu spät. Reform ist ihrem Wesen nach organische Fortentwicklung, darf also nicht erst dann einsetzen, wenn die Zu stände unhaltbar geworden sind. Es ist also durchaus kein Widerspruch, daß gerade Sachsen mit seiner anerkannt guten Lehrerbildung zur Reform schreitet. Das sächsische Lehrerseminar darf mtt Recht darauf stolz sein, einen aus« gezeichneten Lehrerstand hervorgebracht zu haben, der, abgesehen von seiner beruflichen Tüchtigkeit, über starken geistigen Auftrieb und Reformwillen verfügt. Die sächsische Lehrer« schäft will allgemein geistig und pädagogisch wie überhaupt die deutsche über sich hinaus. Dazu kann sich ein Schulvolk wie das deutsche nur beglückwünschen. Cs fragt sich nur, ob der Reformwille der Lehrerschaft organisch aus der heutigen Lehrer- bildung herauswächst. Ein angesehener Gymna- sialdirektor hat mir gegenüber einmal das Se minar als die modernste höhere Schule be zeichnet. Nicht mit Unrecht. Modern im guten Sinne darf die Abwendung des Seminars vom vornehmlich philologischen Lehrziel und Lehr- betrieb heißen, modern auch die Aufgeschlossen heit gegenüber der gegenwärtigen deutschen Kultur in ihren Hauptverzweigungen und der universale Zug eines weitgespannten Interesses, das die Beschränkung auf eine festumrissene Fachgruppe verschmäht. Modern im besten Sinne darf schließlich der philosophische Einschlag der Lehrerbildungsstätte genannt werden, insbesondere der Geist päda- gogischer Selbstverständigung, der sich nie mit dem Was im wissenschaftlichen Sinne begnügt, son- dern durch das pädagogische Warum, Die und Wozu zum Erzieherdenken hinleitet, in allem und jedem den künftigen Erzieher im Auge be hält und somit, über alle Vielheit der wissen schaftlichen und künstlerischen Lehrgegenständ« hinweg, eine eigenartige Konzentration erzeugt. Aber neben diesem Lichte lagert tiefer Schatten. Der Seminarist soll zu stofflicher De?^. herrschung der Dolksschulfächer' geführt werden,' er muß m vielen Fächerst ein ähnliches Ziel wie der Gymnasiast erreichen, er muß die Grund lagen der Psychologie, der Pädagogik und Me thodik erwerben und sich schulpraktisch versuchen, um schließlich als ein im großen ganzen fertiger Volksschullehrer für alle wissenschaftlichen Fächer, aber auch als Zeichen-, Turn-, Gesangs und Werklehrer entlassen werden zu können. Der schönste Lerneifer der Seminaristen und die größte pädagogische Kunst der Seminarlehrer sind nicht imstande, das alles wirklich in sieben Jahren zu bewältigen. Dem Schülerdurchschnitt droht die Gefahr jener Halbbildung, die auf Dielwisserei ruht, besonders Begabten das Un heil der Zerfahrenheit und tiefen Ungenügens, hervorgerufen vom Zwang zur stofflichen Uni- versalität. Der Kern des Hebels aber heißt Verquickung von Allgemein- und Berufsbildung, die weder das eine noch da» andere voll aus reifen läßt. Verstärkt wird dieser Mißstand noch durch die zu frühe Berufsentscheidung, die, da sie bereits im völlig unmündigen Alter von 13 Jahren erfolgen muß, wie ein Hohn auf die alte Warnung wirkt: Es unterfange sich nicht jedermann, Lehrer zu sein. Dieses frühe Ent- scheidungsalter für einen im tiefsten Sinne geistigen Beruf stellt die Einbruchspforte für Mietlinge in die Schule dar, jene Mietlinge, die ohne wahrhaft pädagogische Gesinnung sich selbst zur Last leben und auf die Jugend verwüstend wirken. Auch die spezielle Fachbildung beginnt mit 16jährigen Seminaristen zu früh. Es ist «in auf die Domer unerträglicher Zustand, daß alle geistigen Berufe auf guter Allgemeinbildung fußen, die Derufsentscheidung durchschnittlich dem 19jährigen überlassen und Ufte Fach- bildung der Hochschule anvertrauen, während der Volkserzieber, durch dessen Hände nahe an 100 Prozent der Gesamtbeoölrerustg gehen, auf einer speziellen Fachschule, losgelöst vom Gesamt- bildungswesen der Nation, gebildet wird. In gewissen Kreisen versucht man, die Lshrerblldungsreform al» die Ausgeburt un- Seraniwortlicher Neuerungssucht radikaler Re- oolutionspädagogen zu verdächtigen. Dieser Irreführung der öffentlichen Meinung sei mit dem Hinweis begegnet, daß der Kongreß deutscher Dolksschullehrer zu Frankfurt a. M. bereits im Jahre 1848 an das erste deutsche Parlament, die Nationalversammlung, da« Ersuchen gerichtet hat, die Vorbildung der Lchrer an die höheren schulen zu oerlchen, die Berufsbildung ober den Universitäten zu übertragen. Und die - Königsberger Tagung des deutschen Lehrer vereins beschloß im Jahre 1904: »Die Universi täten als die Zentralstellen wissenschaftlicher Bil dung sind die geeignetste, durch keine andere Ein- richtung vollwertig zu ersetzende Stätte für die VolksschuNehrerbildung." Der bekannte Artikel 14S der deutschen Neichsverfassung vom Jahre 1919, nach dem die Lehrerbildung nach den GrundsaHen, die für die höhere Bildung allgemein gelten, einheitlich zu regeln ist, krönt also nur die heißen Bemühungen einer ganzen Reihe von Lehrer geschlechtern. Die Reform, die Sachsen gegenwärtig in die Dege leitet, steht durch die Neichsverfassung auf
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