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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.06.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-06-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192306068
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230606
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230606
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-06
- Tag 1923-06-06
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Monat
1923-06
-
Jahr
1923
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Betrieb avfrechtzuerkulten. Die Gewerkschaften sind Zurzeit eifrig bemüht, eine Wiederaufnahme der Arbeit herbeizuführen und die Fortführung der Lohnverhandlungen sicherzustellen. „Lin Fingerzeig für L^meriimner in Berlin" Unter diesem Titel hat ein Amerikaner für den angekündigtcn neuen amerikanischen Fremdenstrom rin kleines Merkblatt drucke» lasten, das in den Treffpunkten der Touristen von drüben, in der American Expreß Lo., in den Hotels usw. verteilt wird. Das Merkblatt besagt: «Sie kommen als Tourist für einige Tage oder Wochen. Nehmen Sie einige Winke von einem Landsmann an, der hier mehrere Nlonate sich aufgehalten hat. Sie weilen unter einem Volke, das neun Jahre Krieg erlitten hat, erst militärischen Krieg und jetzt wirtschaft lichen. Es ist ein feinfühliges, gebildetes Volk von so hoher Kultur wie irgendeine andere Nation der Erde. Sie müssen nicht überrascht sein, wenn ein einzelner davon gelegentlich einem Ausländer gegenüber seine gute Laune verliert. Sie wüsten sich billigerwcise daran erinnern, daß Berlin den Deutschen gehört, und daß Deutschland ihr eigenes Land ist, während Sie und ich nur Besucher find. Die Straßen, Parks, Konzertsäle, Restaurants ge hören auch ihnen zuerst, und unser guter Geschmack erfordert, ihnen dort nicht den Bortritt zu Ketzin- dern. Wenn wir hier eine Eindollar-Mahlzeit für 20 Cents essen oder ein Eindollar-Konzert für 10 Lents hören, erinnern Sie sich immer daran, daß wir mehr als unseren Geldwert erhalten. Na türlich sind die Linden nicht der Prüfstein für die Rot der Armen von Berlin, wie auch die Friedrich straße nicht der Prüfstein für die gesellschaftliche Moral dieses Volkes ist. Schließlich, wena es Ihnen hier nicht gefällt, so wissen Sie, daß Sie schnell einen Zug zur Grenze finden, und daß die Fahr preis« billig find. Immerhin werden Sie finden können, daß ein bißchen Rücksicht Ihnen die Gut willigkeit des Volkes erschließt, das im Herzen höf lich und wcuwifühlend ist, und daß das gute, alte nmerikanischMLächeln eine noch bester« Währung hstr ist als^elbst der Dollar." Line Trauung am Krankenbette der Matter. Eine merkwürdige Trauung hat kürzlich im städti- schcn Krankenhause in Boston stattgefunden. Ben jamin Semon und Beatrice Newman wechselten die Ringe am Krankenbette der alten Frau Semon, die sich seit einem Monat in dem Hospital befand. Die alte Dame war erkrankt an Melancholie, weil ihre drei Söhne sämtlich unverheiratet geblieben waren und so der Familiennamen ausstcrben würde. Um den Kummer der Mutter zu heilen, faßte ihr ältester Sohn den echt amerikanischen Entschluß, eia jrrngeR Mädchen, das er erst seit vierzehn Tagen kannte, sofort zu heiraten. Im Beisein der Aerzte und der Krankenpflegerinnen fand die Trauung statt, und seither hat sich das Befinden der Kranken, wie die Aerzte versichern, ständig gebessert. Ein kostspielige» »Sympathiemittel". AusOcden- burg^Ungarn) wird gemeldet: Auf dem iu St. Niklas abaenaltenen Jahrmarkt kaufte die junge Gattin eines Baboter Landwirtes Geschirr im Werte von 08 000 Kronen und trug cs heim. Sie heizte sodann den Backofen, während sich ihr Gatte im Zimmer bei einer Flasche Wein unterhielt und Lieder sang. In der Stube lag eine Greisin krank danieder und stöhnte vor Schmerzen. Al» der Backofen geheizt war, ging die junge Frau an das Kneten des Brot teigs. Der Gatte aber stürzte plötzlich aus dem Zimmer, zerschlug das neucrworbenc Geschirr, sprang sodann gestiefelt in die Teigmaste nnd zerschlug auch die irdenen Milchkannen, die sich im Hose befanden. Auf den Lärm wurden die Nachbarn aufmerksam und wollten einschreiten, doch wurden sie dahin aufgeklärt, daß das ganze Zerstörungs arrangement ein »Sympathicmittcl" gewesen sei, um die im Bett liegende kranke Frau zn heilen. Dieser unsinnige Aberglaube, der der Kranken nicht die ge ringste Erleichterung brachte, kostete bas Ehepaar etwa 100 000 Kronen. Riclendiebstähle in einer Fahrradfabrik. In den S t y r i a - Fahrradwerken in Graz ist man Riesen- j !-e!pr1g«r irnü »aaSelsrettuag " tionttoffizieren gegründet, die also tatsächlich da, Schwert mit dem Pflug« vertauschten. Auf dem Cied^ diebstählen, die sich auf Hunderte vpa, Millionen' belaufen, auf die Spur gekommen. Di»..llntersuäMag , der Kriminalpolizei führte zur Verhaftung zweier Geschäftsführer der Firma, sowie mehrerer peditionsbeamtcr und Arbeiter, die gemeinsam einen schwunghaften Handel mit den gestohlenen Motor rädern, Gummiscymuchen usw. nach Wien betrieben hatten. Eine ganze Familie ermordet. Der 24 Jahre alte stellenlose Handlungsgehilfe Toth-Molnar hat bei der Polizei gestanden, daß er die aus Amerika zurückgckehrte Familie Luchmann — den Vater, die Mutter, die Tochter und deren 16jährigen Sohn — ermordet, beraubt und die Leichen im Garten des Lachmannschen Landhauses vergraben habe. Tatsäch lich wurden die Leichen an den bezeichneten Stellen gesunden. Toth-Molnar dürste bei seiner Tat Helfers- Helfer gehabt haben, und nach diesen wirb jetzt gefahndet. - , Zuchthaus für Spionage Vor dem Senate für erstinstanzliche Strafsachen des Reichsgerichts fand Mon tag die Verhandlung gegen den am 27. Juli 1882 in Kujau (Oberschlesien) geborenen Gruben steiger Vinzent Rzepka statt. Der Angeklagte, der neun Jahre Zuchthaus und Gefängnis wegen Dieb stahls und Betrugs hinter sich hat, arbeitete als Spion schon in den Tagen der oberschlesischen Ab stimmung. Am 2. September 1922 wurde er in Kastel verhaftet, wohin er aus Duisburg im Auf trage eines französisch-belßischen Nachrichtrnbureaus gekommen war. In Kastel sollte er Verbindungen mit der Reichswehr anknüpsen. Rzepka, der ununter brochen betont, „zwar ein Betrüger, aber kein Dater- landsverräter zu sein" behauptet, in Kastel zu den Militärstellen gegangen zu sein, um die Verhaftung der Franzosen, die ihn anstellten, zu ermöglichen. Die verlesenen Zeugenaussagen teilen aber mit, daß er sich zwar in Kastel meldete, wohl aber nur zu i»em Zwecke, um eine Verbindung mit den betreffenden militärischen Stellen anzuknüpfen. Bei dem Ange klagten wurde auch ein Notizbuch gefunden, das mit vollkommen unleserlichen Schriftzeichen, die wie Stenographie aussehcn, bedeckt ist. Rzepka behauptet, auf den betreffenden neun Blättern „Phantasie". Zeichen geschrieben zu haben. In dem Büchlein sind aber auch Geldsummen notiert, so daß. eine unbe kannte Geheimschrift angenommen werden kann. Als Zeugen werden Feldwebel Müller und Hauptmann Reinert aus Kastel vernommen, die beide überaus belastend aussagen. Rzepka wurde wegen Spionage zugunsten Frankreichs zu vier Jahren Zuchthaus und Stellung unter Polizeiaufsicht verirrteilt. Außerdem wurden ihm die bürgerlichen Ehrenrechte abge- sprachen. Explosion eines Gasometers Ein schweres Explosionsnnglück ereignete sich in der Gasanstalt Arendsee in der Altmark. Ale Mon teure beim Abmontieren des 50 Kubikmeter Gas fassenden Gasometers beschäftigt waren, erfolgte eine heftige Explosion, die den Todvon drei Per sonen zur Folge hatte. Der Gasometer, der seit Herbst vorigen Jahres nicht mehr in Betrieb war, war auf Abbruch verkauft, und mit der Abmontierung war in diesen Tagen begonnen worden. Ilm dem in dem Gasometer befindlichen Gas freien Tsibzug zu verschaffen, war bereits der Verschlußdeckel gelöst > worden. Durch hinzutretendcn Sauerstoff hatte sich ! Knallgas gebildet, das zur Explosion kam, als die Arbeiten ihren Fortgang nahmen. Ein auf dem ; Gasometer arbeitender Monteur wurde durch die Explosion mehrere Häuser weit fortgeschleuüert. Zu den Todesopfern gehören auch die Eisenanfkäufer Gcbr. Ianciewiecz- Ein anderer Monteur zog sich eine Gasvergiftung zu, doch dürfte er mit dem Leben davonkommen. Militärsiedlung iu Mexiko. Wie die Deutsche Zeitung für Mexiko mitteilt, empfing kürzlich der ! Präsident der Republik Mexiko eine Abordnung der ' Militärsiedlung Ribera del Lärmen im Staate Vera- ,! cruz, die einen äußerst befriedigenden Bericht über diese neue Kolonie erstattete. Die Siedlung liegt un weit d r Stadt Minantitlnn. Sie wurde nach der letzten Revolution von etwa 100 ehemaligen Revolu- lungsgebiet fand man zum Glück Petroleumquellcn, doch fehlt den Kolonisten noch der notarielle Besitz titel. Jetzt petitionieren die Siedler um das Recht zur Ausbeutung der Oellager. Liebesvertrag um eine Komtesse Eine die Wiener Gesellschaft lebhaft beschäftigende Affäre kam in Wien vor dem Strafgericht zur Ver handlung. Der Wiener Rechtsanwalt Emil von Hofmannsthal hatte im April den Budapester Fabrikdirektor Adolf Györfas im Hotel Bristol mit einer Hundepeitsche mißhandelt. Hofmannsthal schilderte vor dem Richter die Vor geschichte. Er hatte in Karlsruhe die ungarische Kom- teste Scher-Toß kennengelernt und sich mit ihr verlobt, obgleich sie ihm gestanden hatte, daß sic von dem Budapester Rechtsanwalt Dr- Bcla Mor, einem der reichsten Männer Ungarns und Schwager des Györfas, geliebt werde. Mor, der verheiratet und Vater von drei Kindern sei, wolle sich scheiden lasten, um sie zu ehelichen. Sie wisse, daß Mor Selbstmord verüben werde, falls sie nicht seine Gattin werde. Sie liebe jedoch Hofmannsthal, könne chm aber nicht versprechen, daß sie nicht wieder zu Mor gehen werde, der auf sie einen wahrhaft hypnotischen Einfluß ausübe. Darauf schloß Hosmannstyal mit ihr eine Art Vertrag, in dem erklärt wurde, daß jeder seine Freiheit wiedergewinnen solle, falls ihm das Zusammenleben unmöglich werden sollte. Mit Mor hatte Lofmannsthal eine Aussprache, in der dieser ihm offen sagte, daß er die Komtesse bis an sein Lebensende lieben werde, daß er jedoch Ruhe geben wolle, falls er als Freund im Hofmannsthalschen Hause verkehren dürfe und auch die Komtesse heiraten könne, wenn diese aus freien Stücken Hofmannsthal verlassen würde. Am 8. April erklärte die Komtesse, daß die Hoch- zeit verschoben werden müsse, weil Mor einen Selbst- Mordversuch durch Gift unternommen habe. Hof mannsthal bestand jedoch auf die Trauung, die am 10. April stattfand. Noch während die Hochzeitsgäste zur Gratulation zugegen waren, ließen Györfas und Mor das Gepäck der jungen Frau auf ihr Hotel- tzimmer bringen, und ein Auto stand bereit, um sie zu entführen. Tatsächlich begab sich auch die kaum Getraute auf die Straße, wo sie Mor gesehen batte. Auf einen Brief, den Hofmannsthal an Györ fas schrieb, daß er seinen Einfluß auf die nerven schwache Frau mißbrauche, antwortete dieser mit einem beleidigenden Brief, der Hofmannsthal so er regte, daß er Györfas im Hotel züchtigte. Inzwischen hat Frau von Hofmannsthal ihren Gatten verlassen, der jedoch vor dem Richter in galanter Weise alle ihre Herzensnöte auf den hypnotischen Einfluß Mors zuruckführtc. Der Rechtsbeistand von Györfas be hauptete, daß Hofmannsthal seinen Klienten von hinten überfallen und geschlagen habe, so daß Györ fas, der gerade beim Geldzählcn war, zuerst an einen Banknotendicbstahl dachte. Der Anwalt Hofmanns- thals wiederum beantragte Verfolgung von Györfas wegen beabsichtigter Entführung. Das Gericht vertagte sich, um Györfas, der nicht erschienen war, als Zeugen zu vernehmen. Ermäßigung der Standmieten für die Wiener Herbstmesse. Die schwierige wirtschaftliche Lage der Industrie und des Gewerbes veranlaßten den Vorstand des Hauptver- dandcs der Wiener Messeintercssenten an die Leitung der Wiener Messe das Ersuclien zu stellen, mit ihm über eine Herabsetzung der Standmiete zu beraten. In den unter Vorsitz des PrSsidcntcn des Hauptver- bandeS, GcmctnderatcS Zimmert, stattgcfundcncn Beratungen wurde der Standpunkt der Messeleitung voll gewürdigt, datz mit Rsscksicku aus das Steigen der Aus gaben und die notwendige Vermehrung der Propaganda ein radikaler Abbau der S-andmicte nur bei einer ebenso radikalen Vergrößerung des GesaintbclegraumcS möglich sei. Trotzdem mutzte jedoch daS Verhandlungskomitee unter Hinweis ans die niit der Beschickung der Messe verbundenen Ausgaben darauf bestehen, datz mit dem Abbau der Standmiete begonnen werde. Generaldirektor Ntttllcr erklärte schliesslich verantworten zu wollen, das; bei rechtzeitiger Anmeldung lAnmcldungsscblutz 15. Inuit ein Vabatt von 10 Prozenr aus die osstziellc Standmiete samt Propagandazuschlag gewährt, und datz diese Ver günstigung auch auf die bereits erfolgten Anmeldungen angcwcndet werde. Dieser Vorschlag wurde vom Komitee akzeptiert. Der Vorstand des Hanptverbandes nnd der Arbeitsausschuß der Messe haben das Abkommen gutgc- heißen. MuM ' Leitung: Universtiütsmufikdtr.Bros. Jrsedr. Brandes Kus -en rsonzertsAen Das in derAniversitätSkirche zu St. Pauli ab gehaltene Konzert zum Besten notleidender Musik studierender hätte in Anbetracht seine» guten Zweckes wie der aus hoher Stufe stehenden künst lerischen Darbietungen einen zahlreicheren Besuch verdient. Nach Herrn Prof. Ernst Müller» ein leitendem ausgezeichneten Orgelvortrag seines musikalisch wertvollen Lasso ostlvato sang Frau T'lla Schmidt-Ziegler zwei deutsche Arien mit Klavierbegleitung und obligater Violine von Händel, im weiteren Verkauf zwei Lieder von Rob. Schumann und zum Beschluß zwei biblische Gesänge von Dvorak. Auf sehr geschmackvolle Art wußte die Künstlerin dabei ihre recht sym pathisch berührenden stimmlichen Mittel zu ver wenden und echt empfundener Vortragsweise dienstbar zu machen. Dazwischen spielte das Schachtebeck-Quartett je ein Adagio au» Beetho vens Op. 59 Nr. 2 und dem F-Moll-Quartett Op. 43 von Rich Wetz. Die klangliche Wirkung seines intonationsreinen, ausdrucksreichen sestge- schlossenen Zusammenspiels war in der K.rche mit ihrer ausgezeichneten Akustik von schöner und tiefgehender Wirkung. «. Tamara Karsawina, die mit ihrem Partner Peter Wladimirofs jetzt in Deutschland Tanz gastspiele gibt, empfing auch bet uns eine sehr herzliche Huldigung. Sie galt gleichermaßen der anmutigen Frau wie der eminenten Kunst alter Schule, die sie in so bewundernswerter Weise lebendig macht. Wer sie allerdings früher im Rahmen des russischen Balletts gesehen hat, wird diese Erinnerung über den gestrigen Eindrücken nicht ganz vergessen. Denn dar Wesentliche dieser russischen Hofkunst ist nicht nur die'Pflege und Wetterführung der aus dem 18. Jahrhundert stammenden Technik, sondern der Sinn für die große Pantomime Es ist der Vorzug ihrer über ragenden Solisten, daß sie so fest in dieser Tra dition wurzeln und auch da, wo sie sich ganz selbständig produzieren, den Zusammenhang mit ihr erkennen lassen. Sie streben aus dem rein Rhythmischen von Körperbewegung und Glieder spiel immer ins Dramatische. So zeigte gestern eine Szene wie der Geist der Rose (nach Weber- Berlioz), obwohl sie nicht ganz den verdienten Anklang sand, ihren Stil tatsächlich am reinsten. Die außerordentliche Delikatesse, mit der dabei eine Karsawina den Tanz poetisch verklärt und auch das Antlitz als Gefühlsträger Mitwirken läßt, unterscheidet sie von den deutschen Künstlern, denen diese Schwierigkeit, wenn sie sie nicht von vornherein umgehen, meist zum Verhängnis wird. Dieselbe Kunst dann übertragen auch in die reinen Solostücke, den sterbenden Schwan, den sie be wegter und mit einer weniger verhaltenen Sensi bilität als die Pawlowa tanzt, und die Romanze von Mozart, deren Mischung von Grazie und Pathos ihrem Temperament besonders entspricht. Bet alledem bleibt unvergeßlich der Eindruck aus einiger Entfernung, wo man den Mechanismus, der Ausführung nicht mehr wahrnimmt und das Malerisch-Bildhafte genießt: die wunderbare Präzision der Bewegungen und Umrisse und den Wirbel der Körper im Raum. W. S. Zeitgenössische M^lik. Ueber die Kammer- musikwoche „Neue Musik", die vom 17 bis 24. Juni in Frankfurt a. M. stattsindet, wird uns mtt- geteilt: Das Programmheft für die Kammer musikwoche „Neue Musik" läßt erkennen, daß die Neben Frankfurter Konzerte einen umfassenden Ueberblick über das Schaffen der zeitgenössischen Komponisten geben werden. Die konzertfreien Tage bieten Vie Möglichkeit zum Besuch des Opernhauses, das für den 18. Juni die „Ariadne" in einer Neueinstudierung, für den 21. Juni die „Frau ohne Schatten" und für den 23. Juni die „Schaharazade" von Bernhard Sektes vorgesehen hat. Anfragen über das Musikfcst „Neue Musik" sind an den Verwalter des SaalbaueS, Herrn Brendel, Frankfurt a. M., Junghosstraße 20. zu richten Spielzeug D.n Granit Tttlsk Ich gehe mit einem Bekannten durch den Stadt park. Dieser gute Bekannte hat die schlechte Ge wohnheit, überall Anwendungen aufs Leben zu ma chen. Weil aber im Stadtpark gemeinhin nichts vor kommt, was solche Anwendungen zuläßt, gehe ich mit ihm ebendort spazieren. Es ist schön. Die Vöglein singen. Manchmal " ein Fink auf dem Wege und weicht nicht aus. Erst im letzten Augenblick sagt er »piep" und hüpft bei seite. Nun, über den Fink wäre nicht» Bemerkens wertes weiter zu berichten. Aber dann sehen wir einen kleinen Knaben, der einen Hasen hinter sich an einer Schnur zieht. Es ist so ein braunes Häschen auf Rädern, das immer hup- huv macht. Der kleine Knabe zieht an der Schnur und sieht sich nicht um. Plötzlich geschieht etwas. Ls lockert sich nämlich der Knoten dort, wo die Schnur am Halsband des Hasen festgeknüpft ist. Eie löst sich, um das Hup- Hup-Häschen bleibt auf dem Wege stehen. Was aber tut der kleine Knabe? Er tut nichts. Er zieht wei ter an seiner Schnur und denkt: Ach, der Hase wird schon hinterher laufen. Wirklich, dieser Knabe be merkt nicht einmal, daß er nur noch die Schnur nach schleift. Plötzlich aber, als ein anderes Kind ihm begegnet und er diesem seinen Hasen -eigen will, merkt er die Bescherung und fängt an zu weinen. Für meinen guten Bekannten ist der Augenblick gekommen,' seine gefürchtete Anwendung auf» Leben zu machen. Er sieht zuerst auf den Hasen, dann aus den kleinen Knaben, dann mir in die Augen und dann beginnt er also zu sprechen: »Bemerkten Sie den Knaben mit dem Häschen? Wenn er ein Mann ist, wird er seine Frau auch so an der Schnur hinter sich herziehen, wird nicht hin- sehen, ja, und dann wird ihm dasselbe passieren. Gan- dasselbe." »Mit dem Unterschied, daß er hinterher seine Frau nicht so zärtlich in den Arm nehmen wird, wie es der Junge jetzt mit dem Hä»chen tut." Mein Begleiter runzelt nachdenklich die Stirn. Ls entsteht eine Pause. Dann sagt er: »Eigentlich ist diese Nutzanwendung dumm, denn schließlich ist k u kein Hase." :.n", antwortete ich, »die Frau ist kein Hose, s....c n der Man«" ' Doch damit mußte ich wohl etwas recht Dummes gesagt haben, denn mein Begleiter erklärte plötzlich, heimgehen zu müssen, seine Frau warte mit dem Abendbrot auf ihn. Es macht wirklich keinen Spaß, mit ihm spazieren zu geben. Intensive« Fingerspitzengefühl. Ein einzig da stehender Fall von Ersatz des Gesichts- und Gehör sinnes durch Gefühls- nnd Geruchssinn wird von dem amerikanischen Arzt Williams mitgeteilt. Es handelt sich um ein achtzehnjähriges Mädchen, Willitta Huggin», das in seinen ersten zwölf Lebensjahren den Gesichts- und Gehörsinn besaß, dann aber beide in verhältnismäßig - kurzer Zeit völlig verlor. Mit fünfzehn Jahren konnte sie weder sehen noch hören,' war vollkommen apathisch nnd ging in ihrer geistigen Entwicilunq-sehr -nriick. Sie wurde dann in einem Institut für Taube nach der Methode Helen Keller unterrichtet und zeigte nun bald erstaunliche Eigen- schäften. Sie hörte mit den Fingerspitzen, indem sie diese auf den Kehlkopf, Brust oder Kopf der Sprechenden legte. Später lernte sie die Vibrationen durch Mittelstticke verstehen, so z. B. durch ein Billardqueue, das auf Brust oder Kopf de» Sprechenden mit dem einen Ende und in ihrer Hand mit dem anderen lag. Tiefe Stimmen versteht sie besser, kann sich daher leichter mit Männern unter halten. Sie vermag jetzt jeder Unterhaltung zu folgen, indem sie die Fingerspitzen auf den Emvfänger ihre» Andiphon» legt. Papiergeld sowie Zettuggen mit einigermaßen großem Druck liest sie ebenfalls mit den Fingerspitzen. Noch merkwürdiger ist es, daß sie tatsächlich Farben riecht. Sie kann auf diese Meise alle Farben mit dem Geruch gut und richtig unter- scheiden, doch läßt diese Fähigkeit in einem ge schlossenen Raume mit schlechter Lust, die den Ge ruchssinn beeiträchttgt, wesentlich nach. Flüsse, die Kluß heiße». Eine größere Anzahl unserer Flußnamen bedeuten nickt» andere» al» Fluß. Darauf macht Dr. Ernst Wasserzieher in der Leipziger Illustrierten Zeitung ansmerksom. Elbe z B. bedeutet nicht» andere» als Fließende». Bet solchen großen Flüssen ist der Gattungsname, der erst später zum Eigennamen wird, begreif licher al» bei Heinen, denn ein Fluß wie die Elbe hat eine so überragende Bedeutung, datz er eben der Fluß schlechthin wird. In Schweden, wo so viele Flüsse nebeneinander der Ostsee zu- r strömen, ist der Name Elbe oder Slf sehr ver breitet. Aber um die einzelnen Flüsse vonein ander zu unterscheiden, muß man Bestimmungs wörter hinzusetzen wie Dalelf, Torneaelf, Uneelf usw. Im Rhein gibt es zwei Flüß chen, die Alf heißen, und in Griechenland Aömt der sagenberühmte Alpheios; diese Wörter sind mit Elbe urverwandt und bedeuten nichts anderes als „Fluß". Ebenso ist es mit Rhein und Rhone; beide Namen bezeichnen nur einen Fluß, und das gleiche ist der Fall beim Ebro, Indus, Ganges, Orinoko u. a., die eigent lich alle Gattungsnamen und keine Eigennamen sind. Anders liegt es -. B. bei der Saale, die Salzwasser bedeutet, und bet der Lahn, die aus Loganaha verkürzt ist, was wahrscheinlich Laugen wasser heißt nach der grauen Farbe des Flusses, die noch einige Zeit nach seiner Mündung in den Rhein deutlich erkennbar ist Ein Ortsname, dec Fluß bedeutet, ist der des jetzt so vielgenannten Fiume. Der Ort liegt in der Nordostecke de» Adriatischen Meeres und hat seinen Namen von einem Küstenflüßchen, das einfach Fiume, d. h. Fluß, genannt wurde und auch keinen anderen unterscheidenden Namen brauchte, weil man eben keinen anderen Fluß kannte. Seltsam« physiologische Folgen eine» Blitzschlages beschreibt Dr. Bischoff in der Schweizerischen Medi- -mischen Wochenschrift: Ein Waldarbeiter wird vom Blitz getroffen, läuft in dämmerartigein Zustande noch rin paar Schritte und klammert sich an ein Drahtseil. Mit krampfhaft an dem Seil an geklammerten Händen wird er in gebückter Stellung bewußtlos anfqefunden. Zweieinhalb Tage hielt der bewußtlose Zustand an, dann Klagen über Brustschmerzen und Schlaflosigkeit. Die unmittel baren Folgen des Blitzschlages waren Zerreißung von Hemd und Hose, Bewußtlosigkeit, nach Aufhoren der- selben Schwäche der oberen Gliedmaßen, Jittern der Finger, Herabsetzung des Empfindungsvermögens an den Giedmaßen, an der Brust Verbrennungs erscheinungen zweiten Grades, am rechten Ober schenkel ein längslaufendcr roter Hautstreifen, in dessen Umgebung die Haare versengt waren. Die Heilung trat in verhältnismäßig kurzer Zeit ein, am längsten blieben die Empfindungsstörungen an der Haut bestehen. Kleine Tljenteruottz. ^srau Antonie", da» neue Schausviel Georg Hermanns, kommt am Städtischen Schauspielhaus in Frankfurt a. M. »nr Uraufführung. Das Stück ist die Dramatisierung des Hermannschen Roman» »Heinrich Schön j r.". Aphorismen Don 4kSki«eiIn Unter den vielen Höldettin-AuZgaben, die lebt erscheinen, darf die neue Ausgabe des Jnscl-Vertages, LcipzigHn einem Band« wegen ihrer Ländlichkeit und Vollständigkeit einen be vorzugten Platz beanspruchen. Äusser seiner ge samten Lyrik sind hier auch alle («itwllrsc und die wundervollen Uebcrsctzungen aus der an- rite» Literatur vereinigt. Aus Anlass seines 8V. Todestages am 7. Juni seien hier aus den Aussatz-Skizzen seines Nachlasses einige Aphorismen wiedcrgegeben, die die neue Aus gabe bringt. . Vortreffliche Menschen müssen auch wissen, daß sie es sind, und sich wohl unterscheiden von allen, die unter ihnen sind. Eine zu große Bescheidenheit hat oft die edelsten Naturen zugrunde gerichtet, wenn sie ihrer größern und feineren Gesinnungen sich schämten und meinten, sie müssen der unge zogenen Menge sich gleichstellen. Freilich wird man auf der andern Seite leicht zu stolz und hart, und hält zu viel von sich und von den andern zu wenig. Aber wir haben in uns ein Urbild alles Schönen, dem kein einzelner gleicht. Dor diesem wird der echt vortreffliche Mensch sich beugen und die Demut lernen, die er in der We!> verlernt. * Es gibt Grade der Begeisterung. Von der Lustigkeit an, die wohl die unterste ist, bis zur Be- geisterung des Feldherrn, der mitten in der Schlacht unter Besonnenheit den Genius mächtig erhält, gibt es eine unendliche Stufenleiter. Auf dieser auf und ab zu steigen ist Beruf und Wonne des Dichter». »ss Der tragische Dichter tut wohl, den lyrischen, der lyris^e den epischen, der epische den tragischen zu studieren, denn im Tragischen liegt die Vollendung de» Epischen, im Lyrischen die Vollendung des Tra gischen, im Epischen die Vollendung des Lyrischen. Denn wenn schon die Bollendung von allen ein ver mischter Ausdruck von allen ist, so ist doch tmr eine der drei Seiten die hervorstechendste. -e Meist haben sich Dichter -u Anfang oder zu Ende einer Weltperiode gebildet. Mit Gesang stejgen die Völker aus dem Himmel ihrer Kindheit ins tättge Leben, ins Land de- Kultur. Mit Ge- sanss keb'ren Ne von da zurück ins ursprüngliche Lcbcn. Die Kunst ist dcr Ueberqang aus der Natur zur Bildung, und aus der Bildung zur Natur. Die m< Marktpreis das gefähi klärt. Dc seines Na! führen m ernähren i bedingten nicht zu de stoffe eber die Riesen sich in ei machen, di teuert, so ! lande den ! und verlar Herstellung zu verblüh Technische i messer der deutschen tc einmal die ersetzen un und Kraft, ersparen. Heute, i solche Mög schon gar n die den Da kohle brauki ihren Damf Dampf des seine Arbeit die Kohle h danken veri Hochöfen, t Brillantfeue lassen, durö geschlossenen Hochofenwer mit elektrift Etwas i angewandt, schriftlicher leicht sie an dem Praktil struktion au kennen. D« webefaser m Bisher kom len allgemein zur Anweno vorgang aust hat insbeso Schweißung bat dagegen (Nickelkupfer, befriedigend«! scheinlich au Schmelztemp« gierungen (U
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