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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.06.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-06-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192306016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230601
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-06
- Tag 1923-06-01
-
Monat
1923-06
-
Jahr
1923
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s-»- r Ularheit und Wahrheit Don K. KrA»I»nr, M. d. R. Diese Ausführungen des Vorsitzenden oes Deutschen Demokratischen Parteivor standes erscheinen gleichzeitig in der „Hilfe". Die Ereignisse beginnen sich zu überstürzen. Noten hin und her, Krisengerüchte, endgültige und vorübergehende Rücktritte von Minister präsidenten, Premierministern, Hinrichtung von deutschen Abwehrkümpfern durch die Franzosen, kommunistische Revolten an der Ruhr, Kriegs gerüchte im Orient, ebenda Friedensschlüsse, Ultimatum Englands an Rußland, Plünderun- gM in Dresden, Marksturz, welcher Zeitungs- leser, welcher Politiker kann all diese Ereignisse noch gleichzeitig in sich aufnehmen, beurteilen, verarbeiten? Und ob es bald Heller und lich ter wird, wer will es Vorhersagen, wer will es glauben! Eher kann man im Gegenteil an nehmen, daß die Zwischenfälle und Ereignisse im In- und Auslände sich weiter häufen. Dennoch und gerade deshalb liegt unser Schicksal mehr als je in unserer Hand . Schauen wir rückwärts und vorwärts' Lassen wir alle politischen Erwägungen über die Kriegs lage schweigen. Sprechen wir allein von dem, was die große Masse des deutschen Volkes aller Klassen und Stände, aller Glauben und Be kenntnisse zwischen 1914 und 1918 geleistet hat. Wer wird mäkeln und Mängeln? Dielleichtwaren wir unvollkommen, fehlerhaft in unserer Grund einstellung von Machtpolitik; sicher waren wir fehlerhaft in unserer Unzulänglichkeit, das Leben des Volkes als Einheit, als nationalen Organis mus zu empfinden. Aber nehmt alles nur in allem: Wir Huben Unerhörtes geleistet. Ungeheu res vollbracht. Das Ende kam. Der Fall war geschehen. Wir waren erschüttert. Wir taumelten. Wir suchten und sanden ein mühsames Gleichgewicht in der Demokratie, in der Republik, in der Weimarer Verfassung. Das Greisen und Ringen um dies Ideal umschleierte uns einige Monate den Ab grund. vor dem wir standen. Noch hatten wir nickt erkannt, was es heißt, einen Weltkrieg vcr- loren zu haben. Dann kam die rauhe Wirklich keit, Mai 19Ul, der Versailler Vertrag. Es kamen die Ultimaten, die Konferenzen, Sie Ent scheidungen. Erfüllungspolitik! Zeit gewin nen! Was läßt sich da nicht alles kritisieren. Aber befreien wir uns einmal von den ÄHIag- worten dieser Zeit. Streifen wir ab, was wir Nirs selber umhinqen. Denn es gibt in schweren Stunden keine größere Gefahr, als Sklave seiner eigenen Phrase zu sein. Wir haben uns in die sen vier Jahren das Höchste erhalten, was wir auf Erden haben, das Deutsche Reich und seine Einheit. Wenn es irgendeinen Vorwurf gibt, den wir uns selbst machen müßten, so ist es der, daß wir uns vom Anklagegeschrei der „Erhabe nen", der Selbstgefälligen, der Zungenhelden zu viel imponieren ließen, ihnen zu viel nachgaben, noch zu wenig innere Sicherheit in uns trugen, um unseren Weg zu gehen, unbeschadet derjeni gen, die an den Gaffen redeten. Es kam der 11. Januar 1923. Ich stand am Rhein. Die welschen Heere strömten heran. Einen Tag vorher, am letzten Tage, als Essen noch frei war, versammelten wir uns im engen Kreise von Parteifreunden. Man hat später gesagt, wir hätten in jener Stunde zu schwarz gemalt. Nein, nicht zu schwarz, denn mit den azurblauen Kolonnen wälzte sich das schwerste Schicksal ins deutsche Land hinein. Wer offen war gegen sich selbst, konnte keine Minute daran zweifeln. Aber dann kam doch noch eine große Ueberraschung: der passive Widerstand. Ihr, an der Elbe, an der Spree, an der Oder, ihr habt vielleicht nie so ganz begriffen, was das war. Aber ihr habt geholfen, so wie ihr es verstandet, und deshalb sei euch Dank und Ehre. Als die Menschenmauer in jener unerschütter lichen Einheit viele Monate lang am Rhein, an der Ruhr stand, da brach ein neues Zeitalter an. Gewiß war der nüchterne Beobachter immer darüber im Zweifel, ob die Früchte jetzt schon reifen könnten. Aber nichts vergeht. Was an Roein und Ruhr geschehen, wirkt weiter, auch mc?n jetzt seelisch kranke Massen wieder einen Tn! von dem zerstören, was sie errickteck. Müssen wir verzagen und verzweifeln? Mag die Kraft heute nicht ausreichen, alle Fragen zu lösen, aber wir können, wir müssen stolz sein auf das, was wir taten. Nun stehen wir in schwerster Not. Nun schlagen wir die Lebensbücher unseres eigenen Schicksals auf, machen unsere Rechnung und sagen: Wir wollen stark bleiben jetzt, wo es am schwersten, aber auch am notwendigsten ist. Die ungeheure Anstrengung dieser fünf Monate hat manchen mürbe gemacht. Wir wollen stärker sein als die Verzagenden. Unser Beispiel sind jene treuen Eisenbahner oder Beamten, die von Haus und Hof gingen, die Hab und Gut im Stiche ließen, aber erhobenen Hauptes als Ver- triebene über die Nheinbrücken kamen, in das noch unbesetzte Vaterland hinein. Wir wollen sein wie jene stillen Helden, in deren Wimper keine Träne zuckte, als sie ihre Heimat verlassen mußten. In ihrem Namen sprechen wir, wenn wir sagen: Es darf, es wird in dieser Stunde keine Deserteure geben. Mag man uns äußerlich beugen, im Innern, in uns selbst, in unserer Seele bleiben wir stark, gefestigt und frei. Die Negierung möge endlich schneller, entschlossener, großzügiger handeln als bisher. Wenn sie das tut, folgen wir ihr durch die schwersten Wüsten. Es gilt, das Reich zu retten. Es gilt, unser nationales Sein zu erhalten! Die Vergeltung überlasten wir der Geschichte. Ungebrochen aber ist unser Glaube, unser inneres Wesen, unser Wille, dem Vaterlande, der Republik, der Demokratie zu dienen. Alles fällt von uns ob, was uns bisher noch hemmte in dem Willen, ' krettsg, üea 1. Juni zu opfern. Der Industrielle, der Bauer, der Sachwertbesitzer: sie alle haben nun nur noch eine Wahl: Opfer oder Untergang. Der Arbei ter, der Angestellte, der Beamte wird sich sagen müssen: Nun ist das Zögern vorbei, dtun heißt es nicht mehr: Laßt erst den oder jenen voran gehen. Nun gehen wir alle, Bruder und Schwester, zum letzten Dienst am Paterlande. Mag das schwache, in der Eile geschriebene Wort noch so unvollkommen ausdrücken, was uns bewegt. Was in uns lebt und glüht, ver steht jeder, der den Sinn der Stunde erkennt. Mag jeder es mit seinen Worten sagen. Mag jeder nach seinem Sinn die rechte Tat tun. Nun erst schlägt die wahre Stunde der Demo kratie, daß wir eins werden als Schwester und Bruder, daß wir zur Nation und zum Volke uns verschmelzen als unzerstörbare innere Ein- heit. Das scheinbar Aeußerliche und Formale der Demokratie fällt ab. Es bleibt allein das innere Wesen: Bruderschaft und Gemeinschaft. Wenn die Millionen Demokraten des Landes, des Reiches ihre Pflicht tun, wenn der einzelne von uns ein Führer ist in seinem Kreise, wenn er die Kräfte zusammenfaßt und sie auf ein Ziel lenkt, dann gehen wir aus dieser ungeheuren Krise hervor wie aus einem Stahlbad: kühner, freier, fester, treuer, zielklarer als je. New York interessiert sich für Oesterreich Dien, 31. Mai. (Eig. Tel.) Nach einer Mel dung der Frankfurter Zeitung aus Wien, besteht dort der Eindruck, daß Generalkommifsar Zimmer mann, der jetzt in London mit der Morgangruppe wegen Uebernahme der amerikanischen Abschnitte der Völkerbundsanleihe verhandelt, sich bezüglich des Interesses Nordamerikas an Oesterreich sehr weit gehenden Hoffnungen hingebe. Zimmermann hat dieser Tage die im Bau begriffenen großen Wasser kraftwerke in Oesterreich besichtigt und hierbei wohl auf Grund ihm zugegangener Mitteilungen der Er wartung Ausdruck gegeben, daß die Finanzkreise der Bereinigten Staaten sich nicht mit der Aufnahme der österreichischen Anleihe begnügen, sondern darüber hinaus sich in weitgehendem Maße auch für die österreichischen Industrieanlagen, und zwar ins besondere für die Wasserkraftwerke interessieren würden. Auch rechnet Zimmermann für diesen Som- mer mit zahlreichen amerikanischen Besuchen in Oesterreich. Lloyd George und Rsquith London, 31. Mai. (Eig. Tel.) Ein Verband liberaler Wahlvereine hat gestern mit großer Mehr beit sich zugunsten des Standpunktes der Asquith- liberalen ausgesprochen, wonach von einleitenden Verhandlungen zwischen beiden Fraktionen über eine Fusion keine Rede sein könne. Einer der Führer der Asquithliberalen erklärte danach, daß die Dis kussion einer berßfertigen Stimmung der Lloyd- Gcorge-Liberalen und einer Preisgabe ihrer Führer im Falle einer Fusion unannehmbar sei. Ausgeföhnt London, 31. Mai. (Gig Tel.) Die englische Antwortnote an Rußland ist gestern der hiesigen Handelsdelegation überreicht worden. Sie beschäftigt sich im wesentlichen mit den englischen Beschwerden über die russische Propaganda und stellt die Forde rung auf, daß die russischen Vertreter in Persien und Afghanistan versetzt werden sollen. Im übrigen ist sie in versöhnlichem Tone gehalten und stellt fest, daß Rußland die meisten englischen Forderungen an genommen habe. Vie Tanger-Zrage Paris, 31. Mai. (Eig. Tel.) Die Morgen- blätter bestätigen das Zustandekommen einer Sach- verständigcnkonferenz in London über die Tanger frage, an der Spanien, England und Frankreich teilnehmen werden. Frankreich werde vertreten sein durch den Leiter der afrikanischen Abteilung im fran zösischen Ministerium des Aeußern, de Beau marchais. Es handelt sich vorläufig nur um eine Vorkonferenz. Die endgültige Entscheidung wird späterhin auf einer neuen Konferenz getroffen wer den, auf der Frankreich durch seinen Londoner Bot schafter Saint Aulaire, England durch Lord Eurzon und Spanien durch den spanischen Botschaft in London Merry del Val vertreten sein wird. Line Mage der Reichsbank Berlin, 31. Mai- (Eig. Tel.) Der „Vor wärts" hatte vor kurzem wissen wollen, das R e i ch s b a n k di r e k t o r i u m beabsichtige, nach dem es eine autonome Anstalt geworden, sich Gold pensionen zu bewilligen. Diese Mitteilung des „Vorwärts", die auch von der „Sächsischen Staatszeitung" ausgenommen worden ist, wird vom Rcichsbankdirektorium als vollkommen aus der Luft gegriffen und jeder Unterlage ent behrend bezeichnet. Die Reichsbank verweist darauf, daß das Autonomiegesetz für die Regelung der Ge hälter und Pensionen den Weg der Gesetzgebung vorschreibt, so daß also der Rcichsrat, Reichstag und Reichspräsident entscheidenden Einfluß haben. Das Reichsbankdirektorium hat auch in diesem Sinne dem „Vorwärts" eine Berichtigung gesandt, dieser hat jedoch dem Abdruck die Bemerkung angrfügt, er halte an seiner Behauptung durchaus fest. Wie wir hören, wird die Reichsbank nunmehr Klage anstrcngen, zunächst gegen den „Vorwärts" und nötigenfalls, wenn die „Sächsische Staat»z,i- tung" ebenfalls an ihrer Behauptung festhält, auch gegen diese. Lin tüchtiger Beamter Berlin, 31. Mai. (Eig. Tel.) Di« Rechtspar teien hatten im vergangenen Jahre zum 8. Mai, dem Geburtstage des ehemaligen Kronprinzen, einen großen Artilleristentag in Potsdam geplant, zu dessen Einberufung Oberst Bauer und General von der Hardt, dir seinerzeit der Kampsorganisa tion angehörten, geladen waren Die Arbeiterschaft beschloß, hiergegen in Verbindung mit den pazi fistischen Oraarnsationen zu demonstrieren und oe- auftragte dem Dewcrkschoftssekretär Thielemann, vorher schriftlich den Polizeipräsidenten von Pots dam, Herrn von gitzewitz, zu ersuchen, ein Verbot dieser monarchistischen Veranstaltung zu erwirken. In diesem Briefe sah der Polizeipräsident eine Unfichsßcheit iy vautzen hirchvEch an. 'Echo» dm Nachmittag bildete sich vor dem Gewqpsthause„ sh dem ein Teil der städtischen Kasst uertßtHedracht ist, eine größere Ansammlung. DaraüHstr besetzte ein starker Polizeikordon den Lpang. DiO über Mitternacht hinaus durchzogen ' Mge von Demonstranten singend und lärmend die Straßen und hielten die Einwohnerschaft in Be unruhigung. Die Demonstranten zogen vor die Vergnügungsstätten und erzwangen deren Schlic- huNg- Die Polizeiorgane, unter deren Augen die Vorgänge sich abspielten, verharrten in passivem Widerstand und begründeten dies damit, daß ein Einschreiten so lange nicht angezeigt erscheine, als es nicht zu Krawallen komme. BeamrennSngung und übergab diese Angelegenheit 6er Staatsanwaltschaft. Diese lehnte zuAWst die Erhebung der Anklage ab. Hpf Beschwerde d<c» Polimiprästdrntef. hba hatReunmerWchcht Mss schloffen, Klage argen'Dergchov gegan 8 »r» Sk< G.-B. (Beamtennötigung) zu Erheb«. Am Sonnabend nun wiptz sich Up r tzz«. Stpi^ kammer in Potsdam LtzielsMm» «tstenTHxmtl«- nötigung zu verantworten stobech. Der "Poliz'rG. Präsident ist als Nebenkläger zugeMsten, Li« Schmäher «attzenaus 500000 Mark Geldstrafe für Roth Leipzig, 31. Mai. Reichsanwalt Dr. Feisenberger eröffnet^ den Schlußtag mit der Verlosung «ine» Schmid«»», da», aus seine Anfrage vom Berliner Außenministerium eingegangen ist und in dem bestätigt wird, daß Rathenaü an der Annahme de» Londoner Ulti matums nicht beteiligt war. Der Verteidiger Dr. Nütz fährt dann in seinem Plädoyer fort. Er zieht wieder angeblich wissenschaftliche Aeuße- rungen zum Rassenproblem zu Hilfe, zitiert Liszt, Wagner, Schopenhauer, Kant, Goethe usw., findet einen Strafantrag von acht Monaten kür einen vier mal verwundeten Mann, der noch heute einen Granatsplitter im Kopfe trägt, ganz unverständlich und bittet schließlich um Freisprechung Roths, was er besonders aus „politischen Gründen für not wendig" hält. Da Dr. Rütz im Laufe seiner Verteidigungsrede die Bemerkung fallen ließ, der Reichsanwalt stehe sachlich auf der Seite Roth» und hätte die Anklage nur aus formalen Gründen erhoben, verwahrt sich nun in energischer Weise der Reichsanwalt gegen die Meinung, seine Einstellung decke sich auch nur irgendwie mit der des Angeklagten; oann geht er auf einige juridische Bemerkungen der Verteidigung ein, wobei er sich besonders mit der Frage einer Gold strafe befaßt. Nach einer halbstündigen Pause bespricht der Vorsitzende die verschiedenen gesetzlichen Möglich keiten einer Geldstrafe. Hierauf ergreift ; der Angeklagte das Wort; er glaubt, daß es „über die menschliche Kraft hinausgeht, über ihn zu urteilen; keiner der anwesenden Richter weiß mit Sicherheit anzugeben, was in der Stettiner Versammlung gesprochen wurde". Mit großem Temperament bringt er Be weise für seine vollständige Schuldlosigkeit und »r- klärt sich für „verletzt durch die Unterstellungen der Anklagebehörde". Ritt hält in der Fortsetzung eine Psopagandarede für den deutschvölkischen Gedanken, dem er die Internationalität des Judentums gegen- überstellt. Er widerspricht überaus energisch der Meinung der Reichsanwaltschaft, er hätte die Staatsform verächtlich machen wollen; „ein Mann, der auf dem Boden des deutschvölkischen Gedankens steht, ist unbedingt staatsbejahend, niemals staats verneinend!" Er vermißt Tatsachen, die ihm zur Last gelegt werden konnten. Nach dreistündiger Beratung verkündet der Vor sitzende das llriett: Alfred Roth wird wegen öffentlicher Be leidigung zu 600000 Mark Geldstrafe verurteilt. Der Staatsgerichtshof wurde nur angerufen, weil die Lat, wenn sie nach Erlaß des Schutzgesetzes begangen worden wäre, eine Verletzung dieses Gesetzes be- deutet hätte. In diesem Falle war aber nur der Tat- bestand der 185, 186 des StGB- (strafbare Be leidigung) gegeben. Als mildernder Umstand wurde angenommen, daß Roth in voller Ueberzeugung und — seiner Mei nung nach — nur im Interesse de» deutschen Volkes handelte. Als strafbeschwerend galt, daß Roth als Diener einer Bewegung tätig gewesen war, die — nach der Meinung des Staatsgerichtshofee und der überwiegenden Meinung de« deutschen Volkes — in höchstem Grade verderblich wirkt, ferner, daß die Aussprüche Roth» gegen einen so untadigen Mann und Minister wie Rathenau gerichtet waren. Dresden friedlich Dresden, 31. Mai. (Eig. Tel.) In der Mitt- woch nacht kam es noch einmal vor dem Polizei präsidium zu heftigen Zusammenstößen mit der Polizei. Der proletarische Selbstschutz, der bis dahin musterhaft die Ordnung mit durchge- führt hatte, erklärte schließlich, nicht mehr durchzu- kommen. Nach seinem Abzug übernahm die Polizei die Absperrung- Es kam zu Reibereien, die Lazu führten, daß von den Beamten eine Schreckschuß salve abgefeuert wurde, worauf die Massen panik artig auseinanderstoben. Die Umgegend am Poli zeipräsidium wurde dann planmäßig geräumt, wo- bei mehrere Festnahmen, darunter solcher Personen erfolgten, die sich rechtswidrig mit der Binde des proletarischen Selbstschutzes versehen hatten. Die Polizei griff im Laufe der Nacht auch noch an an- deren Stellen der inneren Stadt ein, so auf dem Altmarkt und auf dem Postplatz, wobei aber nur die Gummischlägcr in Anwendung kamen. Von Plünderungen ist nichts bekannt ge- worden. Gegen vorschriftswidrige Schließung von Lokalen schritt die Polizei rücksichtslos ein. Am heutigen Donnerstag ist die Stadt vollkommen ruhig. Die Geschäfte haben nach wie vor geöffnet, diz Ansammlungen lassen bedeutend nach. yeuk vortnittag zeigte die Stadt das gewohnte Bild» . Die Weinstuben, Kaffees und Konditoreien, sowie ein Teil der größeren Geschäfte halten geschlossen. Die Besitzer haben von den Demon stranten Asiweifung erhalten, so lange zu schließen, bis die an den Stadtrat gestellten Forderungen der Erwerbslosen erfüllt sind. Das Verlangen auf Schließung der Lokale wurde kategorisch und mit nicht mißzuverstehendem Hinweis auf ernstliche Fol- gen gestellt, so daß die meisten Inhaber, als sie sahen, daß auf behördlichen und polizeilichen Schutz nicht zu rechnen war, schloffen. Die betroffenen Wirte, sowie deren Personal und eine Reihe davon ab- hängiger Geschäftsleute dürften, wenn die Lage noch länger anhalt, schwere Schäden erleiden. Kontrolltrupps durchziehen in militä rischer Ordnung die Straßen und überwachen die Durchführung der erzwungenen Maßnahmen. Hcure vormittag sollen sich auch Dcmonstrationszüge nach dem Lande bdgebcn haben, doch ist eine Bestätigung hierzu zurzeit nicht zu erhalten. Das Rathaus ist nur von einem Vorhaus zugänglich. Im Innern sind starke Polizeiaufgebote postiert. Die Polizei hat erhöhte Alarmbereitschaft erhalten. Wie wir zu verlässig erfahren, sind für heute nachmittag weitere Straßenkundgebungen gegen Teue rung und Wucher geplant. Bei den Gewerk schaften besteht nach wie vor die Absicht, sich hieran nicht zu beteiligen. Gerüchtweise verlautet, daß im Laufe des Tages die städtische Polizei von prolcta- rischen Hundertschaften abgelöst werden soll. Von Kamenz aus ist eine Hundertschaft Schupo auf dem Wege nach Bantzen. Die Demonstrationen sind von auswärtigen, zum Teil aus Dresden zugereisten Agitatoren organisiert. Für Zittau sind für heute nachmittag Demon- strationen ungesagt worden. In allen übrigen Teilen der Lcn-l"- herrscht noch Ruhe. Grotzhandel und Regierung Leipzig, 31. Mai. Der Ientralverband des deut schen Großhandels, Bezirksgruppe Leipzig, ver anstaltete am Mittwoch eine Versammlung, in der Dr. Zöphel über das Thema sprach: „Der Groß handel angesichts der wirtschaftlichen Lage." Die Ausführungen des Vortragenden bewegten sich vor wiegend in politischem Fahrwasser. Im Vorder grund« standen die Frage der Gesetzlichkeit der Kontrollausschüssc und ,stre. Stellung des Verbandes zu diesen, die dahin präzisiert wurde, daß vorläufig bis zu der demnächst stattfindcnde» Vorstandssitzung den Mitgliedern nahegelcgt wurde, die in Sachsen zu bildenden Kontrollausschüffe als ungesetzlich anzusehen und ihnen gegenüber dement sprechende Stellung zu nehmen. Der Redner übte scharfe Kritik ferner an der Reichsbank bzw. ihrem Präsidenten Haven st ein und warf ihm vor, daß er sich mit der Stützungs aktion in ein Unternehmen eingelassen hätte, des sen Folgen und Möglichkeiten er nicht vorausgeschen habe. Einer ebenso scharfen Kritik wurde die Poli tik der Reichsregierung in der Frage der Ruhrbes etzung unterzogen und vor allem be mängelt, daß man bei der Organisation des passiven Widerstandes nicht für die Beamten besondere Ver- Haltungsmaßregeln erlassen habe; durch die massen weisen Ausweisungen von Beamten werde es den Franzosen zu unserem Schaden möglich gemacht, den Derwaltungsapparat in ihre Hände zu bekommen. Die Versammlung faßte eine Entschließung, die über den Verband in Berlin der Reichsregierung über geben werden soll, und der wir folgendes entnehmen: „Die von dem Neichsverband der Deutschen Industrie am 25. Mai 1923 an den Reichskanzler gerichtete Eingabe erweckt zwar in dem ersten Teil, soweit die führenden Persönlichkeiten glauben, sich für eine Zusatzgarantie von 500 Millionen Gold- mark auf bei Dauer von dreißig Jahren und die Verpfändung ihrer Sachwerte aussprechen zu kön- nen, lebhafte Bedenken wegen der Durchführbarkeit, da der Großhandel im westntlichen an dem Grund- satz festhält, daß für die Pflichten des Reiches die Stände als solche keine Bürgschaft zu leisten ver mögen, sondern die Gesamtheit des Volkes, ent sprechend dem Anteil, den jeder einzelne an den Ergebnissen der Wirtschaft hat, bcistcuern müßte, wenn ein wirklicher Erfolg erzielt werden soll. Dem Grundgedanken aber, das Reich in die Lage zu versetzen, einen brauchbaren Vorschlag an die gegnerischen Regierungen zn richten, stimmt der Großhandel bei und ist bereit, diese Absichten des Reichsverbandes mit den Kräften, die ihm zur Seite stehen, zu unterstützen. Er stimmt in vol- lem Umfange darin zu, daß eine solche Hilfe für die Neichsregierung nur gewährt werden kann, wenn zugleich Sicherheiten für den Bestand des Wirtschaftslebens und das Wiederaufleben der produktiven Kräfte des Wirtschaftslebens geboten werden. Er teilt in dieser Hinsicht in vollem Um fange die Ansichten, die der Reichsverband der Deutschen Industrie als unerläßliche Voraus setzungen für jede Hilfsaktion ausgesprochen hat. Es sind verschiedentlich Gerüchte aufgetaucht, daß Truppen der Reichswehr sich bei Dresden kon zentriert halten, um unter Umständen die Unruhen zu unterdrücken. E» handelt sich hier aber nur um verschiedene Reichswehrregimenter, die zurzeit in Königsbrück Truppenübungen abhalten. E» ist er wiesen, daß diese Truppen mit den Dresdner Er eignissen in absolut keinem Zusammenhang stehen. Ferner ist heute bekanntgeworden, daß die Arbeiter der Tafelglasindustrie Sachsen» am Montag wegen Lohnstreitigkeiten allgemejn in den Ausstand getreten sind. Ob dieser Streik irgendwie mit den Unruhen in Dresden zusammen hangt, läßt sich vorderhand nicht erweisen. Die Vermutungen der zuständigen Polizeibehörde, auch die der Regierungskrise, geben dahin, daß die Demonstrationen absolut gebrochen sind und die An gehörigen der arbeitenden Dolksmassen wieder zu den Betrieben -urückkrhren werden. Wenn nun die Reicheregierung dazu übergeht, auf Grund des Notgesetzes eine Verordnung zu er lassen, die die schlimmsten Mißstände der Kriegs- , wirtschaft und Nachkriegszwangswirtschaft wieder zu beleben droht, so muß der Großhandel zu sei nem Bedauern in diesem Vorgehen der Reichs regierung eine Absage an die von dem Reichsver- Land der Deutschen Industrie erhobenen unerläß lichen Dpraussetzungen erblicken. Er sieht sich unter diesen Umständen gezwungen, den Vorstand der Zentrale in Berlin zu bitten, daß dieser der Neichsregierung erkläre, wenn da» > Reichskabinett und der Reicherat dazu übergehen sollten, dem Entwurf vom 4. Mai 1923 in der vor- , liegenden Gestalt Rechtskraft »u verleihen, daß dann die Erwerbsstände, insbesondere der ' ' deutsche Großhandel, zu ihrem Bedauern nicht mehr in der Lage wären, die Poli tik der Reichsregierung zu stützen." r ai G n> 8° vc B ur rck au du üb sek D: dc: Vc ha rcr rui sol rac gel zw w» Leb wa Der Sit vcr! zwo Völ zeit meß fül i n a m trag dies« Ilnki Teil näch 6 Wie, dem Wer Duch misst dem ange stehe Bren der unter EI schlim von i Dimii Thei liest ( Kinde mit d warer unser eine In den N so ve, „gelbe Silber nen L Menst ihrer Sofa, sich dc würdb Da chen, i liegen liefert brauch und K zählt f Zeitche im Or den Ti richten, sagt; i überdr die Pa dauertl land ki Welche In die M vollbri der S<
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