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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 31.05.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-05-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192305310
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230531
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230531
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-05
- Tag 1923-05-31
-
Monat
1923-05
-
Jahr
1923
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>r »ee ren K er» h«- US« mt, cte, ind hr- hr- rk» tet t«, "g cn. en ch- en ag as o. ie rf n :- !r :e ,t e l I r nr-tot L vouLeritLg, Sea 21. LL-1 ?LKesderi«L»t Gabelrbergerfche Stenographie in Sachsen Der Sächsische Landesverband Gabelsberger hielt in Werdau seine 68. Hauptversammlung ab. Dem Verband gehören zurzeit 401 Gabelsbergersche Steno graphenvereine mit über 35 000 Mitgliedern an. Die Gabelsbergersche Stenographie ist in Sachsen so gut wie Einheitsstenograp hie. Nach der letzten, vom Stenographischen Landesamt aufgenommenen Zäh lung bestanden am 31. März 1S22 in Sachsen 476 (-1-4) Vereine mit 42 866 (4-1271) stenogravhic- kundigen Mitgliedern. Zn Vereins- und Privat kursen wurden unterrichtet 12 378 (4- 563) Personen, an Lehranstalten 41145 (4- 3754) Schüler, zusammen 53 525 (4-4317) Unterrichtete. Schulen mit steno graphischem Unterricht waren 8S1 (4-16) vorhanden. Andere Stenographiesysteme kommen in Sachsen so gut wie gar nicht in Frage. Die Verbandsarbeit hat auch im verflossenen Geschäftsjahre wieder sehr unter der Einheit«- stenographiefrage gelitten; eine größere Werbefreudig keit konnte durch sie nicht aufkommen. Nachdem jedoch die Einheitsbestrebungen vorläufig gescheitert find, wird auch in Sachsen sich eine regere Werbetätigkeit entfalten. Die sächsischen Stenographen werden auch dafür eintreten, daß der stenographische Fortschritt durch eine zeitgemäße Fortentwicklung des Gabel»berg«rschen Systems nicht außer acht gelassen wird. In der Pertretersitzung am Sonnabend wurden.«, ein Antrag Dresden angenommen, zur Förderung der Stenographie eine Reihe Lichtbildervorträge herauszugeben und hierfür Herren de» Steno« graphischen Landesamts zu gewinnen. Der Vorstand wurde in seiner jetzigen Zusammensetzung wieder gewählt, al» Tagungsort für 1924 wurde Löbau bestimmt. Dm Sonntagvormittag fand Wettschreiben von 460 Teilnehmern statt. Preise erhielten Max Schefter (Leipzig) 2. Preis (300 Silben), Else Mi ehe (Leipzig) 1. Preis, und Willy Stephan 2. Preis (280 Silben), Willy Büttner (Leipzig- 1. Preis, Felix Altkirch (Werdau) 2. Preis (260 Silben). Zur Hauptversammlung hielt Reg.-Rat Proi. Ahnert den Festvortrag über «Ziele und Wege". In einer Entschließung wurde die Regierung um Einführung des Stenographie-Unterrich» alsPflichtfach an den höheren Lehranstalten er- sucht. Mit der Tagung, an der auch der deutsche Bundesvorsitzende, Eisenbahndirektor Leue (Braun- schweig) teilnahm, war das 50jährige Jubiläum de» Wertxmer Vereins verbunden. Zu Ehren dessen Vorstand«, Lehrer Popp, wurde eine Paul-Popp- Stiftung gegründet. ? Ungeheure Steigerung de, Papierpreis«. Pom 1. Juni ab ist der Preis für Zeitungsdruckpapier auf 2550 pro Kilogramm festgesetzt, während er für die erste Hälfte des Mai noch 1550 -41 und für die zweite Hälfte Mai 1615 -4t betrug. Begründet wird diese enorme und in diesem Umfange nicht erwartete Steigerung um etwa 60 v. H. mit den neuen Zell- stoffpreisen. Für Zellstoff muß ausländische« Holz bezogen werden, was natürlich bei der Entwertung der Mark zurzeit riesige Summen beansprucht. Da zu kommt noch die Preiserhöhung für Kohle und die Steigerung der Frachten sowie der Löhne. Für den Waggon Papier müssen also jetzt 25 k Millio- nen Mark gegenüber 16 Millionen Mark im Monat Mai bezahlt werden. Dieser neue Papierprei« wird natürlich auch für die Presse neue Verteuerungen zur Folge haben müssen. * Mißbrauch der Freifahrt durch Ruhrflüchtling«. Die Freifahrtscheine der Ruhrflüchtlinge zur Be nutzung der Reichsbahn sind mehrfach auf Bahn» Höfen, in Wartesälen, auf Arbeitsnacbweisen und in Schankwirtschasten an andere Personen verkauft worden. Die polizeilichen Außendienstbeamten sind angewiesen, eingehende Fahndung zu üben, Perkäufer und Käufer solcher Freisahrtscheine festzunehmen und wegen Betrugs zur Anzeige zu bringen. Auch die I-elprlgsr «»«1 StuuLalsryitWg 1L7 Selle Z Eisenbahnbediensteten sollen die Polizeibeamten unterstützen und durch eigene Tätigkeit in und außer Dienst zur Feststellung solcher Betrüger beitragen. Betroffene Personen werden der nächsten Polizei- wach« zugeführt. * Hauptversammlung der republikanischen Rich- ter- Der Republikanische Richterbund, Lande»- gruppe Sachsen, beabsichtigt, am 2. und 3. Juni seine diesjährige Hauptversammlung im Justiz gebäude in Dresden obzuhalten. Zugentgleisungen in -er Pfalz Ludwigshafen, 30. »ai. tSi g. T e l.) Heute «acht find anf de« militari sierte« Strecke« der Pfalz zwei franzSstfche Aiige entgleist. Ob dabei Personen ver letzt find, ist nicht bekannt, auch über die Ursache der UnglückSfSlle liegen noch keine Rachrichten vor. Dar Geheimnis einer deutschen pofthornmarke Das Auftauchen einer einfarbig roten lOMark- Posthornmarke hat in deutschen Sammler- kreisen große Perwunderungen erregt, da dieser Wert nach allgemeiner Annahme nur in zwei farbigem Druck (rot und blaßrosa) ausgegeben war. Zunächst fehlte jede Erklärung dafür, und es wob sich geradezu ein Schleier des Geheimnisses um diese Marke, von deren Erscheinen kein Mensch etwas wußte. Jetzt ist, wie die Danziger Briefmarkenrund- schau mitteilt, dieses Geheimnis aufgeklärt worden. Nach einer offiziellen Mitteilung der postamtlichen Verwertungsstelle für Sammlermarken in Berlin handelt es sich bei den einfarbigen 10-Mark-Marken, die an einzelnen deutschen Postanstalten in ganzen Bogen zum Teil unbeachtet verkauft worden sind, um Druckausschuß stücke. Amtlich ist die 10-Mark-Posthornmarke nur in zweifarbigem Druck, rot und blaßrosa, hergestellt worden. Vielleicht wird sich noch einmal feststellen lassen, wieviel Bogen dieses hochinteressanten Fehldruckes wirklich in den Verkehr gelangt sind; denn es handelt sich zweifellos dabei um eine erstklassige Rarität, nach der jeder Sammler seine Dublettenbestände aufmerttom durch- suchen sollte. Schwere Unwetter in Böhmen. In ganz Süd- und Westbühmen sind dieser Tage schwere Ge- Witter mit Hagelschlag ntedergegangen, die ungekeure Verwüstungen angerichtet haben. Stellenweise ist ein großes Teil der Ernte vernichtet und schwerer Schaden an den Obstbäumen ungerichtet worden. Das Ackerbauministerium hat eine Unterstützungsaktion eingeleitet, das Finanzministerium stellt den Ge schädigten Steuererleichterungen in Aussicht. Be sonders geschädigt sind die Bezirke Blatna, Beneschau und Collin. Durch Blitzschläge sind vier Menschen getötet worden. Todessturz eines französischen Fliegers. Einer der bekanntesten französischen Flieger, der im Kriege Geschwo Verführer war, der Flugzeugführer Deut- lin, ist bei einem Probeflug mit einem neuen Jagd- flugzeug aus einer Höhe von 300 Metern abgestürzt. Der Apparat schlug senkrecht auf den Boden auf. Der Flieger wurde getötet. Lebendes Vieh au» Güdwestafrika. Mit dem Dampfer „Urundi* der Deutschen Ostafrika-Linie sind in diesen Tagen 200 lebende Schlachtochsen aus Süd westafrika, größtenteils von deutschen Farmern ge- züchtet, eingetroffen und mit der Eisenbahn nach dem deutschen Binnenlands geschafft worden. Es ist dies schon die dritte Sendung lebenden Schlachtviehes aus Südwestafrika. Alle Ochsen transporte hatten die lange Seereise gut überstanden. Die Tiere befanden sich in vorzüglicher Perfassung. Die Einfuhr lebenden Schlachtviehesist nicht nur im Sinne einer Besserung der deutschen Dolksernährung zu begrüßen, sondern bedeutet auch für die deutschen Farmer in Südwestafrika einen nicht unwesentlichen wirtschaftlichen Vorteil. Der General al« Bombenwerfer. In Mexiko wurde der früher« General der Earranza-Armee, Modesto Lopez, verhaftet, der beschuldigt wird, I kürzlich da» Konsulat der Vereinigten Staaten in I Mexiko durch einen Bombenwurf beschädigt zu haben. I Wie -ie Gemeinden sparen könne« Vas Srgs-nis eine- prei-<m-schreiben- — Di« <*>p-rlommisfi-tien In den früheren schönen Zeiten fing man das Sparen schon bei Kleinigkeiten an. Heute wird im allgemeinen das Sparen als .unrentabel" bktrcchter. Immerhin ist es aber doch erfreulich, zu sehen, daß bei vielen Behörden die Sparpolitik nicht unbekannt ist. Auch die Stadtverwaltungen bei ihren großen finanziellen Nöten versuchen zu spuren, wo sie nur können. In einigen Stadien hat mnn sogar Preis- ausschreiben erlassen, um praktische Vorschläge zur Vereinfachung dr: Verwaltung hereinzuholen. So ist auch die Stadt Danzig oorgegangen. Den ersten Preis erhielt hier ein alter Pürobeamrer für den sehr einfachen Vorschlag, an Stelle des teuren Lösch- papieres — wieder Streusand zu verwenden. Daß dabei sehr große Ersparnisse zn erzielen sind, weiß jeder altere Mann, der die Streusandbüchse handhabte. Wenn diele Sparsamleitsaktion auch aus Sand gebaut ist, so kann sie doch ganz gute Ergeb nisse zeitigen. Auch die Reichshauptstadt macht Persuche, mit kleinen Mitteln der Vereinfachung erhebliche Erspar- niffe zu erzielen. So hat die Vereinfachungskommis sion de» Magistrats jetzt in einer Vorlage den Stadt verordneten einen Tätigkeitsbericht erstattet, wonach im städtischen Bürowesen durch Vereinfachung und Zusammenlegung erhebliche Ersparnisse erzielt wor den sind. Die Kommission hatte für dieses Spar programm gewisse Richtlinien aufgestellt, deren Aus wirkung später untersucht wurde. Hierbei wurden die unbedingt nötigen Arbeitspensen ermittelt und bewertet, d. h. cs wurde festgestellt, welche Art von Arbeitskräften für das einzelne Pensum erforderlich ist. Die Organisation der Dienststellen ist außerdem daraufhin nachgeprüft worden, ob der personelle Ko- stenaufwand dem Zweck und dem Ziel der Perwal- tungsart entspricht. Die Pensenüberprüfung hat in der Verwaltung allein 962 Arbeitsplätze freigemacht, wodurch nach dem gegenwärtigen Stand der Per- gütungssätze nicht weniger als jährlich 3 Milliarden Mark erspart werden. Weitere Ersparnisse wurden erzielt durch Auflösung verschiedener Büros und durch Zusammenlegung anderer. Der Dienst des Zentralbüros ist durch zweckmäßige Organisation des Außenbotendienstes vereinfacht und verbilligt. Das Ziel ist die spätere möglichste Ausschaltung des Ak tenwagendienstes. Die Ersparnis an sachlichen Kosten läßt sich nicht so leicht übersehen, da einerseits die Preise immer noch veränderlich sind und der tatsäch liche Mnderverbrauch zurzeit sich schwer feststellen läßt. Jedoch ist mit Erfolg hingewirkt worden auf die Verwendung kleinerer Formate für Verfügungs entwürfe, Reinschriften und Formulare und auf Be seitigung der Tagebücher, Listen und Verzeichnisse, wo es nur irgend möglich war. Wenn man den Maß stab des Preises für einen Bogen gewöhnlichen Kon zeptpapiers von 27 Mark zugrunde legt, so schätzt die Berliner Vereinfachungskommiffion die hier erziel ten Minderausgaben auf mehr als 200 Millionen Mark im Jahr. Die Neueinrichtung hat auch insofern noch besonderen Wert, al» weitere Aufgaben der Stadtverwaltung, künftig von vornherein nach den Grundsätzen und Erfahrungen, die die Dereinfa- chungekommiffion ermittelt hat, vorgenommen wer den können. Auch in Hamburg ist man zu einem System pro duktiver Sparsamkeit Ubergegangen, das gute Er folge verspricht. Die Hamburger Bürgerschaft hat durch den Haushaltsausschuß die Möglichkeiten zur Vornahme von Ersparnissen nachprüfen lassen. Die Ergebnisse dieser Prüfung lehnten eine mechanische Vervielfachung der Haushaltszalsten der früheren Jahre im Verhältnis der Geldentwertung ab, zumal da sich seit der Aufstellung des Haushaltsentwurfes die allgemeinen politischen Verhältnisse wesentlich verändert hätten. Einer solchen Sachlage gegenüber schien es dem Ausschuß das einzig mögliche, auf eine produktive Sparsamkeit innerhalb der gesamten Staatsverwaltung zu dringen. Es wurde immer wieder der Wunsch geäußert, die Finanzdeputation möge sich mit praktisch-kaufmännischem Geiste erfüllen und diesen Geist vollkommenster Ausnutzung aller Mittel und Kräfte sich bis in alle Verzweigungen de» großen Behördenmechanismus auswirken lassen. Wei ter wurde die Möglichkeit geprüft, bei Verkaufsver handlungen ein schnelleres Verfahren einzuführen, da bei dem bisherigen System dem Stadtparlament häufig zugemutet wird, Verträge zu genehmigen, di, unter langst überholten Geldvcrhältnissen festgslegt wurden. Man sieht, es gibt eine ganze Menge Wege, die zu gewissen praktischen Erfolgen in der Sparpolitik führen und m«n darf nur wünschen, daß alle Krmr- munen sie in jetziger Zeit betreten. d Vas Erdbeben jn Persien Das Erdbeben im Innern Persiens hat, wie die neuesten Meldungen aus Indien besagen, 4000 Menschenleben gekostet und sechs große Dörfer zerstört. IVO Häuser verbrannt. Ein großes Schadenfeuer zerstörte über 100 Häuser in dem kanadischen Luft kurort St. Agata. Amnndsen« Polflug. Aus Kopenhagen wird ge meldet: Das norwegische ,Storthing bewilligte 60 000 Kronen für die Siche'rungs-Expcdition zum Flug Amundsens über den Nordpol. Die Expedition soll Anfang Juni von der Hauptmarinestatton in Horten aufbrechen und etwa am 16. Juni im Nord poleis anlangen. Einem New Porter Telegramm der Sjöfartstidsnde zufolge hat Axnundsen jetzt Main oi r i g h t erreicht, von wo er spätestens am 20. Juni aufbrechen wird. Die Sicherungs-Expedition besteht aus einem Transportschiff der Marine und zwei starken Hydro-Aeroplanen. Etn internationaler katholischer Friedenstag. Dom 10. bis 15. August tagt in Konstanz ein internatio naler katholischer Kongreß, den eine große Anzahl deutscher und ausländischer Kirchenfürsten zusammen berufen hat, darunter der Erzbischof von Turin, der Erzbischof von Sevilla und der Erzbischof von Salz burg. Der Kongreß wird in erster Linie folgende Fragen behandeln: Die internationale Pertcldigung der Kirche gegen die internationalen Gegner. — Der Ausbau der internattonalen Katholischen Liga in den einzelnen Ländern. — Die Grundsätze des Friedens gemäß den wiederholten Kundgebungen des Aposto- lischen Stuhls. Zum Schluß wird der Kongreß die Organisation eines internationalen katholischen Friedensrates in die Wege leiten und die Männer dieses Rates wählen. Jährlich mehr Fremde al- Einwohuer iu Müu- cheu. Die Einwohnerzahl der Stadt München, die im Jahre 1910 rund 597 000, im Juli 1914 645 000, Ende 1921 680 000 betrug, ist nach Angaben des statistischen Amtes Ende 1922 auf 685 000 , an gewachsen. Die Zahl der im Jahre 1922 in Hotels, Gasthöfen und Fremdenheimen abgestiegenen Frem den beträgt 820 000. Reue Explosion in Kelsterbach. In der Munitions- verwertungsfabrik Kelsterbach b. Frankfurt a. M. hat sich abermals eine schwere Explosion bei Ent- ladung von Granaten ereignet. Fünf Personen er litten tödliche Verletzungen; vier andere Personen wurden schwer verletzt. cker Zerren Mit Gerhart Hauptmann bei den schlesischen Webern Der amerikanischen Zeitschrift The New Pear sons entnehmen wir die folgende Schilderung, au« der hervorgcht, daß Gerhart Hauptmann noch im Jahre 1892 die sozialen ZustLnde im schtestschen Woberdistrilt für di, Studien zu seinem Drama benutzen konnte, da« die Weber revolte von 1842 zum Gegenstand hat. Als ich in den ersten Monaten de» Jahres 1892 zum ersten Male Hauptmann in dem schlesischen Ge- bivgsland begegnete, wo die Weber infolge der nur Lungerlöhne einbringenden Hausindustrie in Schmutz und Verzweiflung lebten, hatte er seine „Weber" im Manuskript beendet, doch die Druck legung war noch nicht eingeleitet worden. Der Zweck seiner Reise in den Webeodistrikt war, die Ge stalten, Zustände und Oectbichkeiten noch einmal in Augenschein zu nehmen und gegebenensalllle noch wahrheitsgetreuer zu gestalten. Eine große Menge de» für das Stück benutzten Material« hatte Haupt mann dzn Berichten amtlich dorthin ensandter Forscher entnommen. Ich lebte damals in Langenbielau, dem Mittel punkt der Webindustvie, al« Schriftleiter einer Ar beiterzeitung und begleitete Hauptmann auf seinen Fahrten und Spaziergängen m die Umgebung. Ich war erst wenige Monate zuvor in die Gegend ge kommen und war daher noch nicht mit den herz zerreißenden Bildern unbeschreiblichen menschlichen Elend» in engere Berührung gekommen. Langen- bielau war eine Fabrikstadt, und die Weber der Hausindustrie, deren Lag« viel schlechter als di« -er Fabrikweber war, wohnten in den Tälern und auf den Berglehnen in abseits gelegenen kleinen Dör fern. Hauptmann und ich fanden auf unseren Streif zügen durch jene Dörfer dieselben schrecklichen Zu stände, die im Jahre 1844 die Weber in ihrer groß- ten Verzweiflung zur offenen Empörung veranlaßt batten. Di« Gestalten und Umstände jener Revolte, ote Hauptmann in seinem 1892 noch unveröffentlich ten Schauspiel von Augen führt, existierten noch immer in diesen elenden, verwahrlosten Hütten, die wir besuchten. Ich will nur einiges von dem herausgreifen, was wir sahen. Einer Morgen» wanderten wir nach Kaschbach. In einem halb im Schnee begrabenen Häuschen führte uns ein Weber, der einen angeschwollenen Arm in der Binde -trug, in eins Ecke der Stube. Da lag eine Frau mit Lumpen bedeckt auf dem Stroh und ein kleines Kindchen neben ihr. Der Körper de» Säuglings war völlig nackend und von einem ge- fiihrnchen Hautausschlag ergriffen. Der verlegene Vater stand schmerzbewegt dabei, als eine wahrhafte Berköroerung der Hilfslosigkeit. Im ganzen Hause war nicht da» geringste an Lebensmitteln vorhan den. Wir fragten, ob der Bezirksarzt benachrichtigt worden sei. Ja, ccker was konnte er tun? Er hätte Lebensmittel, Wärme, Arznei in jeder Hütte ver schreiben müssen, die er besuchte, wenn er nicht seinen Beruf dem Gespött aussetzen wollte. Da er von der Nutzlosigkeit seiner Besuche überzeugt war, kam er t^ur sehr selten ... > In der benachbarten Wohnung fanden wir zwei ältere^Leut« nicht ganz so verkormyen und verlumpt. Der Mann webte, die sehr liebenswürdige Frau war fast geneigt, ihr gutes Los zu preisen. „Wir sind besser daran, al» unsere Nachbarn*, bemerkte sie mit einigem SUolz. Sie zeigte auf^ ein frisch angeschnit tene« Brok, auf ihr Feuer im Ofen. Sogar ein Tisch und ein wirkliches Bett stand im Zimmer. Die Wände zierten «in paar bunte Bilder, die die Be lohnung der Tugend, Geduld und Entsagung dar stellten. Unsere Gastgeberin konnte sich sogar de» Luxus einer Kaffeemühle rühmen. Sie lud uns zu einer Tasse Gerstenkaffee ein. Hauptmann fand einen Gib auf einer kleinen Fußbank Während wir tranken, streichelte die alte Frau zärtlich sein Haar: »Ja, ja, junger Mann, Armut ist eine schwere Last, aber wir hier können nicht klagen.* Derartig waren die Zustände, die sich Haupt- mann und mir auf den Ausflügen im Winter 1892 boi den schlesischen Webern darboten. Es war in der gleichen Zeit, in der die sozialen Erlasse heraus kamen, dtrrn sich der Exkaiser so laut in seinen Memoiren rühmt.... p-7- - » (HüVKH von «. «. SG-) Adolf Oberländer s. Au» München wird uns gedrahtet: Akademieprofessor Adolf Oberländer ist am Mittwoch im 78. Lebensjahre hier gestorben. Zu Regensburg im Jahre 1845 geboren, machte sich Oberländer durch seine farbigen und humorvollen Bilder und namentlich als Tierzeichner der Fliegen den Blätter einen großen Namen. „Tantris der Narr* in Rom. Im Laufe des Juni wird Ernst Hardts Drama „Trantis der Narr* ist» städtischen Schauspielhaus Argentina in Rom seine italienische Erstaufführung erleben. Die Ueber- setzung stammt von Ottone Schanzer, dem Bruder des ehemaligen Außenminister«, der sich bereits wiederholt um die Verbreitung deutscher Literatur in Italien verdient gemacht hat. Die 6. Hauptversammlung der Deutsche» Phllo- sophischeu Gesellschaft fand in Weimar statt. Wie der Vorstand in der geschäftlichen Sitzung berichtete, konnten trotz der schweren wirtschaftlichen Hemmun gen im abgelaufenen Geschäftsjahre alle Unterneh- mungen weiter ausgebaut werden. Die Deutsch« Philosophische Gesellschaft trat u. a. für die Durch- führung einer längst al» dringend empfundenen Auf- gäbe der deutschen Wissenschaft ein, indem sie den letzten Band ihrer Zeitschrift dem Gedächtnis Wil- lhelm Wundts widmete. Ueber die Hälfte der Mitglieder, deren Zahl auf 1100 gestiegen ist, ge- hören „praktischen* Berufen an. Am ersten Tage sprach in einer rege besuchten öffentlichen Vortrags sitzung Universitätsprofessor D. Dr. Hermann S ch w a r z - Greifswald über da« Thema „Glück und Gott*. Prof. Dr. Nicolai H a r t m a n n - Marburg behandelt da» Thema „Aristoteles und Hegel*. Weltverba»- der freie» Wisi«»schaft. In China ist unter Führung Prof. Dr. Waldemar Oehlkes, Vorsitzendem de« Deutsch^lhinefischen Kulturverba«- de«, der Grund gelegt worden zu einem Wetoerbande der freien Wissenschaft, dessen mehrsprachiger Aufruf folgenden Wortlaut hat: „Der Weltkrieg und die Revolutionen haben Kräfte geweckt, die der Wissen schaft verhängnisvoll zu werden drohen, da sie zu feindlicher Trennung der Völker einerseits, der Weltanschauungen innerhalb des einzelnen Volke» andererseits zu führen geeignet find. Bon nativ- nalem und politischem Haß die Wissenschaft frei zuhalten, ist der Zweck des Weltverbande» du frsign "Wissenschaft.* Durch assjitzelvh« BßrfrntümG Ke Mitgliederliste ermöglicht er die Verbindung un gegenseitige Förderung aller Gleichgesinnten.* Das Schicksal der Sammluugeu Lord Larnarvovs. Die ägyptologische Tätigkeit Lord Carnarvons, die durch die Entdeckung des Grabes von Tutanchamon gekrönt wurde, brachte es mit sich, daß dieser be deutende Kenner eine überaus wertvolle Sammlung ägnptischer Altertümer zusammenbrgchte. Diese Schätze, die auf seinem Schloß in Highelere am- gestellt sind, sollen nach dem Wunsche des verstorbe nen Lords für die Summe von A)000 Phmd tzem Britischen Museum angeboten werden. Die Summe ist nach dem Urteil von Sachverständi^n im Verhältnis zu dem wirklichen Wert außerordent lich gering, denn die Sammlung Lord Carnarvons wird für die hervorragendste Kollektion ägyptischer Altertümer in Prtvatbesitz erklärt, die es gibt. Hie Sammlung besteht hauptsächlich aus klxiflerxn Gegenständen von großer Schönheit und Seltevchesi, darunter Statuen, Fayencen, Gläser, kostbare Toi- lettengegenstände usw. Besonders umfangreich ist Vie Sammlung von Skarabäen. Der Graf und feine Herde». Im Biharer Komi- tat konnte man ein Bild wie aus dem vorigen Jahrhundert sehen. In der Maisonne zogen rbo- gende Scharen großgehörnter ungarischer Rinder der im Frieden von Trianon festgesetzten Grenzlinie entgegen. Dann wirbelten Hunderte madjarisHer Pferde den Staub der Ebene auf, gefolgt von einem vollständigen Train, der das notwendige Futter für die Tiere barg. An der Spitze dietzs Zuges aber schritt ein ungarischer Aristokrat, der Obcrgespan de» Arader Komitatcs, Graf Julius Karolyst Die viele tausend Iuchart betragenden Besitztümer des Grafen waren zufolge des Trianon- Pertrage» rumänischer Grund und Boden geworden, und die Rumänen enteigneten unter dem Titel ihrer Bodenreform den ganzen fürstlichen Besitz gegest eine gertttge Ablöse. Dem Grafen verblieben in», gesamt ^stO Iuchart. Um nun nicht den Großteil seine» Viehbestandes verkaufen zu müssen, entschloß er sich, sämtliche Tiere stehenden Fußes nach Ungarn zu treiben, wo er ebenfalls Besitztümer sein eigen nennt. So behob er die von den Rumänen angx» bot«vn Banknoten nicht, sow^ex» ,Hg
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