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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.05.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-05-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192305293
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230529
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230529
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-05
- Tag 1923-05-29
-
Monat
1923-05
-
Jahr
1923
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Leite 2 »r. 12S I^!pr!ger l^gedlett m»ä SLaSelsreltung vleaeteg, 6« 2S. Lei Vas ttabinett ohne Chamberlain London, 28. Mai. (Eig. Tel.) Austen Chamberlain hatte am Sonntag nachmittag eine zweistündige Unterredung mit dem Minister präsidenten Baldwin in Chequers. Im Laufe dieser Unterredung wurde Chamberlain der Botschafterposten in Washington an Stelle des schwer erkrankten Geddes angeboten. Cham berlain soll diesen Posten mit der Begründung abgelehnt Haden, daß er entschlossen sei, nach wie vor aktiv am politischen Leben teilzunehmen. Er soll dem Ministerpräsidenten ferner erklärt haben, daß er jedem Mitglied seiner Gruppe freistelle, im Kabinett Baldwin einen Ministerposten an- zuxchmen, und daß er selbst statt in Partei- Versammlungen zu reden, im Unterhause zum Aus druck bringen werde, daz er und seine Freunde be reit seien, das Kabinett Baldwin zu unterstützen. Nachdem es dem Ministerpräsidenten so rasch ge lungen ist, ein starkes Kabinett ohne Sir Robert Horne oder Chamberlain zustandrzubringen, hat die Chamberlain-Gruppe sich genötigt gesehen, ihr Verhalten gegenüber der öffentlichen Meinung klarzulegen. Nach einem Diner bei Lord Birkenhead hat Austen Chamberlain in einem langen Briefe seinem Wahlverein in Bir- mingham auseinandergesetzt, daß seine Gruppe gleich nach der Ernennung Baldwins zum Minister präsidenten den Eindruck empfangen habe, dieser werde sich um eine Einigung in der konser vativen Partei bemühen. Um dieses Be- streben zu fördern, habe er, Chamberlain, sich ent schlossen, von Paris zurückzukommen, um seinerseits in kürzester Zeit bereit zu sein, sich mit dem Mi nisterpräsidenten zu. bemühen wegen Aufnahme seiner Gruppe in das Kabinett. Die Absicht des Premierministers sei aber leider durch andere Kreise der Partei empfindlich gestört worden, so daß der Premierminister nicht in der Lage gewesen sei, ihm einen Ministerposten im Kabinett anzubieten. Die Times und einige Blätter der Opposition legen diesen Brief als einen Beweis dafür aus, daß Chamberlain zwar pikiert ist, weil ihm kein Mi nisteramt angeboten worden ist, aber daß er trotzdem entschlossen ist, einer Annäherung seiner Gruppe an die Mehrheit der Partei nicht im Wege zu stehen. Worthington Evans hat sich bis heute Bedenkzeit ausgebeten, um die Entscheidung zu treffen, ob er den Posten eines Postministers annimmt. Zurück von der einsamen Insel London, 28. Mai. (Lig. Tel.) Lloyd George hat in einer Rede in Edinburg die eng lische und die schottische Kirche aufgefor-crt, eine Lvoße Weltfriedensbewegung einzulei- tcn und in Errgland und in den anderen Ländern die öffentliche Meinung über die Bedeutung des Völkerrecht» aufzutlärsn. Trostlos sei der Anblick Europas, der sich einem Menschen darbiete, der seit Ausbruch des Weltkrieges auf irgendeiner »infamen Insel verschlossen worden sei und nach Europa zurückkehre. In Deutschland finde er ein« schüchterne Republik, geleitet von hochachtbaren und intelligenten Arbeitern, ein trostlose» und zerrüttetes Rußland versucht soziale Dogmen in die Tat umzusetzen; Oesterreich sei durch di« tiefst» Armut hin- durchgeyangen, um nun durch die Wohltätigkeit seiner Ehemaligen Feinde vor dem Untergang be wahrt zu bleiben. Heute wiederhole sich in Europa di« Lage, aus der der Weltkrieg hervorgegangen seü Die Deutschen und die Franzosen seien wieder in einen Todeokampf verstrickt, und ander« Völker steuerten in den Nebel hinein. Dies« Lage müsse Akt« der Vergeltung zur ffola« haben u<r0 man könne ermessen, wohin die mensch liche Vergeltung die Menschheit treiben würde. Die Sucht nach Vergeltung greife wie Feuer um sich. Neue türkische Bedenken Lausarme, 28. Mai. (Eig. Te l.) Gestern abenv hat Ismet Pascha bei den Vertretern der Alliierten, Sir Harare Rumbold, General Pell6 und Montagna, persönlich einen offiziellen Schritt unter nommen, um sie zu ersuchen, die Regelung der übrigen Hauptfragen, die zwischen der Türkei und den Alliierten schweben, möglichst zu beschleunigen. Es scheint, daß Ismet Pascha durch die Verhand lungen über die Haltung der französiscken Delegierten hinsichtlich der Regelung der Kuponzahlung für die türkische Schuld sehr be unruhigt ist und deshalb mit Rücksicht auf die öffent liche Meinung in der Türkei diese Trage sehr schnell geregelt wissen möchte. E» ist natürlich nicht aus geschlossen, daß Ismet Pascha seine endgültige Unter zeichnung des gestern abgeschlossenen griechisch-türki- scheu Abkommens, das lu den Friedensvertrag aus genommen werden soll, noch von der Regelung der anderen Fragen abhängig macht. Bulgarische Schmerzen Lausanne, 28. Mai. Der bulgarische Ver treter in Lausanne Todoroff hat an die Konferenz eine Note gerichtet, in der er auf die Gefahr der in der gestrigen Konferenzsitzung getroffenen territocia- len Lösung des griechlsch-türkischen Konflikts, d. h. der A b t r ' t n n g v o n K a r a a o tsch an die Türkei, öinwcist und die Berücksichtigung der bul garischen nteressen fordert. Die Note betont, die neuen terr. .'kialcn Veränderungen zugunsten der Türkei interessierten Bulgarien »n hohem Maße, da cs sich um von Bulgarien an die alliicri 'n und assoziierten Mächte laut dem Ver- trage von Neuilly nogetretene Gebiete handle, durch di« außerdem der Zugang Bulgariens zum Meere gehen solle. Die bulgarische Negierung hoffe, daß endgültige Entscheidungen nicht ohne Berücksichtigung der Lebensinteresscn Bulgarien» getroffen werden. Ismet Pascha besuchte gestern abend die drei alliierten Bevollmächtigten, um ihnen im Pamen sei ner Regierung dringend die schnelle Erleb l- gung ocr noch bestehenden Streitfragen nahezulegen. die den Frirdrnsschluß verhindern. Er erklärt«, er rechne darauf, daß bei den weiteren Ver handlungen den großen Opfern Rechnung getragen werde. d!c die Türkei in der Beilegung de» türkisch griechischen Konflikts gebracht habe. Au» dem Schritt Z»met Pascha geht hervor, daß er den Fricdensver- traa für ein unlösbare» Ganz« hält und die Unter- zeichnung durch die Türkei von der Erledigung aller Klauseln abhängig macht. * Der Londoner Berichterstatter de» Petit Parisi«« berichte^ daß Telegramme au» Bukarest den Ausbruch «»», R«»»l»tto» tu Kulgarie» melde». Trotz de» Widerstand«» der Regierung»- truppen, die zahlreiche Aufrührer getötet oder ge- fangen genommen haben, soll die Lage der Regierung rn Sofia kritisch sein. Angeblich ist Ministerpräsident Stambulinskt au» der Hauptstadt entflohem In Part» ist noch keine Bestätigung dieser Nachricht eingetrvffen. Politik der Beunruhigung Italienisch« Sorgen vor Frankreich und SLdslawierr Nom, 28. Mai. (Eig. Tel.) Der nationa listische Publizist Loppela schreibt zum Besuch des französischen Generals Lerond in u.attaro, solange Frankreich infolge der Ablehnung des eng lischen Garantiebündnisses bei der kleinen En tente eine Art von orienta Ist scher Rückver- sicherung gegen Deutschland sucht, ist alle« in Ordnung. Aber Frankreich weiß auch, daß die kleine Entente die ständige Bedrohung der italieni- scheu Ostflanke darstellen kann, namentlich wenn sie Verbündete einer weuumen Mittelmcermacqt werden sollte. Solange Frankreich der Tschechoslowakei und Polen Kriegskredite gewährt, hat Italien nicht» da gegen einzuwenden; anders liegt die Sache aber, wenn diese Unterstützung Jugoslawien zuteil werden sollte. Solange Frankreich sich bemühe, Polen und die kleine Entente einzubeziehen, brauche nicht wider sprochen zu werden; sobald aber der kleinen Entente Oesterreich und Ungarn geopfert werden sollten, auf die Italien wie auf einen natürlichen Damm zwischen den Slawen des Nordens und den Slawen -es Südens rechnen müsse, sei Gleichgültigkeit nicht mehr am Platze. Die Reise Fochs nach Prag und Warschau möge hingehen, nicht aber die Reise Lerond» nach Belgrad und Cat taro, wo er nach vorliegenden Meldungen die jugoslawische Flotte besichtigte. Sollte etwa auch die jugoslawische Flotte für den Krieg gegen Deutschland vorbereitet werden? Frankreich möge treiben was es wolle, es möge aber nicht vergessen, daß Italien eine wachsende Großmacht, die kleine Entente ein künstliches diplomatisches Gebilde darstellt. Line Enttäuschung für Ungarn Budapest, 28. Mai. (Eig. Te l.) Finanzminister Kallay bestätigte — wie die Frankfurter Zeitung meldet — nach seiner Rückkehr aus Pari« die bisher nicht bekannte Tatsache, daß im Sinne des Beschlusses der Reparationskommisiion von jeder Anleihe, die Ungarn aufnähme, ein Teil für Reparatronszwecke in Anspruch genommen werden kann. Diese Eröff nung hat in hiesigen politischen Kreisen überaus leb haft verstimmt, weil dadurch die ganze Angelegen- heit in das Anfangsstadium zurückverlegt erscheint, da zur finanziellen Reorganisierung angesichts der Notwendigkeit von Reparationszahlungen eine weit höhere Summe erforderlich wäre, als in dem von der ungarischen Regierung an die Reparationskommission gerichteten Memorandum ausgesprochen worden ist. Der Minister glaubt, daß die Angelegenheit der großen Anleihen im besten Falle erst in 6—7 Mona ten in ein Stadium gelangen könnte, in dem das Endergebnis zu überblicken wäre. Ungarn sei jedoch bereits derart mit Schulden überlastet, daß vorläufig keine Aussicht auf Erfolg für eine über die von ihm angegebene Höhe htnausgehende Anleiheaktion be stünde. Auf Grund der in Pari, beschlossenen An- leihebcdingungen wird man sich vorläufig überhaupt nicht an den englischen oder amerikanischen Geld markt zur Unterbringung einer Anleihe wendcn können, so daß die von Ungarn ongestrevten finan ziellen Ziele sich derzeit nicht erreichen lassen, Vie Nationalitäten in Südsiawien Belgrad, 2L Mat. (Eig. Tel.) Die Kräfte- aruppierung in der Skupschtina zeigte nach der heutigen Sitzung ein wenig mehr Klarheit. Als Präsident der Skupschtina wurde der radi kale Abgeordnete und Kultusminister Ljuba Jovanovic mit 122 Stimmen gewählt. Für ihn stimmten außer den Abgeordneten seiner Partei auch die Deutschen. Die Klerikalen und die Musel- manen hatten leere Stimmzettel abgegeben. Zum Präsidenten der radikalen Partei wurde Marko Iuvisic gewählt. Aus der Wahl dieser beiden Politiker wird, wenn sie als Drücke in den Verhandlungen mit der autono- misierten kroatischen Partei dient, der Schluß ge zogen, daß die Regierung Pascyitsch in ihren Bemühungen um einen Ausgleich fortzufahrcn gedenkt. Ministerkrise in Polen Warschau, 28. Mai. Ministerpräsident Sikorski hat infolge der Seimabstimmung vom 26. Mai dem Präsidenten Wojctschowski am Sonn abend abend seine Demission, sowie die des ge- samten Kabinett» überreicht. Der Staatspräsident nahm nach längerer Konferenz die Demission an und betraute Ministerpräsident Sikorski mit der Weiter führung der Staategeschäfte bis zur Ernennung eine» neuen Ministerpräsidenten. Am Sonntag mittag lud der Staatspräsident Vertreter der vier Sejmkluds, der Rechtspartei und der Bauernpartei zu einer Be sprechung ein. 5luch Grönland ein Streitobjekt Frankfurt a. M., 28. Mai. (Eig. Tel.) Nach einer Stockholmer Meldung der Frankfurter Zeitung will der d ä n tsch - n o r weg t sch e Zwist über Grönland nicht zur Ruhe kommen. Er spielt eine andauernd alles überragende Rolle in der Presse der beiden Länder. Auf dänischer Seite behaupt« man jetzt, der Streit sei in eine neue Phase ein getreten, und zwar deshalb, weil ein norwegischer Reeder — unter Mitwirkung der Hamburg-Amerika- Linie al» Agentur — zwei Expeditionen nach Ost grönland ausführe und damit sozusagen eine voll endete Tatsache geschaffen werde. Auch beißt e», daß der norwegische Reeder die beiden Fahrten unter nehmen wolle, ohne sich um die dänische Genehmigung zu bemühen. Das Kopenhagener Ministerium des Auswärtigen werde gegen diese Unternehmungen einschreiten. Wie dir Neue Zürcher Zeitung berichtet, wurden auf Anordnung der S o w se tebyörden in Mo«, kau, Petersburg und Kiew schweizerische Staatsangehörige verhaftet. In Peters- I bürg wurden auch Schweizern gehörenge G schäfte geplündert, in Odessa von der Volk»- menge drei Schweizer überfallen und mißhandelt. Außerdem haben di, Sowjetbehörden die Au » st « l - lung von PSssin »ach brr Sw»iz unter lagt. Ein verführter Am Sonnabend hat der jugendliche Deutsch völkische und Nationalsozialist Schlageter sein Leben unter den Kugeln des französischen Standgerichts lassen müssen. Wenn auch auf den Franzosen die Schmach des Justizmordes und der Grausan,keit haften bleibt, so ist doch jedes Unternehmen aufs tiefste zu beklagen, das den Eindringlingen für ihre Unmenschlichkeiten auch nur einen Schein des Rechts verschafft. Schlageter gehörte zu den Brauseköpfen, denen dec Schkm- mer der Romantik den klaren Blick blendet, so daß sie nicht die unausbleiblichen Folgen ihres abenteuerlichen, der deutschen Sache in jeder Weise schädlichen Tuns übersehen können, die die deutschvölkischen Drahtzieher in der Etappe sehr gut berechnen. So gut, daß sie mit keinem Ge danken daran denken, für ihre Person das ge- ringste Risiko auf sich zu nehmen. Wagte sich doch der Prahler Wulle nicht einmal in das von der Polizei besetzte Parteibureau — in Berlin, obwohl ec Immunität genoß. Tagtäglich aber feuern diese gewissenlosen „Politiker" un reife Elemente zu einem mißverstandenen Patriotismus an und denken wahrhaftig nicht daran, sie vor Schritten zurückzuhalten, die in das grausame Gegenteil von Immunität hinein führen. „Wagelustige junge Leute, denen nie- mand nachtrauert", sucht die Organisation 6, wie aus ihrem nunmehr aufgedeckten Statut heroorgeht. Ob dem bedauernswerten Schlageier Vater, Mutter, Geschwister nachtrauern, wird die Führer der Geheimbünde wenig kümmern. Von ihnen selber trauert ihm niemand nach; denn in diesen Kreisen gilt das Leben anderer nichts, sondern nur das eigene. Nickt genug können sich die Deutschen die persönliche Er- scheinung Mulles vor Augen halten, die in all dem Elend von Krieg, Revolution, Ruhr besetzung und Teuerung vollkommen — unver elendet geblieben ist. Die deutsche Jugend sei aufs nachdrücklichste gewarnt vor solchen gefährlichen Verführern. Sie mag sich in ihrem idealen Aufopferungstrieb gesagt sein lassen, daß das Leute sind, die ge rade das Gegenteil von Selbstverleugnung dar- stellen, die nur an sich denken, an ihre Macht, an ihre Stellung, an ihr ganz triviales Wohl ergehen. Und eine Warnung sei das Schicksal dieses unglücklichen Schlageter vor allem auch für die Eltern, die der politischen Verführung ihcer Kinder heute oft in einer schier nicht zu glau benden Gleichgültigkeit zusehen. V. Vie arme paulskirche Gin unangenehmer Geist Di« Kreuzzeituna lobt da» Bekenntnis, das di« deutschen Burschenschaften in Eisenach für di« Paulskirche abgegeben haben. Vor allem freut sie sich über den Satz: „Die Paulskirche hat die Vollendung chres Werke« dem großen Staatsmann überlasse» müssen, der die groß« Frage behandelt und glücklich zur Lösung gebracht hat." Da« monarchistische Organ sagt hierzu: „Daß die Entschließung in besonders hervor- hebonder Woise Bismarck« als de» Vollender« der deutschen Einheit, die von den Männern der PaulsArch« erstrebt, aber nicht erreicht war, ge denkt, stült sie in wohltuenden, bezeichnenden Gegensatz zu dem Geist, -er bei der Jubiläums feier in Frankfurt herrschte und besonders deut- lich aus den sozialdemokratischen Reden sprach" Aus den sozialdemokratischen Roden in Frankfurt sprach der Geist der deutschen Einheit. E« ist völlig -u verstehen, daß dieser-Heist heute noch den Enkeln der Herren ein Greuel ist, die einst vor Schreck über ein. deutsche Kaisertum den Ruf ausstießen: „Da ioll unser König von Preußen wohl den Titel „Deutscher Kaiser" auch am Sonntag tragen?" — Nnilling hat keine Seit, zu feiern Die München-Augsburger Abendzeitung billigt es, daß die bayrische Regierung sich bei den Feierlichkeiten der Paulskirche nicht hat ver treten lassen. Sie schreibt sehr würdevoll: „Nach Ansicht der bayrischen Regierung und wohl auch nach dem Empfinden der überwiegenden Mehr heit des bayrischen Volke» sind jetzt wirklich nicht Vie Stimmung und die Zeitumstände dafür gegeben, ein solches Jubiläum festlich zu begehen. Hiermit dürfte denn auch die bayrische Staatsregierung ihr Fern bleiben in der Antwort auf die Einladung begründet haben." * Uns scheint, daß in Bayern sogar ziemlich häufig die Stimmung und die Zeitumstände da für gegeben sind. Feste zu begehen. Ja, die Be- geisterung für Hitler ist schließlich auf nichts anderes zurllckzuführen als auf das unausrott- bare Bedürfnis des Bayern nach einer Gaudi. Die Paulskirche ist freilich ein etwas zu ernst- Haftes Ding, als daß sich ein Festrummel daraus machen ließe mit Fahnen und Räsonnieren. Kes sevbi-L verum Lucklum! Von einer so ernst haften Feier muß wegbleiben, wer die Politik unter dem Gesichtspunkt primitiver Belustigung betrachtet. Teuerungsunruhen in Dresden Dresden, 28. Mai. (Eig. Tel.) Die Unruhen in Dresden scheinen immer ernsteren Charakter an zunehmen. Nachdem auch am Sonntag wieder große Versammlungen stattfanden, hat sich am Montag die Lage noch verschärft. Starke Polizeiaufgebote durch- ziehen ununterbrochen die Stadt, haben jedoch An weisung, nur im dringendsten Notfälle einzuschreiten. Sämtliche Geschäfte, auch die meisten Gastwirtschaf ten, sind seit Freitag geschlossen. Auch in den Außenbezirken der Stadt kann man nur zu bestimm ten Stunden noch einkaufen. , Am Sonntag fand imRathaur eine Sitzung unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters Blüh er statt, an der auch Vertreter des Polizei präsidium« unter Präsident Menke, ferner Vertreter der Dresdener Geschäftswelt teilnahmen. Die Ver handlungen verliefen jedoch ergebnislos. Sonntag abend versammelten sich große Massen vor dem Opernhaus und verhinderten die Ausführung der Oper. Das Wirtschaft»ministerium hat heute bekanntgegeben, daß Groß- und Kleinhändlern, die den Beauftragten der Landespreisprüfungsstellcn oder der öffentlichen Pretsprüfungsstelle nicht jede verlangte Auskunft erteilen oder die die Deauf- tragten der Prei«prüfungsstellen ungebührlich be handeln, die Erlaubnis zum Handel wegen Unzuverlässigkeit entzogen «erden wird. Andererseits erwartet d« Wirtschaftsministe rium, daß gegen Händler und Geschäftsinhaber nicht in unbesonnener und ungesetz licher Weise verfahren wird. Die Erwerbslosen wollen die Geschäfte, wie ver- lautet, für 14 Tage geschloffen halten. In Kaffee- Häusern, die noch geöffnet hatten, wurden die Gäste mit Gewalt zum Verlassen der Lokale gezwungen. In Maueranschlägen fordern die Kommunisten unter der Bezeichnung „Erwerbslosenrat" die Arbeiter- schäft und proletarischen Hundertschaften auf, auf die Straßen zu ziehen und zunächst zur Selbsthilfe zu greifen. Oie neuen Eisenbahnfahrpreise Wie wir unseren Lesern bereit- mitteilten, tritt am 1. Juni eine neue Erhöhung der Eisen- bahnfahrpreise in Kraft, di« eine ungefähre Verdoppelung der jetzt gültigen Preise mit sich bringt. Nachstehend geben wir ohne Gewähr eine Aufstellung der Fahrpreise, wie sie ab 1. Juni d. I au- erhoben werden: vom Leipziger Hauptbahnhof Altenburg Km 8. Kl. 4. Kl. . . 45 2200 1440 M. Annaberg i. E . .141' 6800 4600 Bad Elster . .158 7600 5200 Bad Lausick . . 33 1600 1080 Berlin - . .165 8000 5400 Bitterfeld . . 83 1600 1080 Borna . . 31 1640 1120 Borsdors . . 12 640 400 Brandi- . . 10 960 640 Burgstädt . . 74 3600 2400 Chemnitz . . 81 3000 2600 Colbitz . - . . 46 2300 1480 Dahlen . . 44 L200 1440 Delitzsch . . 21 1040 720 . . 67 8300 2200 Dresden . . 118 5800 3800 Eilenburg . . 25 1200 800 Eisenberg i. LH. . . . . . 70 3400 2300 Freiberg Görlitz . .109 . .219 5400 10600 3500 7200 Grimma . . 31 1520 1000 Lalle a. S . . 88 1840 1240 Hamburg . .374 18000 120O0 Jena . . 91 4400 3000 Kohren........ . . 50 " 2400 1600 Köln . .547 26400 17600 Kvnig-berg i. Pr.. . . . .751 36200 24200 Lei-nig . . 54 2600 1760 Ltebertwollwttz .... . . 13 640 480 km 3. Kl. 4. Kl. Magdeburg . . . ... .ISO 5800 4000 M. Markneukirchen. 161 7800 52p0 „ Markranstädt. . 16 LOO 560 „ Mittweida . . . 103 5000 3300 „ NarSdors . . . 51 2500 1640 „ Naunhof . . . . -21 1040 720 „ Nerchau . . . . 36 1760 1160 „ Oschatz 53 2600 1720 „ Osterode, Harz . ILO 9200 62(0 ,, Pegau 83 1600 1080 „ Penig 76 3648 2500 „ Plauen i. V . . 122 6000 4000 „ Rochlitz 58 2800 1806 „ Roda, S.-A. . . 104 5000 3400 . Roßwein . . . . 77 3700 2500 „ Rötha 24 1200 800 „ Schkeuditz . . . 19 960 640 „ Strehla . . . . 65 3200 2100 „ Swinemünde. . 410 19800 13200 „ Taucha..... 10 480 320 „ Drebsen . .). . 32 1560 1040 „ Waldheim . . . 3700 2500 „ Weimar .... 96 4600 2500 - Wermsdorf. . . 48 2400 1560 - Wurzen .... 26 1280 840 „ Zeitz 45 2200 1440 „ Zittau 223 10800 7200 . Zwenkau.... 21 1040 720 „ Zwickau .... SO 4400 2900 , Oie GchneNzugszuschlaglarten »osien vom 1. Juni ab in Zone I (1—7b Kilometer) 1. Klasse 4000 M , 2. Klasse 2000 M, 8 Klasse 1000' M, in Zone ll (76-150 Kilometer) 1. Klasse 8000 M , S. Klasse 4000 M., 3. Klasse 2000 M tn Zone IH (über ISO Kilometer) 1. Klass« 12000 M., 2. Klass« 6000 M, S. Klasse 3000 M.
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