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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.05.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-05-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192305185
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230518
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230518
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-05
- Tag 1923-05-18
-
Monat
1923-05
-
Jahr
1923
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Kehraus im Reichstag Der Reichstag nahm in seiner letzten Sitzung vor Pfingsten im Anschluß an die bereit» mitgeteilten Ausführungen de» Reichsminister» v. Rosenberg zu den Antworten Englands und Italiens noch dir Haushalte de» Reichspräsidenten, de» Reichskanzler» und de» Auswärtigen Amte» an und verabschiedet« den Gesamtetat gegen die Stimmen der Kommu nisten. In dritter Beratung wurden ferner folgende Gesetzentwürfe endgültig angenommen: die Vorlage über den Verkehr mit edlen Metallen, das Reichs- entlastungsgesetz, da» Liquidationsschädengefetz, das Reichsausgleichgesetz und die Ergänzung zum Reichs- fiedelungsgesetz. Der Gesetzentwurf über die Siche- rung der Brotversorgung im Wirtschaftsjahr 1923 wurde dem Volkswirtschaftlichen Ausschuß über wiesen. Alsdann wurde Präsident Loebe ermächtigt, Zeitpunkt und Tagesordnung der ersten Sitzung nach Pfingsten selbst zu bestimmen. Zum Schluß hielt der Präsident folgende Ansprache, die von den Abgeordneten stehend angehört wird: „Eine An zahl unserer Mitglieder schickt sich an, nach Frankfurt a. Main zu fahren, um dort am Freitag den Ge denktag des Zusammentritt» der ersten deut schen Nationalversammlung in der Paulskirche vor 75 Jahren zu feiern. Es handelt sich in dieser ernsten Zeit nicht um ein frohes Fest, sondern um ein ernstes Gedenken an die großen Män ner, die dort im Jahre 1848 für Einheit und Freiheit eines Deutschen Reiches auf demokratischer Grundlage eingetreten find. Nur ein Teil dieser Ideen ist bisher erfüllt, noch immer ringen wir um Einheit und Frei beit des Deutschen Reiches. Deshalb begleiten wir die Veranstaltung mit unserer Sympathie und senden der Stadt Frankfurt und den dort versammelten Männern unsere solidarischen Grüße.* Die Zrage der Lehrerbildung Berlin, 17. Mai. Die vier Parteien der bür gerlichen Arbeitsgemeinschaft sowie die Deutsch nationalen und die Sozialdemokraten haben sich zu einem gemeinsamen Vorstoß in der Lehrerbildungsfrage entschlossen, die von der Reichsregierung bisher den Ländern zur Rege lung überlassen war. Die sechs Parteien haben den Schulrat Reuermann ermächtigt, der Regierung zu erklären, daß die Parteien alsbald die Vorlage ein-» Rahmengesetzes für die Lehrerbildung von der Reichsregierung wünschen. Neue Amnestievorlage in Sachsen Dresden, 17. Mai. (2 i g. T e l.) In den nächsten Tagen wird dem sächsischen Landtage die zwischen Kommunisten und Sozialisten vereinbarte Am- nestievorlage zugehen. Sie schlägt vor, Strafen wegen Verfehlungen, die aus Not begangen worden find, zu erlassen, wenn sie von sächsischen Gerichten rechtskräftig erkannt worden sind und die Strafe in Festung oder Gefängnis von höchstens 1 Jahr oder in Geldstrafe von höchstens 80000 M. besteht. Unter denselben Voraussetzungen werden Strafverfahren wegen solcher aus Not begangener Straftaten nieder geschlagen. Die Amnestie betrifft auch Abtreibungshandlun gen in den Grenzen der obigen Strafmaße. Aus- genommen bleiben Fälle, in denen die Schwangere wirtschaftlich gröblich ausgebeutet wurde, wenn die Abtreibung ohne ihren Willen erfolgt ist oder wenn sie die Gesundheit der Schwangeren schwer geschädigt hat. Die Ausführung des Amnestiegesetzes soll zunächst den Justizbehörden obliegen, doch behält sich da» Justizministerium bei Ablehnung durch die Vor instanz die Nachprüfung vor. Die noch nicht be gonnene Strafvollstreckung soll aufgeschoben, sonst an hängige Sachen vorläufig nur insoweit fortgeführt werden, als die Erörterung von Tatsachen in Frag« kommt, die die Anwendung oder Nichtanwendung de« Amnestiegesetzes zu begründen geeignet ist. Nulturaufgaben Dresden, 15. Mai. (Drahtbericht unserer Dresdner Schriftleitung.) Der neue säch sische Nachtragshaushalt weist erfreulicherweise auch größere Nachforderungen und Mehraufwendungen für Kulrurzwecke auf. So wurde die der Landes bibliothek in Dresden für Bücheranschaffungen zur Verfügung stehende Summe von 350 000 auf 14 290000 .41 erhöht. Dem Textilforschungsinstitut in Dresden wurden 5 Millionen Mark nachbewilligt, der Derkstelle für Farbkund« 900000 <^t, dem Reichswirtschaftsmuseum in Leipzig 525 000 dem Institut für Braunkohlenforschung in Freiberg 156 Millionen Mark und der Technischen Hochschule in Dresden L60 Millionen Mark. * Der Kapitalbedarf der sächsischen Staats unternehmungen steigt entsprechend der all- gemeinen Teuerung immer mehr. Ohne den Bau der Talsperre bei Muldenberg, für den als dritter Teil bettag 100 Millionen Mark benötigt werden, braucht der sächsische Staat für seine Marmor- und Kalk werke, die Porzellanmanufaktur Meißen, die Braun- und Stemkohlenwerke und für seine Elektrizität«. Unternehmungen 17139 Millionen Mark, davon allein mehr als die Hälfte (9 Milliarden) für die Elektrizitätswerke. Inzwischen sind seit Fertig stellung des Nachttagsetats die Verhältnisse noch schwieriger geworden, so daß viele weitere Millionen zum Ausbau der staatlichen Betriebe noch erforder lich sein werden. polnisch« Ausschreitungen in KSnigshütte König»hütte, 17. Mai. In der vergangenen Nacht find in Königshütte sämtliche deutschen Fir menschilder zerschlagen, abgerissen oder Lbersmmiert worden. Alle Schaufenster in der Ge schäftsstelle de» Organ» der deutschen Minderheiten tm polnischen Oberschlesten, de» Oberschlestschen Kurier», sind zertrümmert worden. Bereit» vor dem Rationalfriertag Polen», dem 3. Mai, war allen deutschen Kaufleuten die Zerstörung ihrer Geschäft« anaekÜndigt worden, fall» sie die deutschen Inschriften nicht entfernen würden. Fast alle Inschriften sind daraufhin geändert worden mit Ausnahme eine» kleinen Rest»», gegen den sich di« Zerstörungswut in d«r letzten Nacht gerichtet hat. vi« Zranzosen al« Gerichtsvollzieher Gfs«», 17. Mai. (E i g. Tel.) Di« Franzosen find dab«i, den Druck auf die Industriellen tm Ruhrgebiet noch weiter zu verschärfen. Heute früh erschien sran- -ösifche» Militär mit fünf Lastauto» vor der Woh nung de» Generaldirektor» Tengelmann von ren Essener Steinkohlenbergwerken und pfändete eine Möbel wegen der nichtbrzahlten Geld- träfe, di« Tengelmann durch das Mainzer Urteil im Thyssenprzeß auferlegt worden war. Di, Möbel stücke wurd«l mit den Auto» wegttansportiert. Da» gleich» Pfändungsverfahren wurde bei Generaldirek tor Wüstenhöfer durchgeführt. In Hörde wurde ein Direktor de» Phönix verhaftet. Natürlich sind die Deutschen schuld Frankfurt a. 17. Mai. (Lia. Tel.) Die De- setzungsbehörde in Speyer gibt folgendes bekannt: Am Bahnübergang der Mühlturmstraße ereignete sich am vergangenen Dienstag abend ein schwerer Unfall, dem ein jugendlicher Arbeiter zum Opfer fiel. Die hohe Kommission hat bereits am 14. April durch Verordnung 162 die nötigen Maß- nahmen getroffen, um solchen Vorfällen vorzubeu- gen. Die Beantwortung fällt einzig und allein den deutschen Behörden, und ganz besonders dem 1. Bürgermeister von Speyer zur Last, der trotz wiederholter Vorstellungen sich wei gerte, die Verordnung 162 durchzuführen. Auf Grund dieser Verfehlungen wurde der 1. Bürgermeister verhaftet und ein gerichtliche» Verfahren wird gegen ihn eingeleitet. In Aßmannshausen wurde der Bürger meister Groß von den Franzosen verhaftet und ohne Angabe von Gründen in da» Wiesbadener Militärgefängni» gebracht. Die von Koblenzer Bürgern eingereichten An träge auf Gene hm igung derAus- und Ein- reise gemäß Ordonanz 167 der Znteralliierttn Rheinlandkommission sind von den Franzosen bis jetzt nahezu ohne Ausnahme abgewiesen wor- den. Nach dieser Methode will man offensichtlich den Verkehr zwischen dem besetzten und dem unbesetz ten Deutschland vollständig unterbinden. Ein angeblicher Brief Thyssens Pari», 17. Mai. (Eig. Tel.) Wie die Action Franxais« mitteilt, hat da» LomitL cke» iorxes an Poincart einen Brief Thyssens übermittelt, in dem die französischen Industriellen angeblich auf gefordert werden, zugunsten Krupps und der an deren Verurteilten von Werden bei der französischen Regierung vorstellig zu werden. In dem Brief soll u. a. heißen: „Die Arbeiter des Rnhrgebietcs batten gerade angefangen, sich nach der Revolution vieder an Disziplin und Arbeit zu gewöhnen, nls durch die Ankunft der Franzosen aufs neue Ver wirrung geschaffen worden ist.* Der Brief schließt nach dem royalistischen Blatt mir der Warnung vor bolschewistischen Unruhen, die bei Fortdauer des gegenwärtigen Zustandes unvermeidlich würden. Es verlautet, daß dieser angebliche Brief Thyssens vom Lomitö cies korxes auch zur Kenntnis Millerands gebracht worden sei. Meine politische Nachrichten Der Beamten-Teuerungszuschlag für die beiden Maihälften ist auf 1220 Prozent und 1700 Prozent, der Frauenzuschlug auf 16 000 Mark erhöht worden. ll.be» die Erhöhung der Grundgehälter wird nrch rcrhandelt. -re Der Reichstagsausschuß für Sozialpolitik hat das Reichsknappschaftsgesetz in zweiter Le sung verabschiedet. * Die Reichsregierung hat gegen die Massen- ausweisung deutscher Eisenbahner aus dem Ruhrgebiet, durch die schon Zebntausende von Familien ins Unglück gestützt wurden, in Paris, London und Brüssel schärfsten Protest erhoben. * Aus Anlaß der vor einigen Tagen erfolgten Be schießung des Bahnhofes Lennep hat der franzö sische Kommandant unter Verhaftung des Bürger meisters. der Stadt Lennep eine Geldbuße von 200 Millionen Mark auferlegt. Auf Anordnung des Amtsgerichts Dresden ist die Nummer 16 der Sächsischen Landes zeitung vom 12. Mai 1923 wegen der darin ent haltenen Abhandlungen: „Wenn wir unker altes deutsches Heer noch hätten* und „O heilige Ein falt* beschlagnahmt wordeu. * Der irische Republikaner O'Drion, der seine Prozesse wegen Freiheitsberaubung gegen -die eng- lische Regierung in allen Instanzen gewonnen hat, wurde nunmehr vom englischen Gericht in Frei heit gesetzt. Sofort nach seiner Freilassung wurde er jedoch im Gerichtssaal von zwei Kriminal- beamten auf die Anklage, an einer Verschwörung teilgenommen zu haben, wieder verhaftet. * Zn Wladiwostok kam es anläßlich der Er mordung Worowskis zu englandfeindliche n Kundgebungen. Hierbei wurden Todes drohungen gegen die „britischen Imperialisten* ausgesioßen, die für die Ermordung verantwortlich gemacht werden. * Der Führer der chinesischen Räuber bande, die in Schantung einen Eisenbahnzi g überfallen und dabei eine Anzahl Ausländer ge fangengenommen hatte, hat das voraeschlagene Abkommen, wonach die Gefangenen freigelassen und die Regierungsttuppen zurückgezogen werden sollen, abgelehnt. Darauf stellten sich der Der- kehrsminifter Wujuin und General Pangitscb dem Hauptquartier der Räuber als freiwlllige Geiseln, um die Freilassung der gefangenen Europäer zu erlangen. Neue Kriegsgefahr auf dem Balkan Loudon, 17. Mai. (Eig. Tel.) Zn hiesigen politischen Kreisen ist man über den Verlauf der Lausanner Konferenz besorgt. Man spricht öffentlich davon, daß Frankreich durch Geld und Rüstungen Griechenland und Serbien nicht nur in die Lage versetzt habe, sondern geradezu dc»u nötige, gegen die Türkei bereit» in ganz kurzer Zeit auf« neue Krieg zu führen, wenn di« Türken sich nicht bereit erklären sollten, in Lausanne bedingungslos vor den Forderungen Frankreich» zu kapitulieren. Di« englischen Offizier« der Garnisonen in Konstantinopel und den Meerengen haben auf Befehl des Oberkommando» wegen der gespannten politischen Lage ihren Urlaub unterbrechen müssen, und find zu den Truppenteilen zurückgekehrt. Ei veran lich k dess 1848. Muser Polize die S Wider und d Wi die D (31. 3. Ilebert Herzog Origin die ei freihei ist di« ernsten Lander Wilhel Deutsch dnrch Besond drucke Schrift zeitgen Braß, Ilniver vertret, datsch* tern d« „Reibe« von v. Abgeor schließe, In zumal j Materi, ziger Frankfr Wiener Origina 1848 vc anninnr Wer da tische E manchen findet, i Dokume ments s Gros burger Hinteren neben k Fabrikai 26 von 100 000 eines di 5 und 7 den zu kammer fängn teilt. Z fängnis, 1 025 001 sich in ei Nelig brechung lischen E des evan g.n, in lischen 6 Bestti ler Loui Landwirl und ihn Hofe für einen an kaufte ih, wurde zr Ms < I r Bei d und ab r über Pol wechselrei mit solche auch im l es merkte Fürsten auf ein 2 eigentlich der Fürst „Wie fini sehe mich und dabe Ihnen hö malten, i Eulenspic, Da ici er oft en jeden am« lisch in j Freunden für die fragte mü der Wähl deren Po nämlich s England, dort nati (wenn mc länder je sprach ich „Sie I Weib gern auf rein, alten Ou« „Die mcir acht Stun Sätzen spr Gedanke« - LiL ,-r"L 8«tt« 2 Xr. 116 L,e1p«1gLr «ul KandslL-eituag Bewaffneter Friede in Südamerika Wir entnehmen dem «n Buenos Aires er schein, den Argentinischen Tage blatt vom 14. April folgende Ausführungen: Da» jammervoll« Bild der europäischen Konfe renzen, auf denen di« erbärmlichen Gestalten einer durch und durch vrrlogenen Diplomatie um klein lichste Ansprüche nationaler Habgier schacherten und dabei wichtige Menschheitsinteressen verspielten, wiederholt sich in Santiago de Chile. Man könnte meinen, zwischen diesen kaum hundertjährigen Nationen Hassten tausendjährige Abgründe. Bon wirklicher amerikanischer Solidarität ist auf der vanamerikanischen Konferenz nur in Kundgebungen die Rede gewesen, denen das Brandmal der Lüge auf der Stirne stand. Mit üblen Phrasen drückt man sich scheu um die Besprechung des einzigen Problems, das diese Tagung zu einem Markstein in der ame rikanischen Geschichte hätte machen können. Zur Heilung der gefährlichen Rüstungskrankheit, die verschiedene Staaten ergriffen hat und die auf unserem Kontinent einen Hellen Wahnsinn darsiellt, empfiehlt man Vaseline, und von Rüstungseinschrän- kungeu oder Abrüstung ist nicht die Rede. E» ist heute eine Binsenwahrheit, daß Brasi lien den Eintritt in den Verband der alliierten und assoziierten Mächte und die Kriegserklärung an Deutschland in erster Linie dazu benutzt hat, um dem Rüstungswahnsinn seiner korrumpierten Politiker freie Bahn zu verschaffen. Die Entwicklung des bra silianischen Heeres in den letzten fünf Jahre« und die ungeheure Steigerung der Ausgaben für Rü stungszwecke beweisen dies zur Genüge. Don 1917 bi« heute hat das brasilianische Parlament an 300 Millionen Pesos (zum jeweiligen Kurse bei der Bewilligung eines jeden Kredits umgerechnet) ge nehmigt. Hierzu kommen jährlich 30 Millionen Pesos, — nicht Milreis — die von den einzelnen Bundksstaaten für ihre Milizen ausgegcben werden und 60 Millionen de» ordentlichen bundesstaatlichen Budgets. Nach der Reorganisation seines Heeres, gemäß dem Dekret vom Dezember 1921, besitzt Bra silien einen Bestand von 33 940 Mann Infanterie, 14 969 Mann Kavallerie, von denen 13 000 an der Grenze von Corrientes stehen, und 22 294 Mann Artillerie, also insgesamt 78777 Mann, ohne die 34 000 Mann der Milizen der einzelnen Staaten zu rechnen, die zum Teil sogar durch fremde Militär missionen ausgebildet werden. Auf die reichhaltige Ausstaffierung des brasilianischen Heeres mit Ka- nonen und Kriegsmaterial sei hier gar nicht em- geganaen. Der Bergleichsmatzstab ergibt sich aus der Tatsache, daß Argentinien einen Heeresbestand von 26 000 Mann besitzt und seit 1909 kein Kriegs material mehr gekauft hat, während da» Heer des Bicrmillionenlandcs Chile aus 22120 Mann und 3000 Mann Hilfstruppen besteht. Auch Chile, dessen Finanzwirtschaft ebenso wie diejenige Brasi- lien» an chronischem Defizit leidet, hat :n den legten Jahren gewaltige Summen für Lte Anschaffung von Kriegsmaterialien ausgegeben. Sie erreichten in den letzten zehn Jahren 12)4 Millionen Pfund Ster ling, also etwa die Hälfte der brasilianischen Rüstungsausgaben. 16 Prozent seiner gesamten Staatsaurgaben werden für militärische Zwecke ver wendet, wahrend Argentinien dafür nur 7,9 Prozent . anlegt. Als bekannt wurde, daß Chile Vie Abrüstungs- ' frage al» Programmpunkt der Fünften Panamerika- . nischen Konferenz vorschlagen werde, bot die brasi- lianische Diplomatie alles auf, um die Besprechung dieser Frag« in Santiago zu verhindern. Zu diesem Zwecke schlug sie eine Vorkonferenz der drei inter essierten Harwtmächte Argentinien, Brasilien und Chile vor. stellte aber gleichzeitig die unannehmbare Thesis auf, daß die Flotte der Kustenausdehnung des Lande» entsprechen müsse. Mit anderen Worten reservierte Brasilien sich damit das Recht, seine Flotte weiter auszubauen, während der argentini schen jede weitere Ausdehnunasmöglichkeit genom men würde. Nur zu begreiflich ist es, daß Argen tinien diesen grotesken Vorschlag von Itamaraty ohne weitere» ablehnte. Als Emberuser der Kon ferenz und als Antragsteller einer Besprechung der Rüstungsfrage durch sämtliche amerikanischen Staa ten mußte auch Chile nach Rio abwinken, und der neue brasilianische Außenminister Dr. Felix Pacheco, der ausgezogen war, um Lorbeeren zu sammeln, hatte sich damit eine nicht unverdiente Abfuhr ge holt. Aber die brasilianische Antwort blieb nichr au». Pacheco ließ die Teilnehmer an der Konferenz wissen, daß er nach dem Scheitern der geplanten Dortonfe- renz unter keinen Umständen in eine eingehende Besprechung der Abrüstungsfrage einwilligen werde, und den Erfolg dieser Politik sehen wir nun tn dem Antrag des Referenten der Rüstungskommission Herrn Hunneus. Die einzelnen Punkte seine» Antrages sind der artig kümmerliche Gemeinplätze, daß sie das eigent liche Thema kaum berühren. Wenn zum Beispiel darin den Regierungen empfohlen wird, daß kein» Macht künftighin Schlachtschiffe von mehr als 35 000 Tonnen Wasserverdrängung kaufen und kein Kriegs schiff Kanonen von mehr als 16 Zoll besitzen soll, so fehlt uns jedes Verständnis für den Zusammenhang zwischen diesem Antrag und der Frage der Rüstung», einschränkungen in Südamerika. Es ist höchst uu- wesentlich, ob die einzelnen Mächte Schlachtschiffe von 34000 oder 36 000 Tonnen kaufen, wenn sie entschlossen find, sich möglichst bi, an die ZLbne zu bewaffnen. Jede Rüstung hat noch zum Kriege geführt. Bra- filien, in dem französische Rüstunasagenten und Militärkommisstonen einen leider gefährlichen Ein fluß au»üben, wiederholt hier denselben Fehler, den Deutschland auf der Haager Konferenz begangen hat. Es wird seines Erfolges nicht frok werden. Aber traurig genug ist es, datz der Erfolg der fünften Pan- amerikanischen Konferenz nicht an der Beseitigung der zwecklosen Rivalitäten und in der Sicherung eine» wirklichen Frieden» auf der Grundlage gegen- seitigen Vertrauen» besteht, den dieser Kontinent zur Entwicklung seiner gewaltigen Reichtümer so drin gend braucht, sondern daß in Santiago de Chile nur vi« Aera de» bewaffneten Frieden» offiziell einge leitet worden ist. England kauft die vagdadbahn London, 17. Mat. (Eig. Tel.) Reuter ver öffentlicht eine Rote, wonach ein Konsortium eng- lischer und schweizerischer Banken von der Türket die Aaatolischen Bahnen und ihr« Fort- setzung nach Bagdad käuflich erworben hab«. Der erste englisch« Anteil tm Konsortium beträgt 90, der schweizerische Anteil 10 Prozent Den franzö sischen und italienischen Interessierten an den klein- asiatischen Bahnen ist eine Unterbeteiligung ango» boten Während sich Italien bereit erklärt haben soll, mit der englisch« Grupp« zu verhandeln. haben die Franzosen zu diesem Plan« anscheinend bi» jetzt keine Stellung genommen Es ist die» der erste Schritt, der von England erfolgt um die wirtschaftlichen Vorrechte, die es sich in der neuen Türkei gesichert hat, geltend zu machen. Krassin hofft auf Einigung Pari», 17. Mai. (Lig. Tel.) Der Korrespon dent de» Echo de Pari» in London hatte eine Unterredung mit Krassin. Dieser versicherte, daß er vollkommene Derhandlungsvollmachten habe. Lord Curzon habe er bisher nicht gesehen. Cr hoffe sicher, daß das Handelsabkommen nicht ge brochen werde. Die gestrige Aussprache im Unter hause habe einen ausgezeichneten Eindruck auf ihn gemacht. Im übrigen erklärte Krassin, er werde Lord Curzon keine Konferenz nach der Art der von Genua vorschlagen, sondern eine einfache Zusam menkunft von Sachverständigen zur Besprechung der Frage der Hoheitsgewässer im Weißen Meer und der Propaganda. Man scheine „Propaganda* Akte zu nennen, in denen Rußland nur einfache Maßnahmen zum Schutze seiner beson deren Interessen erblickt. Ob es zu einem Bruch zwischen der Sowjettegicrunq und London kommt, hänge allein von der englischen Regierung ab-, es würde dazu kommen, wenn London es oorziche, daß Berlin oder Kopenhagen zum Umschlagplatz für den russischen Handel gemacht wird. Die Beziehungen Sowjetrußland» zu Frankreich hätten noch keinen Fortschritt gemacht. Solange VoincarS seine Politik fortsetze, werde sich hieran wohl nicht» ändern. Kunden» politlschenLeben Japans Don «AorlkM«» Tokio, Ende Februar. Ueber zwanzigtausend Menschen, Angehörige der verschiedenen Arbeiterorganisationen, veranstalteten am 20. Februar einen Demonstrationszug für das allgemeine Wahlrecht. Zum erstenmal ging der Zug ohne Störung vonstatten und man nannte daher diese Demonstration eine „Ideal-Demonstra tion*. Tausende von Polizisten begleiteten den Zug. Drei Tage hernach kam das allgemeine Wahlrecht auf das Tagesprogramm im Reichstage und wurde, wie vorauszusehcn war, von der Partei Seiyukai, welche von der Regierung unterstützt wird, abgelehnt. Im vorigen Jahr ist die zweite japanisch-russische Konferenz für die Wiedereröffnung des Handels verkehrs zwischen den beiden Staaten abgebrochen worden. Diesen Februar ist Adolf Joffe von der Sowjetregierung auf private Einladung hin nach Japan gekommen. Hier ist die Dolksstimmung für die Aufnahme des Verkehrs zwischen Rußland und Japan reif geworden. Man spricht schon von girier dritten Konferenz. An dererseits ist von einigen Abgeordneten die Frage der Anerkennung der Sowjetregierung auf da» Tagesprogramm de« Reichstags gesetzt worden. Der Antrag ist niedergestimmt worden. Hier haben einige Ueberpattioten aus dem Sieg der italienischen Faschisten Mut zu einem An- griff gegen den politischen und sozialen Fortschritt geschöpft. Darunter die Kokosuikai (National vereinigung), welche überall die sozialistische Be wegung bekämpft. Neulich hat ein großer Kampf zwischen Kokosuikai und Suihaisha auf dem Lande stattgefunden. Eintausend Anhänger der Kokosuikai- Partei kämpften gegen sechshundert Leute der Suihaisha-Partei. Alle waren mit Gewehren, Scbwert und Spieß versehen. Der Kampf hat ein'ge Ver luste an Menschenleben gekostet. In Japan lebt seit Zeiten eine sogenannte „besondere Dorfgemeinde*, die stets abgesondert ge wohnt hat und eigene Lebensgewohnheiten und Sitten besaß. Heute leben die Leute dieser Gemeinde schon überall verstreut. Stößt man jedoch auf ihren Namen, so werden sie ungerechterweise aus alten Mißverständnissen heraus verachtet. In Raffe und Charakter unterscheiden sie sich kaum vom japanischen Volke, werden aber trotzdem aus noch nicht über wundenem Vorurteil als niedrigste Menschenklasse angesehen und sozial und moralisch ungerecht und schlecht behandelt, obgleich sie rechtlich die gleiche Stellung einnehmen. Aus diesem Stamme hat sich der oben erwähnte Verband Suiheisha gebildet, be stehend au» Leuten, die, empört über diese lln- gerechtigkeit, eine starke Freiheitsbewegung ein- geleitet haben, die besonders dazu dienen soll, da» alte Vorurteil zu beseitigen und den Zugehörigen dieser Dorfgemeinde gleiche Anerkennung zu geben. Diese Bewegung kann man weder national noch sozialistisch nennen, doch besitzt sie die Sympathie aller Arbeiterbewegungen. Käuberunwesen in Lettland Zn dem lettischen Flecken Schönberg, in der Nähe der litauischen Grenze, fand dieser Tage der Jahrmarkt statt. Eine Räuberbande, die rund 20 Mann stark war, raubte die heimkehrenden Markt- Händler au». Ihr fielen nach und nach 12 Markt besucher in die Hände, 8 davon wurden teilweise ausgeplündert. Zwei, die sich zur Wehr setzten, wur den erschossen, zwei andere verwundet. Bei der Ver folgung der Räuber, an der sich die lettländiscben Poltzeibeamten und lettländisch« und litauisch« Grenzwachen beteiligten, kam e» nn Walde zu einem Gefecht. Die Bande konnte nicht eingekreist werden und zerstreute sich tm nächtlichen Dunkel in den Drenzwaldern. Eine ähnliche Räuberbande, di« im vorigen Jahre bi» gegen Mitau vorge drungen war, wurde damal» dort unschädlich ge macht. Eine zweite, die im Herbst die Gegend nach Liebau zu unsicher machte, konnte der Polizei, mit der sie blutige Zusammenstöße batte, entwischen. Bon l«ttländischer Seit« wird behauptet, daß all« dies« Band«» au» Litauen kamen. Har ding beschloß, End« Juni «ine Reise naL dem Westen der Bereinigten Staaten und nach Alaska zu unternehmen. Seine Abwesenheit von Washington wird etwa zwei Monat« dauern. IS. Lai kl
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