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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.05.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-05-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192305135
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230513
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230513
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-05
- Tag 1923-05-13
-
Monat
1923-05
-
Jahr
1923
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5onnta6rbci1s6e «les l^eipriger I^sgeblattes Xr. 112 * 8020 tag, 6ea 13. LLttl 8eit« 6 ver Erzbischof Von ttonorck «I» V«>»»e Mr bringen hier et» uwbttannte, nach vaserem besten Wissen noch nicht in da« DeuNche Uber- tragen« Äeschichte Balzac«, die zu seinen Leb- zetten in keine Ausgabe seiner Werke Ausnahme fand. Diese Nein« Geschichte aus einer herz licheren Zett, als eS die unsere ist. dürste jedem Freund« de» Meisters eine amüsante Ergänzung ,u den Lome» drolattque- sein. Vie entstand am November 1830. Zu jener Zeit, da die Kirche reich und mächtig war, trugen die Kirchenfürsten weder Vie Einfalt der Apostel, noch die steife, kalte Gleisnerei der modernen Prälaten zur Schau. Damals betrachteten die Kon zile als eine Notwendigkeit, die ebenso unabweisbar wäre wie Essen und Trinken, auch dieses: eine gute Zahl frischer und fröhlicher, wohlgepuhter und, wie die alten Autoren sagen, „hochbusiger* Kurtisanen zu requirieren. Auf dem Konzil, wohin sie gekom- men waren, um den Patres zu Diensten zu sein, kehrten sotane liebliche Kreaturen in den Gasthäusern das Unkkrstxzu oberst und erhielten für ihre Zelter, ihre Affen, lyr« Mohrenknaben, Zwerge und Aman- tes die vortrefflichste Kost. Respektiert wurden sie gleich den Königinnen, denn sie stellten di» yanzc Machtvollkommenheit eines Kardinals, eines Seig neurs, Lines Fürsten oder Papstes dar. Und warm lustig in der Christenheit wie ein Mönch im Nonnen kloster, und war nur ein einig Ding, vor dem sie sich hüteten, das Altwerden nämlich. Im übrigen ließen sie die Chorhemden auffliegen, trieben mit Bischofs mützen Possen und livrierten mit roten Kardinals mäntelchen ihre Affen, und alles dieses rul msjorrun Oei tziorism. Auf solche Weise wußte man sich die Zeit zu ver treiben m oen Tagen, da noch überzeugter Glauben herrschte. Sie sollen sich also in die frühen Tage zurück begeben und im Geiste jener berühmten römischen Kurtisane ansichtig werden, von deren Moschusdüften uns Verville erzählt: der schönen Imperia nämlich, wie sie in dem Städtchen Trient schläfrig im Abend liegt... Um sie her: samtene Möbel, Vorhänge mit gol denen Fransen, geschnitzte Leuchter, türkische Teppiche, köstlich duftende Kerzen, in Filigran gerahmte vene- zianische Spiegel — kurz: alle Seltenheiten, alle Prunkstücke aus jener Zeit. In einer Ecke dieser präch- tigen Verschanzung stand ein spitzenreiches Bett, auf welchem die Frau Imperia reizend hingestreckt lag und den galanten Reden des jungen Erzbischoss Mon signore Salviati lauschte. Die schöne Imperia hatte gerade einen Kanarienvogel verloren, und sie war so sehr in ihrem Schmerze befangen, daß sie nun kaum wußte, ob der Erzbischof ihr die Hand drückte oder den Fuß. Sie liebte Salviati. Doch nicht etwa seines frauenhaften Teints wegen, nicht seiner schwar zen Augen oder seines schönen wehenden Haares, nicht seines unermeßlichen Reichtums oder seiner Ju gend wegen — frische, junge, reiche und schöne Ab bes hatte sic wie Heu und hätte sie zum Fenster hin- auswerfen können für die Damen der Christenheit, so deren ermangelten. Denn sie bekümmerte sich um Prälaten so viel wie ein Gastronom um Kommiß brot. Sie liebte Salviqti vielmehr, weil er einmal äußerst sauber einen französischen Kapitän hatte er dolchen lassen, dessen indiskrete Zunge einer Mei nung Ausdruck gegeben, die ihre Kurtisanenehre kränkte. Der arme Teufel hatte jene delikaten Mo schusdüfte mißdeutet und behauptete nun in Verken nung des Organes, die schöne Imperia rieche beim Sprechen fürchterlich aus dem Munde. Salviati, d«m viel daran lag, der reizenden Dame zu gefallen, be fahl flugs einem seiner Bravi, den Kapitän Bom- part umzubringen', was auch geschah. Zur selbigen Zeit war aber die kapriziöse und furch *oare Imperia noch gegen einen anderen von großem Haß erfüllt: gegen den Kardinal Mathuseca della Gcnga, der sie seit der Eröffnung des Konzil» mit seinen Anerbieten verfolgt und sie kaufen wollte, wie einer ein Windsspiel kauft, und ohne sich den galanten Präliminarien zu unterwerfen, dieser pla tonischen Vorrede, welche die Kurtisane gebieterischer verlangte, als wenn sie eine Herzogin gewesen wäre. Aber Salviati wagte nicht, einen Kardinal ohne jede Zeremonie ermorden zu lassen. „Ich habe mein Beliebtestes verloren...,' sagte Imperia weinend. „Ein liebes Tierchen, das mich nie verdroß... Das einzige... Denn mein Affe... Er ist zwar recht folgsam, aber er beißt... Danz so wie Eie... Der Papagei... Er plärrt... Dagegen der kleine Girlitz...' „Madame, Sie sind sehr grausam gegen mich,' sagte Salviati. Da trat ein Page der Frau Imperia ein (denn sie hielt sich Pagen) und hatte ein bestürztes Gesicht. „Was gibt»?' fragte sie. . „Monsignore der Kardinal Mathuseca ist da, meldete er. „Er ist dabei, sein Maultier mit dem Zügel wo anzubmden, und steht schon auf den Stufen.' „Ich sterbe, wenn ich diesen Menschen noch einmal sehe...,' rief die schöne Imperia. „Er ist mir ent setzlich.,.. Er ist mein böser Geist... Oh, wie wollt« ichs dem Menschen danken, der ihm mir vom Halse schaffte!... Ich wäre imstande, mich an den Herzog von Parma zu wenden: nur weil der eine gute Klinge führt... Ich will doch sehen, ob dieser Achs« von Kardinal nicht in» Jenseits zu befördern ist!... Was aber jetzt tun?... Ihn nicht empfangen?... Er wird mich einsperren lassen... Ihn empfangen?... Lieber sterbe ich...' Imperia war ganz außer sich. Sie hatte sich er hoben. Ihre Kleider waren in Unordnung und lie ßen die Brüste sehen. Sie zitterte vor Haß. „Würden Sie mirs lohnen,' sagte der Erzbischof, „wenn ich Sie für diesen Abend von ihm befreite? „Sie bleiben!' antwortete sie mit einer Gelassen heit, die der heroischen Zeit de« Galateo würdüz war. „Nun gut,' sagte der Erzbischof, „retten Sie sich in Ihr Betzimmer, und verhalten Sie sich dort ruhig, aber geben Sie mir Ihr Häubchen, und nehmen Sie einen von diesen Leuchtern mit!' Imperia fing an zu lachen, und in weniges Zeit, als nötig ist, um es zu erzählen, setzte sie dem Erz bischof das Häubchen auf, wickelte ihn mutwillig in ihr Bettlaken ein und enteilte mit de» Priester» ab gelegtem Kleid. „He, Hel' ries donnernd der Kardinal und drang in da» Zimmer der Kranken ein, „wir find zu Bett, schöne Dame! So wahr ich ein Sünder bin, Sie er sparen mir die Mühe, Ihr goldgesteppte» Korsett zu sprengen!' Und seinen groben Spaß belachend ließ er sich neben dem Bett nieder, da» vom Schatten eine» Vor hang» verdunkelt ward. „Die Galanterie ist überflüssig l» «ttttculo mar- O*,' antwortet« die falsch« Import« mtt matter Otim:n» „Da steckt irgendeine Teufelei dahinter, daß du la teinisch sprichst,' sagte der Kardinal. „Oh, wie angenehm wären Sie mir,' begann hin wiederum die Kurtisane, „hätten Sie für mich jene liebenswürdigen Formen, die Sie bei der Marchesa von Pescara so trefflich anzuwenden verstehen! Sehen Sie, lieber Kardinal, wir lassen uns nicht gern brüs kieren wie die Frauen von der'Welt. An dieser Art von Schmerzen mögen sich jene ergötzen. Aber ich, was soll denn ich, wenn sie mich nicht mit Respekt behandelt»?' „Du räsonnierst wie ein Doktor.' „Wollen Sie mich gefälligst nicht duzen, oder ich lasse Sie am Roste braten!' „Ich bete Eie an heute abend...' „Also gut, wenn Sie sehr liebenswürdig sind: morgen...' „Ach, morgen! Es deucht mich acht Wochen bis morgen... Neichen Sie mir Ihre Hand zum Kusse!' „Sie sind sehr ambitiös... Aber versprechen Sie mir. zu gehen, und ich will mir die Hand küssen lassen...' . „Ich schwöre es beim Evangelium.' „An das Sie nicht glauben.' „Bei der ewigen Verdammnis.' „Nicht minder.' „Bei was soll ich denn schwören? Beim Papst?' „Schwören Sie nicht, gehen Siel' sagte Salviati und reichte aus dem Bett eine rundliche weiße Hand, die der Kardinal mit Verzückung küßte. Aber indem daß er des Bischofsringes nicht ach- tete, riß er sich an den Lippen, und da die Rauheit des Ringes seinen Verdacht erregte, führte er jene Männerhand zum anderen Male an seine Hippen,, wobei er sich so neigte, daß der Kerzenschein aüs den' Ring fiel, den er nunmehr erkannte. „Auf morgen!' sagte er artig. Er hat mich erraten, dachte der Erzbischof, ich werde ihm zuvorkommen müssen. Wenn du morgen noch lebst, werde ich Hugenott! dachte der Kardinal. Anderen Tags fanden sie sich nach der Sitzung des Konzils wie von ungefähr an der Tafel des Pa triarchen von Aquileja ein, und dieweil es zwei schlaue Brüder waren, vergifteten sie sich gegenseitig: denn jeder hatte im Willen die gleiche Maßnahme er griffen, um vor dem anderen sicher zu sein. Imperia belustigte diese Begebenheit gar sehr, und sie erzählte der Geschichte einmal einem Abb6 aus der Touraine, welcher sie aber kaum verstand. (Deutsch vonOssip Kulentcr.) ' Zräulein Seidelbaßt Von tzHsu« prsl» Fräulein Seidelbaßt erklärte, si« müsse unbedingt den Direktor sprechen. Da hülfen keinerlei Aus flüchte und Verleugnungen, hier sei sie nun einmal und hic_- bleibe sie. So selbstbewußt können nur junge Damen austreten, die in ihr^m Namen unleug bar einen orthographischen Fehler führen. Wenn man schon Seidelbaßt mit zwei s heißt, ist man eben eine so außergewöhnliche Persönlichkeit, daß man sich auch im Leben durchsetzt. Was blieb übrig, man mutzte Fräulein Seidel baßt melden. Der Direktor war in sehr zerknitterter Stimmung, seine Mundwinkel standen auf Halbmast, und seine Lippe hing über das Kinn wie ein gefro rener Wasserfall. Das macht, sein Freund Soll, der in detektivischen Angelegenheiten bisher noch nie versagte, hatte ihm feierlich versprochen, den Schlupf winkel, in dem sich eine ganz böse Derbrecherbande verborgen hielt, oeren Namen man auch schon kannte, bis spatesten» heute morgen auszukundschaften. Und nun war es elf Uhr, von Solk kein Lebenszeichen, aber der Diener faselte da etwas von Fräulein «ei- delbaßt. „Der Teufel hole Sie mitsamt Ihrem Seidelbaßt!' knurrte der Direktor unter dem gefrorenen Wasserfall. Doch der Diener schob einen Brief auf den Tisch, den ihn das zielbewußte Fräulein bedeutet hatte, ja zugleich mit ihrer Anmeldung zu überreichen. Als der Direktor die Schriftzüge sah, flaggten seine Mundwinkel Sieg; eilfertige Finger erbrachen den Umschlag und gespannte Augen lasen: „Lieber Freund, hier stelle ich Dir Fräulein Ailette Seidelbaßt vor. Sie ist lieblich von Ansehen und überdies die beste lebende Stenotypistin. Mit einem Wort das, was Du in Deinem Bürgerversorgungsinstitut brauchst. Engagiere mir die Kleine noch heute, Du wirst es mir danken. Zeugnisse bringt sie mit; halte Dich da- mit nicht auf, es genügt vollkommen, wenn Du nur jede» dritte liest. Fräulein Seidelbaßt ist eine ab- solut verläßliche junge Dame, und ich lege den größ ten Wert daraus, daß Du sie in Deiner unmittel- baren Umgebung, also im vertraulichen Dienste ver wendest. Schönen Dank im voraus! Ich rufe Dich morgen an. Immer herzlich Dein alter: Fridel Urten.' Wenn Solk etwa» wünschte, dann war das nicht so sehr ein Wunsch, e» war r»n Befehl.Manchmal ver steckte er sich hinter dem harmlosen Decknamen Fri del Urten; es war eben nicht ratsam vor aller Welt, Farbe zu bekennen, und es genügte ja auch, wenn der Direktor wußte, daß Urten ein Kostüm für Solk ist. Der Direktor denkt also: „Mhm,... Solk wünscht, daß ich ein junges Mädchen anstelle. In der Der- trauenssphäre. Schön, er wird seine Gründe dafür haben. Ich verfüge nicht über so viel Zeit, um mir darüber ven Kopf zu zerbrechen, warum ich die beste lebende Stenotypistin in meinem Privatbureau an stellen soll. Soll wird schon wissen. Aber warum weiß Solk nicht, wo die Banditen stecken? Das würde mich weit mehr interessieren als dieses... diese» Fräulein Seidelbaßt... Ailette Seidelbaßt... mit zwei s noch dazu!... gänzlich verrückter Name. Na, in Gottes 3iamen... Der Direktor winkte. Der Sekretär brachte Fräu lein Seidelbaßt. Mit gespielter Aufmerksamkeit durch ackerten die Augen des Direktors jedes dritte Zeug- nis,... na, und dann war Fräulein Seidelbaßt nach einigen ebenso unerläßlichen wie unwesentlichen For malitäten engagiert. Um zwölf Uhr zehn nahm sie das erste Steno gramm auf. Der Direktor tat, als zerklatsche er eine Fliege auf seiner Stirn: Fräulein Ailette stenogra- phierte kläglich. Einfälle, die der Solk hat! Um zwölf Uhr vierzig rüttelte Ailette an der Ma- schine. Es gelangen ihr immerhin einige Zeilen. Die beste lebende Stenotypistin freilich müßte doch anders schreiben können. Seltsam! Um ein Uhr beobachtete der Direktor stundenlang seine neue Kraft. Er machte einen Versuch. Mitten in die tiefste Stille des Raumes hinein murmelte er einige Worte, so, als ob er zu sich selbst spräche, und im Anschlüsse daran ließ er wie zufällig den Ruf fallen: „Fräulein Seidelbaßt...' Aber Fräulein Seidelbaßt rührje sich nicht. Ein Mdnsch kann wie ein totes Uhrwerk dasitzen, fährt ihm unvermutet sein eigener Name in die Räder, dann tickt er. Fräulein Ailette tickte erst nach drei Sekunden, in denen sie reichlich Zeit gehabt hatte, die notwendigen Zusam- menhänge zwischen Seidelbaßt und ihrer Persönlich- keit gedanklich herzustellen. Der blitzschnelle Reflex war ausgeblieben. Des Direktors Lippen flaggten neuerlich Sieg! Wenn Solk dieses Fräulein Seidelbaßt schickt ver folgt er damit einen Zweck. Gibt er sie als den Star aller Stenotypistinnen aus, sie, die anstatt eines l grundsätzlich ein Fragezeichen tippt, dann weiß er auch, daß er nicht ohne Grund sich eine kritische Blöße gibt. Ailette Seidelbaßt.. Ailette Seidelbaßt.. hm., heute morgen wollte Solk den Schlupfwinkel der Banditen angeben — wie wenn er es durch den Na men Seidelbaßt bereits getan hätte? Man muß nur lesen können... Was stand in Solls Brief? Du mußt nur jedes dritte Zeugnis lesen... jedes dritte Zeug- nis... wie denn, wenn man in diesem freundlich nach Wiesenromantik duftenden Namen Ailette Sei delbaßt auch nur jeden dritten Buchstaben lesen würde? Der Direktor schrieb den Namen vor sich auf ein Blatt Papier und unterstrich ieden dritten Buchsta ben. Das ergab folgendes Bild: Ailette Seidelbaßt Alte Siebst... das zu dem Worte Straße feh lende r war leicht zu ergänzen. Die bisher noch immer gefrorene Lippe des Di- rekors formte sich zu dem Trichter eines lustigen Pfiffes. In der Alten Siebstraße also sitzen sie! In diesem berüchtigten Derbrecherquartier! Sieh mal an, wie sich mein guter Solk als Rätselonkel entpuppt. Die Hausnummer vergaß er anzugeben... ooer zu mindest deulich anzugeben, ich nehme ja an, daß die Zahl der unterstrichenen Buchstaben auch die Haus nummer sein wird. Das wäre zehn. Wozu übrigens tasten, wenn man sehen kann? Der Direktor rief laut und freundlich: „Fräulein Seidelbaßt?!' „Ja, bitte, Herr Direktor . . .' Ailette legte eine ganze Seele in ihren Blick. „Fräulein Seidelbaßt, Sie sind eine liebens- werte und anstellige junge Dame... Ich glaube, ich werde mit Ihnen sehr . . . sehr zufrieden sein, . . . Für Ihre Vertrauenswürdigkeit bürgt mir mein Freund Urten?. Ich nehme Sie jetzt auf eine sehr interessante Recherche mit, die ich selbst leite. Das Auto steht bereit. Nur eine Bitte hatte ich, würden Sie wohl, um nicht ungenützt Zeit zu ver lieren, die Güte haben, mir zu sagen, vor welchem Hause in der Alten Siebstraße der Wagen halten soll?' Fräulein Seidelbaßt war eine Anfängerin und fiel in den Klubfauteuil und in eine dazu passende Ohnmacht, aus der ihr der Direktor mit einem Hoffnungsschimmer wieder ans Tageslicht leuchtete. „Fräulein Seidelbaßt — Sie verzeihen, daß ich Sie noch immer so nenne — den Menschen fehlt oft der Blick für den richtigen Weg. Wenn mich nicht alles trügt, gehören Sie dem tüchtigen Verbrecher konzern, der jetzt in der Alten Siebstraße tagt, an. Das ist immerhin ein Weg, um zu Wohlstand und Ansehen zu gelangen. Mir erscheint der andere, der mit mir zu arbeiten, als der gangbarere. Wir wollen über Ihre ursprüngliche Ansicht uns nicht weiter unterhalten, jedenfalls, ich engagiere Sie als meine allerprivateste Privatsekretärin, die nur bei besonders wichtigen Anlässen mitwirkt, etwa, wenn man in die Alte Siebstraße fährt . . . Wie war doch gleich die Nummer. .??' „Zehn . . .' hauchte Ailette. An der Schwelle knickste Ailette vor dem Direktor tief und sagte sehr förmlich: „Gestatten, Herr Di rektor, daß ich mich vorstelle, Moltatsch ist mein Name, Emmy Moltatsch.' „Schön, mein Kind. Und nun fahren wir 'n bißchen spazieren.' Unterwegs beichtete Emmy Moltatsch: Solk hatte die Derbrecherbande aufgespürt. Diese hatten ihn überlistet und gefangen gesetzt und wollten ihn nicht früher frei geben, als bis sie in Sicherheit wären. Vorher mußte Solk dank seiner Beziehungen, das Fräulein Emmy, die Freundin des langen Griebel, genannt die „Sturmfeder', irgendwo ins Polizei präsidium schmuggeln, damit sie dort Kundschafter- dienste leiste. Na, und dann habe Solk, um sein Leben zu retten, den Brief geschrieben. Keiner hätte an dem Brief etwas Verfängliches bemerkt, und der Name Seidelbaßt sei allen als besonders echt und harmlos erschienen. In der Alten Siebstraße klappte jegliches vor züglich. Fräulein Emmy war vorsichtshalber im Auto geblieben, natürlich unter Bedeckung. Al» Solk und der Direktor einstiegen, sagte der Detektiv: „Darf ich die Herrschaften jetzt bekannt machen?' „Danke schön', wehrte der Direktor ab, „nicht nötig, Fräulein Moltatsch und ich sind gute Be kannte!' Und seine Lippen flaggten Sieg. „Was, das wissen Sie auch schon?' erstaunte sich Soll. „Na, erlauben Sie mal, ich muß doch wissen, wie meine Sekretärin heißt? Emmy Moltatsch — vormals Seidelbaßt!' ver Pastoratshase Ein altlivländische» Idyll Von Slsztrlstt v. „Klinglingling, die Post kommt an! Was bringt sie mit? Einen Brief von Apostel Paulus!' So pflegte Pastor Nötkens seine Predigten zu be ginnen. Aber je harmloser der Anfang war, desto erbitterter wurde der Schluß. Besonders, wenn der alte Küster zu lange auf der Orgel tremoliert hatte, — und durch die geöffneten Kirchenfenster schon das Geläut der Hunde aus dem nahen Walde bi» zur Kanzel stieg. Denn hinter der Earistei stand Maarz, der Pastoratsknecht, mit der geladenen Filnte. Aber ebenso sicher wie Pastor Nötkens' Eisenrohr den Hasen, traf seine Donnerstimme jeden Sünder, und nur selten brauchte der „Wecker-Jaan', der lauernd mit dem Klingelbeutel von Bank zu Bank schlich, einen Schläfer unsanft mit seiner Stange zu wecken. Auch wußte Pastor Nötkens die schwierigsten Pro bleme der christlichen Lehre vor der andächtig lauschen den Gemeinde so einleuchtend zu lösen, daß selbst dem hartnäckigsten Zweifler das Mysterium der göttlichen Dreieinigkeit sonnenklar wurde: er holte mitten in der Predigt sein ungeheures Sacktuch hervor und demon strierte an der Hand dieser nicht wegzuleugnenden Materie das scheinbar Unglaubliche: „Dies ist Gott, der Vater,' und er hielt der Ge meinde einen Zipfel entgegen, „und dies der Sohn, und dies der Heilige Geist' — und zwei weitere Zipfel folgten —. „Und doch sind alle eins!' Und triumphierend entfaltete Pastor Nötkens vor der staunenden Gemeinde das dreigeteilte und doch eine Sacktuch. Auch sonst liebte es'Pastor Nötkens, den Bibeltext zuweilen durch sinnfällige Gesten besonders wirksam zu veranschaulichen. Ja, einmal soll er — doch ist d'cs nickt verbürgt — bei den Worten: „Und über ein kleines werdet ihr mich nicht sehen!' höchstselbst in seiner Kanzel verschwunden sein, um dann, nach kurzer Pause, mit diesen Wortn strahlend wieder aufzutauchen: „Und aber über ein kleines werdet ihr mich sehen!' Nur böse Zungen mochten behaupten, daß er durch einen raschen Imbiß sich gestärkt hätte. Bei den vielen Taufen konnte es wohl geschehen, daß Pastor Nötkens die Sache nicht so genau nahm, bis er, von einer händeringenden Mutter beschworen, sachlich und unbeirrt am Schluß doch alles zum Guten lenkte: „Und dieses Mädchen ist ein Junge!' Aber nicht nur für das Heil der ihm anvertrauten Seelen sorgte Pastor Nötkens, auch in allen weltlichen Dingen, in Landwirtschaft und Viehzucht, war er ein treuer Berater seiner Gemeindekmder. Und kam jemand in Not stu ihm, so konnte er ihm den letzten Kopeken aus seiner nie vollen Kasse und sein ein ziges Pferd für die Feldarbeit hergeben. Nur einen gab es in der Gemeinde, der dem Pastor trotzte: der alte Skuje, ein geriebener Fuck>s und Wilddieb, der sich nie ertappen ließ. Und doch wußte Pastor Nötkens genau, daß er es war, der ihm einst vo* der Nase den Hasen abschoß, den er schon seit Wochen verfolgt. Aber auch Skujes Stunde sollte schlagen. Er lag im Sterben, als Pastor Nötkens ihn im Walde auflas und auf seinem breiten Rücken ins Pastorat trug. Hier pflegte er ihn wie sein eigenes Kind, verweigerte ihm aber den letzten Segen. Lange sträubte sich Skuje, wand sich in Todes ängsten, beschwor seine Unschuld. Aber der Diener Gottes blieb unerbittlich. Jedesmal, wenn der Sterbende nach dem Kelch griff, hielt er ihm das Kreuz entgegen und donnerte, wie zum jüngsten Gericht: „Und der Hase?' Sterbend gestand der Wilddieb. Da reichte ihm Pastor Nötkens, wenn auch schwe ren Herzens, den Kelch: „Deine Sünden sind dir ver geben!' Wochensytelplan der Leipziger Theater. Die Ziffern bedeuten Anlang u. Schlutz der Ausfuhr. it.-^».». Lonnta» Montag Dte«»ta« MittwoÄ ronnee-ta« ftreitaa Eonaabend Eonnta« Xtvtt Heslek r». «.». r.». Der Noseniavalier. 7—10^. 7S. «.-v. «. A. vt« tot« Stadt. 7-10 8 Minna v.Barnh. 3 vorftf.Lp,.volk»fth. Fidelio. ' 7-» " r«. P.-v. «. F. HSnigotinder. 7-10>i. 7». A.-V. l. F. ! Di« lustigen Melder! von Windsor. 7-10 Der Troubadour ». V. U.A.-V. ». d. »ew «und d.Nngest 7-S1, 30. A.-V. 2. F Barbier von Sevilla. 88. 7-«1» Bet ausgehob«n«m Anrecht Di« Meisterstnger ron Nürnberg. lv». Mtt Vetter «udar Anrecht ver «tserpel». 7Y,—1» Faust. 2. Lrtl. 0 v. u. t. d. ver.DeutlcheBUHn» «'/,-ili. «lt-cheidelderg. 0. v. u. «.-«.<d. Leip,. wtrts^-vrrb Pygmalion. 0 v. u. N -v.,. d. vdhrr« Schul« fUr Frauenberuf«. 71,-iN Faust, r. Teil. d.V. u. A.-v. f.d. «rdetter-Blld.-Snst. SZ.-ll'» Di« v«rsunt. «lock«, i». P. u. P^v. f. ». »ad,leb Stenogr.-V 7Z,—ld'i. »utz«r «nrrch: «lt-Heldelder^. 7'l,-1° «»der Anrecht Pygmalion. 7',-10 üderklletz- vttttk 8. Fraoquita. » « Porst, f. d.Semort.v. v -D. X. »tn «aieertramn. 7 V-iks. Fraoautta. Vorst Mr den Ortrvrb. »adrlsdrg. Vlad. Pompadour. 7>^i0'tz Da» Strumpsdand d«r H»r,oa«n. Porst, s.d liret.verd. der Schrebrrver. 7>l, Eirojle-Plrofla. «ad. Pompadour. 7^-101. Di« Basad«re. 7Z,-lv<I» 8. Fra.quttta. 3-S Vorsts »eumrtver L -West. X. Madam« Pompadour. 7'l,-i»'i. tchg» spikiymr V. »and der Sabtnrrtnnen.l8.Naud d.Sabtn. «st X Schneid«- ildtbb«!. 7^iX.Schndr.wldd«I.71, Schneider widdel. Schneider widdel. rz. Schneide» »i»»«l. 7'b Schnotdor «iddel. 7* Schneider «lddal. 71. «bullt. Komdd«, «n,«uf, v.Nossem »eulsch von »Ile Viten. 8. 7 Kettet vetttt vor 1N»st*r^Ua , vrr Mujmr»asta vor 1Nujt«rya1t«. v«r Pst^toryatt«. »er Mujtrrgatta, Var «u^ter^rtta. * Var Mustergatt. I Sst, Urtlhli»»otr«>nn. Gin Frützltngotramn St« Srühltngotranm Sin Fttlhlingotraum Sin Frü^ktnyotraum »in Fttl^l«^ «träum «n Schrei st, dar Rach« idtn Schrei in der Nach«.
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