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DurchdtePostlnDeuüchlandmonatl.M^LOo H ÄUFelAEttPkerS: lag^/^nsp'Ämmv,.ww-Z«„^'^dE^' Bezugspreis: AvVes'eUg^ M au«w. JnZrrm.Ä 270. Land«rpret,e: yamt t.nanz. v Prtv. , Vorio Erscheint läaltch morgens, anker MonlagS. Höhere ^WW^W W MM M M ni«-ZetieM. 3<I, isselegenheiiSanj. (priv.Namr-mDiellrnangeb., wiv- Gewalt schltebt Erfüllung aus. Schrtilleiiunji. Oieschälisslelle, ^^M Zeile M. 7ö^ Ttellcnges wm Z«u, M. 60. amrl. Bekanmm. Doppcl- Druckeret:" eipzig, 8 .Sernsprecher -17092): Ln-Zetl«M.z0O.smuFw.M 540.Rekl 72wwbr.zwm-L^I.«.7S0 ,^u»w. - ebenda und sn allen gtltalen Anzeigen- und Abonnement- - Platz. Annahme; auch nimmt tedeS Postamt Bestellungen an. , u.Datenvorsch.uuverbiiidl.Erfüll.-ÖrtLeipztg. PostschecN.LtlppAOOl. Da» Leinriaer Taaeblatt «ntbiilt amtliche «ekanatmachnnaen »e» State» d»r Stadt Seiviia» de» PalizaiarLsldUem» Leiazia, de» «mtdaericht» Seia-ia. samt» verschiedener ««derer «»hdrden Ur. 112 Linrslnummsr S00 käsrk SoanlLg, üea 13. LLrtt 1923 ^srn-^usz^ds III.IaLrg. Koalition, nicht Fusion! Von Prof. vi». UorrmANN (Oldenburg) Die scharfe Kritik, die der Inhalt, noch mehr aber die Form unserer letzten Note auch außer halb Frankreichs im Auslande gefunden hat, zwingt uns dazu, darüber nachzudenken, ob und wie weit manche der psychologisch zweifellos ver- fehlten Formulierungen dieser. Note auf innerpolitische Gründe zurückzuführen sind. Wir wollen an dieser Stelle nicht unter suchen, ob mehr die Rücksicht auf die Sozial»? a-.- kraten, wie die einen behaupten, ob mehr die Rücksicht auf Bayern, wie andere meinen, auf die Note von Einfluß gewesen ist. Die Erkennt- nis sollte jedenfalls nach den trüben Erfahrungen der letzten Jahre und vor allem angesichts des Höhepunktes unserer Not an der Ruhr endlich Allgemeingut werden, daß wir in unserer Augen» wlitik nicht weiterkommen werden und können, »lange innerpolitische Momente wie bisher aus le von Einfluß sind, solange wir, während der Feind im Lande steht, im Innern Gegensätze in so schroffer, ja geradezu staatsgeführlicher ForM ausfechten, wie sie sich durch die Hitlerei in Bayern und ihre Gegenströmungen darstellen. Begreiflich, daß angesichts solcher Gefahren sowie unserer heutigen außenpolitischen Lage in ver antwortungsbewußten Kreisen wieder einmal der Gedanke stärker hervortritt, gegenüber den Despe- rados von links und von rechts eine möglichst starke liberale Partei der Mitte zu schaffen, eine Partei, die den Gedanken der Volksgemeinschaft und die Pflege der Staatsgesinnung angesichts der außenpolitischen Not und dec überwuchernden Agitation für berufsständische Interessen in den Vordergrund stellt. Namentlich volksparteiliche Führer haben in den letzten Wochen mehrfach durch Aeußerungen, die berechtigtes Aufsehen er regt haben, solche Gedankengünge angeregt und in manchen Köpfen schon zu Fusionsplänen ver- dichtet. Wir erinnern an Kardorffs Münchener Rede, an die der tapferen Frau von Oheimb in Magdeburg und an Strese manns Reden und Artikel aus den letzten Tagen. Sie unter» scheiden sich kaum von dem, was auch die Demo kraten denken, empfinden und aussprcchen. Aber berechtigt das schon zu dem Wunsch oder gar der Hoffnung, es könnte aus diesen Stim mungen wirklich eine Parteifusion zwischen Demokraten und Volksparteilern entstehens Könnte eine solche überhaupt ein wirksames Mittel sein, das zu fördern, was allen wahren Patrioten heute am Herzen liegen muß: eine Verringerung der innerpolitischen Gegensätze, eine Verstärkung unserer außenpolitischen Position? Wir möchten diese Frage mit allem Mchdruck verneinen. Wir unterschätzen die wachsende Demokratisierung der Volkspartei ganz gewiß nicht, und wir sind die letzten, die es für ausgeschlossen hielten, daß sich aus unseren so stark in Gärung befindlichen Verhält nissen neue Parteien bilden und Uebergangs- erscheinungen entwickeln könnten. Aber für eine Verschmelzung von Volkspartei und Demokratie scheinen uns doch alle Voraussetzungen zu fehlen, die eine Dauer eines solchen Gebildes verbürgen könnten. Wir urteilen dabei ganz gewiß nicht auf Grund unserer trüben Erfahrungen in dem kleinen Oldenburg, dürfen aber doch schließlich ciuch nicht ganz vergessen, welche Wandlungen Herr Stresemann allein seit dem November 1918 durchgemacht hat, und halten es mit Napoleons kluger und vorsichtiger Mutter, die bei dem fabelhaften Aufstieg ihres Sohnes zu äußern pflegte: „Wenn das nur dauert", und damit recht behielt. Was würde eine Fusion nützen, die aus taktischen Augenblickserwägungen yeraus von den Führern erzielt würde, hinter der aber die Massen der Wähler nicht stehen? Zum Teil deshalb nicht, weil sie begreiflicherweise unter den Eindrücken ihrer örtlichen Verhältnisse und Gegensätze urteilen, zum Teil, weil ja das poli tische Urteil in unserem Volke noch so gering ent» wickelt ist, daß größere Umwälzungen leicht ver wirrend wirken. Also nur keine verwaschenen Parteigebilde, die die Unklarheit, die in so vielen Köpfen steckt, nur vermehren, und die im Inter esse einer klaren und zielbewußten Außenpolitik so dringend erwünschte Konsolidierung unserer innerpolitischen Verhältnisse ganz gewiß nicht fördern würden. Wir erwähnen unter den von heute auf morgen nicht auszutragenden und zu über» windenden Gegensätzen der beiden Mittel- Parteien nur das Wichtigste: Da ist in erster Linie das Verhältnis zur Staats form. Was uns Selbstzweck ist, Grundsatz und Ideal, die demokratische Republik, das will die Volkspartei, die im Grundsatz monarchistisch bleibt, nur als Augenblükserschei» nung würdigen und ertragen. Gewiß wissen auch wir es nicht, wie die Dinge sich verfassungs politisch noch einmal bei uns entwickeln werden, wir wollen aber, daß die demokratische Republik erhalten bleibt, und glauben, daß ihr die Zukunft gehört. Ist der Kampf um die Staatsform augenblicklich gottlob auch zurückgestellt, so ist es doch unmöglich, die auf den einzelnen und die Berufsgruppen in unseren Tagen viel stärker wirkenden wirtschaftlichen Gegen- sätze, die innerhalb der beiden Parteien be- stehen, soweit zu überbrücken, daß ein fruchtbares Zusammenarbeiten gewährleistet werden könnte. Auch die sozialen Folgerungen, die sich aus der gegensätzlichen wirtschaftlichen Lin- stel'ung herleiten, trennen weite Kreise der Volkspartei entscheidend von der Demokrarie. Und schließlich ist nicht zu vergessen, daß nur ein Flügel der Volksparteiler in der Behandlung der für die gesamte Zukunft unseres Volkes so hochbedeutsamen Kulturfragen das demo- krattscke Ideal teilt. Aus allem können wir nur die Schlußfolge rung ziehen, daß es ohne Nutzen für die natio- nalen Interessen wäre, wenn auf so schwanken- der und schmaler Basis, diktiert von Aug?n- blickserwägungen, Fusionsabsichten ernsthaft be- trieben würden. Uns genügt für das auch von uns als unerläßlich erkannte Zusammengehen aller nüchtern und realpolitisch denkenden Kreise gegen die innerpolitischen Extreme und in den außenpolitischen Lebensfragen die Arbeits gemeinschaft, die sich im Sommer 1922 als Gegengewicht gegen die Einigung der Sozial demokratie herausgebildet hat, und die große Koalition, die sich trotz allem in Preußen bewährte, und der wir nach wie vor auch generell zustimmen, weil die Praxis seit 1918 bisher noch stets erwiesen hat: es kann, im großen be- trachtet, in Deutschland auf absehbare Zeit nur demokratisch regiert werden. Ausdehnung -er Besehungszone Vorrücken -er Franzosen -ei Mannheim und Karlsruhe Eigener Drahtbertchi de» Leipziger Tageblattes Mannheim, 12. Mat. Heute mittag NI Uhr kam eine kriegs starke Kompanie französischer Lolvaten über die Rheinbrücke, marschierte an dem Hauptbahnhofe vorbei und ging bis zum Ncckarauer Uebergang, wo sie haltmachte. Ahr Ziel und ihre Absicht ist bis jetzt noch nicht bekannt. Offenbar handelt es sich aber um die Besetzung weiteren Mannheimer Gebietes. Auch im Karlsruher Vorort Mühlburg haben die Franzosen heute morgen ihre Besatzungszone aus- gedehnt. Es wurde an einer Straßenkreuzung ein aus einem Unteroffizier und acht Mann bestehender Posten aufgestellt. Ein Offizier erklärte, das be setzte Gebiet reiche jetzt bis zur Straße Mühjburg- Knielingen einschließlich. Der Bahnhof Mühlburg, der kurze Zeit ebenfalls besetzt war, ist wieder frei. In dem besetzten Teil der Stadt liegen u. a. die Elektrizitätswerke. In der neu besetzten Zone wurde ein Polizeiwachtmeister verhaftet und zum fran zösischen KommandLstten gebracht. Dieser erklärte ihm, die deutsche Polizei dürfe im besetzten Gebiet nur noch verkehren, wenn sie sich den Befehlen der Besatzungsbehörde unterwerfe. An der Ostgrenze des Einbruchsgebietes finden Truppenverstärkungen statt. So haben Dortmund 400 Mann, Dorstfeld 600 Mann, Lünen das Infanterieregiment 52, Hörde eine Maschinen- gewehrabteilung und Castrop 1000 Mann Ver stärkung erhalten, die sämtlich von der französischen ersten Division aus Lille stammen. wieder ein Lisenbahnattentat Essen, 12. Mai. Eine außerordentlich umfangreiche Sprengung hat sich gestern nacht auf der Strecke Bottrop— Osterfeld in der Nähe des Rhein-Herne-Kanals er- eignet. Die Detonation war so gewaltig, daß in dem 6 Kilometer entfernten Essen die Fensterschei- ben erzitterten. An der Sprengstelle liegt die Hauptstrecke Wanne—Duisburg mit den militari sierten Nebenstrecken. Durch die Sprengung ist die wichtigste Linie für den Kohlentrans port nach den Ruhrhäfen unterbrochen. Cs bleibt den Franzosen jetzt nur noch eine Ver bindung. General Degoutte hat eine neue Verordnung er lassen, wonach der Paßzwang auch für das neubesetzte Gebiet in Wirksamkeit tritt. Für die Einreise aus dem unbesetzten in das besetzte Gebiet gilt die Verordnung vom 1b. Mai, für die Ausreise aus dem besetzten in das unbesetzte Gebiet die vom 20. Mai an. Die Interalliierte Rheinlandkommission hat eine Verordnung erlassen, wonach das Reichsgesetz über die Zwangeanleihe für das besetzte Gebiet vorläufig keine Gültigkeit hat. Schwerer Zwischenfall in Herne Herue, 12. Mai. Am Mittwoch nachmittag ereignete sich auf dem Hilfsbahnhof in Herne ein schwerer Zwischenfall. Dort sind zum Ausbessern schadhafter Güterwagen zahl reiche deutsche Arbeiter beschäftigt, die sich nach einer Vereinbarung mit der französischen Bahnverwaltung auf den Bahnanlagen frei bewegen dürfen. Aus genommen ist die Brücke, über die die Schienen bis zu der militarisierten Strecke nach Köln führen. Als am Mittwoch in der Nähe der Brücke mehrere deutsche Arbeiter arbeiteten, eröffneten zwei Posten plötzlich Feuer auf die Arbeiter und ver- mundeten den Arbeiter Schoebs durch einen Brust schuß schwer. Zwei weitere Arbeiter wurden durch Streifschüsse, die glücklicherweise leichterer Natur waren, verletzt. * In Mainz wurde ein holländischer Schiffer von einem französischen Posten er schossen. Die Ursache ist bisher noch nicht ge klärt. Radek klagt Lurzon an Drahtdericht unserer Berliner Dchrtfllettung Berlin, 12. Mai. Radek, der mit dem russischen Botschafter Krestinski in Berlin eingetroffen ist, erklärte unserem Mitarbeiter, daß der Mord an dem Sowjel- delegierten Worowski eine ernste politisch» Lage geschaffen habe, Die starre Haltung der Entente gegenüber Rußlands sei auf Lord Lur;on zurückzuführen, der seine Russenfeindlichkeit aus seiner indischen Zeit als Pizekönig übernommen habe. Schon in Lausanne habe Lord Curzon alles aufgeboten, um die russischen Wünsche mit aller Macht zurückzudrängen. Später habe er zunächst daran ge arbeitet, die bereits bestehenden Handelsbeziehungen mit Rußland zu lösen. Demgegenüber habe Frank reich eine mildere Haltung gegenüber Sowjetrußland eingenommen. Frankreich bemühe sich, zwischen Sowjetrußland und Polen bessere Beziehungen her zustellen und die Gegensätze auszugleichen. Radek erzählte weiter, nach Informationen der russischen Botschaft in Berlin werde sich der englische Deneralstabschef nach Warschau begeben, um die militärischen Lorbeeren Fochs auf sein Haupt zu sammeln. Ferner halte sich eine englische Militär kommission gegenwärtig in Rumänien auf. Aus all diesen Symptomen schließt Rußland, daß England eine diplomatische und militärische Ein- kreispng Sowjetrußlands versucht. Unter dieien Umständen bleibe Sowjetrußland kaum etwas anderes übrig, als die Spitze seiner diplomatischen Massen gegen England zu führen. Beim Schweizer Bundesrat in Bern ist am Frei tag vormittag ein Gesuch eingegangen um Erteilung eines Visums für den Chef der Sowjetmission in Berlin oder einen Angehörigen dieser Mission zwecks Abholung der Leiche Worowskis aus Lausanne. Das Visum ist erteilt worden. Streit um -ie Zchuldfrage Eigener Draht bericht des Leipziger Tageblattes Lausanne, 12. Mai. ' Die Schweizer Depeschen-Agentur veröffentlicht folgende, anscheinend von der Lausanner Polizei in spirierte Mitteilung: Zu Beginn des zweiten Teiles der Lausanner Konferenz richtete der mit der Organi- sation der Polizeimaßnahmen für di» Konferenz be- nustragte kantonale Polizeikommandant an Wo- rywskt die Anfrage, ob er einen besonderen Schutz- und Ueberwachungsdienstfür die russische Delegation als angebracht und erwünscht be trachte. Obwohl der Delegation nichtoffizieller Charakter zukomme, würde dieser Schutz gern an geordnet werden. Worowski erwiderte, daß er dies nicht für nötig halte. Worowski hat den Be- Hörden nie von den Bedrohungen Mitteilung ge macht, denen er ausgesetzt gewesen sein soll. Da^ Mitglied der russischen Delegation Ahrens protestiert in einer Mitteilung an die Presse gegen diese Darstellung. Ahrens spricht sein Erstaunen darüber aus, daß die Polizei nichts von einem Komplott gewußt habe, das sich gegen die Delegation richtete, obgleich es seit einigen Tagen ein öffent liches Geheimnis war. RreuzverhSr -rs Attentäters Lausanne, 12. Mai. Der Attentäter Conradi, wurde einem neuen Kreuzverhör unterzogen. Er bleibt bei seiner Behauptung, daß er die Tat- allein begangen und keinen Mitschuldigen hab«. Der itag len Ische Konsul- sprach heute Herrn Ahrens im Namen der italienischen Regierung sein Beileid zur Ermordung Worowski» au». Unsere Vrotversorgung K.tt. Leipzig, 12. Mai. Mit Beendigung des laufenden Wirtschafts jahres wird die gegenwärtige Wirtschaftsform des Brotgetreides ihr Ende erreichen, nachdem der Antrag auf Aufhebung der Umlage vom Reichs- tag in zweiter Lesung angenommen worden ist. An Stelle der bisherigen Zwangsumlage wird damit diefreieGetretdewirtschaft zum Ausgangspunkt genommen und an den deut- schen Landwirten liegt es nun, ungehemmt von allen äußeren Eingriffen alle ihre Kräfte anzu spannen, um dem Volke eine möglichst reichliche Getreideernte zu sichern. Die Reiassregierung . hat jetzt, um ihre für den Abbau der Zwangs- wirtschaft vorgesehenen Maßnahmen durchführen zu können, den gesetzgebenden Körperschaften einen Entwurf vorgelegt, der die Grundlagen für die Brotversorgung im kommenden Jahre vorzeichnet. Der Gesetzentwurf, dessen Wortlaut in unserer gestrigen Ausgabe veröffentlicht wurde, sieht im wesentlichen die Regelung zweier Ma terien vor, einmal die Beschaffung einer Brot- getre,idereserve, zum anderen finanzielle Schritte für eine Brotverbilligung für die Bedürftigen. Mit der Bereitstellung einer Reserve von 3)4 Millionen Tonnen Brotgetreide, deren Beschaffung und Verwaltung der Reichsgetreidestelle obliegen soll (eine Auflösung dieser Einrichtung käme also vorläufig noch nicht in Frage) will die Regie rung zunächst den Uebergangsschwierigkeiten be gegnen; dann aber soll durch die Reserve er reicht werden, daß bei Notständen, wie sie Zeit und Oertlichkeit mit sich bringen, interoenttett und die Möglichkeit zu einer Einwirkung bei un gerechtfertigter Preisentwicklung des Inland- getreides gegeben werden kann. Wenn man sich vergegenwärtigt, daß für Versorgung mit Markenbrot im verflossenen Jahre etwa 4)4 Mil lionen Tonnen Getreide gebraucht wurden, ist ohne weiteres ersichtlich, daß die Reichsgetreide- stelle bei ihrem starken Bedarf Haussen Hervor rufen kann, die gerade durch ihre Intervention vermieden werden sollen! Die Nachfrage dieser Stelle muß daher quantitativ und zeitlich ko verteilt werden, daß ihr Erscheinen am Markte nicht schon von vornherein preistreibend wirkt. Bei der für den Bedarf unzureichenden Getreideerzeugung des Inlandes hat das Reicks- ernührungsministerium Wert darauf gelegt, die Versorgung nicht ganz dem freien Handel und damit dem Spiel der Kräfte zu überlassen, son dern eine entsprechende Reservemenge zu halten. Der freie Handel hat in erster Linie das Geschäft mit Importgetreide in der Hand, aus dem ein Teil der Reserve zu be schaffen wäre. Den Grundstock der Reservemengen haben IN Millionen Tonnen zu bilden, die durch Ver einbarung aus Inlandsbeständen zu entnehmen sind. In dieser Hinsicht hat man sich schon früh- zeitig bemüht, und die Verhandlungen zu den entsprechenden Lieferungsabschlüssq» sind bereits eingeleitet, so daß man die erwähnre Menge Ge treide auf diesem Wege erhalten zu können glaubt. Sollte wider Erwarten diese 1)4 Mil lionen Getreide, nicht aufzubringen sein, so ist im Gesetzentwurf vorgesehen, eine Mindest- menge bis. zu 1)4 Millionen Tonnen von der Landwirtschaft noch einmal im Umlage verfahren zu erheben. Die betreffenden Zahlen bedeuten dabei Höchstmengen. Für Bedürftige, wie Sozialrentner, Kleinrentner, Kriegsbeschädigte, Kriegerhinter bliebene, Erwerbslose, Kinderreiche usw., wird eine Verbilligung des Brotes vorgesehen. Wie weit oder wie eng dieser Kreis zu ziehen sein wird, ist vorläufig kaum zu übersehen. Auf jeden Fall wird mindestens dieselbe Preisspan nung erhalten werden müssen, wie sie jetzt zwi- schen freiem und Markenbrot besteht. An Auf schläge auf den Preis des verbilligten Drotts darf nur bei dringendster Notwendigkeit heran- gegangen werden. Die Mittel, die für die Bereitstellung der Brotverbilligung erforderlich sind, müssen durch Belastung des Besitzes aufgebracht werden, und zwar durch eine einmalige Abgabe in Höhe des Zwangsanleihebetrages. Die Iwangsanleihepflichtigen hätten danach am 1. Juli 1923 einen Steuersatz abzuführen, dessen Höhe der bereits festgesetzten Zwangsanleihe ent- spricht. Wenn schätzungsweise eine Zahl von 6 bis 7 Millionen Bedürftigen genannt worden ist, so ist tticht erkennbar, welch erhebliche Mittel be reitgestellt werden müssen, um die Versorgungs aktton durchzuführen. Wenn man bei Be schaffung der notwendig« Gelder auf die Zwangsanleihe zurückgegriffen hat, so geschah das aus der Erwägung heraus, daß alle neuen Veranlagungen zu unterbleiben hätten, da für eine Sonderabgabe naturgemäß ein besonderer Apparat erforderlich wäre. Aus der Ver mögenssteuer versprach man sich nicht den gewün schten Ertrag und die Einkommensteuer sollte