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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.05.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-05-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192305088
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230508
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230508
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-05
- Tag 1923-05-08
-
Monat
1923-05
-
Jahr
1923
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l>r«o»tsg, ck«a S. „ ,, uml Lckv6Ä«L»ttrmg 1S7 8ett« S den Kosten angesetzt werden, die bis zu 150 000 Mark betragen können. Es empfiehlt sich also dringend, derartige Beschwerden zu Unterlasten. r»umlt im Dresdner Stadtvrrordnetensaal. Der Stadtverordnetensitzung in Dresden lag u. a. ein kommunistischer Dringlichkeitsantrag vor, den Er« werbslosen noch vor Pfingsten eine größere Wirt« schaftsbeihilfe auszuzahlen. Als ein sozialdemo kratischer Stadtverordneter die Verweisung des An trages an den Finanzausschuß beantragte, brach auf der Tribüne, auf der sich Erwerbslose als Zuhörer befanden, ein großer Tumult aus. Rat und Stadt verordnete wurden beschimpft und bedroht. Als sich endlich die Tribüne leerte, wurde der Lärm auf der Straße fortgesetzt. D-.r Post-Goloscanken. Der deutsch« Gegenwert dos Goldfranken bei der Gebührenerhebung im Aus- " > lands-Pakct-, Zcitungs-, Telegramm- und Fernsprech verkehr ist vom 7. Mai an 8400 -4l festgesetzt worden. Dieses Umrcchnungsverhältnis ist auch bei der Wert angabe auf Paketen und Briefen, sowie auf Kästchen mit Wertangabe nach dem Ausland anzuwenden. Nä here Auskünfte erteilen die Poft- und Telegraphen anstalten. * Keine Beschwerden gegen Mieteinigungsamts- entscheidungen. In den letzten Monaten haben sich die Fälle sehr stark gemehrt, in denen gegen die Ent scheidungen der Mieteinigungsämter unter den ver schiedensten Bezeichnungen Beschwerden an die Kreis hauptmannschaft gerichtet werden. Diese weist des halb darauf hin, daß die Entscheidungen der Miet ern igungeämter nach Reimsrecht unanfechtbar sind. Dabei ist gleichgültig, ob sie auf Grund des Reichs- mietengesctzes7 der Mieterschutzbekanntmachung, der Wohnungsmangelbekanntmachung oder sonstiger Be stimmungen gefällt worden sind. Unter diesen Um ständen ist auch grundsätzlich kein Eingreifen der Kreishauptmannschast oder einer anderen Behörde im Sinne der Beschwerdeführer möglich. Dagegen müsfim für die Entscheidung auf derartige Beschwer Oie Männer auf unseren Vanknoten Die Banknotenflut, mit der wir jetzt überschüttet werden, bringt es mit sich, daß die neuen Noten einander jagen und wir uns an immer anders aus sehendes Geld gewöhnen müssen. Auf diesen neuen Banknoten fallen nun zunächst die verschiedenen Köpfe auf, die ihren Schmuck bilden, und immer wie- . der hört man die Frage, wer das nun wohl eigent lich sei. Eine Antwort darauf gibt ein Aufsatz „Die Kunst auf der Banknote" in der „Bergstaot. Bei der außerordentlichen Schnelligkeit, mit der heute täglich viele Milliarden gedruckt werden, kann man den alten Kupferstich druck nicht mehr verwenden, sondern muß sich mit dem mehrfarbigen Buchdruck begnügen, und da bleibt für die künstlerische Ausgestaltung nur der figürliche Schmuck übrig. Früher verwandte man dabei Tyven, die einem möglichst allgemeinen Schönheitsideal entsprachen. Jetzt steht man auf dem Standpunkt, daß scharfgeschnittene Eharakterköpfe dem Fälscher erfahrungsgemäß besondere Schwierig keiten bereiten, sich aber zugleich dem Beschauer so fest einpräacn, daß ihm selbst bei flüchtigem Betrach ten Veränderungen und Abweichungen sofort zum Bewußtsein kommen. Man wählte daher Männer- bildniffe aus der größten Zeit der deutschen Kunst, aus den Tagen des Mittelalters und der Renais sance. - Der lockenumflatterte, mit einem Diadem ge schmückte Kopf auf der Banknote zu 100 Mark stammt von dem vielumstrittenen Reiterstandbild im Bam berger Dom, das um 1250 von einem unbekannten Meister geschaffen wurde. Dies eindrucksvolle Werk, die schönste und lebendigste Verkörperung des mittelalterlichen Ritters, wird bald als Kaiser Kon rad III., bald als der heilige Stephanus von Ungarn gedeutet. Die Banknoten zu 500 Mark sind mit einem schönen Iünglingskopf geschmückt, besten Meister nicht bekannt ist. Das im Baseler Museum befindliche Originalgemälde stammt aus dem Jahre 1511 und stellt den Junker Jakob Meyer zum Pferd in seinem 20. Lebensjahre dar. Von den zwei Ausgaben der 5000-Mark-Scheine ist die erste aus dem Verkehr schon fast verschwunden; sie zeigt ein Bildnis, besten Original sich im Städel- schen Institut zu Frankfurt a. M. befindet und die Forschung lebhaft beschäftigt hat. Ein in der oberen linken Ecke angebrachtes Wappen kennzeichnet den Dargestellten als einen Angehörigen der aus gestorbenen bayerischen Familie Ürmiller. Das Ge mälde, das zweifellos eins der ausdrucksvollsten deutschen Bildnisse ist, wurde früher für ein Werk Holbeins gehalten, doch stammt es wohl nicht von diesem Meister. Die zweite Ausgabe der 5000-Mark- Scheine ist mit einem der berühmtesten Bildnisse Dürers geschmückt, mit dem Porträt des Nürnberger Ratsherrn Hans Imhoff, das der Meister 1826 malte und das sich im Prado-Museum zu Madrid befindet. * Ein eigenartiger Stapellauf. In Husum waren aus Emden mit der Bahn zwei je 16 000 Pfund schwere Pontons für die Bagger beim Sylter Damm« bau eingetroffen, die zu schwer waren, um sie mit dem Kran zu Wasser zu lassen. Die Pontons wurden daher aus Buschschienenlager, die an den Güterzug heranaebaut wurden, an die Hafenmauer heran- geschoben, von wo sie dann mehrere Meter tief in den Hafen hinausgestoßen wurden. Die Ponton» legten sich aber, wie richtig berechnet war, sofort wagerecht auf den Wasserspiegel. * Eine viertauseudjähriae Kultursiedluug. Ein amerikanischer Ingenieur hat bei Grabungen am Fuße des Dolcan de Eolima im gleichnamigen Frei staate in Mexiko Ueberreste einer verschollenen Kultur» siedlung entdeckt, die über viertausend Jahre alt sein sollen. Die Regierung beschloß, eine wissenschaftliche Expedition zur näheren Prüfung der Funde zu ent senden. Französische Erziehung in einer schechoslowaki- schen Militärakademie. In der Militärakademie in Mährisch-Weißkirchen haben sich in der letzten Zeit kurz nacheinander drei Zöglinge erschossen. Di« Narodny List! erheben nun gegen die französische Leitung der Anstalt die schwersten Vorwürfe. Der Kommandant, ein französischer Trainoffizier, der keinerlei pädagogische Vorbildung habe, plage die Zöglinge in unerhörter Weise. Eine Untersuchungs kommission des Kriegsministeriums hat sich bereits nach Mährsch-Weißkirchen begeben. Ein Verwan-lungrkünftler Der vielgenannte Freiherr Ludwig von und zu Egloffstein-Oerthel wurde aus der Unter suchungshaft, in der er sich seit 28 Monaten — mit einer durch seine Flucht aus dem Gefängnis hervor gerufenen mehrmonatlichen Unterbrechung — be findet, der Strafkammer des Landgerichts l in Ber lin vorgeführt, um sich gemeinsam mit der Kon toristin Lehmann wegen Diebstahls zu verantworten. Die Angeklagte Lehmann hatte mit Egloffstein ein Liebesverhältnis und war von diesem, als er sich 1920 wieder einmal in Geldnöten befand, bestimmt worden, bei der Bank, bei der diese angestellt war, Wertpapiere im Betrage von mehreren hundert tausend Mark und Steuermarken im Werte von 5300 Mark zu entwenden und ihm auszuhändigen. Diese Anklage bildet nur einen kleinen Tettausschnitt aus dem Rattenkönig von Anklagefällen, in die Egloffstein verwickelt ist. In der Hauptsache handelt es sich bei ihm um Hochstapeleien, denen er zum Teil ein politisches Mäntelchen umgehängt hatte, sowie um Urkundenfälschungen, bei denen die Namen hoher Beamten und Heerführer eine Rolle spielen. Durch sein sicheres Auftreten und seine elegantenn Ma nieren glückte es dem stets in Husarenuniform er scheinenden Angeklagten, jahrelang große Raubzüge zu unternehmen. In Kassel gab sich E. al» Verbin dungsoffizier der in Rumänien internierten Armee Macken en aus. Die Verhältnisse bei der Armee Mackensen kannte Egloffstein, weil er kurz vorher in Rumänien gewesen war. Als er dort aber merkte, daß er bei Mackensen nichts „werden" konnte, hatte er sich aus einem deutschen Husarenoffizier schnell in einen Amerikaner verwandelt und war ins fran zösische Laaer i^ergegangen. Dort gab er sich als Vertreter der amerikanischen Delegation des Roten Kreuzes aus und wurde von den Franzosen, die ihm zu Ehren das Offizierkasino sogar mit der amerika nischen Flagge schmückten, mit offenen Armen emp fangen. Ueber die Zurechnungsfähigkeit Eglofffteins sind wiederholt Zweifel entstanden. Leipzig als Iremdenstadt Starke Zunahme -er -rem-en, besonders -es Auslän-erverkehrs Wenn der Reffeverkehr eines Landes der Dlaßstab wär« für das Blühen seines wirtschaftlichen Lebens, so würden wir jetzt zweifells auf einem noch ni« er reichten Höhepunkt stehen. Namentlich wenn man die Fremdenziffern der Großstädte in Betracht zieht. Wir wissen ja, daß unsere Reichshauptstadt oft der art von Fremden überfüllt ist, daß e» d«m ohne vor herige Anmeldung gureisenden manchmal schwer fällt, ein Unterkommen zu finden. In manchen anderen Städten, wie beispielsweise in München, sind die Der- hältnffse ähnlich, und die Privatvermietung ist daher im Schwange wie ni« zuvor. Auch in Leipzig ist der Fremdenzustrom ungemein gestiegen. Darnach zu urteilen, muß alles von einem wahren Reisefieber ergriffen sein. Der Vorktiegsverkehr ist in einer Weise über holt worden, die man früher nie für möglich ge- halten hätte. Der §rem-enverkehr vor -em Kriege Das verkehr-stärkste Jahr vor dem Kriege war 1913. Die Internationale Baufachaussteung, das große Turnfest, die Einweihung des Völkerschlacht- denkmals und zahlreiche hier abgehaltene Kongresse boten vielfachen Anreiz zum Besuche unserer Stadt. Die Zahl der polizeilich gemeldeten Fremden betrug 304 000 und überstieg die des Vorjahres (1912) ge rade um 100 000. Unter den Fremden befanden sich 28700 Ausländer, die höchste Zahl, die bis dahin erreicht worden war. Den größten Anteil mit 12 500 stellte naturgemäß das benachbarte Oesterreich, doch waren auch andere Länder stark vertreten, wie Rußland mit 3000, Amerika mit 2700, England mit 2200, Frankreich mit 1800, Hol land mit 1600 usw. Das Jahr 1914 hätte mit seiner Internationalen Buchgewerbeausstellung sicherlich einen annähernd großen Fremdenzustrom nach Leipzig gebracht, namentlich noch einen stärkeren Ausländerverkehr (waren doch in den ersten 7 Monaten 4500 Ausländer mehr hierher gekommen als im gleichen Zeit abschnitt 1913), wenn nicht der Weltkrieg aus gebrochen wäre. Dieser wirkte lähmend auf den Fremdenverkehr ein. Besonders in den ersten Jahren. Doch schon im letzten Kriegsjahr 1918 wurde bereits die Rekord ziffer von 1913 überholt. Es wurden 355 000 Fremde gemeldet, also 50 000 mehr als im Ausstellung»- und Iubiläumsjahr. Allerdings war die Zahl der Aus länder um 5000 zurückgeblieben. Der Zrem-enverkehr nach -em Kriege Wie schon angedeutet, hat sich der Verkehr nach dem Kriege in ungeahnter Weise gehoben. Weniger in den ersten beiden Jahre 1919 und 1920, die Fremdenziffern von 415 000 und 442 000 brachten. Aber mit dem Jahre 1921 setzte ein außerordent licher Fremdenzustrom ein, der sich im Jahre 1922 in erhöhtem Maße fortsetzte. Es wurden 1921 686 000 Fremde gemeldet, 1922 aber 9 37000. Es darf dabei nicht angenommen werden, daß dieser Verkehr durch die Messen allein bedingt wird, son dern auch in der Zeit außer den Messen sind die Derkehrszifsern sehr stark gestiegen. Der Wochen durchschnitt stellte sich, nach Abzug der Meßzeiten, 1920 auf 7000, 1921 jedoch auf 11 700 und 1922 so gar auf 15 250 Fremde. Auf eins sei noch hingewiesen: Während 1913 nur 304 000 Fremde hter Unterkunft fanden, waren es im Jahre 1922 mehr als die dreifache Menge, näm lich 937 000, trotzdem sich die Zahl der größeren Hotels nur wenig vermehrt haben dürfte. Es läßt das darauf schließen, daß, wie in anderen Groß- städten, auch hier die Privatvermietung an Fremde mehr als früher überhand genommen hat, da sie einen immerhin lohnenden Verdienst bietet. Leipzig als Reiseziel -er Ausländer Es ist schon erwähyt worden, daß im Jahre 1913 mit 28 700 Auslandsfremden die bisher höchste Zahl erreicht worden war. Zum ersten Male wurde sie übertroffen im Jahre 1920 mit 39 000 Auslands fremden. Weit überholt wurde sie 1921 mit 73 000 Ausländern, vollends in den Schatten gestellt aber durch das verflossene Jahr 1922, in dem rund 160 000 Ausländer polizeilich gemeldet wurden. Der Anteil der Ausländer am Fremdenverkehr, der vor dem Kriege durchschnittlich etwas über 10 Prozent betrug, ist also auf 17 Prozent gestiegen. Aus fünf Reichsdeutsche kommt ein Ausländer! Auch hter ist zu bemerken, daß der Aueländerverkebr durch di« Meßzeiten nicht wesentlich beeinträchtigt wird, sondern daß er sich außerhalb der Messen auf fast gleicher Höhe bewegt. Di« Ursache festzustellen ist nicht schwert Deutschland ist für die Ausländer «in billiges Land. Daher dieser Zustrom, der sich bekanntlich nicht nur in Leipzig, sondern auch in an deren Großstädten zeigt. Ueber diese Ausländerfrage und ihre mancherlei Schattenseiten ist schon so viel geredet und geschrieben worden, daß sich ein näheres Eingehen an dieser Stelle wohl erübrigt. Sicher ist aber eins: so verkehrt es wäre, den Ausländer verkehr zu ertöten, ebenso notwendig ist es auch, ihn finanziell den Ländern und besonders den Ge meinden, nutzbar zu machen. Darauf mögen Ge setzgebung und Verwaltung bedacht sein. Ick. Schweres voolsunglück Fünf Personen ertrunken. Ein schweres Bootsunglück, dem zwei Män- ner und drei Frauen aus Berlin zum Opfer fielen, hat sich am Sonntag nachmittag auf dem Wolzig er See in der Nähe von Königs Wusterhausen ereignet. Drei Damen und drei Herren aus Berlin, Mit glieder eines Berliner Ruderklubs, hatten mit einem Privatboot einen Ausflug unternommen. Als sie um )45 Uhr mitten auf dem Wolziger See waren, zog ein Gewitter herauf. Bevor sich die Insassen in Sicherheit bringen konnten, wurde das Boot von einer außerordentlich starken Boe erfaßt und mit Wasser gefüllt. Gleich darauf ging eine Windhose über den See. Das Boot wurde um- geschlagen. Die sechs Insassen versanken sofort. Das Unglück vollzog sich in wenigen Sekunden, so daß es nicht möglich war, den Bootfahreren Hilfe zu bringen. Nur einer der Verunglückten konnte aus dem Wasser gezogen werden. Seine beiden Klubkameraden und die drei Damen sind ertrun ken. Die Leichen sind bisher noch nicht gefunden. Der Wolziger See ist bei Waffersportleuten als der gefährlichste See der Mark Brandenburg bekannt. Bei plötzlich eintretenden Unwettern sind Wellen von mehreren Metern Höhe keine Selten heit. * Ein anderes Bootsunglück trug sich am Sonntag nachmittag auf dem Müggel-See zu. Dort kenterte ein mit zwei Herren und zwei Damen besetztes Boot der Berliner Rudergesellschaft im Gewittersturm. Die vier Personen wurden von Mitgliedern der Rettungsgesellschaft des Wasser sport-Vereins Berlin bewußtlos aus dem Wasser ge zogen. Wiederbelebungsversuche hatten bei den Herren und einer Dame Erfolg. Di« 22 Jahre alte Frau Elsa Annies aus Buchholz könnt« noch nicht ins Leben zurückgerufen werden. Beim Spiel mit einem Revolver, den er in Ab wesenheit des Vaters aus dessen Schreibtisch nahm, ist in Pirna der 13jährige Sohn des Stadtrates Scheuster tödlich verunglückt. Iiu-Iitsu Von Um volkstümlich zu werden, bedarf eine Sache, auch die selbstverständlichste mitunter, entweder langer Zeit oder eines besonderen Anlasse». Und cs ist öfter als gut etwas von jenem Reizmittel dazu nötig, das die Angelsachsen „Blufft" nennen. So ging's auch mit dem geheimnisvollen ,Liu- Jitsu". Das Losungswort von dieser japanischen Kunst des Kampfes kam zugleich mit dem großen Staunen über das alte Europa, da» dem plötzlich zur siegreichen Kriegsmacht entpuppten Völkchen von lächelnden Fächerspielern und Lackmalern von der Stunde an galt, da der verschlafene russische Koloß unter dem flinken Zugriff der kleinen gelben Hand zu wanken begann. Man fragte sich verblüfft, wo sie da» nur her hatten! Und fand willig des Rätsel» Lösung im unaus sprechlichen, eigentlich nur mit Niespulver richtig zu bewältigenden Zauberwort „Jiu-Jitsu". Was das heißt und wa» da» ist? Die offizielle Legende will wissen, daß vor einigen Jahrhun derten einmal ein japanischer Arzt namens Akt- Hama im Inneren Chinas eine geheime Sekte kennen lernte, sich in ihre Mysterien aufnehmen ließ und das Geheimnis ihrer überlegenen Kampf tüchtigkeit mit in sein Vaterland hinüber nahm» wo es von der Adelskaste der Samurai mit kluger Zähigkeit zum heutigen Jiu-Jitsu weiterentwickelt wur de. Der Ausdruck ist altjapanisch. Al- „milde, sanfte Kunst"" deuten ihn die einen, im Gegensatz zum „Kendjitsu", der Fechtkunst des Schwertes. Andere, darunter der poetische Japankenner Laf. cadio Hearn, übersetzten es mit „G eg du rch Nach geben. Auch dieser kleine Phtlo ogenstreit über das unaussprechliche Wort trägt nicht wenig zur Legendenbilduna um den Begriff bet. Bielen be deutet da» 3iu ko etwa» wie eine Gchwarzkunst, und beispielsweise dem athletischen Kaschemmen- boxer, der sich von einem schmächtigen Kerlchen im Handumdrehen außer Gefecht gesetzt sieht, scheint es nicht mit rechten Dingen zuzugehen. Doch wissen wir Jtu-Männer auch nicht genau, wa« e» eigentlich heißt, was wir in den dafür nötigen Uebungsstunden und Jahren gelernt haben, so ist e» doch jedenfalls eine recht spitz findig ausgeklügelte, systematisch durchgearbeitete Kampfmethode, die auf genauer Kenntnis der menschlichen Anatomie beruht und die schwachen Stellen und Verletzlichkeiten de» Körper» raffiniert auszunutzen versteht. Wer sich näher damit be fassen will, sei auf da» jüngst erschienene hand liche Lehrbuch de» deutschen Jtu-Jitsu-Meister» Hans Reuter hingewiejen (Verlach Pößenbacher, München). Man muß aber unterscheiden zwischen dem begrenzten Komplex bestimmter Einzelgriffe, die in den großstädtischen Poltzeischulen heute allgemein gelehrt werden, und die zum Zweck der Selbstverteidigung jedermann ohne allzuviel Müh« erlernen kann, und dem sehr komplizierten System de» regelrechten Jiu - Kampfsportes, da» nur wenige beherrschen, da» aber jeder anderen Kampfmethode, dem Boxer sowohl wie dem freien Ringkämpfer, entschieden überlegen ist. So gänzlich neu ist die Methode in ihren Grundzügen, übrigen» nicht. Auch nicht aus- schließlich japanisch. Schon der altdeutsch« Ring kampf, di« „ritterschimpfliche" Raufkunst de» Mittel alter» arbeitete, wie aus den alten Lehrbüchern biederer Fecht- und Raufmetster wie Fabian van NuerSwald, Hansen Thal Hoffer, Hector Mair u. a- m. deutlich hervorgeht, mit einer ganzen Reih« aus gesprochener Jiu-Griffe und kannte, um mit Georg Paschens „Fecht-, Ringe- und Voltigierbuch"" zu reden, die Kunst, „wie auch ein schwacher Mensch, welcher dessen Wissenschaft hat und darinnen wohl geübt ist, sich gegen einen stärkeren beschützen und selbigem Widerstand tun kann."" ES gibt auch auf diesem Gebiete nicht» völlig Neue» unter der Sonne. Aber die kleinen Ja- paner haben au» ihrer körperlichen Schmächtig, kett den Antrieb gewonnen, die Verteidigung», mvalichketten de» Schwachen gegen den Starken, — so da sind gleichzeitiger Doppelangriff durch Handgriff und Außschlag, Au»dreh«n der Gelenke, verkehrte Armbeuge. Handgelenkdruck, Schlagader- und Nervendruck usw. — wett über solch« Einzel- tricks hinaus au»zuoau«n -« einem glänzenden System geistiger Ueberlegenhett über di« rohe Kraft. „Jiu-Jitsu wurde ko - und da» «st de, wirk- lich« Wert dieser Methode — zu einer vortreff lichen Schule der Energie, jener aktiven und selbstsicheren Willenskraft, die schwache, wehrlose Menschen und Völker brauchen, um den bewaff neten Arm zu brechen, der sie bedrobt. Au» königlich bayerische» Schulbüchern Nach der Bestimmung des bayerischen Unterrichts- und Kultusministeriums sollen die Lehrbücher nichts von Politik enthalten. In der „Naturkunde" des Dr. Düll für die V. GhmnasialNasse finden sich die folgenden „unpolitischen" Stilproben: „Auch nach dieser reichen Fundstätte hat sich die Kralle de» britischen Raubtieres ausgestreckt, das längst schon den unermeßlichen aewtnnbringenden Handel mit Diamanten beherrscht!" .... „die Deutsch lands Wohlstand und Macht emporgebracht, aber auch den blindwütenden Neid der Gegner auf gewühlt haben",. .. namentlich Schwefelantimon (japsische» fortan vermeiden!"'). „Solche Erzeug nisse .... bilden einen sehr ansehnlichen Teil des Welthandels und die Alleinherrschaft auf diesem Gebiet einen Gegenstand der Nimmersatten Gier des perfiden Albions". — „Gallische und britische Niedertracht machen e» Deutschland für absehbare Zett unmöglich.. .. Man wird sich zu helfen wissen!" Die schönste Ara« der Welt muß Paula d. Viauier gewesen sein. Sie lebte am Anfang des 14. Jahrhunderts in Toulouse. Ihre Schön heit wird von allen Zeitgenossen bezeugt. Sie durste sich in ihrer Vaterstadt Toulouse keinen Augenblick sehen lassen, ohne daß sie von Scharen von Männern, Frauen, Jünglingen und Mädchen begleitet wurde, die sich an ihrem Anblick nicht ersättigen konnten. Bon fern her kamen Reisende, sie zu sehen, da» Parlament von Toulouse fürch tete Zusammenrottungen und wußte kein andere» Mittel, um Unordnungen zu verhüten, al» den bittenden Befehl an Paula, sie möge nicht ander» al» tief verschleiert ausgehen. Da» Volk war aber höchst unzufrieden, daß man ihm den An blick der schönsten Frau entzog, und drohte Ge walt zu gebrauchen. Daraufhin bestimmte da» Parlament daß Paula sich zweimal wöchentlich eine ganze Stunde lang an ihr Fenster unver- schleiert stellen sollt». Damit war da» Volk zu friedengestellt. Aber Paula beklagte sich übe- diesen Zwang. Millionen für de» Gundolf-Shakespear«. In den schönen Räumen von „Buch und Kunst" in Dresden fand eine Auktion von Luxusdrucken und moderner Erstausgaben statt, die aber trotz großer Beteiligung aus zahlreichen Städten des Reiches keine Sensationspreise erzielte. Bemerkens wert war nur. der Gundolffche Shakespeare, der sofort auf IN Millionen sprang. Nach Werken, von Liebermann und Corinth illustriert, war keine be sonders starke Nachfrage, während alle Slevogtsachen sehr gesucht wurden. Das ueue Mittel gegen di« Zuckerkrankheit. Das in Amerika kürzlich erfundene Mittel gegen die Zuckerkrankheit „Insulin" wird augenblicklich in den verschiedenen Wiener Kliniken auf seine Wirksamkeit bin erprobt. Der Name des Heilmittel» kommt von dem Organ, aus dem es gewonnen wirb, dem so genannten Infelsystem der Bauchspeicheldrüse. Die Bauchspeicheldrüse ist es, die bei mangelhaftem Funktionieren die Zuckerkrankheit hervorruft. Bei Zuckerkrankheiten hat die Bauchspeicheldrüse die Fähigkeit verloren, den im Blute enthaltenen Zucker abzubauen und für die Ernährung des Körpers ver wendbar zu machen; der Zucker geht dann unver- . braucht im Harn ab. Das Insulin ist ein aus der Bauchspeicheldrüse gesunder Organismen künstlich , gewonnener Stoff, der die Fähigkeit besitzen soll, den Blutzucker abzubauen und dem Körper dienstbar zu machen. Unter der Leitung von Prof. Dr. Leo Pollak wird augenblicklich das neuerfundene Mittel im Pharmazeutischen Institut der Wiener Uni- oersität in größeren Mengen hergestellt. Während das Insulin in Amerika aus der Bauchspeicheldrüse von Knochenfischen erzeugt wird, läßt Prof. Pollak das Heilmittel aus der Bauchspeicheldrüse Ei Rindern Herstellen. Bros. v. Noorben äußert sich in «tue« Gvwihtea dayin, daß nur täglich öfters wiederholte Injektionen eine brauchbare Wirkung Hervorruf«». „Das ra»«w«ch"". brrau»gca«d«n von Stefan Grob- mann n»l> Ä»pov> Schwär,ichiu» (Lagebuchaerlaa G. m. b. Berlin W.) bring» In feiner Nummer »7 von, 28. April «in raaeducb der Zeit. Tagebuch der «irischasi. Haiw Goslar: D«r lildische Geist: Lirestmannporcräi: Mson» Goldschmidt: Vn«no» «irr«: Adolf Brbnc: Rasst, baut; Honor« de Balzac: Der. Erzbischof; gran» Hessel: i Sied nach »er vrrbandlung; Glossen, Wwchbrsprrchungcn. !
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