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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.05.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-05-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192305054
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230505
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230505
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-05
- Tag 1923-05-05
-
Monat
1923-05
-
Jahr
1923
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Höhere WsWalt' schltetzl tdrsüllung aus. Gchristleitung. Geschäitsstelle. Druckerei. Leipzig, HohanniSgasse 8 tSernsprecher 1768O-17VS2>: «ds»da und in allen Atltalen Anzeigen- und Abonnement- Deutschland und die Welt L.. S. Leipzig, 4. Mai Dur Eindruck, den die deutsche Note im Ausland heroorgebracht hat, läßt sich nicht leicht auf eine bestimmte Formel bringen. Ganz eindeutig ist nur das französische Echo: die glatte Ablehnung unseres Angebots. Frankreich beeilt sich, den Weg der Verhandlungen vor allem An fang an zu verrammeln. Durch solche Hast, die nicht einmal mehr den Anschein einer ernstlichen Prüfung der deutschen Vorschläge zu wahren sucht, wird jeder Unbefangene von neuem be- stStigt finden, daß Frankreich, das Frankreich des Herrn Poincarö und des „nationalen Blocks*, nach anderem zielt als der Bereinigung der Reparationsfrage; daß den französischen Ab sichten kein deutsches Angebot genügen kann, mit dessen Abfassung man nicht geradezu einen Dorten beauftragt hätte. Das weiß die ganze Welt, und eben deshalb durfte man sich von vornherein darauf einrichten, die Haltung Frank- reichs in diesem Falle niedriger einzuschätzen, als es an sich dem Ueberwiegen des französischen Anteils an der Angelegenheit entsprechen würde. Ja, so dürfte man sich sagen, je unnachgiebiger die französische Stellungnahme ausfallen würde, desto deutlicher würde ein für uns vorteilhafter Widerstreit zwischen Frankreich und der übrigen Welt in die Erscheinung treten. Solche Erwartung war freilich ganz und gar abhängig von dem Maß des Beifalls, der dem Plan der Reichsregierung außerhalb derbläu-weiß-roten Srenzpfähle und einiger völlig im französischen Schlepptau schwimmenden Staaten beschicken sein würde. Und da muß man nun mit Bedauern feststellen, daß das Verhältnis zwischen dem schroffen Nein au? Pari» und den Stimmen au» den übrigen Hauptstädten nicht durchaus so gegensätzlich ist, wie wir es wünschen möchten. Aus allen Hinpyelsrichtungen hören wir neben manchem Lob, das unserem Angebot gespendet wird, nicht wenig abfällige Kritik, die sich ziemlich gleich mäßig auf Form und Inhalt verteilt. Zwischen Poineares „Unannehmbar* und hem „Un geschickt", das sich aus den englischen Aeußeru». geii abhebt, ist gewiß ein gewaltiger Abstand — der Abstand zwischen verbohrter Gehässigkeit und dem Wunsch, endlich wieder zu Halbwegs ver- nnüftigen Zuständen in der europäischen Politik zu gelangen. Aber wir dürfen auch nicht unter schätzen, was es zu bedeuten hat, wenn ein so sehr um Unvoreingenommenheit bemühtes und gelegentlich selbst vor dem auch in England noch immer peinlichen Verdacht der Deutschfreundlich, keit nicht zurückschreckendes Blatt wie der Man- chester Guardian über einen Kernpunkt des deutschen Vorschlages, die 20-Milliarden-Anleihe, das harte Urteil fällt, „kein praktischer Finanz, mann würde diesen Gedanken auch nur einen Augenblick in Erwägung ziehen." Doch wenn sich der Tadel an den Einzelheiten der deutschen Note in den außerfranzösischen Kundgebungen nur allzu reichlich vernehmen läßt, so wird doch fast durchweg auch zum Ausdruck gebracht, daß der deutsche Schritt dennoch die Lösung , des die ganze Welt belastenden und beunruhigenden Problems anbahnen könne. Mit Ausnahme der Zeitungen, die man mrmittelbar mit den,französischen Sonderinteressen oersiippt weiß, wird allenthalben betont, daß der deutsche Entwurf, wenn auch noch kein fertiges Friedens- tnftrument, so doch einen brauchbarenAus- gangspunkt für Friedensverhand- langen darstelle. In solcher Aussage, in der sich die uns vorliegenden neutralen Stimmen der schweizerischen und holländischen Presse mit den ehemals feindlichen aus England und Italien begegnen, ist vielleicht nicht so sehr ein Wert- urteil, als vielmehr der Ausdruck einer immer weiter um sich greifenden, immer heftigeren Sehnsucht nach endlicher Rückkehr zu einem wirk lichen Frieden in Europa zu erkennen. Um so zwingender ergibt sich daraus, daß die Be mühung der Reichsregierung durch da» französische Rein keineswegs beendigt sein darf, sondern nun erst recht darauf gerichtet sein muß, in tätiger Fühlung mit allen den er- stärkenden Kräften zu bleiben, die in Europa, m der Welt nach einem endlich gesicherten Frieden verlangen. Es ist gemeldet worden, daß Fassung und Inhalt der doch wohl gründlich durchgearbeiteten und reiflich überlegten deutschen Note unter dem Druck von Einflüssen aus den Ländern, und insbesondere aus Bayern, noch im letzten Augen- dttst wichtige Abänderungen erfahren hätten. Man hat gesehen, daß die Reichsregierung die auf die Stützung der Diack abzielende Währung«;. Politik, auf die sie sich noch vor kurzem aus- drücklich festgelegt hat, nicht durchzuhalten ver- «lochte. Hoffen wir, daß das Ministerium Li'no- Rosenberg die beklemmenden Zweifel an seinen Fähigkeiten, die sich aus solchen Feststellungen ergeben können, prompt widerlegen wird. Daß das Kabinett PoinearS seinerseits fest entschlossen ist, alle diplomatischen Künste aufzuwendcn, uk die Meinung der Welt für sich zu gewinnen, das zeigt der sogenannte französisch-bel- gische Reparationsplan, mit dessen Veröffentlichung jetzt der Wettbewerb nut dem deutschen in aller Form ausgenommen wird. Beide Pläne liegen in wesentlichen Punkten himmelweit auseinander. Vielleicht aber darf man in der Rücksicht auf das Welturteil, das sich in der Hohen Tatsache der französischen Ver- össti tlichung im gegenwärtigen Augenblick zu erkennen gibt, das Anzeichen eines kommenden Derständigungswillens erblicken, über den wir auf jeden Fall nicht hinwegsehen sollten. London gibt die Hoffnung nicht auf London, 4. Mai. Nachdem sich hier der Aerger über Form und Inhalt der deutschen Note etwas gelegt hat, ist e* den besonnenen und einen Ausgleich zwischen Frank- reich und Deutschland anstrebenden Kräften gelungen, innerhalb der Parteien und, wie gestern in spater Abendstunde in den Wandelgängea des Unterhauses behauptet worden war, auch innerhalb der englischen Regierung eine günstige Stimmung herbei- zuführen, die man in dem einen Satz zusammenfaffen kann: „Die Versuche, Frankreich und Deutschland an den Konferenztisch zu dringen, dürften von englische«, Seite noch nicht ausgegeben werden." Dieser Ein- druck stützt sich auf ein« Reihe von Tatsachen, die sich in den letzten 24 Stunden zugetragen Habern Alle englischen. Blätter heben hervor, daß der aesterz» morgen von feinem Erholungsurlaub in Südfrapk- reich zurückgekehxte englische Botschafter in Part» dem französischen Ministerpräsidenten und den fron, zösischen Ministern, die am meisten mit der Behänd- lung der Reparationsfrage zu tun haben, ein Dinrr gegeben habe, bei dem wahrscheinlich wichtige Dinge deimwchen worden seien. Au» Brüssel wird den englischen Blättern ge- meldet, daß die belgik-be Regierung zwar Frankreichs Gedankengängen zustimme, daß die Brüsseler Regie- rung aber nicht bereit sei, eine negative Antwort an Deutschland in der Antwortnote mitzuteilen. Pari» habe dieses Ansinnen abgelehnt, sei aber bereit, die an Deutschland zu sendende ablehnende Note so ein- gehend auszuführen, daß die Rcichsregierung in der Lage sei, daraus zu entnehmen, wie die deutschen Vorschläge ungefähr gehalten sein müßten, um eine Derhandlungsbasi» zu bieten. Aus diesem Hin und Her zwischen Paris und Brüssel — hier sind nun übereinstimmende Mel- düngen englischer Blätter zusammengefaßt worden — ist in später Abendstunde gestern der Entschluß her- vorgegangen, getrennte Antworten an Berlin zu richten, die sich inhaltlich zwar entsprechen, aber nicht decken sollen. vradburq nach London berufen Eigener Drahtdcrttzt des Letp,t»er Tageblattes Part», 4. Mai. In extram nationalistischen Kreisen ist man be unruhigt, weil Poincarä die Ablehnung der deut schen Vorschläge ausführlich motivieren will. Man befürchtet, daß Deutschland dann seinerseits auf die französischen Erwiderungen antwortet, und daß sich auf diese Weise eine Art von Verhandlungen an- bahne. In amtlichen Kreisen wird diese Befürchtung als unbegründet bezeichnet. Dagegen läßt ryan die Frage vifen, ob es nicht zu einem Meinungs austausch zwischen den Verbündeten kommen wird, der Frankreich veranlassen könnte, präzise Forderungen zu stellen. Das Oeuvre will wissen, daß der englisch« Botschafter gestern nach mittag bei Poincare einen allgemeinen Meinungs austausch angeregt habe. Das Echo de Paris hebt hervor, daß der englische Hauptdelcgierte in der Reparationskommission, Är John Bradbury, nach London berufen worden ist. Dor seiner Abreise aus Paris habe er erklärt, daß das deutsche Angebot seiner Meinung nach ungenügend sei, und daß die englisch« Regierung ihre Schlußfolgerungen Berlin nicht mttteilen werde, bevor sie über die Entscheidung der Pariser Regierung unterrichtet sei. E» verdient Beachatung, daß Philippe Millet im Petit Paristeii und Gustave Hervö in der Victoire scheinbar aus Veranlassung des Llysee dafür eintreten, daß das französische Kabinett Deutschland darlegt, wie Vorschläge aussehen müß ten, die für Frankreich annehmbar sein sollen. Rach ihrer Darlegung müßte Deutschland sich mit der staffelweisen Röumung de» RuhrgHiete» einver standen erklären, di« Aufhebung de» passi- ven Widerstande» versprechen und bei Neu- nung einer Summe ausdmicklich bemerken, daß e» sich um di« Entscheidung f» den französischen Wie deraufbau handele und Verbindlichkeiten gegenüber England und den anderen Verbündeten in der Hoff- nuug auf di« allgemeine Schuldenregelung von ven Wiedraufbaukosten trenn«, sowie endlich eine aus reichende Gar ntie für die Lösung der Sicherungs frage Vorschlag«. Gjstzs auch Seite L) poincarös Reparationsplan London, 4. Mai. Eigener Drohivcricht des Leipziger Tageblattes Um Belgiens Wunsch zu erfüllen, den fran- ziifisch-belgijchen R ep a r a t i o n » p l a n bckanntzugeben, wurden die Richtlinien des Dor- schlages von der französischen Botschaft in London dem offiziösen Daily Telegraph heute zur Verfügung gestellt. Danach enthält der Plan folgende Haupt punkte: ») Als eigentliche Reparations schuld Deutschlands sind die VorrdS der Reihe .4 uud v des Londoner Zah lungsplanes anzrrsehen. Deutschland kann sie in Jahresraten von 1,7 Milliarden Goldmark einlösen. Für die nächsten zwei Aahre erhält Deutschland ei« Mora torium, wen« es sich bereit erklärt, die fälligen Jahresraten für diese Heil im Ge samtbeträge von 3,4 Milliarden Gold mark durch eine internationale Anleihe aufzubringen. Bringt Deutschland vor der Fälligkeit weitere Jahresraten aus dem Anleihewege auf, so wird ei« Dis kont von 5 bis 7 Prozent gewährt wer den. Die Bonds der Reihe L werden fast restlos zu einer LchuldenstreichungS- operation unter den Alliierten, an der, wi eman von französischer Seite hofft, sich auch die Bereinigte» Staaten mit einem Betrage beteilige» wrden, Verwendung finden. Rach dem französischen Plan betrage« Deutschlands Verbindlichkeiten, die er mäßigt werden können durch inen Verzicht Englands aus seine von Frankreich voll in Rechnung gestellte« Anteile von SS Proz. der BondS der Reihe ä und L, Sa—KO Milliarden Goldmark, ei» Betrag, der sich bei einem vollständigen englischen Verzicht auf 45 Milliarde» ermäßigen würde. b) In einem entmilitarisierte« Rhein- nnd Ruhrgebiet soll eine iuteruatio- nale Verwaltung der Eisenbahn- uud Bergwerke eingerichtet werden. Sobald Deutschland dieser Verwaltung nnd den obigen Reparationszahlungen zugestimmt hat, wird Fankreich die Besetzung deser Gebiete sofort uufichtbar umchen, d. h. die französischen Militärbehörde« werden sich jeglichen Eingriffs in die Zivilverwal tung, in den Verkehröapparat und das erfüllt sind, das Ruhrgebiet in drei Etappen aus Grund eines bereits von Marschall Hoch sertiggestellten Planes zu räumen. Gelingt eS Deutschland, ans dem Anleihewege die Reparationszahlun gen schneller zu bewirken als im Abkom men vorgesehen, ist Frankreich bereit, die Zwischenräume zwischen den Etappen er heblich abzukürzeu. , c> ES ist ei« Wirtschaftsvertrag zwischen Deutschland, Belgien uud Frank reich vorgesehen, der den Austausch von Rohmaterial und Halbfabrikaten zwischen Lothringen und der Ruhr vorstehl, und zwar in einem Umfange, der Vie Ziffer für diesen Austausch vor Jahre 101-'! über steigt. Zn englischen Kreisen ist inan angenebin davon be- rührt, daß die französische Regierung so deutlich zu erkennen gegeben hat, daß sic an den unsinnigen Ziffern von 132 Milliarden des Londoner Zahlungs planes nicht länger festhält. Obwohl man nicht ver hehlt, daß gcy> n den französischen Plan in seiner vorliegenden Gestalt zahlreiche technische, wirtschaft- liche und politische Bedenken vorgebracht werden ' müssen, hält man es nicht für unmöglich, in aussichts reiche Verhandlungen mit Frankreich über die Um gestaltung dieser Richtlinien einzutreten. Der Inhalt dieses französischen Reparationsvorschlages, der gestern nachmittag in den englischen Regierungs kreisen eifrig erörtert wurde, bevor er heute morgen veröffentlicht wird, soll in englischen Regierungs kreisen die Bereitwilligkeit gefördert haben, den Der- such zu machen, durch Rückfragen über die deutsche Note in Berlin eine Annäherung an den französischen Standpunkt herbcizuführen. Optimistische Parlamen- tarfer der Regierungspartei und der Opposition legten gestern abend dar, daß es möglich sein w«rd«, - wenn die Regierung der Vereinigten Staaten bereit sei, mit England in Paris zusammenzuwirken, in nicht allzu langer Zeit eine Basis zu Verhandlungen zu finden. Die Ileberzeugung, daß man von englischer Seite sich nicht damit begnügt, die deutsche Note nur zur Kenntnis zu nehmen, herrscht in der Oppositions WirtschaftSlebn enthalten. Frankreich ist ferner bereit, wenn diese Bedinannaeu Partei vor. Dre beiden liberalen Fraktionen haben in ihren Presseorganen gestern zum Ausdruck gebracht — was sie heute wiederholen —, daß die englische Regierung öffentlich erklären müsse, daß das deutsche Angebot wenigstens die Möglichkeit zu Der- Handlungen eröffne. Die Arbeiterpartei hat sich gestern abend ln einer längeren.parteiamtlichen Erklärung in gleichem Sinne aiMesprochen. Die Partei fordert die Regierung auf, eine Konferenz -wischen der Entente und Deutschland herbeizuführen. Krupp vor dem Kriegsgericht Eigen«, Drahtbericht de» Leipziger Tageblattes Werde», 4. Mai. In dem streng abgcsperrten Städtchen Werden, in das nach Passieren von zwei Postenketten nur der gelangt, der einen für den Prozeßtag gültigen Aus weis besitzt, hat heute früh der Prozeß wegen der blutigen Vorfälle begonnen, die sich am Ostersonn abend auf den Kruppschen Werken abgespielt haben. Schauspiel des Dramas ist der größte Fcstsaal des Ortes. Dor der Bühne steht der große Gerichtstisch, zu dessen beiden Seiten die Plätze für die Dertei- oiger und die Vertreter der Staatsanwaltschaft stehen. Ein Wall von Bajonetten sperrt den Richter tisch mit den Angeklagten und Verteidigern von der Öffentlichkeit ab. Hinter den französischen Mann- schäften stehen drei Reihen Tische quer über den Saal, die fast völlig von Vertretern der inter nationalen Presse besetzt sind. Annähernd 100 Jour nalisten werden über die Verhandlungen berichten. Bereits gegen 7 Uhr find Dr. Krupp von Bohlen und Hal back» und die Direktoren Braun, Hartwig und Oefterle rm Auto mobil aus dem Gerichtsgefängnis zur Gerichtsstelle gebracht worden. Gegen 9 Uhr nahm die Verteidi- gung Platz, und zwar Moriand-Genf, tustizrat Wolff-Berlin (der Justitiar Krupps), Iustizrat Bandel und Privatdozent Dr. Grimm. Deutsche und französische Stenographen werden den Vrozeß im Wortlaut festhalten. Unter den 40 gelandenen Zeu- aen befindet sich auch der Offizier, der den oer- hängnisvollen Schußbefehl gegeben hat. Detter sind mehrere Soldaten einer Abteilung vorgeladen und auch der belgisch« Motorradfahrer, dessen Rad ab handen gekommen sein soll. Die Verteidigung hat ebenfalls eine Reihe von Augenzeugen zittert. Schlag S Ubr erscheint der Gerichtshof. Ls sind die Richter, die sonst in Werden Vas französische Kriegsgericht der 77. Division bilden. Den Vorsitz führt Ob-rst Keyronel. Al» öffentlicher Ankläger fungierr, wie schon in einer ganzen Reihe von Pro- ?,essen, Hauptmann Duvcrt. Die Dache präsentiert, die Zuhörer bleiben sitzen. Als dann au» einem Selten-immer di« acht Angeklagte« erscheinen, al» erster Herr Krupp von Dohlen und Halbach, erhebt sich das gesamte deutsche Publikum. Nach der Ver eidigung des Dolmetschers wird der Eröffnungs beschluß gegen die Angeklagten verlesen. Die Anklage wirft den ersten zehn Angeklagten di« Teilnahme an Komplotten und Machinationen vor/ die mit dem Tode, der Zwangsarbeit, wenigsten» aber mit zehn Jahren Gefängnis zu bestrafen ist. Al» erster wird Dr. Krupp von Pohlen und Halbach vor gerufen. Neben ihm sitzt ein französischer Gendarm. Nach Feststellung seiner Personalien und der der drei Direktoren wird festgestellt, daß die ebenfalls an- oeklagten Direktoren Baur, Schraepler, Scheffer und Kunz nicht anwesend sind. Es kommen dann das Mitglied des Betriebsrates Müller und die drei Angeklagten, die de« Diebstahl» an dem Motorrad beschuldigt sind, an die Reihe. Beim Zeugenaukruf stellt sich heraus, daß einige Soldaten fehlen. Dann erhebt sich Rechtsanwalt Dr. Grimm und trägt seine völkerrechtlichen Linwen- düngen gegen die Zuständigkeit des Kriegsgericht» vor. Da mit der Anklagebchörde vereinbart worden ist, daß weitere Ausführungen nicht gemacht werden, beschränkt er sich darauf, die notwendigen gesetzlichen Bestimmungen zu verlesen. Um so größer ist da» Erstaunen der Verteidiger, als sich der Anklagevertreter Duvert zu einer großen politischen Rede erhebt uud sogar den Ver zicht der Verteidigung aus weiter« Auslassung«« zum Vorwand nimmt, um die politische An- sicht der Anklagebehörde darzulegen. Der Hauptverteidiger Moriauü gibt seinem Er staunen über diesen Bruch der Abmachungen Ausdruck und erhebt gleichzeitig Einspruch gegen die Per- bindung de» Prozesse» gegen Krupp und die Direk toren mit dem Verfahren gegen die drei Werks angehörigen wegen Diebstahls und Hehlerei. Da« sei eine vollkommen selbständige Handluna, die in gar keinem Zusammenhang mit dem Hauptversahren stehe, und er ersucht daher, diese Sache cbzutrennen uyd hier allein g«en Dr. Krupp und die Direktoren zu verhandeln. Nach kurzer Gegenerklärung de» An-
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