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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.05.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192305048
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230504
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230504
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-05
- Tag 1923-05-04
-
Monat
1923-05
-
Jahr
1923
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La» Lei»,»gar r««eblatt «nthSlt a»tttche »e»«ue«t«»«»ch»»»«e« »«» «ate» »er Stadt «er»»ia. »eS »otttewriiNdiu«» L«»v,l«. »e» ««»»«ertch«» Lei»,i«. »owt« »»rschiedener ««derer V-HSrden irr. 104 kinrslnummsr 2S0 ^Isrk krettsg, üea 4. ^Ll 1922 ^«rN-MuSMSd« 117. /»drg Arbeitnehmer un» Steuern Vie demokratischen Arbeitnehmer und Beamten zur Steuerfrage Don 0r. vruno Nsuseksr Am Sonnabend, den 5. Mai, werden die Arbeitnehmer- und Deamtenausschüsse der Deut- schcn Demokratischen Partei in Berlin zu aktu ellen Fragen der Wirtschafts- und Finanzpolitik, vor allem zu dem Verhalten der demokratischen Reichstagsfraktion bei dem Zustandekommen der neuesten Steuerreform, Stellung nehmen. Es wird dieses Mal bitter Klage geführt werden. Jedermann weiß, daß breite Kreise der Lohn empfänger und Festbesoldeten bis weit hinein in die gemäßigten Reihen der Hirsch - Dunckerschen Gcwerkvereine mit dem letzten Steuerkompronnß höchst unzufrieden sind. An ihm hat die deino- kiatische Reichstagssraktion unter der Führung ihrer Wirtschaftssachverständigen Keinath, Dein- bürg, Gothein und Dr. Fischer einen lebhaften Anteil. Die Verantwortung hierfür fällt füglich zu einem guten Teile auf sic. . Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die neueste Steuerreform manches heilsame Korrek tiv gegen die schreiende Ungerechtigkeit in der steuerlichen Behandlung des Be sitzes bringt. Die schlimmsten Schäden sind durch das Auseinanderziehen der Tarife, durch die stosfelwei'e Mehrbelastung der höheren Ein kommen und Vermögen, durch die erheblichen .Strafen auf das Hinauszögern der Steuerent- richtung aus der Welt geschafft. Was aber ge blieben ist,, ist ein 'chwetes Unrecht in der Hand- häbung des Bewertungsprinzips. Es ist eine bedenkliche Bevorzugung, wenn der Industrielle Abschreibungen machen kann, dis ihm nicht nur die gerechtfertigte Instandsetzung seines techni schen Apparates ermöglicht, sondern darüber hinaus unbesteuerte Gewinne, mit deren Hilfs er bei einigermaßen geschicktem Lavieren sein Steuersoll auf weniger als 5 Prozent seines Einkommens herabdrücken kann. Cs muß tief verstimmen, wenn jedem Händler unh.Produ- zent^-tzie Reklame-, Reise- und Beschaffung^ spesen usw. als- Werbungskosten angerechnet werden können, während der Festbesoldcte und Lohnempfänger die meist einzigen Werbungs- kosten größeren Umfanges, die er hat, nämlich seine Schulungs- und Bildungsspesen, ja auch nur seine Ausgaben für Umschulung und Fort bildung, nicht abziehen darf. Es ist in den Kreisen des Wirtschaftsfliigels der Deutschen Demokratischen Partei zur Ge wohnheit geworden, die Benachteiligung der, Lohn- und Gehaltsempfänger zugunsten des Besitzes mit dem bedenklichen Hinweis auf die vielerlei Steuern abzutun, die den Besitz belasten und die zu einer „Staats- Verdrossenheit" zwangsläufig schon heute geführt hätten. Wäre es angesichts der Verbreiterung und zunehmenden Sättigung der Lebensführung der Händler, und Produzentenkreise noch nötig, diese Beweisführung schlagfertig zu widerlegen, so dürfte hierzu der eine und einzige Gegenruf „Abwälzung" zureichend sein. Man behaupte nicht, daß auch der Gehalts- und Lohnempfänger zu einer Abwälzung stets in der Lage ist. Das ist er in den meisten Fällen eben nicht, und wo er es infolge der Begehrtheit seiner aualifi- zierten Leistung ausnahmsweise ist, hindert ihn fast immer die Bindung an den Tarifvertrag an der' Abwälzung der Steuern. Ausnahmen be stätigen die Regel auch hier. Man spreche auch nicht immer von der Der- armung der deutschen Wirtschaft, deren Substanz und Basis durch den Versailler Frieden schwer beeinträchtigt sei und die füglich Unmöglich im Vorkriegsmaße Steuern bezahlen könne. Auch wir wissen, gleich den unwilligen Steuerzahlern in Handel und Industrie, daß der Vermögens- wert der deutschen Aktiengesellschaften von 31,2 Milliarden Goldmark im Jahre 1013 auf 4,9 Millarden Goldmark im Jahre 1922 zurück gegangen ist, daß die Sparkasseneinlagen nur tti v. H. der Vorkriegseinlagen besagen, daß die Kreditoren bei deutschen Geldinstituten von .'5 000 Millionen Goldmark (1913) auf 460 Mil- lionen Goldmark (1922) gesunken sind, daß das Dividendeneinkommen im Jahre 1922 in Gold weniger als ein Fünfzigstel desjenigen der Vvr- kricgszeit beträgt, daß — mit einem Wort — die deutschen Sachwertbefitzer ärmer geworden sind Aber wir stellen diesen Daten die dach wohl noch gewichtigeren Tatsachen endgegerr, daß der gelernte deutsche Metallarbeiter 1913 36.27 Goldmark wöchentlich verdiente, während er 1922 durchschnittlich nur 22,74 Goldmark wöchentlich bekam, daß der Wochenlohn des Textilarbeiters sich von 26,18 auf 20,72, jener des Fabrikarbeiters in der chemischen Industrie VMI 32,46 auf 24,58 verringerte, während die angeblichen Wucherlöhne des Bauarbeiters 1913 87,51, 1922 dagegen nur 22,74 wöchentlich be trugen. Und wär nun die Gehälter der Beamten betrifft, so sind sie von 165 Mark monatlich für den niederen Beamten ans 103Z1 Goldmac?, jene des höheren Beamten sogar von 608 auf 202,12 Goldmark monatlich zurückgegangen. Wähsend so der Lohn- und Gehaltsempfänger in seinen Einnahmen wesentlich geschmälert wurde, hat er gleichzeitig mit der fortschreiten- den Verarmung des Reiches bei sich stets meh- renden Ansprüchen an seine finanziellen und Sachleistungen auf Grund der äußeren und inneren Reparationen höhere Steuern zu zahlen. So viel steht fest: In erster Linie ist es die Masse der Lohn- und Gehaltsempfänger, die unter der fortwährenden Erhöhung der Zölle, der Eisen- bahn- und Postgebühren, der Umsatzsteuer, der Stempelgebühren usw. am schwersten zu leiden hat. Sie war es, auf die die Hauptlast der Steirern zu liegen kam, als man die Steuersätze der Einkommensteuer Ende 1922 derart ver schärfte, daß ein Steuerpflichtiger mit zwei Kin dern, der nach dem Gesetz vom 29. März 1920 bei einem Einkommen von 1500 Friedensmark steuerfrei war, nach dem Gesetz vom 23. Dezember 1922 nunmehr 11,1 v. H. bezahlen muß, ein Steuerpflichtiger mit einem Einkommen von 5000 D(ark 22,6 v. H. gegen 3,3 v. H. 1919/20, jener mit 100 000 Rkkrk Einkommen 56,1 u. H. gegen 32,9 v. H. 1919/20, während Unverstand- licherweise ein Steuerpflichtiger mit 500 000Fri<? dcnsmark Einkommen anstatt 50,2 v. H. nur 59,2 v. H. also nur 9 v. H. mehr bezahlen muß als im Steuerjahc 1919/20. Man sieht, die Verarmung des Besitzes ist groß, größer aber noch und weit fühlbarer ist die Verarmung der Gehalts, und Lohnempfänger. Denn nach dem Gesetz vom Grenznutzen nimmt der Druck der steuer lichen Belastung mit dem Maß der Verengerung des Einkommens nicht in arithmetischer, sondern in geometrischer Progression zu. Zu' deutsch: Den steuerpflichtigen Gewerbe treibenden mit 400 000 Mark drückt der lOpro- zentige Steuerabzug von 40 000 Mark weit weniger als den steuerpflichtigen Lohnempfänger mit 200 000 Mark ein Abzug von 30 000 Mark, abgesehen von der Wichtigkeit der Steuerabwäl- zung, die jener fast immer, dieser sehr selten betätigen'kann- - - Der Wirtschaftsflügel der Demokratischen Partei und der Reichstagsfraktion wird sich nicht wundern dürfen, wenn diese Dinge am kom menden Sonnabend mit aller Deutlichkeit zur Sprache kommen. Die Reichsausschüsse der Arbeitnehmer wie der Beamten sind sich zwar wohl bewußt, daß die abschließende Ver- teilung der Steuerlasten nach dem gerechten Maßstab der Leistungsfähigkeit erst dann er folgen kann, wenn nach der endgültigen Fixie- rung der Reparationen ein klarer Ueberblick über die Balancierung der Staatsausgaben und Einnahmne endlich einmal möglich ist. Allein sie wollen die Vorbereitungen hierfür jetzt schon treffen. Sie hoffen zwar, daß das Stresemann- sche Wort in seiner Reichstagsrede vom 17. April zu Wahrheit wird: „Wenn die deutsche Freiheit und Selbständigkeit damit zu erreichen ist, d^ Industrie, Finanzen und Landwirtschaft sich dein Staate als Garanten zur Verfügung stellen, so werden sich diese Kreise dem Staate nicht veßt sagen." Allein sie misten auch, daß jene Gruppe des Wirtschaftslebens mit ihrem eigenen Steuer- Verteilungsschlüssel in die kommenden Steuer debatten eintreten wird. Diesen zu korrigieren und richtigzustellen, im Interesse der Steuer- gerechtigkeit, ist Sache der übrigen Steuer- zahler, als deren Wortführer sich die Arbeit nehmer- und Beamtengruppen in erster Linie berufen fühlen. Polen im siebenten Himmel Eigenerrrahlverichtdes Leipziger Tage »litte» Warschau, 3. Mai. Heute hat hier ausschließlich das Militärische das Wort. Schon seit dem frühen Morgen, noch viele Stunden vor Fachs Ankunft begann der Aufmarsch der Truppen. Hunderte von Regimentsfahnen aus ganz Polen, die zur Begrüßung aus allen Landes teilen Herdefohlenrn Kommandeure, Militiirmustk- kapellen durchziehen noch immer die Straßen, obwohl Fach bereit» seit mehreren Stunden in Warschau weilt. Die Militärkapellen spielen nur Militär- Märsche, die heute abend in einem großen Zapfen- stretch ausklingen sollen. Selbst zur größten Blüte zeit de» ehemaligen militärischen Wilhelminismus Hot Berlin niemals einen so ausgesprochenen mili taristischen Tag erlebt. Sowohl Fach al» auch die hiesige Presse von heute verleihen dieser Stimmung besonderen Nachdruck. Als Fach heut« mittag auf der Fahrt zwischen Kattowitz und Tschenftoch^w die Warschauer Pressevertreter in seinem Salonwagen empfing, sagte er ihnen: „Je mehr die Lage Polen« -er Eifersucht wert fein wird, desto neidischer und eiferiischtiqrr werden eure Rachbarn sein, die nur darauf bedacht find, euch auf die Knie« zu zwingen.- Ihr müßt'«ls» »»r Verteidig«ag bereit fiin.' Paris lehnt ab! Paris. 3. Mai. s Ueber Vcn heutigen Ministerrat ist folgendes Kommunique ausgcgeben wor den: Die Minister sind heute vormittag unter Vorstt; des Präsidenten Mitterand zusammengetreten. Der Ministerpräsi dent hat das Schreiben zur Kenntnis gebracht, das er von dem deutschen Geschäftsträger erhalten hat. Der Ministerrat war einmütig der Ansicht. Vast die Vorschläge als unannehmbar zu betrachten seien, und zwar, sowohl wegen der gestellten Bedingungen und wegen des Mangels an Garantien, als auch wegen der Unzulänglichkeit der ge botenen Ziffern. Der Ministerpräsident wird sich mit der belgischen Regierung über die Absendung der Antwort an die deutsche Regierung und deren Mitteilung an sämtliche Alliierten verständigen. Zensur in London: Ungeschickt l SiocuerDravtbericht de» Leipziger Tageblattes Loudon, 3. Mai. Die englische Kritik am Inhalt der Vorschläge richtet sich gegen die deutsche Endzahl. Die Finanz, sachverständigen der englischen Regierung und der Parteien vertreten den Standpunkt, daß Deutschland in der Lage gewesen wäre — vorausgesetzt, daß die Industriellen ernstlich bereit Hnd, weitgehende Opfer zu bringen — von sich aus mindestens 37, wahrscheinlich aber 40 Milliarden anzubicten. Jede Endzahl, die über das Bergmannangcbot hinaus- gegangen wäre, hätte die. günstige Wirkung der deut schen Note um ein Vielfaches vermehrt. Der einleitende Anfang und der Schlgßabsatz der deutschen Note stellen nach hiesiger Auffassung ungefähr das Ungeschickteste dar, was Deutschland angesichts der derzeitigen diplomatischen L..ge inner- halb der Entente vorbringen konnte. Deutschland brauchte auf die Frage, ob cs bereit sei, seinen pas siven Widerstand aufzugeben oder abzubauen, erst in dem Augenblick zu antworten, in dem seitens einer Ententcerklärung eine solche Forderung in offener Form in Berlin gestellt worden wäre. Nicht weniger ungünstig wird hier das Festhalten am Pergmannschenia gefunden. Die Londoner Finanzkreise sollen wiederholt zum Ausdruck ge bracht haben, daß die Summe von 20 MUUarucn, die für die erste Anleihe offenbar vorgcschlagen wird, viel zu hoch sei, um in den nächsten zwei Jahren in London und New Pork aufgelegt werden zu können. Auf den wichtigsten Geldmärkten der Welt würden im Laufe eines längeren Zeitraumes zwar mehr als 30 Milliarden an deutscher Anleihe schrittweise aufgelegt werden können, ein erster Ab schnitt aber von 20 Milliarden sei viel zu hoch gegriffen. Deutschland verspreche vor allem Frank reich damit etwas, was es anerkanntermaßen nicht aus eigener Kraft zu leisten vermöge. Zn Frank reich könne man aber bereits genau wissen, daß englische und amerikanische Finanzkreise nicht bereit sind, die einzelnen Abschnitte des Bergmannplanes in der vorgcschlaqcnen Reihenfolge zu finanzieren. In politischen und wirtschaftlichen Kreisen Englands ist man übereinstimmend der Ansicht, daß die reich lich unklare und allgemein gehaltene Fassung der Garantiebestimmungen einen wesentlichen Erfolg der stets zahlunqeunwilligen Industriellen darstelle. Zunächst sei in Berlin davon die Rede gewesen, ganz konkrete Garantien zu geben, die auch dem einfachen Mann auf der Straße in den alliierten Ländern einleuchte. Nach den Be sprechungen der Industriellen mit dem Kanzler habe man dann die konkreten Garantien durch allgemeine Redensarten über die Erfassung der wirtschaftlichen Hilfsquellen ersetzt. Die Times sagt in ihrem Kommentar u. a : „Das deutsche Angebot ist gemacht worden, und man kann sofort feststellen, daß es dre Repara tionsfrage nicht löst. Es ist sehr dumm ab- gefaßt, gibt nur unbestimmte Garantien und ist so ungeschickt aufgemacht, daß cs die französische Em- pfindlichkeit verletzt. Trotzdem glauben wir, daß Frankreich und Belgien klug daran täten, es nicht kur- abzuweisen, denn es enthält Gesichtspunkte, von denen aus langsam und vorsichtig Schritte auf dem Wege zu einem Ausgleich erfomen können. Die von Deutschland vorgcschlagene Anleihe ist derart ungenügend gesichert, daß sie keine Aussichten aui Erfolg haben kann. Ls ist zweifellos richtig, daß das Vertrauen zu den deutschen Finanzen durch Frankreichs gegenwärtige Politik zur Unmöglichkeit gemacht worden ist. Aber man kann e» anderseits nicht als praktisch bezeichnen, wenn Deutschland Frankreich auffordert, das Ruhrgebiet in der denk bar kürzesten Zeit zu raumen, ein Ausdruck, der olles und nichts bedeuten kann." Warnung vor „schroffer Ablehnung" Eigener rr«-i»eri«tde» Leipziger T»g«»l«tte» London, 3. Mai. Die Morgenbiätter bestätigen eine gestrige Mel- ipzng, wonach die englische Negierung sich gegenüber der englischen und der ausländischen Press« jeder Stellungnahme zum deutschen Angebot enthalten wird, bis das Kabinett in der Lage gewesen ist, die deutschen Vorschläge zu prüfen. Die diplomatische» Berichterstatter der Blätter kündigen an, daß wahr scheinlich bereits in den nächsten Tagen ein Mei nungsaustausch zwischen den Alliier ten über die deutschen Vorschläge stattfindcn werde. In indirekter Form wird der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die Engländer vielleicht in der Lage sind, eine vorläufige schroffe Ablehnung der deutschen Note durch Frankreich zu ver hüten, indem der Versuch gemacht wird, Richt linien für eine einheitliche Antwort der Entente an Deutschland aufzustellen. Eine solcdc Antwort werde naturgemäß, um Frankreichs Ein stellung Rechnung zu tragen, jedes (!) deutsche An gebot ablehnen müssen. Die Ablehnung müsse aber so eingehend begründet werden, daß es der deutschen Regierung möglich sei, in einer Antwortnote auf die Bedenken der Entente einzugehen, womir wenigstens eine Fortsetzung der Diskussion erreicht wäre. Italien w- Verhandlungen EigenerDrahtbericht des Leipziger Tageblattes Rom, 3. Mai. Nach Ansichten gut informierter Kreise wird sich, falls Frankreich die deutsche Note nicht brüsk ab lehnt, die weitere Entwicklung der Dinge folgender maßen abspielcn: Die alliierten Kabinette werden sich zunächst über das deutsche Angebot unterhalten und versuchen, eine gemeinsame Note zu veriasftn. Diese Note wird zwar an dem deutschen Angebot sehr viel auszusetzen haben, aber den Weg für weitere Verhandlungen offen lassen. Nach dieser diplomatischen Unterhaltung könnte es dann zu einer gemeinsamen Konferenz kommen. Der Besuch Bonar Laws in Italien erhält damit besondere Bedeutung. Die Morgenpresse zeigc in der Beurteilung des deutschen Angebotes plötzlich große Znrücklmltung und läßt die Pariser und Londoner Blätter sprechen. Das Giornale di Roum tadelt, daß der deutsche Vorschlag einen Zinsendienst für den nicht unterzubringendyn Teil der Reparationsattlcihe ab- lehne. Auch die dreifache Reserve des ob,'wank und wie für die zweimal 4 Milliarden der Schluß zahlung ergebe Bedenken." Bezüglich der Garan tien sei die Note hinreichend zuffiedenstcllend. Es sei jetzt Aufgabe der Alliierten, drc Hindernisse aus dem Wege zu' räumen. Der Nuovo Passe (Bletc der Nitti-Gruppc) steht dem Angebot sehr sympa thisch gegenüber. Deutschland lege das Reparations problem in die Hand sämtlicher Alliierten zurück und korrigiere so einen Zustand, der sich zum Schaden des Prestiges der Entente herausgebildet hätte. Die Alliierten dürften sich keinesfalls dem französischen Widerstand gegen eine Disli ss n unterordncn. Brüssel prüft Amsterdam, 3. Mai. Der Brüsseler Korrespondent des Telegraaf meldet, er habe gestern abend eine Unterhaltung mit Persönlichkeiten aus ministeriellen Kreisen gehabt. Wenn man sich auch begreiflicherweise noch nicht end gültig geäußert habe, so könne doch gesagt werden, daß die Note Brüssel enttäuscht habe. Die belgische Regierung sei aber der Ansicht, daß die Note nicht ohne weiteres verworfen werden sollte. Sie hat den Wunsch, dies in Uebereinstimmung mit der französischen Regierung zu untersuchen, da mit durch die zu erteilende Antwort die öffentliche Meinung der Welt die Gründe deutlich erkenne, aus denen die Note nicht hat angenommen werden können! Deutscher Reichstag Drahtbericht unserer Berliner Lchrifilcltung Berlin, 3. Mai. Die heutige Rcichstagssitzung, die den letzten kurzen Tagungsabschnitt vor der Pfingstpausc ein leitete, überraschte durch die Hinausschiebung der zwei schwierigen Tagesordnungspunkte. Die deutsch nationale Interpellation über das Verbot der Deutschvölkischen Frcihcitspartei wurde zurück gestellt. Das gleiche Schicksal erfuhr das Gesetz zum Schutze der Versammlungen gegen Sprengversuche. Ueber den letzten Punkt sollen Verständigungens- versuche eingelcitet werden. Nach dieser Kürzung der Tagesordnung blieb fast, nur die Weiterbcratung des Reichshaushalts in 2. Lesung. Sic wurde beim Haushalt des Rcichswirtschastsministeriums fortge setzt. Abg. Simon (Soz.) sprach gegen die Herab setzung der Ausfuhrabgabe und gegen ein Handels- verbot mit Frankreich und Belgien und übte starke Kritik an dem Druck, den die Regierung in der Richtung eine» Lohnabbaues ausübe. Ein kommu nistischer Abgeordneter ging auf den Prozeß Hart mann ein, der Schiebungen in der Außenhandels stelle ausgedeckt habe. Man forderte, daß der Mi nister diese Dinge klarstelle. Staatssekretär Tren - delenburg antwortete, die Regierung müsse erst den Eingang des Aktenmaterials abwarten. Dann wurde der Etat bewilligt und ebenso der Etat de» Reichswirtschast»rate« und de« Rechnungs höfe». . ,
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