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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.04.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-04-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192304285
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230428
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230428
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-04
- Tag 1923-04-28
-
Monat
1923-04
-
Jahr
1923
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«r. Ivo Lelprlg« «aä LLoäe1s»«ttuog 8orm»de»ä, 6ea 28. Lprü sind, die nach den gesetzlichen Voraussetzungen ge geben sein müssen, um da, Schutz-Gesetz anwenden gu können. Insofern find denn doch bestimmte vebenken »urzeit nicht von der Hand zu weisen, aber Klarheit in der Sache, ohne daß die anhängigen Strafver- fakren geaen Roßbach und Denoflen ihre Erledigung aefunden haben, war nicht zu gewinnen. Namentlich find auch die Anträge, die gestellt worden find, uno die da» Verhältnis zu bestimmten Einrichtungen d»s Reich«, betreffen, nicht genügend, um ohne di« gleich- zeitige Erledigung der Sache Roßback und Genoffen darüber Klarheit und Gewißheit schaffen zu können, wa» die Genossen ihrerseits getan und gewollt haben, und anderseits darüüber, ob das mit Wissen und Willen der Partei al, solcher geschehen ist, und ob die Partei da» zu verantworten hat, was anscheinend seitens Roßbach und Genossen begangen worden iss. Damit entsteht die Frage, ob und inwieweit die» Tun von Roßbach und Genossen gedeckt werden kann durch die unter Beweis gestellten Vorkommnisse. Unter diesen Umständen scheint es geboten, da» Verfahren auszusetzen, obwohl nicht zu verkennen ist daß fr die Deutschvölkische Freihcitspartei und ihre Anhänger eine schwierige Lage durch die Aufrecht haltung de» Verbots entsteht, das seinerzeit nach Lage der Sache vom Minister mit Recht erlassen werden konnte. In der Verhandlung am Donnerstag sprachen «ach dem Vertreter des preußischen Innen-Ministe- rdnn» die Vertreter von Sachsen und Thüringen. Der Regierungsvertreter von Sachsen stützt das Verbot auf 8 IS, 2, und bezieht sich im übrigen auf die Ausfühürungen de» preußischen Dezernenten. Ihm schließt sich Mül ler-Dran den bürg an, der die Maßnahmen der thüringischen Regierung rechtfertigt. Lr hebt besonders den antimilitaristi schen, au Frieden gerichteten Charakter der Ar beiterschaft hervor, die von sick aus gar kein Be- dürfni» -haoe, irgendwelche Kampftrupp» aufzu- stellen: wenn aber die Bedrohung von feiten der Deutschoölkischen nicht aufhöre und die Gefahr der Hitlergarden hinzukomme, dann freilich sehe sich die Arbeiterschaft vor die Frage gestellt, ob sie sich ab würgen lassen oder zur Wehr setzen solle? An der Replik der Parteivertrrter verweist Rbg. von Graefe Mit Nachdruck darauf, daß die Plane der D.D.F.P. niemals geheim gewesen seien. Inwieweit das Reichswehrministerium darüber unterrichtet sei, könne «r erst in nichtöffentlicher Sitzung aussagen. iMit erhobener Stimme:) „Wir wollen keinen Krieg gegen Frankreich. Ick und meine Freunde haben diesen törichten Gedanken stets be kämpft. Ich stehe aber nicht an, zu be kennen, daß es Kreise in Deutschland geben könnte, denen es geradezu wünschenswert erscheinen könnte, unsere Jugend vor feindliche Maschinen gewehre zu bringen, so daß geradezu ein Aderlaß am deutschen Volk vollzogen werden sollte. Wir haben un» immer gegen solche Pläne gewendet. Im übrigen protestiere ich gegen die Unterstellung de» preußischen Regierungsvertreter«, daß ich hier nicht die volle Wahrheit gesagt, sondern etwas abzulcugnen versucht bade. Ich habe meine Ausführungen so gemacht, al» Mvn ich sie unter Eid hätte abgeoen müssen/ SiaR-A. Herold gibt hierauf noch einmal formal- juristische Ausführungen zu der Frage des Verbots einer Partei. Er verneint die rechtliche Möglichkeit, da ein solches Verbot dem geltenden Staatsrecht widerspreche. Auf Antrag von N.-A. Herold beschließt da» Gericht den Ausschluß derOeffentlich- keit. Um -L8 Uhr verkündet der Präsident nach tzehnstündiger Sitzung, daß die Wciterverhandlung auf ^eitag nachmittag )42 Uhr vertagt war- Preußen und die völkischen r» Berlin, 26. April Zm Hauptausschuß des preußischen Landtages er klärte Ministerpräsident Braun, daß die Parität kn dem Eingreifen gegen Bestrebungen, die den Be stand der Republik gefährden, mögen sie von recht» oder link» kommen, in Preußen durchaus gewähr leistet sei. Der Minister des Inneren Severing habe im Falle der Auflösung der Deutsch völkischen Freiheitspartei und aller da mit zusammenhängenden politischen Handlungen in vollem Einverständnis mit ihm gehan delt. Auch da» Gesamtkabinett habe sein Vorgehen al» notwendig anerkannt. Auch die Veamtenpolitik Severing« vertrete er, der Ministerpräsident, voll- kommen, zumal sie sich völlig mit dem von ihm bei der Uebernahme des Kabinetts seinerzeit aufgestellten Programm decke. Im Anschluß an die weitere innerpolitische De batte betonte der Ministerpräsident wiederholt die Notwendigkeit eines starken und nicht verkleinerten Preußen, und die Mängel der Klein staaterei, die noch eine Anzahl von kleinen Staatsgebilden leben lasse, die für eine rationelle Verwüstung zu klein seien und auch nicht die Fähig- kett hätten, alle ihnen obliegenden Kulturaufgaben ur lösen. Es wäre zu begrüßen, alle ihnen obliegen den Kulturaufgaben zu lösen. Es wäre zu begrüßen, wenn einzelne Kleinstaaten Mitteldeutschland» zu Preußen kämen. Dieser Anschluß dürfe aber nur isteiwilligund und aus eigenem Antrieb geschehen. Preußen wolle nicht den Anstoß geben, sondern höch sten» eine Politik treiben, die diese Kleinstaaten zu Freunden Preußen» mache und ihnen die Vorteile der rationellen Droßstaatsverwaltung zeige. Strabendienft-Uebung der Hitlergarden StgenerDrahioerlchi de» Leipziger r«,e»l,i«e» München, 27. April Gestern kam es in -er Hindenburg- und Schul- kaße -u einem Zusammenstoß zwischen National- . oztalisten und Kommunisten, an dem etwa 400 Pri onen beteiligt waren. E» entwickelte sich ein Kamps, » dessen Verlauf etwa 10 Schüsse abgegeben und vier Personen ziemlich schwer verletzt wurden. Die Müchner Post gibt weitere Einzelheiten über diese Zusammenstöße. Danach haben die National sozialisten eine Iungsozialisten-Persammlung plan mäßig überfallen, wurden aber durch Schutzleute und Passanten zurückgedrängt. Danach schwärmten sie kn Straßenbreite au» und legten sich schußbereit auf den Boden, um dann etwa SO Schüsse abzugeben. Während dieser Zeit ist ein auffällige, Auto in der Nachbarschaft al, Beobachter hin und her patrouil liert. Al« die Schutzmannsckast gefragt wurde, warum sie nicht von der Waffe Gebrauch gemacht habe, antwortete sie, fi, dürfe ja nicht schießen. Nicht» kann die von der Mehrheit de» bayerischen Landtage» versäumte Notwendigkeit, der dauernden Vedeoh», tz«r »uh« tz«ch tzk tzeUPschntzorgant- sationen ein Ende zu machen, besser beleuchten. In München ist die Freiheit der politischen Betätigung sehr bedroht. Der Versuch der Staatsregierung, durch da« Daffenverbot den Bürger zu schützen, ist vollkommen mißlungen. Krau v. Oheim b zur Lage Magdeburg, 27. April. (Eia. Drahtbericht.) Auf einem Ruhrabend der Deutschen Volkspartei führte die Reichstagsabgeordnete der Deutschen Volkspartei Frau von Oheimb u. a. aus: Zum erstenmal findet sich im passiven Widerstand an der Ruhr eine deutsche Nationalität mit bewußtem Staatsbüräertum zusammen. Das Fundament der deutschen Nationalität ist im Ruhrgebiet gelegt wor den. Der Wunsch nach der Monarchie und der evtl. Wille zur übereilten Wiederherstellung der Monarchie könne die neuen Anfänge de» nationalen Leben» ver nichten. Deshalb müssen wir alle Organisationen ablehnen, die sich nicht einer geordneten staatlichen Unterlage anschließen können. Ohne Arbeiterschaft weder Abwehr noch Krieg, ohne bürgerliche Elemente keine Führung de» geisti- gen Aufbaues, der die Grundlage der Landarbeit ist. Ich glaube bestimmt, jetzt vollzieht sich oie große Um- stellung aller Stände. Wir müssen einsehen, daß wir von keinem Volk Hilfe zu erwarten haben. Cs hat den Anschein, als ob England und Frankreich hinter unserem Rücken zu einer Einigung kommen werden. Außer dem Papst und den Bischöfen von Schweden hat kein neu trales Land auch nur einen Finger gekrümmt. Ich halte es für eine nationale Forderung unsererseits ein Angebot zu machen. Es ist selbstverständlich, daß kein Fußbreit deutscher Erde angeboten ober ein Randstaat neu gebildet wird. Ins Uferlose zu erfüllen und uns zum Weiß bluten zu bringen, dazu sind wir nicht mehr bereit. Von den Deutschnationalen bis zu den Sozialdemo kraten ist die Vereitwüligkeit vorhanden, zu erfüllen, wa» in unseren Kräften steht, aber wir wollen eine Grenze gezogen lacken. Dann wird in Deutschland wobl Ruhe und Arbeitsfreudiokeit einkehren. Es muß aber auch weiter darauf yingearbeitet werden, die Schablonisierung abzuschaffen. Gegen die Zleischpreis-Treiberer München, 27. April. (Eigener Drahtbericht.) Die bayrische und württemberaische Regiernng haben ge meinsam bei Ver ReichSregiernn« ven An- trag gestellt, ssleischpreiStreibereien ent- aeaenzuwirken. Die beiden Reaierunaen beantragen die Durchsührnng einer Ver brauchs- oder Preiskontrolle für Vieh «nd Fleisch. Eine Antwort der ReichSreaie- runa liegt noch nicht vor. ZinlinznSte in Hessen Frankfurt, 27. April. (Eigener Draht bericht) Im hessischen Landtag kritisierte Finanz minister Henrich sehr scharf das Ergebnis der Reichs- schatzanleihe. Ein ähnliches Schicksal sei der hessischen Anleihe beschicken, die bisher sehr wenig gezeichnet werde. Das Versagen der Besitzenden schädige da, Reich und da» Land ungeheuerlich. Eine Reihe fried licher wirtschaftlicher und sozialer Projekte müsse zu rückgestellt werden. Der gesamte Bedarf des Lande» sei von 21 auf 88 Milliarden gewachsen, von denen ö Milliarden ungedeckt seien. Davon könne eine Milliarde durch neue Steuern aufgebracht und der Rest von 4 Milliarden durch Anleihen gedeckt werden. Ungeschwachter widerstand im Ruhr-Gebiet Esse», 27. April. Aus gut unterrichteten Kreisen de« Ruhrgebiet» wird mitgeteilt, die im Ruhrgebiet bekannt ge- wordenen Zeitungsmeldungen, daß Verhandlungen über die Reparationefrage von französischer Seite nur bei dem Aufgeben des passiven Widerstande« er folgen sollen, haben auf deutscher Seite eine Aende- rung der bisherigen Derteidigungstaktik nicht herbei geführt. Mit solcher Aenderung wird auch nicht zu erchnen sein. Darüber besteht in allen beteiligten Kreisen eine einmütige Auffassung. Die von französischer Seite durch den Brüsseler Korrespondenten des Daily Telegraph verbreitete Er klärung, daß die Kohlenverordnung des General, Degoutte nicht in der von deutscher Seite aufgefaßten Schärfe durchgeführt werden soll, begegnet in den Kreisen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber des Ruhr gebiete» berechtigten Zweifeln. Irgendwelche Tat sachen, aus denen auf eine Milderung der Verord nung hätte geschlossen werden können, sind bisher nicht bekannt geworden. Gerade diese Verordnung, die eine völlig sinnlose Behinderung des gesamte«» Wirtschaftsleben» im Ruhrgebiet darstellt, und die die angeblich von den Besatzungsbehörden angestrebte Produktivität in keiner Weise fördert, ist ein Druck mittel, das einen verschärften Gegendruck von deut- scher Seite notwendigerweise hervorgerufen hat und weiter hervorruft. Dazu kommt noch, daß die Be setzung weiterer Zechen ebenfalls nur geeignet ist. gerade die Bergarbeiterschaft zu einer Stärkung de» Abwehrwillen» zu führen. Die bisher erprobten und bewährten Derteidigungsmittel der passiven Abwehr werden in der ruhigen und besonnenen Weise, wie sie seit dem Einbruch der französisch-belgischen Truppen in» Ruhrgebiet angewendet worden sind, auch weiter hin bi, zu der Stunde angewendet werden, in der eine Verständigung über die durch die Ruhr-Invasion geschaffene Läge erfolgt ist. Durch Verbot jeden Kraftwagenverkehr» zwischen dem besetzten und dem unbesetzten Gebiet hat man endgültig die chinesische Mauer mitten in Deutsch land errichtet. Da sich die Postbehörden und auch die Privatunternehmen genötigt sehen, ihren Wagen- verkehr einzustellen, staut sich in Frankfurt der bi» in die letzten Tage rege Verkehr von Reisenden von und nach Wiesbaden und Mainz. Damit hat auch die Versorgung de, Gebietes mit Waren, besonder» mit Lebensmitteln, jetzt gänzlich aufgehört. Die Folgen für die betroffenen Städte Wiesbaden und Mainz müssen auf die Dauer unerträglich werden, da auch keinerlei Zugverkehr mehr möglich ist. Eine beträchtliche Menge Waren, die de» Transporte, harren, können nicht befördert werden. Wiesbaden besonder», da» jetzt Badesaison hat, ist durch dies« Maßnahme geradem» erdrossele Vie Chester-Konzession Au» Konstantinopel wird uns geschrieben: Die Nationalversammlung von Angora hat da, Chestersche Projekt ftir di« Entwickelung Anatolien, mit 188 gegen 21 Stimmen angenommen. Da» so genannte Ehester - Syndikat ist die Abkürzung für die „Ottoman Development Company', vertreten durch Ehester, Elayton und Kennedy. Da« Projekt soll den Bau folgender Eisenbahnlinien in einer Länge von etwa 4300 Kilometer umfassen: 1. Etwa»—Tschalta—Charput—Arghana Ma den—Diarb ek ir—Ditli»—Wan. 2. Zweiglini« Bitlis—Mossul—Kerkuk-SÜ- leimanijL 3. Zweiglinie Siroas—Marasch—Aja» Bey bei Alexanürette in Eilizien. 4. Angora—Samsun am Schwarzen Meer. 8. Samsun—Sivra». 6. Siwas—Eaefarea—Nigde—Dagdadbahn. 7. Erserum—Trapezunt. 8. Siroas — Erserum — Bajesid — persische Grenz«. ferner den Ausbau der Häfen Sumsun und Ajas Bey. Schließlich soll Angora, die sehr primitive und noch dazu durch einen der üblichen Brände halb zerstörte Stadt Anatoliens, in 3)4 Jahren neu aufgebaut werden. Herr Chester hat mit der echten Mischung von Reklamekunst und konstruktiver Phantasie, die dem Amerikaner eigen ist, einem Mitarbeiter der Zeitung Wutan ein verführerisches Bild von dem bevor stehenden amerikanisch-anatolischen Paradiese ent worfen und vor den Augen des bescheidenen türki schen Journalisten Wolkenkratzer, Prunkbauten, Asphaltstraßen, Schlafwagen, Motorpflüge und an- dere allermodernste Herrlichkeiten erstehen lassen. Nebenher ging die nüchterne Mitteilung, daß zuerst die Linie Samsun—Siwas gebaut werden soll danach innerhalb 18 Jahren die Linien Siwas—Angora, Diarbekir—Iumustalyk (Ajas Bey), Saesarea— Trapezunt. Al» Arbeiter sollen die unerlösten Tür ken au» Aserbeidschan und Turkestan importiert und später anaesiedelt werden. E» läßt sich schon denken, daß diese Zukunftshoff nungen den Türken angenehm eingehen, und so er klärt sich auch die überwältigende Mehrheit (185 gegen 21), mit der da« Andora-Parlament dem Pro jekt zugestimmt hat. E» erklärt sich ferner darau», daß die Angora-Regierung den geharnischten Protest Frankreich» sehr kühl behandelt. Frankreich beruft sich auf das türkisch-französisch« Abkommen vom 21. April 1914, wonach Frankreich für Gewährung eine» hohen Darlehen» Eisenbahn- und Hafen-Konzessionen in Anatolien erhielt, die in eitem Umfange mit den dem Chester-Konzern er teilten Konzessionen identisch find. Demgegenüber weist di« Angora-Regievung darauf hin, daß, wenn auch das türkisch-französische Abkommen von 1914 durch ein IradS de» Sultan» bestätigt sei, es doch mangels der Ratifikation durch da« Parlament un gültig gewesen sei. Außerdem sei das Abkommen während des Weltkrieges, 1918, ausdrücklich für hin fällig erklärt worden. Angesichts dieser ablehnenden Haltung der Angora-Regierung ist es für die Franzosen kein aus reichender Trost, daß der Vorsitzende der Außerkom- misfion de» türkischen Parlament«, Hamdulla« Subhi, erklärt hat, da« gegenwärtige Zerwürfni« wegen de» Chester-Abkommen» dürfe nicht übertrieben werde«, denn die Türken wollten gerade die Beziehungen zu Frankreich ganz besonders pflegen, und sie seien überzeugt, daß sie mit der Verteidigung ihres Landes zugleich Frankreich verteidigten. Diese Erklärung des türkischen Parlamentarier» dürfte den Franzosen um so eher al» Ironie er scheinen, al» auch sonst die Angora-Regierung gerade jetzt die „Pflege der Beziehungen zu Frankreich' etwas eigenartig betreibt. So sind die Machthaber von Angora mit der Tabakregie, an der Frankreich ganz besonder» interes siert ist, keinesweg einig und planen deshalb, der Regie eine Verlängerung ihrer Konzession zu ver weigern. Auch die Unterdrückung de« fran zösischen Unterricht« in den unteren Klassen der türkischen Schule und feine Verminderung in den höheren Klassen dürste Frankreich wenig angenehm berühren, denn s-it langen Jahrzehnten find die Franzosen darauf bedacht, die französische Sprache im Nahen Orient möglichst zu verbreiten, weil sie wohl wissen, von wie hoher politischer und kultureller Bedeutung gerade dieses Moment ist. Sie haben deshalb ein schöne» Stück Geld daran gewendet und nun kommen ihnen die „undankbaren Türken' neben den wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die sie den fran zösischen Kapitalisten machen, auch damit noch in die Quere. * Das Verhältnis der Türken zu den Franzosen beleuchtet ein Zwischenfall, über den — nach einer un» au» Rom zugehenden Drahtmeldung — die Konstantinopler Zeitung Tanin berichtet: Zu einem Bankett, an dem Mustapha Kemal Pascha teilnahm, erschien auch der französische Konsul, und zwar, wie e» früher Brauch gewesen war, mit zwei bewaffneten Kawaffen. Kemal Pascha befahl, die Kawaffen zu verhaften, und ließ dem Konsul einen Platz an einem anderen Tische anweisen. Der Konsul versuchte, in französischer Sprache Kemal Pascha eine Erklärung abzugeben. Kemal ließ ihm aber sagen, daß er französisch nicht verstehe. Der Konsul er widerte, er habe sich doch noch vor einem Jahr mit ihm französisch unterhalten. Aber Kemal wandte ihm den Rücken zu und ließ ihm durch einen Dolmetscher antworten, daß man ost im Lause eine« Jah re« manche Dinge vergesse. Darauf wandte sich der türkische Diktator dem russischen Ver treter zu und achtete nickt mehr auf den Franzosen. Rutzsand in Lausanne Lysanne, 27. Avril. Der zweite Delegierte der Sowjetdelegation au/ der Lausanner Konferenz, Borowski, ist heute nacht aus Rom hier eingetroffen. Er wird der Moskauer Regierung über den Gang der hiesigen Verhandlungen berichten und möglicher weise den Führer der Delegation, den russii^rt Außenminister Tschitscherin, veranlassen, nach ausanne zu kommen, falls er ein Eingreifen Ruß lands in die Orientverhandlungen für notwendig oder die Unterzeichnung der Meerengenkonven tion durch die Sowjetregierung für angezeigt halten sollte. Holland und der Völkerbund Haag, 27. April. In der holländischen Ersten Kammer sagte der Miniestr de» Aeußern van Karnebeek, der Bölkerbund entspreche noch nicht den Erwar tungen, die viele Leute daran geknüpft hätten. Man müsse aber bedenken, wie cs in Europa oussehen würde, wen nicht kurz nach dem Kriege der Völker bund in» Leben gerufen worden wäre. Hier biete sich doch Gelegenheit für die verantwortlichen Per- sönlichkeiten, einander zu begegnen und miteinander zu sprechen. Deshalb solle man nicht zu weit mit der Kritik und dem Pessimismus gehen. Drei Jahre seien im Leben einer so neuartigen Institutton nicht viel. Der Völkerbund, d-i- in der Derinde «er Auf lösung seine ersten Schritte tun müsse, sei da» größte Vorbild internationaler Zu sammenarbeit, das die Welt kenne. Deshalb solle man an ihm festhalten, auch wenn es Ent? täuschungen gebe. England erwartet Erfolg der Rede Eurzonr ai»e«er Drahlbertcht de» Leipziger Lagedlat»,» London, 27. April. In politischen Kreisen und in den Zeitungen aller Richtungen geht das Rätselraten über die Frage weiter, wie das deutsche Angebot aussehen wird. Der Sonderberichterstatter des Daily Chronicle im Ruhr gebiet will erfahren haben, daß die Fertigstellung de« deutschen Angebots sich verzögere, weil die Führer der deutschen Industrie wieder einmal nicht einig sein sollen, weder übe^ die Höhe der zu bietenden Summe, noch über die anzubietenden Aahlungsgarantten. — Der Daily Telegraph setzt in seinem Leitartikel auf Grund von französischen Informationen auseinander, daß die Deutschen gut daran täten, wenn sie sich nicht wieder auf Abschätzung ihrer Verbindlichkeiten durch Sachverständige verließen, sondern daß es erforderlich sei, um Frankreichs Verhandlungsbereitschaft zu sichern, eine annehmbare feste Summe zu nennen. — Die Morningpost, die sonst nicht dazu neigt, bösen Willen und Perschleppungsversuche seitens der deutschen Regierung anzunehmen, läßt sich au« Berlin melden, daß die Verzögerung des deutschen Angebots auf die mit englischer Hilfe unternommene vor bereitende Fiihlungnahme bei den Alliierten zurück- zuführen sei. Kleine politische Nachrichten Der Reich » rat hat der Vorlage über die Aus prägung von neunzig Milliarden Mark in Fünf- Hundertmark-Stücken aus Aluminium und einer Vorlage über die Ausprägung von weiteren sechzig Milliarden Mark in Zweihundert mark-Stücken aus Aluminium zugestimmt. O Der frühere Kanzlist beim Leipziger Amtsgericht und jetzige Iustizamtmann Lotze ist vom 1. Mai ab zum Regierungsrat ernannt worden. Der hessische demokratische Landtagsab- geordnete Rechtsanwalt Dr. Schreiber in Ingelheim wurde durch Frrnzosen aus seiner Woh nung geholt, mit Gewalt über die Grenze gebracht und ausgewiesen. O Das amerikanische Konsulat in Wladiwostok, da» die einzige Vertretung der amerikani schen Regierung in Rußland bildete, ist ge schlossen worden. * NMH den Berichten der päpstlichen Mission in Rußland sind bi« zum 16. April täglich 124440 Hungrige in 701 Kuchen, Spitälern und anderen Unterkünften gespeist worden. Sächsischer Landtag (Schluß der Donnerstag-Sitzung.) Draytdertcht unserer Dresdner «christlettnn, Dresden, 26. April. Nachdem der Finanzminister einigen Abgeordneten erwidert hatte, wurde die Debatte zu Ende geführt. Abg. Schneller (Komm.1 meint dem Finanzminister gegenüber, daß nickt die Reparationsforoerungen unserer ehemaligen Feinde an unserem Finanzelend schuld seien, sondern die mangelhaften Steuer einkünste, weil die Besitzenden geschont würden. Abg. Dr. Dehne (Dem.) wirft den Kommunisten vor, daß es ihnen nicht um praktische Arbeit in der Regierung zu tun sei, sondern vielmehr nur um Auf- stellung unerfüllbarer Forderungen, damit ihnen der Agitationsstoff nicht ausgehe. Finanzminister Held erwidert dem Vorredner, die neue Regierung habe erst die von der früheren Re- gierung übernommenen wirtschaftlichen Betriebe er tragsfähig gestaltet, das habe aber Dr. Dehne ab sichtlich verschwiegen. — Abg. Dr. Dehtle erklärt: Das verbitte ich mir. — Finanzminister Held: Sir haben sich gar nicht» zu verbitten. — Dr. Dehu«: Ich lasse als Abgeordneter mir keine Vorschriften von Ihnen machen. Der Etat wird hierauf an die Sau»haltausschüffe X und V überwiesen. Da» Anletyegesetz fand ein stimmige Annahme, desgleichen eine Vorlage, nach der sich der sächsische Staat an dem Kapital der neubegründeten sächsisch-böhmischen Dampsschiffahrt beteiligt. Nach Schluß der Sitzung kommt e» noch »u einem Zusammenstoß zwischen dem sozialdemokratischen Abg. Schurig und Dr. Dehne. Abg. Schurig hatte wahr scheinlich dem Abg. Dr. Dehne Vorwürfe über seine Ausführungen dem Minister gegenüber gemacht, worauf Dr. Dehne erregt antwortete: „Ich bin ebenso gut Abgeordneter wie Siel Sie wollen hier aber zweierlei Abgeordnete konstruieren. Der beamtete Abgeordnete hat nach Ihrer Ansicht hier im Hause zu schweigen; da» könnte Ihnen so passen; da tue ich nicht mit.' E» folat dann noch eine länger« Aus einandersetzung zwischen dem Finanzminister und Dr. Dehn«. — Nöckste Sitzung: Donner«tag, t. Dta^ vormittag» 10 Utz«.
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