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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.04.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-04-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192304268
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230426
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230426
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-04
- Tag 1923-04-26
-
Monat
1923-04
-
Jahr
1923
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V Sette 2 Iv. SS Oer Versammlungsschutz Im Reichstage, der in der vorigen Woche, bei der Aussprache über die Rede des Außen» Ministers, ein so ermutigendes Bild der Ein» tracht bot, sind die Gemüter wieder einmal in Erregung geraten. Es hat einen geräuschvollen, unschönen Auftritt gegeben, und schließlich hat die größte Fraktion zum äußersten parlamenta rischen Kampfmittel gegriffen, zur Obstruktion. Und dies alles, weil die bürgerliche Mitte das Strafgesetzbuch um einen Paragraphen zum Schutz der Dersammlungsfrei» heit bereichern will. Wie? Sind die Sozialdemokraten Gegner der Versammlungsfreiheit? Wollen sic sie nicht schützen, sondern dem Terror freien Lauf lasten? Das glaubt wohl niemand. In dem unruhigen Winter 1018/19 hat sich gerade die Sozialdemo kratie um den Schutz der Versammlungen be sonders verdient gemacht. Wenn sie heute gegen ein Gesetz, das den Bersammlungsschutz be zweckt, mit Obstruktion ankämpft, so muß sie da- für einen besonderen Grund haben, der nicht in dem Zweck des Gesetzentwurfs zu suchen ist. Er liegt, wie man weiß, darin, daß sie der Recht- sprechung, besonders in Bayern, keine unpar- tciische Anwendung dieses Gesetzes zutraut. Der will ihr das verargen, wenn selbst der bayerische Gesandte v. Preg er im Reichstage die Schwache der bayerischen Negierung gegen- über der nationalsozialistischen Bewegung zu- geben mußte? Solches Mißtrauen müßte freilich zurückge- stellt werden, wenn cs sich um die Schaffung eines wirk.ich notwendigen gesetzlichen Schutzes der Versammlungsfreiheit handelte. Aber die Notwendigkeit des beantragten Gesetzes läßt sich schlechterdings nicht behaupten. Selbst der Reichsjustizminister Dr. Heinze, der für den An- trag cintrat, konnte nicht bestreiten, daß sich Störungen von Versammlungen auch mit ande- ren Gesetzesparagraphen bekämpfen lassen. Warum dann also dieses überflüssige Gelegen- heitsgcsetz? Nur weil man vor der Abstim mung über das Ncpublikschutzgesetz, um eine möglichst große Mehrheit für dieses zu gewin- nen, ein Kompromiß schloß, durch welches der Dolkspartei ein besonderes Bersammlungsschutz. gesetz zugestanden wurde. Dieses nur aus par teipolitischen Gründen gegebene Versprechen soll setzt eingclöst werden. Da sich aber zeigt, daß die Verhandlung und Abstimmung Uber den Dersammlungsschutzparagraphen unter den gegenwärtigen Verhältnissen zu ernsten Zwislig- leiten und leidenschaftlichen Parteikämpfen führt, gebietet die politische Klugheit, die Ent- scheidung zurückzustellen, bis man in ruhigeren Zeiten auf beiden Seiten Muße findet, um ohne Voreingenommenheit zu prüfen, ob der bean- tragte Paragraph wirklich eine Verbesserung des Strafrechtes bedeutet. Solange die Fran- zosen im Ruhrgebiet stehen, sollte man im Reichstage einen Streit über einen zweifelhaften Hesetzesparagraphcn vermeiden. 2 * Swei bewegte Reichstagssltzungen EigenerDraytdrrtcht des Leipziger Lageblaitrs Berlin, 24. April. Zur Beratung stand die zweite Lesung des Gesetz entwurfes über die Abänderung des Etrafgcsctz- buchcs, der von den bürgerlichen Parteien der Mitte eingebrachr ist und dem Schutz von Bersamm- jungen gegen Sprengungsversuche bient. Abg. Vogel-Franken (Soz.) begründete die ab- lehnende Haltung seiner Fraktion gegenüber dem Entwurf. Das Gesetz diene einseitig rechtsradikalen Interessen. Abg. Henning (Dcutschvölkisch) erklärt die Zu stimmung seiner Partei zu dem Gesetz. Der Redner ging ausführlich aus das Derbst seiner Partei durch den preußischen Innenminister ein und betonte, aus dem bei Gericht befindlichen Akten ergebe sich im Gegensatz zu den Ausführungen Severings nich tder leiseste Grund zur Annahme von Putschabsichten bei den Dcutschvöllischen. Bayrischer Gesandter v. Pregcr erklärte, in Bayern bestehe uneingeschränkte Dcrsammlnngsfrei- heit. Reichsjuslizminister Dr. Heill-e erklärt: Die Versammlungsfreiheit ist zu einem öffentlichen Rechtsgut geworden, das eines stärkeren Schutzes bedürfe. Was in Bayern geschehen ist, verletzt nicht mit einem Deut die Gesetze und hat das Licht der Oeffentlichkeit nicht zu scheuen. Die bayrische Justiz- Verwaltung hat versichert, daß die Haftbefehle in Bayern vollstreckt werden. Abg. Dr. Leicht (Bayr. Volkspt.) führt aus, seine Partei sei gegen die nationalsozia listische Bewegung, weil sic letzten Endes zur Revolution treibe. Die Bayrische Volkspartei lehne cs ab, heute von einem Ocsterreichcr (Rufe: Hitler!) sich in irgendeine Revolution hineintreiden zu lasten, wie wir es bedauert haben, daß wir früher von anderer Seite in eine Revolution hineingezogen wurden. Darauf beantragt der sozialdemokratische Abg. Dittman» Vertagung der Sitzung, bevor über den Gesetzentwurf abgestimmt wird, und zweifelt die Be schlußfähigkeit des Hauses an. Die Auszählung er gibt 1S7 Nein und 4 Ja. Da» Haus ist also nicht beschlußfähig. Präsident Locbe setzt um 7 Uhr eins neu« Sitzung auf 7L0 Uhr an. Die zweit« Sitzung war in wneigen Minuten zu Ende. Es bleibt da bei, daß in der morgigen Sitzung wiederholt werden soll, über das Gesetz betreffend den Pcrsammlungs- schütz abzustimmen. Da die Sozialdemokraten ent- schlosten find, die Beschlußunfähigkeit de, Hauses herbeizuführen, dürste der Reichstag wahrscheinlich l,e!pr1ger Hgedlstt urrä Hruiäelsreltiiug morgen nach einer Sitzung von nur wenigen Mi- nuten Dauer in die bereit» früher in Aussicht ge- nommeneo Ferien gehen, die bi» zum 2. Mai dauer» sollen. Vas Ualserdenkmal im Reichstag Die Ausschmückungskommission des Reichstags hatte ein Sachverständigengutachten über die von den Sozialdemokraten beantragte Beseitigung des Denkmals Kaiser Wilhelms I. in der Wandelhalle und die Entfernung monarchistischer Embleme an den Außenfronten des Reichstagsgebäudes einge fordert. Das Gutachten ist von Akademieprofessor Hugo Lederer, Stndtbaurat Ludwig Hoffmann, Reichskunstwart Nedslob und Oberregierungsrat Groß erstattet worden und soll nunmehr im Aus- schmückungsausschuß erörtert werden. Die Sachverständigen kamen zu dem Entschluß, daß es dem Geiste de» Erbauers und des Reichs- tagspalastcs widersprechen und die Gesamtwirkung des Baudenkmals beeinträchtigen würde, wenn man an einzelnen Stellen monarchistische Embleme wie Kronen und dergleichen entfernen und durch andere, künstlerisch weniger geeignete ersetzen würde. Das Denkmal Kaiser Wilhelm» I. in der Mitte der Rotunde beeinträchtige allerdings den freien Durch blick und den vollen Genuß der großartigen Archi tektur, sowie die Raumwirkung der Wandelhalle. Seine Versetzung an andere Stelle des Hauses werde einer besseren Raumwirkung zu gute kommen. Als geeigneten Platz für eine andere Ausstellung schlägt das Sachverständigengutachten das Treppenpodest in der Eingangshalle des Por tals II vor, die schon mit Monumentalstandbildern hervorragender früherer deutscher Könige aus Bronze geschmückt ist. Gedenkfeier am 18. Mai Draytderichi unserer Dresdner «chrtltleUvug Dresden, L5. April Das sächsische Kultusministerium hat angeocdnet, daß in den höheren Schulen am 18. Mai, dem Tage, an dem vor 75 Jahren das erste deutsche Parlament in der Paulskirche zu Frankfurt a. M. zusammen trat, eine kurze Gedenkfeier zu veranstalten sei, in der durch eine Vergleichung mit dem Reichsgesetz über die Grundrechte des deutschen Volkes mit der Ver fassung des Deutschen Reiche« vom II. August IV19 den Schülern zum Bewußtsein gebracht werden soll, wie 1910 lang gehegte Hoffnungen de« deutschen Volks durch die neue republikanische Verfassung er füllt worden sind. Ebenfalls sollen in den oberen Klassen der Volksschulen die Ereignisse im Geschichts unterricht Erwähnung finden. Amerika für den Wellschiedsgerichtshof Eigener Drahidert<l>« des Leipzig er Tageblattes New York, 25. April. Präsident Har ding hat gestern das Jahres esten der Associated Preß benutzt, um in einer großen Rede seinen Standpunkt zum Völkerbund und zum Weltgerichtshof darzulcgcn. Die Ver treter des Dölkerbundgedankens in den Vereinigten Staaten hätten den Vorschlag seiner Regierung, in den Welt-Schiedsgerichtshof einzutreten, als eine An- Näherung an den Genfer Völkerbund ausgelegt. „In Ucbereinstimmung mit unserem Wahlversprechen/ lo erklärte Harding, .hat meine Regierung endgül tig olle Gedanken an einen Beitritt der Verei nigten Staaten zum Rölkerbundvon sich ge- wiesen. Wir haben nicht die Absicht, uns durch eine Hintertür in den Völkerbund einzuschmuggcln. Ich habe auch nicht die Absicht, den Völkerbund zu kritisieren, wir wolle» nichts von ihm wissen/ Weiter erklärte Harding, es sei zwecklos, wenn die Vereinigten Staaten ihre Mitwirkung im Welt- schiedsgerichtshof ablehntcn. Welche Politik der Präsident mit diesem Schritt einzuleiten gedenkt, geht aus den Schlußsätzen seiner Rede hervor: „Ein über viele Länder verbreiteter Gerichtshof ist ein wichtiges Ziel der neuen Entwicklung. Ich empfehle das Gericht, weil es einen wichtigen Schritt auf dem rechten Wege darstcllt, der zur Beilegung schädigen der Zwistigkeiten führt. Der Gerichtshof stellt ein Werkzeug internationaler Gerechtigkeit dar, da das bisher übliche Gerichtsverfahren von Fall zu Fall vielfach von politischen Gesichtspunkten beeinflußt war. Wir können für die Verbesserung dieses Appa rates viel mehr leisten, wenn wir daran Mitwirken, als wenn wir von Weitem zusehen. Ich beabsichtige nicht. Rechte unsere« Volkes preiszugeben; ober ich hoffe, daß unser Einfluß und unsere Mitwirkung in diesem Gerichtshof geeignet sind, den Weltfrieden zu fördern. Indem der Gerichtshof seine Zweckmäßigkrtt erweist und den Geist der Zusammengehörigkeit unter den Völkern fördert, könnte er einer Weltkonferenz der Völker vorarbeiten, die die Aufgabe hätte, ein Gesetzbuch des Rechtes aufzustellen als Vorbedingung der Herrschaft des Frieden» durch das Recht. Zu- gleich aber wäre eine Vorbedingung dafür gegeben, daß die Völker sich bester verstehen. Das stellt die beste Friedensgarantie und Friedenssicherheit dar/ Var zweite Lausanne Lausanne, 25. April Gestern begannen der erste und der zweite Aus schuß der Konferenz, dar heißt die Ausschüsse für die politischen und für die finanziellen Fragen, ihre Arbeit. Im politischen Ausschuß, dem der englische Delegierte Sir Horace Rumbold präsi- diert, und der im einzelnen die territorialen De- stimmungen de« Vertragsentwurfes der ersten Kon- fercnz nachprüft, forderten die Türken, daß sogleich nach Unterzeichnung des Friedcnsvertrage» Kon- stantinopcl und die anderen besetzten Ortschaften gr» räumt werden und daß man bei der Festsetzung der thrazischen Grenze nicht den Ausdruck „Linkes Maritzaufer", sondern die Wendung „Tal der Ma- ritza" anwcnden möge. Beide Fragen wurden auf eine spätere Sitzung verschoben. Zu neuen lebhaf- ten Auseinandersetzungen führte die Debatte über di« Befugnisse der Gren-sestsetzungskommission. Bei dem Artikel 12 erreichten di« Türken, daß mit den Inseln Imbros und Tennedos noch verschieden« kleine Inseln abgetreten werden. Der Finanzausschuß, in dem der fran zösische Delegierte General Pellet den Vorsitz führt, ging zunächst die Artikel 17 bi» 19 des Der- trag» durch, in denen die Türken auf ihre Sou- veränitätsrechtc über Aegypten, den Sudan und Zypern verzichten wollen, wogegen sie Befreiung von allen finanziellen Lasten fordern, die ihnen aus den durch Abgabe dieser früheren Provinzen garan- tierten Anleihen erwüchsen. Die Debatte über die Artikel 45 bis 52 führte zu der Ernennung eine» finanziellen Sachverständigenausschuffcs, der heute seine Arbeiten beginnt. Die Meinung in den Konferenzkreisen über die Aussichten der Konferenz sind sehr geteilt. Man sieht zäben Einzclberatungen entgegen und rechnet im allgemeinen mit einer Konferenzdauer von min destens einem Monat oder sechs Wochen. Dicke Lust in Polen Don Msx Tstsoüor Svktrmsnn Warschau, 18. April. Gestern mittag hat man hier von einer Volks versammlung zurückkehrende Juden auf der Straße verprügelt. Und in den Abendstunden verprügelte man im Landtage jüdische Scjmabgeordncte. Es war dies weder im Warschauer Ghetto noch im Warschauer Parlament ein eigentlicher „Pogrom" — nur so und so viele jüdische Rockschöße und Rockürmcl mußten daran glauben —, aber ein Gewitter zeugt von clek- triz'tätsgcfchwLngerter Luft, auch wenn es nicht zün- dcnd und todbringend einschlägt. Und die heutige hiesige Morgenpresse, di« sich mit den gestrigen Vorkommnissen beschäftigt, spricht von einem „lehrreichen Tag", von einem „jüdischen Tag". Die Nationalisten, die bereits emsiglich ihre Gehröcke zu dem bevorstehenden Eintritt in die Regierung bürsten, erklären heute durch ihre Rzeczpospolita, der gestrige lehrreiche Tag habe den polnischen Frak tionen die Augen geöffnet auf jene „sogenannten Minoritäten, auf die Fremdenvölker, die wahrlich allen Grund hätten, sich in ihre Mauselöcher zu verkrieche», anstatt sich grenzenlos herausfordernd zu verhalten". Und dem sich demokratisch nennenden Kurjer Po- ronny" entschlüpft das unvorsichtige Bekenntnis, die Minoritätenfrage sei noch der einzige Kitt, der die polnischen Parteien zusammenhalte. Mit anderen Worten: trotz noch so getrennten Marschierens schlägt man vereint (wo es als angebracht erscheint, auch im wörtlichsten Sinne) und zur Entschuldigung seines Tuns weist man auf die köstliche Gogolsche Unter- offizierswitwe hin, die sich selber verprügelt hat. Alles zusammen nennt man hier innere und nativ- nolc Politik. Ueber die gestrigen Vorgänge selbst nur einige wenige Worte. Bor anderthalb Wochen hatten hier anläßlich einer Straßendemonstration gegen die Cowjctregierung (wegen der Hinrichtung eines katho lischen Geistlichen in Moskau) recht bösartige Auf- tritt« gegen die Warschauer Juden stattgefunden, die nicht ohne Opfer an jüdischem Gut und Blut abliefen. In der gestrigen Sejmsitzung richtete nun die jüdische Fraktion in dieser bedauerlichen Angelegenheit eine dringliche Anfrage an die Regierung, nachdem sie tag» zuvor ihre hiesigen Glaubensgenossen aufgefordert hatten, der Interpellation durch Schließung der hie sigen jüdischen Geschäfte für die Dauer der Bespre chung dieser Anfrage besonderen Nachdruck zu ver leihen. Tatsächlich blieben denn auch fast sämtliche jüdische Geschäfte Warschaus gestern nachmittag bis sieben Uhr abends geschlossen. Im Sejm selbst wurde gestern die Dringlichkeit der jüdischen Interpellation abgelehnt, woraufhin die jüdischen Abgeordneten zum Zeichen ihres Proteste» den Saal verließen. Beim Ausgange au« dem Sitzungssaal« zu den Wandel gängen erwarteten die Interpellanten haulustige nationalistische Abgeordnete, die sofort Mundwerk und Fäuste in Bewegung setzten. Ein Abgeordneter von der deutschen Sejmfraktion, der sich zwischen die Angreifer und die Angegriffenen warf, wurde von den ersteren für seine Vermittelung ebenfalls reich, lich „bedacht". Am gestrigen Vormittag hatte im Zentrum des Iudenviertels eine überaus zahlreiche jüdische Volksversammlung in der gleichen Angelegen- heit stattgefunden. Beim Verlassen de« Dersamm- lungssaales wurden die Teilnehmer auf der Straße von einer zu Tausenden zählenden Menge tätlich an- gegriffen, aber nach kurzem Kampfe von den Fäusten der jüdischen Nalewki-Iugend schmählich in die Flucht gejagt. Die unwürdig häßliche Szene in der gestrigen Sejmsitzung ist gewiß beklagenswert; der tragikomische gestrige grimme Kampf auf der Dzielnastraße bezeich- nend. Aber weit ernster al» alles dies sind die heutigen Auslassungen der Warschauer Presse, die die gestrigen Vorgänge kommentieren. Hierin zeigt sich so recht die „dicke Luft", die sich immer mehr und immer deutlicher übej Polens innerpolitisches Leben zu sammenzieht. Was man da zu lesen bekommt, ist ein getreuer Abklatsch der „Fremdling«"-Hetze der Glinka», Markows und Purischkewitsche von anno dazumal im zaristischen Pogrom-Rußland. Die glück- licherweise verflossene Petersburger Nowoje Wremja könnt«, wenn sie noch lebte, die Rzeczpospolita oder den Kurjer Poranny ruhigen Herzen» wegen bau- ernden Nachdruck» vor den Kali zitieren — und be hielte Recht. Man schreckt nicht einmal zurück vor spaltenlonger genauer Aufzählung der jüdischen Ge schäft» — mit minutiösester Angabe von Straße, Hausnummer und Besitzername —, di« gestern einige Stunden hindurch geschlossen waren. Wie nun, wenn Verhetzung, Leidenschaft und Gewaltlust dies« ihnen freundlichst vorgelegte „schwarz« Liste" blutrot färbte? — —- Vorgestern dir Deutschen, gestern die Russen, heute die Juden, die trotz ihrer rechtmäßigen polni- scher, Mitbllrgerschaft alltäglich jetzt als „gefährliche Fremdlinge" geschmäht, verleumdet, für vogelfrei er klärt werden und kabel, was man ja nicht ver ¬ gessen sollte, beinahe die Hälfte der Bevölkerung de» angeblichen Nationalstaates Polen ausmachen. Das alte russische Zarenreich mit seinen 170 Millionen Russen bei wenigen Millionen aichtrusslscher Devöl- voouerstsg, 6eo 26. LprÜ kerung konnte sich diesen traurige» Hetztluxus noch zur Rot erlauben — aber da» neue unkonsolidierte, wirtschaftlich zerfahrene, innerpolitisch chaotische Polen, in dem es beinahe mehr Rationalitäten als Porteiplattformen gibt! Ich will gern zugeben: Im Gegensatz zum Zaren- rußland der letzten Epoche konnte man den polnischen Regierungen bisher den schweren Vorwurf nicht machen, Fremdenhaß und Fremdenhetze gegen ihre eigenen Mitbürger nichtpolnischer Rationalität amt- c^ch propagiert zu haben. Die vielbesprochene Rede des polnischen Ministerpräsidenten Generals Sikorski im goldenen Saale zu Posen dürfte wohl nur zum allerwenigsten für den „inneren Gebrauch" bestimmt gewesen sein. Aber gerade die unmittelbaren Nach wirkungen dieser Rede beweisen deutlich, wie äußerst gefährlich jede Lufterschütterung ist, wenn die Atmosphäre mit Elektrizität geschwängert ist. Vas zu grohe Polen Eigener Draht der ich t de» Leipziger Tag« plattes Pari», 25. April. Major D' Etchcdgoyen, das frühere Mitglied der französischen Militärmission in Wilna, veröffentlicht im Radikal einen aufsehenerregenden Artikel über die „Gefahr der neuen polnischen Grcn- zen" und macht darauf aufmerksam, daß die Bot- schafterkonferenz die polnischen Ostgrenzen unter der Verantwortung Polens anerkannt habe, d. h. daß die Weltmächte ausdrücklich betont haben, sie wür- den im Falle einer Verletzung der polnischen Ost- grenze durch ander« Mächte nicht verpflichtet sein, etwas zur Verteidigung Polen» zu tun. Der französische Major bemerkt, nach Ansicht ge wisser juristischer Kreise sei der Vorbehalt der Bot- schafterkonferenz dahin auszulegen, daß der Völker- bund im Falle eine» Angriffes auf die polnische Oft- grenze nicht verpflichtet sei, einzugreifen. Major D' Etchcdgoyen bezeichnet die Gefahr, die durch eine ' derartige Anerkennung der Ostgrenze für Polen ge- schaffen worden ist, als ernst. Er meint, es wäre besser, wenn die Botschafterkonferenz mit der An- erkennnung gewartet hätte. Die Existenz Polens sei durch eine künstliche Ausdehnung nach Osten geradezu in Frage- gestellt. Ostpolen mit seinen 280 000 Quadratkilometern — etwa der Hälfte des französischen Gebietes — habe 14 Millionen Ein- wohner, von denen aber nicht mehr als 1,5 Mil- lioncn Polen seien. Das polnische Element stelle jetzt in Gesamtpolen eine Minderheit dar, die leider noch durch Parteikämpse geschwächt werde. Der französisch« Offizier kommt zu -sm Schluß, daß die Entscheidung der Dotschafterkonferenz e:ne Schwächung Polens bedeut« und daß die Entente diese Lösung eines Tages bereuen werde. Die Kabinettskrise in Süds! armen Et»« »er Drahtdertcht des Leipziger Tagcblatlcs Belgrad, 25. April. Der Versuch einer Verständigung zwischen den Radikalen und den Demokraten ist neuerdings ge scheitert. Die Krone hat daher die zweite Zurück legung des Mandat» durch Paschitsch heute aberrv angenommen. Die Bildung einer homogenen radi- -kalen Regierung erscheint nach den weiteren Kom plikationen ausgeschlossen. Wie aus verschiedenen Notizen zu schließen ist, erwartet man nunmehr die Bildung eines Koalitionskabinett« durch Iubada- vidovic, den Führer der Demokraten. Ausbau der Luftschtffahrt Eigener Draht bericht des LeipzigerTagevlattes Paris, 25. April. Die Schweizer Behörde für Luftschiffahrt beab sichtigt die Luftverbindung zwischen der Schweiz und dem Auslande auszubauen. Der Vorsitzende des Schweizer offiziellen Bureaus für Luftschiffahrt, Major Isler, wird am kommenden Mittwoch in Ber- lin mit dem deutschen Luftamt eine Aussprache haben über die Eröffnung einer Luftlinie Genf— München—Berlin und München—Wien. Die Genfer und Lausanner Behörden haben Schritte bet der Pariser Regierung unternommen, um diese zu veran lassen, eine Luftlinie Paris—Lausanne—Genf einzu richten. Schließlich wird der Direktor der englischen Gesellschaft Handley-Page, die bereits eine Linie zwischen London und Paris unterhält, in dieser Woche in der Schweiz erwartet, um über die Ver- längerung der Lini« London—Paris bi» Basel, nr der Sommersaison bis Zürich, zu verhandeln. Kleine politische Nachrichten Zwischen dem sächsischen und dem thürin gischen Staat schweben Verhandlungen, die auf eine Verschmelzung der beiden Staaten hin zielen. Die Vorbereitungen für die Ausgab« eines öt, e, - Mark-Stücke» sind soweit gediehen, daß in der nächsten Vollsitzung des Reichsrate« darüber Bericht erstattet werden wird. Das SOO-Mark-Stück wird aus Aluminium sein und die Größe der sogenannten Derfaffungetaler haben. Zunächst ist die Ausprägung von 180 Millionen Stück beabsichtigt. * Die tschechoslowakische parlamentarische Opposition unter Führung der deutschen Sozial demokraten stellte einen Dringlichkeitsantrag zur Beseitigung der Todes st ras« in der tschechoslowakischen Republik. Der Antrag ist von 110 oppositionellen Abgeordneten einschließlich der tschechischen Kommunisten unterschrieben. * Der große Faschistenrat in Rom billigte die Ablehnung der weiteren Mitarbeit der Popolari durch Mussolini. Er ordnete ferner an, daß alle An gehörigen der Faschistenpartei pflichtgemäß bei der Nationalmiliz ersten oder zweiten Aufgebots einzu schreiben sind. Infolge des außerordentlichen Zu strom, wurde auch verfügt, daß keine Neuaufnahmen i» die Partei gewährt werde» sollen, die über VO0 000 Mitglieder zählt. «... * Reuter meldet au« Peking, die finanziellen Schwierigkeiten der chinesischen Ne- - ierung leien größer denn je. Die Bemühungen, von einem Konsortium einen Vorschuß von 12 Mil lionen Dollar zu «halten, sei« sehlgeschlagen. Donners r», SammU „Menschen! nalen und R reinsten Gesta! Schlußberichte für da« Hilfsrr wurden." M sippi-Blä! eine Schlußfei Werkes in So Stadt hat in betätigt: wur ! wahrenden S 165 051 Dollm bedürftigen al aufgebracht, r 200 000 Dolla lichem Eifer i sammelt wori konnte vielen spenden. Alle die Ovferwilli bereitschaft de des tzkattonali frühere Hank so schreiben di gehenden Ans dieser Samme „Die Regierur sie muß ein bäumende We tut, um diese das Volk von sehen, wie die müssen handel Die Versa ließ ihrem 0 Weise die Zug ! schöne deutsche Auch die Vereinigten L St. Louis star Dom Oybi gien von Zitti Waldtheaters Redakteur H e vor Jahren g Abfindung zr Waldtheaters in jedem Sor die Zittauer L Ein jugen Handlungsacl jenige ausfin meinsam mit aus dem Lage etwa 3 Millic Den Erlös di Metalldieb industriellen i talldiebstähle Allein in Dai Außerdem wi mit einbegris verkauften, ü auf fast 1 Mi Rückgang Zahrmärlte r dacht hatte, anügungsstäti hoch geworde ihnen kleiner Händler bleib Jahrmärkte i schwach bcsuck Tödlicher Kinder Landg bei Ausführu Kopfe auf e Bruch des Tod des Ma: Man hat der Brief jet — weiß mai so um die Ic scheidenen A erst verdräng durch die Ar setzt worden. Zeit. Der ! 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