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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.04.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-04-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192304226
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230422
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230422
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-04
- Tag 1923-04-22
-
Monat
1923-04
-
Jahr
1923
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m an- am e so :ung sich itten aus- erde jeigt mit über scheu wert runc, Dr. dels >ium hat ieser ß cs Fast als die , die lokal, oben >kals tigle Ein annt , er- urch- imcn oaan der sssen. Els- inals d sie Dar- ufrn tgin, inen von Hand inge. Erst Ünge man, seine venn > sich jetzt chcn- ihrer äraf- ichen habe Ab- chlich lisses > ein r ihr tzt. -- : da- ohne öpfen . der lbrik- ckver- cauer llärte habe Dor nier» Zonntstzsbcilstze ries I,eipr!tzer Käseblattes Kummer 95 LvQQtsg, dell 22. ^pril 1923 Leits 5 — .. , - ... - — Ach, diese Passagiere Von iük. T»en»eI»0Ak „Jetzt aber genug! Ich werde nicht mehr trinken!. Uni keinen Preis der Welt mehr! E» ist endlich Zeit, daß ich Verstand annehme. Man muß arbeiten. Hast du es gerne, dein Gehalt einzustecken, so arbeite auch redlich und gewissenhaft, ohne Rast und Ruhe. Laß endlich diese Dummheiten ... Du hast es dir angewöhnt, dein Gehalt rein für gar nichts ein- zustecken, und das ist nicht schön . . . wirklich nicht schön." Nachdem sich der Oberkondukteur Podtiagin einige Moralsätze dieser Art vorgesagt hat, beginnt er eine unüberwindliche Lust zur Arbeit zu ver- spüren. Es ist schon 2 Uhr nachts, er achtet aber dessen nicht, sondern weckt energisch alle Kondukteure und geht mit ihnen die Wagen ab, um die Fahr- karten zu kontrollieren. „Ich bitte um Ihre Karte" ruft er, fröhlich mit der Zange klopfend. Traumversunkene Gestalten beginnen sich in der Dämmerung zu regen, schütteln die Köpfe und über- reichen ihre Fahrkarten. „Ihre Karte, mein Herr!" wendet sich Podtiagin an einen Passagier in der zweiten Klasse, einen mageren, kränklich aussehenden Herrn, der, in einen Mantel gehüllt, inmitten der Polster schläft. „Ich bitte um Ihre Kartei" Den Schlafenden schüttelt es wie im Fieber, dann öffnet er die Augen und schaut furchtsam auf Podtiagin. „Wa—a—s? Wa—as?" „Ich spreche doch in menschlichen Worten zu Ihnen: Ich bitte um Ihre Karte!" „Mein Gott," stöhnt der hagere Mann und zieht das Gesicht weinerlich zusammen, „mein Gott! Ich leide an der Dicht . . ., drei Nächte hintereinander habe ich nicht geschlafen, habe vor einer Stunde Morphium genommen, um einzuschlafen, und da, kommt mir jetzt dieser Unglücksmensch um die Fahr- karte. Das ist doch unbarmherzig, unmenschlich. Wenn Sie wüßten, wie schwer es mir fällt, ein- zuschlafen, dann würden Sie mich sicherlich wegen so einer Dummheit nicht wecken. Wozu brauchen Sie denn meine Karte, wo sie doch schon der Kondukteur gesehen hat? Dummkopf das!" Podtiagin besinnt sich, ob ein Anlaß vorliegt, be- leidigt zu sein oder nicht, und kommt zu dem Ent schluß, den Beleidigten zu spielen. „Ich bitte, nicht zu schreien, hier ist keine Kneipe!" „Sogar in einer Kneipe sind die Menschen barm herziger als hier," hüstelt der Reisende. „Nicht ge nug damit, daß man infolge der urblödesten Ein richtungen die Passagiere mit Kohlengestank, Zugluft und ähnlichen Genüssen langsam dahinmordet, wird man obendrein noch mit diesen trottligen Formali täten bis aufs Blut sekkiert. Der Teufel soll euch holen." „Wenn Sie nicht aufhörcn, zu streiten und das Publikum mit Ihrem Schreien zu behelligen," er widerte Podtiagin, „so werde ich gezwungen sein. Sie auf der nächsten Station zwecks Protokollaufnahme dem Verkehrsbeamten zu übergeben." „Das ist ja unverschämt!" protestiert das Publi kum. „Einem Kranken keine Ruhe zu lassen . . . Haben Sie doch Mitleid!" „Dieser Herr hat ja selber den Streit an gefangen!" donnert Podtiagin. „Gut, ich verlange Ihre Fahrkarte nicht mehr; wie Sie wollen . . . Sie wissen gut, daß ich nur meine Pflicht tue . . . Wenn es nicht der Dienst verlangen würde, täte ich mich blutwenig um Ihre Fahrkarte kümmern. Sie können sich beim Stationsvorstand erkundigen . . . fragen Sie, wen Sie wollen . . ." Podtiagin zuckt die Achseln und verläßt das Wagenabteil. Anfangs fühlt er sich etwas beleidigt, nachdem er aber einige Wagen visitiert hat, beginnt er in seiner Obcrkondukteursbrust eine Unruhe zu verspüren, die offenbar von Gewissensbissen stammt. „Tatsächlich, es war nicht notwendig, einen Kran ken zu wecken," denkt er. „Jedenfalls bin ich aber daran nicht schuldig . . . Die dort glaubten, ich hätte es zu meinem Vergnügen getan und wissen nicht, daß es meine verfluchte Pflicht und Schuldigkeit ist, die Fahrkarten zu visitieren. Wenn sie es nicht glauben, so kann ich ihnen den Stationsvorstand holen!" Die nächste Station. Der gup hält fünf Minuten. Dor dem dritten Läuten tritt in das be wußte Abteil Podtiagin und ihm nach folgt der rot- bemützte Stationsvorstand. „Dieser Herr da," beginnt Podtiagin, „behauptet, ich lsiitte nicht das Recht, von ihm die Fahrkarte zu verlangen . . . Bitte, Herr Station-Vorstand, dem Herrn zu erklären, ob ich im Dienst das Recht Hube, die Fahrkarten zu kontrollieren oder nicht. — „Herr," wendet sich Podtiagin an den hageren Paflu^cr, „Eie können den Herrn Stationsvorstand fragen, wenn Sie mir keinen Glauben schenken." Der Kranke zuckt zusammen, als wenn ihn eine Wespe gestochen hätte. Er öffnet die Augen und sinkt mit weinerlicher Stimme in die Polster zurück. „Mein Gott! Jetzt habe ich «in zweites Mor phiumpulver genommen, und kaum bin ich ein geschlafen, weckt man mich schon wieder. Ich flehe Sie an, haben Sie Erbarmen mit mir!" „Sie können mit dem Herrn Stationsvorstand sprechen. Fragen Eie ihn, ob ich das Recht habe, die Fahrkarte zu kontrollieren oder nicht." „Das ist schon nicht mehr zu ertragen ... Da haben Sie die Fahrkarte, und wenn Sie es durchaus wollen, so kaufe ich noch weitere fünf Karten, lassen Eie mich aber um alles in der Welt in Ruhe. Wie ich sehe, waren Sie selber noch nie krank. Ach, wa« für ein unbarmherziges Volk!" „Das ist ja die reinste Frozzelei," protestiert ein älterer Herr. „Ich begreife überhaupt nicht. . ." „Lassen Sie das," sagt der Stattonsvorstand ärgerlich und zieht Podtiagin beim Rocktzrmel hin- ans. Der Oberkondukteur zuckt die Achseln und verläßt mit dem Stationsvorstand den Wagen. „Und da soll man es ihnen reckt machen." denkt er. „Den Stationsvorstand hab' ich ihm geholt, da mit er sich von der Wahrheit meiner Worte über zeugen kann, und er . . . ärgert sich." Die nächste Station. Der Zug hält zehn Minuten. Während Podtiagin beim Büfett steht und eia Dla» Mineralwasser trinkt, kommen zwei Herren an ihn heran. „Hören Sie, Herr Oberkondukteur," wendet stch der eine an Podtiagin, „Ihr Benehmen dem kranken Reisenden gegenüber hat alle Passagiere empört. Ich bin der Ingenieur Baschkiriew und mein Begleiter hier ist der Medizinalrat Razumow. Wenn Sie den Herrn, den Sie beleidigt haben, nicht um Entschuldi gung bitten, zeigen wir Sie dem Betriebschef, der unser guter Bekannter ist, an." „Aber ich . .. ich . .." stottert Podtiagin. „Wir verlangen keine Aufklärungen. Wir teilen Ihnen nur mit, daß, wenn Eie es nicht vorziehen, den Herrn um Entschuldigung zu bitten, wir uns seiner annehmen werden." „Aber ja ... ich bitte sehr . . ." Nach einer halben Stunde, als sich Podtiagin die Entschuldigungsphrase, die dem Reisenden genügen und seiner Oberkondukteursehre keinen Abbruch tun soll, zurechtgelegt hat, betritt er das Abteil, in dem sich der Kranke befindet. „Herr!" wendet er sich an den Schlafenden, „so hören Sie mich doch!" Den Kranken überläuft ein Schauer und er hebt sich mühselig aus den Polstern. „Was??" „Ich . . . nämlich ... wie war denn das . . . Seien Sie nicht böse . . ." „Ach, Wasser! . . . stöhnt der Kranke und greift mit der Hand zum Herzen. „Jetzt habe ich ein dritte« Morphiumpulver genommen und schon wieder . . . O Gott! Wann werden denn diese Qualen ein Ende haben?" „Ich . . . nämlich . . . entschuldigen Sie . . ." „Hören Sie, mein Herr, lassen Sie mich auf der nächsten Station aussteigen . . . Oh, ich werde sterben! . . ." „Unerhört!" schreien die anderen Passagiere ent rüstet. „Schauen Sie, daß Sie sofort weiterkommen! Ihr Benehmen sollen Sie schon noch verantworten! Vorwärts! Hinaus!" ' Podtiagin macht mit der Hand eine abwehrende Bewegung, seufzt und verläßt das Abteil. Er geht in sein Dienstabteil, setzt sich zum Tisch und stöhnt: „Ach, diese Passagiere! Und da soll man es ihnen recht machen. Da pfeift man lieber auf alles und setzt sich zu seinem Schnaps . . . Arbeitet man, ist's schlecht . . . arbeitet man nichts, ärgern sie sich eben falls ... Ah was, man muß sich stärken!" Podtiagin trinkt auf einen Zug die Hälfte der Flasche aus und denkt weder an seine Pflicht, noch an Arbeit und Ehrlichkeit. Mutter Meer Von klorirark 3sequos Als die siebzehnjährige Izabella da Eunha in Rio de Janeiro zu ihrer ersten Reise nach Europa das Schiff bestieg, überfiel sie, kaum daß sie an Bord war, ein bohrendes Gefühl von Angst und Krank sein. Der Ozean war ruhig, aber sic genas wäh- rend der ganzen Fahrt nicht mehr von diesem elenden Zustand. In Doulogne verließ sie den Dampfer, sterbensmüde, erschöpft, bleich, schön und das Herz von weher Sehnsucht nach ihrer besonnten Heimat zerrissen. Ihr Vater brachte sie nach Paris Dort erholte sie sich in der Klinik eines Nervenarztes und ließ in sich während der langsamen, milden Ge nesung alle Wünsche und Wonnen an die ferne weiße Sonnenstadt in den Bergen am Meer an wachsen. Aber bevor sic aus dem Sanatorium ent lassen wurde, beobachtete und untersuchte man sie noch einige Tage lang. Als ihr Vater sie abholen kam, sagte ihm der Arzt: „Ihre Tochter darf keine Seereise mehr machen. Eine neue Reise nach Bra silien setzt ihr Leben aufs Spiel." D. warf das Mädchen trotzig und verächtlich hin: „Ich fahr' morgen!" Der Arzt verbeugte sich mit einer bedauernden Bewegung, während die Sehnsucht nach dem Meer, das die Brücke zu ihrer schönen Heimat war, in Izabella aufstürzte und brausend durch alle Adern und Nerven brannte, daß sie die Hand über die junge Brust und das Herz pressen mußte, weil es wie ein Vogel ans ihr herausfliegen zu wollen schien. Sie fuhren zum Hotel. Izabella ließ nicht mit sich reden. „Ich fahr' morgen!" setzte sie in allen Tonarten den Einwänden ihres Vaters entgegen. Nachmittags reisten sie nach Doulogne. Aber als Izabella das Meer wieder sah und langsam im Wagen die Straße zu den Felsen hinaufsticg, der Özcan sich immer weiter dehnte, kalt und grün wie Bronze und mit ungeheuerlichem Nie-enden-wollen drunten lag, da kroch Izabella in sich zurück. Ihr Trotz erlahmte. Sie schaute scheu hinunter auf das ungcmessenc, von kleinen Wogen aufgepflügte Feld. Eine grüne rätselhafte Einsam keit lag auf ihm, etwas Verschlingendes und Ueber- gewaltiges. Izabella fühlte auf einmal, daß ihr Herz brach. Eie warf sich in die Polster des Wagens zurück und weinte lautlos und heiß. Sie war ganz schüchtern geworden. Aber als sie ins Hotel zurückkamen, fand sie ihren Trotz wieder: „Ich will hier wohnen bleiben!" sagte sie. Ihr Vater erklärte sich einverstanden. „Nein!" rief sie aufbrausend, „nicht in diesem Hotel. Ich will immer hier wohnen. Ich will hier ein Haus für mich haben. Ich kann nicht mehr nach meiner Heimat zurück. Ich bin aus dem Paradies ver trieben und verflucht." Sie stellte sich bleich und bebend vor ihren Vater. Es sprühte ihr leidenschaftlich und feindselig aus den Augen, und der Manm beugte sich ihrem Willen. Es war ihm eine teure Gewohnheit, all ihre köst lichen und krausen Launen zu erfüllen. Er kaufte eine Villa weit draußen am Meer. Sie hatte das Haus selber ausgewählt. Es lag auf den Felsen, und sein Garten ging bis an die Kanten der Tiefe. Dort wohnte sie mit dem Vater und ihrer alten Er zieherin Anna. Sie dachte stunden- und stundenlang nur an die Heimatstadt. Einmal, als sie mit ihrem Vater in den Dünen ging, die der Himmel überspannte, dunkel und selig blau, wie er die Palmen ihrer Heimat umfloß, erinnerte sie sich eines Orangenver käufers, der immer am Eingang in den botanischen Garten zu Rio stand. Sie liebte plötzlich diesen Mann mit irr ausbrechcnder Leidenschaft. Er kam ihr vor wie ein Märchen mit goldenen Kugeln. Und um sie war nichts als die dürre Farblosigkeit der Sandhügel. Da warf sie sich nieder, biß mit ihrem Mund in die harten Grasbüschel und grub ihre Hände bebend in den Sand. Sie schrie mit heißen, unkenntlichen Lauten in den Erdboden hinein: „Ich will ihn haben!" Ihr Vater stand hilflos bei ihr. Tränen kamen in seine Augen. Da erhob sich Jza- bclla auf einmgl und bat ruhig und traurig: „Ver zeih' mir, Papa!" Sie strich den Sand aus ihrem schwarzen Samtkleid. Ihr kleiner, -runder Mund war voll zarter, blutiger Schrammen, die das Gras geritzt hatte, und weiche Fältchen lagen mit bitterer Anmut um seine Winkel. Sie ging dann still mit nach Haus und schaute den Abend über immer aufs Bicer hinab. Sic flüsterte sich zu: „Mein verlorenes Paradies!" Sie sah ihre Stadt funkelnd an die hinstreichcnden Ufer und bis hoch in die Berge hinangeschmiegt. Droben standen die Wälder äuge- halten, in ihrer Urwaldüppigkeit voll dunkeln süßen Geheimnisses. Die Sonne strömte schwer und leiden schaftlich von ihnen über die Stadt, aus der in allen Gassen kleine Erinnerungen in ihrer Phantasie keimten. Alles wurde wie eine traumschwere, melan cholische große Blume. Sie wurde immer scheuer und dunller und stieß die Menschen von sich, und als ihr Vater einmal mit einer zärtlichen Bewegung nach ihrem Kinn griff, wies sie seine Hand ab. Er sagte: „Du liebst deinen Pater nicht mehr!" Sie warf ihren Stuhl zurück und rief erhitzt und wild: „Ich liebe das Meer!" und lief davon. Sie ging in den Garten und legte sich auf die Mauer und schaute in die Tiefe hinab. Drunten atmete die grüne Weite auf den lichten Strand aus. Ihr Atem war ein weißer leuchtender Schaum, der aufblühte und verlöschte und aufblühte. Izabella sagte sich kindlich: „Ich muß mich mit dem Meer gut halten!" und sie nannte das grüne dunkle Ungeheuer: Mutter Meer. Sie sah ein Schiff langsam, nah' der Küste, mit seinem Rauch am Schornstein wie mit einer dunkeln Fahne dahinziehn und fragte Anna: „Meinst du, daß das Schiff dort nach Rio fährt?" Anna war müd' in ihrem Alter und in den heißen Scmncn- tagen und sagte halb im Schlaf: „Ach, gewiß nicht!" Aber Izabella schrie ihr ins Gesicht: „Doch fährt es. Ich fühl', wie es meine Wünsche aus mir heraus zieht und mit sich nimmt." Der Vater war verzweifelt. Er beschloß, sie ins Innere des Landes in ein deutsches Sanatorium zu führen und dort mit ihr zu wohnen, bis sie gesund sei. Aber um das verwirklichen zu können, mußte er zuerst seine Geschäfte in Brasilien in Ordnung bringen. Das ging nicht anders, als daß er wieder hinüberfuhr. Er sagte es ihr einmal abends, als sie beim Nachtessen saßen. Izabella stand sogleich auf. Ihr Gesicht zuckte, ihre Augen funkelten vor dunklem Haß. Ohne ein Wort zu sagen, verließ sie das Zim- mer. Sie wollte spornstreichs in den Garten und sich die Felsen hinabwerfen. Aber in der irren Auf regung verwechselte sie die Tür und stand auf ein mal auf der dunklen Straße. Sie stürmte davon, sie wußte nicht wohin und sagte sich ununterbrochen: „Rohe, grausame Menschen!" Ein Arzt kam. Sie hörte, wie er im Neben- zimmer ihrem Vater sagte: „Geben Sie acht auf sie! Es ist etwas Unerklärliches an ihr. Ein dunkler Zwang, den ich nicht erforschen kann." Der Vater flüsterte erregt: „Sie sehnt sich so nach Haus." Aber der Arzt entgegnete nur kühl: „Es ist natürlich aus geschlossen, daß Sie ihr mit ihren flatternden Ner ven eine Seereise zumuten dürfen. Ich rate Ihnen, vom Meer fortzuziehen." Als der Arzt am nächsten Morgen kam, sand er sie aufgeweckt und lebendig. Sie wurde von Tag zu Tag frischer, gab sich vertraulich und lebensfroh, und der Arzt sagte eines Morgens: „Es kam uns eine unerwartete Hilfe. Ich weiß nicht woher. Aber ich glaube, ich bin jetzt überflüssig." Die plötzlich gute Wendung bestimmte Herrn da Eunha, den Plan auszuführen, der ihm die beste Lösung zu bringen schien. Er zog Anna in» Der- trauen. Heimlich wollte er nach Brasilien fahren, und Izabella sollte vorgemacht werden, er befände sich auf einer längeren Geschäftsreise durch Europa. Izabella schien den kleinen Betrug vollkommen zu glauben. Izabella irrte unstät umher und befahl, das Nacht essen im Garten aufzutragen. Die alte Anna saß schon am Tisch, als Izabella herangestürzt kam und atemlos rief: „Heut' geht ein Dampfer nach Rio!" Die Alte entgegnete gutmütig: „Ja, Kind, der Donnerstag- Dampfer. Wir werden ihn bald sehen. Wenn s finster wird, kommt er drunten um die Ecke!" Iza bella setzte sich an den Tisch. Nach einer Weile rie^ sie plötzlich erregt: „Aber ich?" Anna schaute flr fragend an. „Ich! ich" . . . schrie Izabella, „ich will fort!" — „Kind, du weißt doch, daß der Arzt gesagt hat . . Da brachte der Diener eine Lampe. Izabella bc- ruhigte sich sofort. Sie aß nichts und saß da, als lauschte sie aufs Meer hinaus. In diesem Augen blick legte sich Anna vor, um aus der Laube zu schauen und rief: „Da kommt der Dampfer!" Sie sahen das erleuchtete Schiff heranfahren und schau ten ihm schweigend zu. Wie eine kleine, festlich er hellte Stadt zog es langsam an der Küste auf. Aber plötzlich flog Izabella hoch, sie warf ihr« Arme wild in die Luft und schrie: „Ich weiß es, der Vater ist an Bord!* Die alte Frau zuckte erschrocken zusammen. Sir glaubte, Izabella habe den wahren Sachverhalt er fahren, und wagte nicht, nein zu sagen. Da stürzte das Mädchen mit einem jähen Ruf davon. Sie floh auf die nächtliche einsame Straße, stürzte ohne einzuhalten weiter, fand in der Finsternis den Steg, der die Felsen hinab auf den Strand führte. Sie ließ sich hinabrutscheu, zerriß sich Hände und Kleider und spürte es nicht. Ihre Gedanken stan den still. Nur ihr Herz wußte: Der Vater fuhr auf dem Hellen Schiff nach Rio de Janeiro! Und Rio de Janeiro brannte auf in ihr, wie ein flammender Wald, wie flammende Erdteile. Sie riß schon unterwegs ihren Leib aus den Kleidern, drang ins Wasser; sic sah den Dampfer nah, wie eine festliche Burg mit hundert Lichter dahinziehn. Ihr Vater war auf ihm. Das Schiff fuhr nach Rio. Sie schwamm. Die Wellen klatschten leise nach ihrem Mund. Sie biß die Lippen dünn aufeinander, schloß die Augen und schwamm lange und süß. Und wie sie dachte: „Jetzt muß ich nahe bei ihm sein", öffnete sie die Augen und war entsetzt in fürchterliche Finsternis gefallen. Sie sah nichts. Nur ein ein- zigcs wüstes Schwarzes. Die Wellen klatschten mit hundert grausamen Fingerchen nach ihrem Mund. Sie wehrte sich. Wie Maschinenkolben flogen ihre Arme und Beine. Die Wellen schlugsn heftiger nach ihr. Bald entwich ihre Kraft. Es war ihr, als ob das Meer sie peitschte. Mit einem kleinen enttäusch- ten Schrei versank sie. Abendspaziergang Von Os»ip Xslsnlsr Franziskus, ein edler junger Mensch, ging am Abend in den Straßen der Stadt spazieren, langsam und nicht ohne eine gewisse Heiterkeit, die Friedrich Nietzsche golden zu nennen allen Grund gehabt hätte. Franziskus besah die Dinge, die sich am Abend in den Straßen der Stadt begaben: den Sonnenuntergang, die Kirchen, Tramways, Auto mobile, Menschen, die jungen Damen und die alten Herren, die Hunde, Litfaßsäulen und Gelächter, die Droschkengäule und die Dämmerung. Dor einem Beete mit roten Tulpen machte er halt. Er besah die Blumen. Ein Mädchen, an der Hand der Bonne nach Hause eilend, war ihm angenehm. Ein dicker Polizist trat gewichtig in seinen Blick. Der Mond ging auf, ein goldener Kürbis, der schwer und plump über die Dächer rollt. Franziskus besah das alles freundlich, teil nehmend, gütig. Er hielt das alles für Wirklichkeit und merkte gar nicht, daß es nur ein Feuilleton war, durch das er ging. Zwar ... als er vor eine große dunkle Spiegel- scheibe an einem Hutgeschäft trat, machte es ihn ein wenig unsicher, daß er sein Spiegelbild nicht zu er blicken vermochte, so sehr er sich auch wandte. Aber er bemerkte nicht im mindesten, daß er stur erfunden war. Franziskus ging in den abendlichen Straßen der Stadt spazieren. Er war ein edler junger Mensch und befaß keinen nennenswerten Beruf. Wochcnspielplan der Leip iger Theater Die Ziffern bedeuten Anlang u. Schlutz der Auffahr. 22.-A». 4. Lonntau Morrtän Lien»»«« Mittwoch romsmetit«« S««i»aa Sonnabend Lonnta« Neuer lhealn »I. Lohengrtn. r-«. Bors«. sLehrer-VL-Land. z Bet aufgehoben. Anrecht La Traviata. :^-t0 Don ibtovannt. 0. v. «. A.-V. ,. ». Leipz.Wirtlch.-Derb. 7->0>,. «. A.-v. S. F. Tiefland. 0. 7-S1, «4. A.-v. 4. F. Der Freikchüd- 7-I0-lt Bei ausgeh. Anrecht Cavalleria ruststana Der Bafazp». 0. 7-ld-l. Di« Zauderstüte. ». v. u. A.-v. f. d. Arbester-Vild.- Bnst 7-lo S». A.-V. 8. F. Don Giovanni. 7->0'i. ki. Martha. 3—5»/, Brst.f Ortevrb.Dgbelsdrg, ä. 87. A.-V. >. F. La Traviata. 7—S'/, Vlies Iheatkk -i.Geschwtiter. Zerdr.lirug. Bors«.s.Frau»n»beruf»sch » Auher Anrecht: Kauf mann »an Venedig. O. 7>i, Auher Anrecht Faust l.Lell. o. «i»-l, AerschwSr. d.Fiesco. « ». u. A.-V. f d. Arbeiter-Bild.-Snst. 71,-w'l, Florian Geyer, ü. V. u. A.-V. f. d. Ardetter-Dild-Inst. 7'1,—N HansSonnenNSHer« HSllenfadrt. » ». «. A.-V f. d. Knad.-Fortdldfch.7i. Florian Geper » v. u. A.-V. f. d. GemBund d.Angest. 74,-» Tonnen o.ttemnade. d. v. u. A -v. f.d. Schiller - Verein 4t>. 71,—U» dan« Sonnenft. Hüllens. Vorst.s.MSdch -Frtbldsch.3 Zi. Auszer Anrecht Franziska. 7",—Igr, operestm- Htlkk N. Fra.quttta » «. Vorst, fid. pr.Mfenb.-v^v. >4. »»« Fledermaus. D Strumpfband der 7',-«« Li« vatoder«. 71,-10-1, - Araequita. 7'1,-l»-, Di« Bajadere 7»/,-w'k Frasquita. Mad. Pompadour. varst für den Operette v. Schanzer Leip» Wirtsch -Verb. u.Welilch. Mufikvon 71,-lv'e LeoFall. L 71, >0 , DI« beiden Pachtiqallen. vorst.f.Gew.-D.k» -D. , H. Madame Pompadour. 7> ,->0>, StzlM- spltMUS di. Wilhelm lell. » Vorst, f. di« Schristlettung der Adca-Zeitung. /i. Schneider «tbdel. 7>h Schneider Widbel. 71, Schneider Wtbbel. 7-u Schneider^Widbel. b. Wilhelm Dell. , Vo.st. für d. Bezirk- Lehrer-V L »Land. ^.Schndr wibb«l.7 kl. WUHelm Lell. » Vorst, für d Bezirk— Sehrer-V. L.-Land. -4. Wilhelm Dell 74, Summa «ummarum Trag p.H. Leiser. k. itr tstan allem schuld Lomvd. v. Tolstoi, k. kl. Wa» ihr wollt. V.-V. S1, Schneider Wibbel. 7s, KM« V. Atm—Hois-Feier. H-s, z. Floh im Panzrrhau» L» »rau Marr«« Gewerbe. 0. L Dem, Marr««« Gewerbe. ll. 71, Drau «arren, Gewerbe. 0. 7'«, Lifst »ch stokott«. 71» Am reetifch. V.-A. 7»>, MW dieKpkoN,. Floh Im Panzerhaus. 7> . ravend.- IHM« Opfer der Lieb«. Opfer der Lieb« Opfer der Lieb«. Opfer der Lieb«. Der Schr«i in der «acht. V. V. Opfer der Lieb«. v.v. Opfer »er Liebe. Opfer der Liede V. -vormtttaglt. ».--Nachmittags. z. ^Abends KL-- Neu riustudien. v-i 0. -- «affspirl v. - Urautstihr«,« « ivrrrm-dorftrllun«. lll-. - Halbe lf - GrstauffUbrung. Si«.- öffentliche »«rsteümig A.-v - » ltteise. Sd. - itrmlibigte Preise, üb? - chinheitS-Preise. lnrechts Vorstellung.
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