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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 19.04.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-04-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192304196
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230419
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230419
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-04
- Tag 1923-04-19
-
Monat
1923-04
-
Jahr
1923
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^L^erderickt Vie schwer Humor ist Heine hat einmal gesagt, daß di« leichtesten Deese am schwersten zu schreiben seien, und daß die lustigsten Sachen aus dem traurigsten Herzen kommen. Nun ist »tveifellos das Weinen dem Lachen eng verschwistert, und ebenso gelingen die lustigen Improvisationen, denen man kein« Müh« und Arbeit anmerkt, häufig am schwersten. Darum sind auch die Tragiker in der Kunst so viel zahl reicher als die Komiker, und es erfordert sehr viel weniger Mühe, eine gute ernste als eine gute lustige Geschichte zu bekommen. Der Redakteur eines englischen Witzblattes, der allwöchentlich eine große Anzahl humoristischer Beiträge zur Beurteilung erhält, erzählt aus seinen Erfah rungen, wie schwer Humor ist „500 humoristische Aufsätze sind der Durch, schnitt von dem, was ich wöchentlich zu lesen be- komme," schreibt er, „und höchstens 2 bis 3 von diesen Artikeln können wirklich verwendet werden. Die Hälfte der LOO Einsendungen muß zurück gegeben werden, weil die Einfälle, auf denen sie beruhen, uralt sind Ein gewisser Prozentsatz der eingesandten Artikel enthält 'gute Einfälle, aber sie sind falsch behandelt und um ihre Wirkung gebracht Es ist nicht der originelle Witz allein, der den Humor macht, sondern es muß auch in der Darstellung eine warmherzig«, schlagkräftig« Form gefunden werden. Der echte Humorist kann auch den ge wöhnlichsten Vorgang in einem so neuen und unerwartet«» Licht »eigen, daß er dem Leser überraschend und originell erscheint. Anderer seits muß man bei erner wirklich humorvollen Idee so viel Kunst besitzen, um die Ide« bis zu ihrem natürlichen Höhepunkt auszugestalten Die meisten sog. Humoristen Hetzen den Einfall, den sie gehabt haben, zu Tode, wenden ihn be- ständig hin und her und bringen ihn um alle Wnkung. Kürze ist beim Witz die Würze. In der knappen Formulierung liegt ein wichtige- Element des Humors. Biele Manuskripte benutzen den Dialekt, weil sie glauben, daß etwa-, was in der Mundart er- ,zählt wird, schon an und für sich lustig wirken muß. Aber Dialektgeschichten sind eine besonder schwierige Sache, an die sich nur wenige wagen dürfen. Denn um in der Mundart alle- richtig herauszubringen, bedarf e» der feinsten Kenntnis, die nur der geboren« Dtalektdichter besitzt Eine langweilige Lialektgeschtchte aber ist noch lang weiliger al- eine in der gewöhnlichen Umgangs sprache. Die meisten, die Humor entfalten wollen, sind zu weitschweifig und zu grob Der GroteSk-Humor, die derbe, handgreifliche Art des Witzes, mag wohl für die Komik eines ZtrkuSelownS passen, aber im Druck nehmen sich solch« plumpe Späße sehr nüchtern und unerquicklich aus. ES ist eben ein besonderes und seltenes Gnaden geschenk d«r Natur, wenn jemanden gegeben ist, den köstlichen Segen des Lachens seinen Mit menschen zu spenden und ihnen die Sonne der Heiterkeit in- Herz gießen." L Erhöhung der Erwerbsloseuuuterstützungen. Die die Nachrichtenstelle der Staatskanzlei mitteilt, hat der Reichscat einer Vorlage der Reichsregierung zugestimmt, durch die die Erwerbslosenunter stützungen m den hauptsächlichsten Beträgen bis zu 60 Prozent erhöht werden. Diese Erhöhung tritt mit Wirkung vom 16. April in Kraft. Die genauen Sätze werden bald brkanntgegeben, so daß schon Ende der Woche nach den neuen Sätzen ausgezahlt werden kann. w"*- und Telrgrammverkehr mit Main». Die Franzosen haben icden unmittelbaren Post, und Tclegrammverkehr mit Mainz unterbunden und di« Einrichtung von Notbetrieben bei Nachbarvostanstal- ten von Mainz im besetzten Gebiet verboten. Ge wöhnliche und eingeschriebene Briefsendungen, sowie Telegramme für Mainz — andere Sendungen find nicht zugelafsen — werden daher auf das Postamt I in Darmstadt geleitet und dort zur Abholung durch die Empfänger bereitgehalten. Nicht abgeholte Tele gramme werden unbestellbar gemeldet. Die in zehn Tagen nicht abgeholten Briefsendungen werden an die Absender zurückgesandt; Gebühren werden nicht erstattet, von dieser Einrichtung können nur solch« Einwohner von Mainz Gebrauch mach«», die m« Sendungen in Darmstadt selbst abholen können. Ein« aemeinscyaftliche Abholung durch eine Person ver bietet sich, weil die Franzosen den Verkehr nach Mainz scharf überwachen und Fahrzeuge usw. dar- aufhin durchsuchen, ob Briefe usw. für fremde Firmen usw. mitgebracht werben. Vchulhausbrand. Auf dem Rittergute Volt«»- Hagen bei Ehemnitz vernichtete ein Schadenfeuer das Schulhau» nebst Stallgebäuden, ferner zwei Arbeiterwohnhäuser mit je vier Wohnungen und drei Stollgebäude. Der Schaden wird auf 200 Mil lionen Mark geschätzt. Un all des Leipziger Reichriass» abgeorvneten Friedrich Geyer Der sozialdemokratische Reickstagsabgeordnete für Leipzig-Land, Friedrich Geyer, erlitt Dienstag abend gegen 8 Uhr, als er au, dem Reichs tag kam, einen schweren Unfall. Als Geyer am Brandenburger Tor den Fahrdamm der Linden überschritt, wurde er von einer Kraftdroschke ange fahren und zu Boden geworfen. Geyer trug eine erhebliche Kopfverletzung davon. Mit der Kraft droschke wurde er nach der Rettungsstelle gebracht, wo er verbunden wurde. In der chirurgischen Ab- teilung der Lharitö fand der Abgeordnete Auf- nähme. Die Verletzungen sind nicht lebensgrfähr- lick, doch ist zu befürchten, daß sich, da der Abge- ordnete im Alter von 66 Jahren steht, Kompli kationen einstellen. Mittwoch vormittag wurde der Verunglückte von seinen Angehörigen in der Lharitö besucht, die ihn bei Bewußtsein fanden. Den Führer des Autos soll nach verschiedenen Aussagen keine Schuld treffen. Autouufall. Infolge Versagens der Steuerung rannte ein mit sechs Schupobeamten besetztes Auto am Valtenplatz in Berlin gegen einen Laternen, pfähl, so daß die Insassen hinausgeschleudert wur- den. Vier von ihnen erlitten schwere Verletzungen. Die Beamten waren wegen einer Schlägerei nach einem Lokal in der Petersburger Straße gerufen worden. Im Auge Selbstmord verübt. Auf dem Bahnhof Papestraße in Berlin wurde im Abteil eines Per- sonenzuge» ein etwa 46 Jahre alter unbekannter Mann sterbend aufgefunden. Der Unbekannte, der von Frankfurt a. O. nach Berlin gekommen ist, Hot im Eisenbahnzuge Selbstmord durch Erschießen ver übt. 3» der Wut erwürgt. Der Landwirt Trapper in Wildenberg der Weißmain in Bayern geriet bei einem Streit mit seiner Frau in eine solche Wut, daß er sie kurzerhand erwürgte. Die Leich« brachte er ins Bett und legte ihr einen Strick um den Hal», um den Anschein zu erwecken, als habe sich die Frau selbst «rhängt. Die Sektion der Leiche jedoch ergab den wahren Sachverhalt; Trapper wurde verhaftet. Ein Fremdeugtsetz für Budapest. Der Haupt- städtische Magistrat hat der Generalversammlung ein Statut vorgelegt, demzufolge der Niederlassung von Fremden in Budapest an gewisse Bedingungen ge knüpft wird. Die Vorschläge des Magistrats ge langten unverändert zur Annahme. Niederleguug der Warschauer russischen Käthe- drale. Der großartige P unkbau der russischen Kathedrale in Warschau ist dem polnischen National- gefühl ein peinlicher Anblick, denn diese« Bauwerk erinnert an die verstossene russische Herrschaft. Wie die Blätter berichten, hat die polnische Regierung nunmehr beschlossen, dieses Gebäude niederzulegen, als .Sinnbild de» Verschwinden» der russischen Ge- walt*. Die ersten Schritte zur Zerstörung der Kathedrale sollen mit besonderer Feierlichkeit am dritten Mai, dem polnischen Nationalfeiertag, unter nommen werden. Vulkanausbruch in Ekuador. Ein Telegramm aus Guayaquil berichtet über einen heftigen Ausbruch de» Vulkans Tangaragua. Große Flam, menmassen schlagen au» dem Krater hervor. Weiß- glühend« Steine fallen in die Stadt Riobamba und ihre Umgebung. Die Stadt ist von einer Schicht Asche und Sand bedeckt. Rückgang der Falschmünzerei -aischmünzer irr S<avt »ad Land - M« man ihnen zuleide ging - Ss lohnt nicht mehr D«r Berliner Kriminalkommissar von Liebermann, der Spezialist auf dem Ge biet der Bekämpfung der Falschmünzerei, ver öffentlicht im N. W. Z. nachfolgende tnter- essant« Ausführungen: Außerhalb, aber auch innerhalb der deutschen Gr«nzpfähl« begegnet man jetzt vielfach der Meinung, baß üao Deutschland von heut« das Paradies der Falschmünzer sein müsse. Und doch geht die Zahl der Banknotenfälschunge» seit Monaten ständig zurück. Kritisch war eigent- lich nur die Zeit vom Herbst ISIS bi« Mitte 1920. Selbst damals war aber in Deutschland der Umlauf falscher Banknoten geringer, al» man im Publikum glaubte. Auf 500 000 Mark echte» Geld kamen un gefähr 50 Mark Falschgeld. Die Fälschungen dräng- ten sich aber auf einzelne, leichter nachzuahmende Notenarten und ihr Vertrieb sich in den großen Städten zusammen. Al» die Reichsbankfalschgeldabteilung im Juli ISIS ihre Arbeit aufnahm, da waren Banknoten- fälschungen großen Umfange» für die Welt noch etwa» Neue». Die Falschmünzer ebenso wie ihre Antipoden, di« Kriminalbeamten der Falschgeld- abteilung, waren noch unerfahren und hatten sich ihre Schlick)« und Kniffe gegenseitig erst abzugucken. Nun ist der Falschmünzer freilich von vornherein im Nachteil. Er ist, ander» als der Dieb, der Räuber, der Betrüger oder der Einbrecher, meist darauf an- gewiesen, dritte Personen mit ins Geheimnis zu ziehen. Die Herstellung der Banknoten, so mühsam und langwierig sie auch sein mag, ist für den Fälscher immer noch der kleinere und gefahrlosere Teil seiner Arbeit. Dem Endziel aller Falschmünzer, rasch reich zu werden, steht er, auch im Besitz einer Truhe von Falschgeld, noch meilenfern. Jede einzelne Note muß erst in echtes Geld umgcwcchselt werden. In einem Laden etwa« kaufen, ist ein einfaches Geschäft. Da bei aber, trotz schlechtem Gewissen, mit unbewegtem Gesicht «inen Falschschein in Zahlung zu geben, für den man Verhaftung und Zuchthaus einwechseln kann, ist eine harte Nervenprobe. Die Falschmünzer zogen es deshalb vor, ihre Fabrikate in kleineren oder größeren Posten an gleichgesinnte, aber ver- wegenere Seelen zur Hälfte de« Nennwertes zu ver kaufen. Auch dabei hieß e» sich natürlich vorsehen, um nicht gar an einen Kriminalbeamten oder sonst an einen Unrechten zu kommen, dem das von der Reichsbank für die Aufdeckung von Münzverbrechen versprochene echte Geld lieber war al» da» falsche. Die Falschmünzer prüften daher die Falschgeld reflektanten gewöhnlich erst auf Herz und Niere. Verkappten Kriminalbeamten, die sich unter irgend- einer Maske, al» Pferdehändler, als Lebensmittel schieber oder al» Schankwirte, an st« heranmachten, um von ihnen Falschgeld verkauft »u erhalten, wußten sie im Gespräch ganz beiläufig so wohl- berechnete Fragen au» dem angeblichen Beruf vor zulegen, daß diese manchmal von einer Klemme in die andere kamen. Die Polizei fand aber unter den Personen, die selbst einmal mit Falschgeld betrogen worden waren, vertrauenswürdige Leute aus jedem Stand und Beruf, die, ungeachtet mancher Gefahr, bereit waren, ihr bei ihrer Arbeit zu helfen und sich so bei den Falschmünzern zu revanchieren. Wie man vor Jahren in den bayerischen Bergen dem Wilddiebstahl dadurch den Todesstoß versetzte, daß man Wilddiebe zu Jagdaufsehern machte, so er- zielte man jetzt hier durch die Mitwirkung einiger früherer, emeritierter Falschmünzer die besten Er folge. Da die Falschgeldverkäufer schließlich di« Vor- sicht nicht zum Aeußersten treiben konnten, wenn sie überhaupt noch Geschäfte machen wollten, fielen in einem Jahre allein in Berlin 240 von ihnen der Polizei in die Hände. Anfangs druckten die Falschmünzer mit Vorlieb« in Privatwohnungen. Sre bemühten sich sorgsam, das Geräusch ihrer Druckpressen abzudämpfen; aber die dünnen Wohnungswände der Großstadthäuser leiteten den dumpfen, von einem metallischen Klingen begleiteten Schlag der Puchdruckpresse oder da» rollende Scharren der SteindruckmascHine doch. Ein paar Zeitung-Veröffentlichungen genügten, um da« Publikum auf diese verdächtigen Geräusche aufmerk sam zu machen, und e» antwortete mit einem Regen von Anzeigen. Die Maske eines Gewerbebetriebes deckte später dl« vom Alana ehrlicher Arbeit nicht leicht zu unter- scheidenden Geräusche ihres lichtscheuen Gewerbe». Lichtscheu aber blieb es, und sie mußten in den zu ebener Erde gelegenen Räumen die Fenster vorsichtig verhängen oder durch Farbenstrich decken, um sich nicht von neugierigen Passanten oder Hausbewohnern in ihre Geschäftsgeheimnisse sehen zu lassen. Ein neuer Farbanstrich an einem Werkstattfenster führte meist aber bald zu dem Besuch von ein paar freund- lichen Herren, die sich als Kriminalbeamte vorstellten, und jeden Werkstattwinkel musterten. Wieder mußten die Falschmünzer umlerncn, und was von ihnen übriggeblieben war, ging buchstäblich aufs Land. Im kleinen Fischerdorf, im entlegenen Landgast haus, im Bauenrhof des fränkischen Gebirge», im ein samen Jägerhaus, ja, in einer verlassenen Ziegelei, nisteten sich gewerbsmäßige Falschmünzerbanden ein. Kein Ortsbewohner kam auf den Verdacht, daß die großstädtischen »Ingenieure*, die eine neucrfundene Fruchtpresse konstruieren und ausproben wollten, etwas Schlimmeres al« Schieber sein könnten. Erst ul» an diesen Orten noch ein zweiter großstädtischer Besuch erschien, der die Kisten und Kasten der Mieter aufpackte und die Herren Ingenieure an der Hand» krtte mit fortnahm, da wußte auf einmal das ganz« Dorf, weshalb ihm die Leute schon immer so ver dächtig vorgekommen waren. Diese Fälle machten natürlich in allen Provinzblättern die Runde und damit war auch für den Rest der Falschmünzer di« Zeir der Sommerfrische vorüber und die Landflucht hob an. Seitdem wird der Kampf zwischen Banknoten- fälschern und Polizei wieder in den großen Städten ausgefochten. Er ist schwieriger geworden al« vor her, denn die wenigen noch bestehenden Falschmünzer banden haben an Kriegserfahrung gewonnen und können beim Absatz ihrer Erzeugnisse vorsichtiger und bedächtiger zu Werke gehen, da die meisten Kon kurrenzunternehmen zwangsweise schließen mußten. Erfreulicherweise ist aber auch die Polizei inzwischen nicht dümmer geworden. Wenn man 3)4 Jahre tag aus tagein nichts als Falschgeldsachen bearbeitet und über neunzig Fälscherwerkstätten aufgehoben hat, dann gibt es für einen auf diesem Gebiet nicht mehr viel Neuigkeiten. Ende 1922 hatten die Falschmünzer in Deutschland das Spiel völlig verloren. Waren IS)9/20 28, 1920/21 39 Falschgeld-Herstellungsunter- nehmen von der Reichsbankfalschgeldabteilung auf- gehoben worden, und zwar größtenteils vor Vollendung ihrer Falsifikate, so waren es 1922 nur noch 16. Es war die Nachlese. Don einem im Ver hältnis zum Papiergeldumlauf irgendwie nennens werten Falschgeldumsatz war nicht mehr die Rede. Wie sich m Zukunft auf dem Gebiete der Falsch, münzerei in Deutschland di« Verhältnisse gestalten werden, hängt wesentlich von der Gestaltung der - — wirtschaftlichen Zustände ab. Heute hat die außerordentliche Preissteigerung auch dem Falschmünzer die Materialien, Maschinen, Farben, Platten, Papier so verteuert, daß sich neue Felschmünzerbanden nur schwer bilden können. Sechzehnjährige Glückaspieler. Zn einer Gast, wirtschaft in der Nähe des Isatorplatzes in Mün chen wurden jugendliche Glücksspieler polizeilich ausgehoben, die um hohe Einsätze »zwickten*. Die Spieler, 16 bis 17 Jahre alte Lehrlinge, wurden der Polizeidirektion vorgeführt. Ehetragödie. Zn Geithain kam der Berg arbeiter Max Egert in angeheitertem Zustande nach House und wollte Geld holen. Darüber kam er mit seiner Frau in schweren Streit. Als die Frau von ihrem Manne am Halse gewürgt wurde, wehrte sie sich mit dem Küchenmesser und versetzte ihrem Mann« einen Stich in die Halsschlagader. Der Ge- troffene brach zusammen und verstarb trotz baldiger ärztlicher Hilfeleistung. EinesISgers letzterSchutz Don emn «Btt „Na, und Sie, Herr Oberst, schweigen Sie sich grundsätzlich über Ihre Iagdabenteu«r au», oder haben Sie nie gejagt?* fragte im Altherrenstübchen de« Kasinos einer kleinen mitteldeutschen Residenz der herzogliche Forstmeister sein Gegenüber. „Wie? Eie wissen nicht, daß der Herr Oberst noch nie eine Flinte in die Hand genommen hat?* warf ein Gutsbesitzer ein. „Sie irren, Herr Baron I* sagte trocken der alte Oberst z. D., eine frische Zigarre anzündend. „Wie, Sie hätten doch? Da« erste Wort, da» ich davon höre!* gab jener zurück. „Sogar recht eifrig!* fügte der Oberst ruhig hinzu. „Nun, so geben Eie doch auch einmal etwa» zum besten!* nahm der Forstmeister wieder auf, „er darf ja auch etwa» gelogen sein, nur nicht zu dick!* setzte er schalkhaft hinzu; er war selbst der stärkste Lateiner in der Runde. „Ich wüßte nur wenig, ja eigentlich nicht« so Lustiges wie» die Herren lieben!* entgegnete der „Pah, e« darf auch traurig sein, nur schießen Eie auch mal mit etwas los. Auf eine Trane soll e» mir nicht ankommenl* drängte der ander« weiter. Man lächelte um den Tisch, nur der Oberst blieb ernst. „Traurig?* meinte er, „nun, traurig und den Herren vielleicht auch einigermaßen interessant dürfte wenigsten» «in Vorfall sein, bei dem ich meinen letzten Schuß tat.* „Den letzten Schuß? Erzählen, erzählen!' tönt« es im Kreise. Der Oberst sah ein« Weile nachdenklich vor sich hin, gelassen mit der Hand ein« Rauchwolke von seinem verwitterten Antlitz scheuchend, wie einen Schleier von seinem Gedächtnis. Die anderen warteten geduldig. Endlich be- gönn er: „Es war nach sechsundfechzig. Ich stand damals al» Hauptmann in Preußisch-Hessrn, kleine, lang- weilige Garnison, deren Hauptvergnügen bi« Au»- püge nach Frankfurt oder Kassel und die Ausübung de» sogenannten edlen Weidwerke» waren, dem ich eifrig oblag und fast die ganze dienstfreie Zeit wid- mete. Der Wildstanü war nicht besonder». Man schoß eben, was einigermaßen schützbar war, der Kunst und de» Vergnügen» halber. Ja, de» Der- gnügen».* Sein Gesicht wurde noch um einige Schatten düsterer. Nach sekundenlanger Pause nahm er wieder auf: „Ich mar nicht gerade ein „Schießer* im ganz gemeinen Sinn de» Wortes, aber ich mar doch einer. Damals wußte ich'« nicht, aber heute. Ich habe zu viel geschossen, viel zu viel. Dis der letzte Schuß kam.* Er atmete hörbar, schwerer, und die Worte kamen wie au» gedrücktem Herzen. „Ich war an einem schönen Spätsommertag durch die Buchenwälder de» Lahnlele» gestreift, die Flinte auf dem Rücken, meinen Teckel an der Leine. Vor den Lauf war mir noch nicht» gekommen, und e» war mir fast gleichgültig; kaum, baß ich noch manch mal dran dachte, daß ich eine Büchse trua. Da, wie ich über eine Lichtung schritt, klang ein Lockruf über mir. Zwei Holztauben flogen wie ,m Spiel durch die warme, dustsatte Luft. Mein Teckel hob sich bellend nach ihnen. Da» reizte mich. Ganz mechanisch, gedankenlo», nahm ich die Flinte von der Schulter, gedankenlo», und holte eine von de « beiden da droben herunter. Zwanzig Schritt vor mir i'ürzte sie, mit den Flügeln schlagend, aber bald verendend. Ich legte nochmal» an, auf die ander«, wieder ohne an etwa» Besondere» dabei zu denken. Da, ich hatte st« noch nicht auf dem Korn, da schoß sie von selbst, laut schreiend, wie ich noch nie ähnlich ein Geschöpf hab« schreien hören, herunter, sich auf die verendend« Gefährtin werfend, mit aus- gebreiteten Schwingen, und wehklagend, wie «in menschliche» Wesen um einen toten Lieben, dem e» helfen mochte und doch nicht mehr kann. E» war der Tauberich, der sein sterbende» Weib chen liebkoste. Mir aber war », al» ob ich ein namenlose» ver brechen begangen hätte. Und dieser Jammer, den ich verschuldet, ich konnte ibn nicht ansehen. Ich wandt« mich — wi« zur Flucht. Aber die klagende Stimme de« Männchen« ver folgt« mich, und ich kam mir schändlich feig vor. Ich kehrt« mich dem Pärchen wieder zu, und immer noch klagte da» arme Tier in haltlosem Schmerz« um seine Geliebte. Qualvoll schnitt es mir in« Herz; ja, Tränen de« Mitleid», der Scham, der Wut stiegen mir in die Augen. Den Jammer nicht schauen, nicht helfen und nicht fliehen können! Was tun? — — Die Flinte reitz' ich an die Backe und — es war ein Stück Selbstmord! — schoß auch ihn tot. Aber es war mein letzter Schuß auf der Jagd. Mein« Batterie habe ich durch den großen Krieg geführt — vom Eröffnungsjagen bei Wörth -um Kesseltreiben von Sedan und bi» zum Halali am Mont Valerien — auf ein Tier aber hab' ich nie mehr angelegt. Ich mag auch di« Jagd nicht mehr!* Der Oberst schwieg. Tief« Ruhe lag über dem Raum. Der Forstmeister räusperte sich, um «in befreien- des Wort zu sogen. Aber er fand den Mut noch nicht dazu. ««ruft» Nachfolger au der Berliner Universität. Der Ordinariu» der physikalischen Lhemie an der Technischen Hochschule in Hannover, Dr. Max Bodenstein, hat den Ruf nach Berlin al» Nach folger Walter Nernst» angenommen. Prof. Boden- stein, geboren 1871 in Magdeburg, machte seine Studien in Berlin unter Leitung von Liebermann und Nernst, wurde 1900 Assistent Ostwald» am Leipziger Physikalisch-Lhemischen Institut, 190S a. o. Professor und Abteilungsvorsteher an dem gleichen Institut in Berlin. Zu Ostern 1908 wurde ihm die an der Technischen Hochschule in Hannover neugegründete ord. Professur für Elektrochemie übertragen. Mit Ostwald gab V. di« „Gesammel ten Abhandlungen* von Rob. Wilhelm Bunsen heraus. Rückgang de» Buchhandel». Ueber die Laa« und Entwicklung de» deutschen Buchhandel» macht d«r soeben erschienene Zahre»b«ricktd«» Börsen- verein» der deutschen Buchhändler folgende be merkenswerten Mitteilungen: Der Bücherabsatz war im Jahre 1922 noch einigermaßen befriedigend. Aller, ding« bedeutet« da« Weihnachtsgeschäft einen Miß erfolg. Auch der Deschäftsaang nach Weihnachten war unzureichend. Di« Lage de» medizinischen und tech nischen Verlage« ist noch etwa» günstiger al» diejenige des juristischen, weil für Erzeugnisse einer Wissen schaft, die unmittelbar im Dienste produktiver Arbeit steht, noch bessere Absatzmöglichkeiten vorhanden sind, und insonderheit das Ausland der Entwicklung unserer Naturwissenschaften größeres Interesse ent- gegenbrinat. Das schönwissenschaftliche, populär- wissenschaftliche und kulturelle Buch bat seit dem Herbst vorigen Jahres einen besonders starken Absatz, rückganq erfahren. Dieser Teil des Verlage» findet im Auslandabsatz keine oder nur unzureichende Ent schädigung. Im Inlandgeschäft aber erwie» es sich al» unmöglich, durch Erhöhung des Absatzes ver- billigend zu wirken, da im Gegenteil die verminderte Kaufkraft der Abnehmer zur Verringerung der Auf- lagcnziffer und damit wieder zur Preissteigerung zwingt. Die Lag« des Zeitschriftenverlages wird durch den Zusammenbruch von 1400 Zeitschriften gekennzeichnet, tue in den letzten zwei Jahren der Not der Zeit zum Opfer gefallen sind. Im M u s i k a l i c n. handel war die Lage im Durchschnitt etwas günstiger. Auch hier machen sich aber seit Januar 1923 «rnste Absatzstockungen bemerkbar. Die gleiche Be obachtung wurde auch im Kunsthandel gemacht. Caruso» Nachlaß. Ueber den Umfang der Hinter lassenschaft Laruso» und über di« von ihm getroste- nen testamentarischen Bestimmungen waren nach seinem Tode allerhand Mitteilungen verbreitet, die den Stempel freier Erfindung teilweise deutlich an sich trugen. Nunmehr verlautet in der italienischen Press« Näheres hierüber. Da» vermögen, da» Laruso besaß, befand sich bei seinem Tode teil» in Amerika, teil« in Italien. Soweit es sich in Amerika befand, wird e» aus etwa SO Millionen Lire geschätzt. Dazu gehört unter anderem eine kost- bare Sammlung von Bronzen der Renatssanzezeit, Emaille- und Porzellankunstwerken sowie eine Brief- Markensammlung, die von englischen Sachverstän digen auf 40 000 Pfund Sterling geschätzt wird. Allein die Tantiemen, di« Laruso» Erben von den Phonographensabriken, denen er sein« Stimme zur Verfügung stellte, zusließen, betragen jährlich eine halbe Million Dollar. Di« Pawlowa t» Alpten. Die russische Tänze- rin Pawlowa hat kürzlich ihr« Tournee durch den fernen Osten beendet und sich nach Aegypten be geben. In Japan hat sie Nationaltanze der Japaner studiert, di« sie in ihr Repertoire ein-twerleiben gedenkt.
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