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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.04.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-04-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192304115
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230411
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230411
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-04
- Tag 1923-04-11
-
Monat
1923-04
-
Jahr
1923
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AUttvock, 6en 11. Lprls I-elprlger ^«geblLtt u»6 S»»ckeIsLettuog »k. 8S Seite S ^stzesderickt vor einer Aussperrung in der Leipziger Metall-Industrie? Der Verband der Metallindustriellen im Bezirk Leipzig schreibt uns: Erst vor wenigen Tagen trat ein großer Teil der Leipziger Metallarbeiter wegen Lohnforderungen in «streik, obwohl der Verband der Metallindustriellen erklärt hatte, er würde denselben Lohn bezahlen wie die übrige sächsische Metallindustrie. Nachdem für Sachsen zentrale Lohnvereinbarungen getroffen waren, bei denen der Metallarbeiterverband Leipzig nicht vertreten war, nahmen die Leipziger Metallarbeiter die Arbeit wieder auf und dokumen tierten dadurch ihr Einverständnis mit den zentralen Vereinbarungen. Um so unverständlicher ist es, daß der Leipziger Metallarbeiterverband gleichwohl auf seiner Forde rung einer weiteren Lohnerhöhung besteht, und daß der Schlichtungsausschuß sich über die zentral ver einbarten Löhne hinwegsetzte und für Leipzig einen höheren Lohn festlegte, al» ihn die Arbeiter für da» übrige Sachsen guthießen und bezahlt erhalten. Da durch diese Haltung des Leipziger Metall- arbeiterverbandes und des Echlichtungsausschufses das zentral für Sachsen von Arbeitgebern und Ar beitnehmern getroffene Abkommen durchbrochen wer den würde, steht sich der Verband der Metallindu- strieüen zur Aussperrung gezwungen, sofern nicht der Leipziger Metallarbeiterverband in letzter Stunde noch die zentralen Vereinbarungen anerkennt. Die Albrecht-Feier der Stenographen. Die Akademie für Kurzschrttt hielt am Sonntag vor mittag im Festsaale der Deutschen Bücherei eine Karl- Albrecht-Feier ab. Da» Schlegel-Quartett rahmte die Feierlichkeit durch treffliche Darbietungen ein. Dr. Georg Greif begrüßte die Festversammlung und begründete kur-, warum die Leipziger Akademie Veranlassung genommen, einen Festaktus zur Er innerung an Karl Albrecht abzuhalten. Dr. Fritz Schrei ter schilderte in seiner Festrede — indem er das Leipzig vor hundert Jahren zu Albrechts Zeiten vor den Augen der Hörer wiedererstehen ließ — Karl Albrechts Entwicklungsgang und begrün dete, daß Albrecht der erste war, der als Neu sprachler das Gabelsbergersche Lehrgebäude in licht voller, leichtfaßlicher Weise in Lehrbüchern den Stenographen darbot. * Der Landbriefträger zu Rade. Nachdem die versuche mit der amtlichen Benutzung eigener Fahr räder im Landbestell- und Botenpostdienst ein gün stiges Ergebnis gehabt und zu erheblichen Erspar nissen an Personalkosten geführt haben, soll diese Fl.hrradbenutzung künftig in tunlichst weitem Um fange erfolgen. Wo die Gelände- und Wegever hältnisse es gestatten, werden die Fußgängerreviere in weitestem Umfange in Radfahrreviere umgewan- dclt. Das Personal wird für die Hergabe der Fahr räder aus der Postkasse entschädigt. Geschickter Drillantenschwindel. Einem Drillanten schwindel ist ein Mannheimer Juwelier zum Ople». gefallen. Zwei Engländer traten von Wiesbaden aus mit einem Mannheimer Juwelenhändler wegen des Verkaufes von Brillanten in Unterhandlung. Die Engländer kamen nach Mannheim und trafen mit dem Händler in einem Kaffee zusammen. Sie be saßen in der Tat außerordentlich schöne Brillanten, deren Wert sie auf 120 Mill. Mark angaben. Wenn aber bare Bezahlung erfolgt, wollten sie die Steine für 70 Mill. Mark ablassen. Der Händler hatte nur 25 Mill. Mark bei sich, indessen erklärten sich ver schiedene Gäste und der Wirt bereit, weitere 25 Mil. lionen Mark zur Verfügung zu stellen, so daß 50 Mill. Mark zusammenkamen. Da aber die Kauf- summe noch immer nicht beisammen war, erklärten sich die Engländer bereit, dem Händler die Juwelen zu überlassen, doch bedangen sie sich aus, wenn der Händler den Koffer mit den Brillanten mit nach Hause nähme, sie den Schlüssel dazu behalten wollten, bis der Restbetrag beigebracht sei. Als der Händler den Koffer daheim hatte, stiegen ihm doch Bedenken auf und er ließ den Koffer öffnen und fand al» Inhalt zwei Seifenstückchen. Einer der Engländer hatte es verstanden, den Koffer mit den Brillanten gegen einen ganz gleichen einzutauschen und sich so Brillanten und Geld zu erschwindeln. Bi» der be trogene Kaufmann den wahren Sachverhalt ent deckte, waren sie über alle Borge. Zerstörung einer Unterkunftshütte. Nach einer an den deutschen und österreichischen Alpenverein gelangten Mitteilung ist die Welserhütte in der Prielgruppe einer Lawine zum Opfer gefallen. Die Hütte, die in einer Höhe von 1800 Metern stand, war in 600 freiwilligen Arbeitstagen errichtet worden. Trotz siebenfacher Verankerung ist die Hütte etwa 1000 Meter talabwärts getragen worden und ist voll- ständig zerstört. Line wiener Eisenbahn gestohlen Knapp bei Wien, am Donauufer, liegt der Kahlen berg, dessen Hänge mit jenen Weinreben bedeckt sind, die den Wiener .Heurigen"' liefern. Quer durch diese Weinhänge steigt die Kahlenberg-Dahn hoch, die für die Wiener dasselbe bedeutet, wie die nach Fiesole für Florenz, die Bergbahn nach Capri für Neapel und die Iungfrqu-Bahn für die Schweiz. Jedem Wiener ist die kleine Bahn vertraut, auf der eine Berglokomotive zwei Wagen vor sich her stößt, und auch die meisten Fremden, die Wien besuchen, benützten die Kahlenberg-Dahn und erinnern sich des weiten Rundblicks, der vom Stefansturm bis in das sanfte Donautal reichte. Damit ist es nun end- gültig vorbei. Wie uns aus Wien berichtet wird, ist fast die gesamte Strecke der Kahlenberg-Dahn im Laufe des Winters gestohlen worden. Die Schwellen sind wahrscheinlich längst verheizt und die Schienen liegen irgendwo bei Alteisenhändlern verstreut. Wien zehrt buchstäblich von den Erinnerungen seiner behaglichen, von Sorgen unbeschwerten Der- gangenheit. Ein Frauenmord aufgeklärt. Ein schon im Fe- bruar in Berlin verübter Frauenmord ist nunmehr aufgeklärt worden. An der Mühlendammschleuse war ein Paket mit einem menschlichen Rumpf aus dem Wasser gelandet. Durch eine in dem Paket ent haltene Decke war es gelungen, festzustellen, daß es sich um eine Aufwärterin handelt. Der nunmehr ver haftete Mörder, ein 33 Jahre alter Deutschrusse namens Just hat gestanden, daß er die Aufwarterin auf Anstiften seiner Geliebten ermordet und beraubt habe. Die Geliebte des Mörder« leugnet noch einst weilen jede Schuld. Schwere Bootsunfalle. Auf der Dahme in der Nähe von Grünau kenterte ein Ruderboot mit fünf Insassen. Drei davon fanden den Tod. Ein weiterer Bootsunfall forderte ebenfalls ein Opfer. Eine neuartige „Epidemie"'? In einer Hamburger Glühlampenfabrik wurde plötzlich eine größere Zahl von Arbeiterinnen von hysterischen Krämpfen und Aufrcgungszuständen befallen, die sich in Schreien, Weinen und Lachen äußerten. Die Rettungsgesell schaft mußte acht Arbeiterinnen in ihre Wohnungen schaffen. Einige Arbeiter glauben die Ursache dieser Aufregungezustände darin zu erblicken, daß die Arbeit infolge Abbruchs der Lohnverhandlungen plötzlich eingestellt werden sollte. Solche Vorfälle sind jetzt epidemisch. Kürzlich traten in Hamburg ähnliche psychische Störungen bei weiblichen Angestellten auf. Auch im Postamt und auf der Sparkasse sind diese Fälle vorgekommen. Da» giftige Krötenschenkelgericht. In Striegau ist ein Friseur, der sich ein Froschschenkelgericht zu bereiten wollte und statt der Frösche Kröten nahm, tödlich erkrankt. Von der Geliebten erschossen. In Großgerau (Hessen) erschoß ein junges Mädchen ihren Liebhaber und tötete sich dann selbst durch einen Rcvolverschuß. Das Mädchen war durch ein Fenster in das Zimmer de» jungen Mannes gestiegen und hat ihn nach kurzem Wortwechsel einfach niedergeschossen. Erdbeben. Nach einer Meldung von den Azoren sind dort in den letzten Tagen 22 Erdstöße verspürt worden, die in Ponta del Gada und im westlichen Teil der St. Michaels-Inseln am stärksten wären. Oie europäische Schlafkrankheit Kongreß für innere Medizin Wien, 10. April. Der 35. Kongreß für innere Medizin nahm, wie uns ein eigener Drahtbericht meldet, am Sonntag unter außerordentlicher Beteiligung der re tchSde u tschen Aerzte seinen Anfang. 1400 deutsche Aerzte und 500 Damen waren gekommen. Am Sonntag vormittag wurde die wunderhübsch ausgestattete Ausstellung des Kongresse- in den Räumen der Wiener Hofburg eröffnet. Bon den 65 Ausstellern stammen 32 aus dem deutschen Reiche. Beim Begrüßungsabend sah man, daß auch eine große Anzahl ungarische, jugoslawische, deutsch-böhmische, italienische, skandinavische sowie japanische Aerzte sich eingesunken hatte. Montag früh eröffnete in Anwesenheit de- Bundespräsi denten Dr. Michael Hatnisch, des BundeSkanzler- Dr. Seipel, Prof. Wenckebach mit einer Rede über die Beziehungen von Kunst und Medizin die Kongreßberatung. Die wissenschaftlichen Beratungen begannen dann mit zwei Referaten über die europäische Schlafkrankheit. Zuerst sprach der erste Beschreiber dieser Krankheit. Prof. Dr. Economo aus Wien vornehmlich über die akuten Erschei- nungen und die Entstehung der Krankheit, während der zweite Redner, Prof. Nonne- Hamburg die chronischen Erscheinungen und die Nachkrankheit unter Vorführung lehrreicher Licht bilder schilderte. ES wurde der Auffassung bei- getreten, daß aller Wahrscheinlichkeit nach der Erreger dieser Krankheit mit dem oft sehr harm losen Erreger des gewöhnlichen Fieberausschlags auf den Li-Pen (auf berlinisch Griebe) über einstimme und daß au- Gründen, die wir noch nicht kennen, die Giftigkeit de- sicherlich bakte riellen Ansteckungsstoffe» zunimmt. Dieser be- findet sich sowohl im Hirn al- auch im Mund- spetcbel und nimmt offensichtlich feinen Eingang mit der Atmung. Die Uebertragung von Person zu Person ist nur gering und beschränkt sich auf etwa 4,5 v. H aller Fälle. Ein Drittel der Fälle fällt der Krankheit zum Opfer, eia Drittel werden geheilt und ein Drittel gerät in ein chronisches Siechtum mit eigenartigen MuSkelftörungen und ganz merkwürdiger Willenlosigkeit. Die akuten Fälle werden durch Einspritzungen großer Jod mengen in die Blutbahnen offensichtlich günstig beeinflußt. Für die chronischen Fälle fehlt aber noch ein Mittel. Auch für den Psychiater bietet die Schlaf krankheit Probleme. Auffallend sind nämlich typische Veränderungen im Laufe der Krankheit, die emerseit» in einer gewissen Apathie und In dolenz der Umwelt gegenüber mit einer Erschwe rung der Affekterweckung und einem Mangel an Willensimvulsen, andererseits in einem ganz un sinnigen Uebermatz von Willensimpulsen bestehen, ohne daß es jemals zu einer Abschwächung der Intelligenz käme. Für den Psychiater ist neu, daß solche typischen Störungen bet anatomischen Störungen der Mittelgehirnteile auftreten, Mr die früher keine faßbare Schädigung der Gehirn substanz nachzuweisen und anzunehmen war. So eröffnen sich hier ganz neue Ausblicke Mr die Psychiatrie und Neuroloaie. * Die Schlafkrankheit. In Nordböhmen tritt die Schlafkrankheit epidemisch auf. In Königinhof und in Hronow sind bereits sechs Personen gestorben. Um ein paar Möbel erschlagen Ein bestialisches Weib Durch die Auffindung eines menschlichen Rumpfes am Mühlendamm in Berlin ist ein furchtbares Ver brechen in allen grauenvollen Einzelheiten aufgeklärt worden. Die Ermordete ist die Aufwartefrau Bertha Näckling in Berlin, ihr Mörder der aus dem Kreise Lodz stammende Theodor Just. Die Haupt schuld an dem Verbrechen trägt aber die Geliebte des Just, die 36 Jahre alte Mathilde Staberow, die Anstifterin der Tat. Nur um die Wirtschaft der Näckling, von der sie sich schon einige Sachen geborgt hatte, ganz in ihren Besitz zu bringen, trieb sie den Just zu dem Verbrechen. Und als dieser zunächst nichts davon wissen wollte, drang sie immer mehr in ihn ein, gab ihm auch ein Küchenbeil zur Tötung der Frau, und machte ihn eines Tages in ihrer Wohnung sogar betrunken, um die Tat zu vollbringen. Sie bestellte ferner unter einem Vorwand die Näckling, die ihre Freundin war, dorthin. Mit dem von der Geliebten bereltgestellten Beil erschlug Just hier die ahnungslose Frau. Die ganze Entmenschtheit der Staberock zeigt sich auch in ihrem Verhalten nach dem Morde. Während der Knabe der Staberock im Zimmer schlief, wurde die Leiche von Just und der Staberock in der Küche entkleidet. Das Frauenzimmer drückte dem Manne dann noch eine Säge in die Hand und hieß ihn, Kopf, Arme und Beine vom Rumvfe abzutrennen. Sie selbst stellte einen großen Kessel mit Sodawasser auf und bemerkte dabei: „Du siehst, es riecht genau so, als wenn Wäsche gekocht wird." Mit dem Sodawasser hat sie dann nach der Tat den Fußboden, die Mord instrumente usw. gereinigt. Die einzelnen Leichrnteile wurden in fünf Pakete gepackt, kleinere in dec Koch- maschine verbrannt. Die Staberock hat die einzelnen Pakete weggebracht und ins Wasser geworfen. In der nächsten Nacht begab sich das Paar in die Mahnung der Ermordeten und schaffte aus dieser alle Kleidungs- und Wäschestücke und sogar die Einrich tung in ihre eigene Behausung. Um sie unkenntlich zu machen, wurden diese mit weißem Lack über- gestrichen. — Just und die Staberock sind jetzt ver haftet worden, und beide haben — die Frau erst nach langem Leugnen — ein Geständnis abgelegt. Hundert-Milliouen-Einbruch in Dresden. In der Nacht Zum Montag wurde in einer Villa in der Goethestraße in Dresden ein Einbruch verübt, bei dem den Dieben Gold- und Silbersachen sowie Drillantschmuck im Werte von 100 Millionen Mark in die Hände fielen. Von den Dieben fehlt bis jetzt jede Spur. Der Münchener Okkultisten-Prozeß ging aus wie das Hornburger Schießen. Erichsen gab eine Er klärung ab, daß er bereit sei, zwei Millionen Mark zu zahlen für den Fall, daß in seiner Gegenwart be stimmte Versuche zu befriedigenden Resultaten führen. Rambacher, der Prozeßgegner, erbot sich darauf, die gleiche Summe zu setzen, wenn Erichsen aus Hamburg das Bild beibringe. Das Gericht er kannte schließlich, daß die Beleidigung, begangen durch die Presse, infolge Ileberschreitung der sechs- monatigen Verfolgungsfrist verjährt und daß deshalb die Strafverfolgung einzustellen sei. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Privatkläger Leo Erichsen auserlegt. Die Abfindung des ehemaligen Großherzogs von Hessen. In der Klage des ehemaligen Grobherzogs Ernst Ludwig gegen den hessischen Staat auf Zah lung von 30 Millionen Mark hat da» Landgericht Darmstadt eine einstweilige Verfügung erlassen, wo nach der Staat sofort 30 Millionen an den Groß herzog zu zahlen hat. Der Einspruch der hessischen Negierung ist demnach vom Landgericht nicht an erkannt worden. Vom Blitz getötet. Bei einem starken Gewitter im oberen Mühlviertel (Oesterr.) befand sich der ehemalige Reichsratsabgeordnete Hötzeneder mit seinem 18jährigen Sohn sowie mit dem Bürger meister von Berg aus dem Felde. Ein nieder- gehender Blitz schleuderte Hötzeneder bewußtlos zu Boden, sprang dann auf den Sohn Hötzeneders Uaffeehausidqll Von Luxsn ttsllai (Der erste Herr trinkt scheinbar gleichgültig seinen Schmarren, betrachtet mit einem Auge gierig den zweiten Herrn. Der zweite liest zwei Tische weiter scheinbar die Zeitung, reiht aber insgeheim ganze Blätter aus den englischen und sran,ösischen illustrierten Wochrnschrtslen. tLr ist gerade im Begriff, selbe in die Tasche zu stopfen, als ihn jemand anschreit.) Der erste Herr: Ahl (Springt hinzu.) Der zweite (erschrocken): Was gibt's? Der erste: Was es gibt? Das gibt es, daß ich Sie erwischt habe. Der zweite: Mich? Der erste: Wollen Sie vielleicht leugnen, daß Sie soeben aus den englischen und französischen Blättern die interessantesten Bilder und Artikel herausgerissen haben? Der zweite (stotternd): Sie... Sie haben es bemerkt? Der erste: Ich beobachte Sie seit einigen Tagen. Der zweite: Und wenn ich es auch getan habe... was geht das Sie an? Der erste: Was es mich angeht? Nicht schlecht! Der zweite: Mit welchem Recht fallen Sie über mich her? Ich bin Ihnen keine Rechenschaft schuldig. Der erste: Sie irrenl Ich habe ein Recht, über Sie herzufallen, und Sie sind mir Rechenschaft schuldig, weit... Der zweite: Weil... Der erste: Wei ich derjenige bin, der auf diese Zeitungen subabonniert ist. Für mein Geld, für mein teures, schwer erworbenes Geld habe ich aber das Recht, zu verlangen, daß ich unbeschädigte, ganze Exemplare erhalte. Statt dessen bekomme ich zerknitterte, zerschnittene Exemplare, und weshalb? Weil Sie sich gleich mir lebhaft für die Ereignisse des Auslandes interessieren, nur daß Sie Ihre Neu- giede billiger befriedigen. Der zweite (stotternd): Pardon, aber... Der erste: Kein Pardon. Dor allem haben Sie die Güte, mir die herauegcrissenen Blätter zu- rückzugeben... Der zweit, (gibt abgetrumpft, gebrochen alles zurück): Dittel Der erste (betrachtet verzweifelt die Plätter): I Entsetzlich! Was soll ich Ihnen sagen, entsetzlich! j Zeitrmgen... meine Zeitungen so herzurichten! Das heißt... zum Teusel meine Zeitungen! Hole sie der Kuckuck, ich übernehme diese nicht mehr. Ich werde vom Casetier sofort mein Geld zurückver langen... (Er klingelt.) Kellner! Der zweite (erschrocken): Aber bitte, so machen Sie doch keine Dummheiten! Was wollen Sie? Was wollen Sie? Wollen Sie einen Skan dal heraufbeschwören?... Der erste: Was kümmert es mich, was daraus entsteht. Dies ist eine Schweinerei! (Klin- gelt.) Kellner! Casetier! Der zweite (noch mehr erschrocken): Um Himmels willen, schweigen Sie! Was wollen Sie? Was wollen Sie? Ich übernehme Ihr Subabonne ment und gebe Ihnen Ihr Geld zurück. Wieviel haben Sie bezahlt? Der erste: Zehntausend Mark. Der zweite (übergibt ihm die zehntausend Mark): Hier haben Sie Ihr Geld, nun aber halten Sie das Maul... Der erste: Ich bitte mir aus... Der zweite: Bitten Sie sich nur nichts aus. Vorhin haben Sie für Ihr Geld Lärm geschlagen, für mein Geld aber schlage ich L"rm. Adieu! Der erste: Ich entferne mich ohne Gruß. (Mit Geringschätzung.) Dieb! (Ab.) Der zweite (betroffen): Dieb? (Zum Kell ner.) Sagen Sie, wie heißt dieser Herr? Kellner: Ich kenne ihn nicht, er war heute zum ersten Male hier. Moskauer Möglichkeiten. Die Erschießung des katholischen Prälaten in Moskau bringt einen Satz in Erinnerung, den Paul Levis sprach, als er al» Angeklagter vor das Moskauer Parteitribunal ge laden wurde. „Werden Sie hingehen?" frug man Levi. „Ich danke," erwiderte er, ich kann auch leben, ohne erschossen zu werden." .Alraune" al» Bühnenstück. Han» Hein- Ewer»' bekannter Roman „Alraune" ist von seinem Verfasser in Zusammenarbeit mit einem Bühnenfachmann „dramatisiert" worden. In der Idee gleicht die Dramatisierung völlig dem Roman „Alraune". Da« merkwürdige Bühnenstück wird in» Lustsptelhau» in Berlin zur Urauf führung kommen, und zwar voraussichtlich mit der Orska in der Hauptrolle. Schlüsselzahl. Wie uns zu unserer Notiz über die Erhöhung der Schlüsselzahl des Börsenvereins deutscher Buchhändler auf 25"0 Prozent vom Verbau dDeutschcrBuchbindereibesitz er mitgeteilt wird, haben die Buchbindcrtari.e seit dem 1. Mär- keine Erhöhung erfahren. Ans der Musikwelt. Die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien veranstaltet vom 27. bis 30. April ein Musikfest, bei dem Kompositionen von M. Reger (in 4 Konzerten) aufgcführt werden. Vismarck, der Hasser Zum erstenmal wird eine bisher unbekannte, von einem nicht gleichgültigen Menschen stammende Charakteristik Bismarcks bekannt, die sich in dem soeben erschienenen 2. Band der nachgelassenen Tagebücher Theodor Herzl? findet. Herzl genoß das Vertrauen und die Sympathie Phi lipp von Eulenburgs, der zu jener Zett deutscher Botschafter in Wien war. Unter dem Siegel der Verschwiegenheit ließ er sich über den Alten vom Sacknenwald au-, der damals gerade mit Harden in Verbindung stand. „Der Haß hat Bismarck dazu getrieben" tnämlich sich mit Harden einzulassen). „Das war sein hervorstechend ster Charakierzug Seine größte Leidenschaft war der Haß. Darüber ließe sich viel sagen, und ich insbesondere, der ich im Bismaickschen Kreise meine ganze Jugend verlebte, könnte darüber die merkwürdigsten Mitteilungen machen. Aber ich werde mich hüten. Das deutscheVolk will sich an diese Jdealgestalt nicht rühren lassen. Und wer da eingrisfe, würde alle gegen sich haben Er hat ja auch viel für uns getan, aber wie viele Exi stenzen hat er auch zerstört Wenn er jemanden haßte, so schreckte er vor nichts zurück Da wurde insPrivatleben gegriffen und alles an dem Menschen ruiniert. Dazu trug auch die Fürstin sehr viel bei. Sie hatte eine unerschöpfliche Beredsam keit und wcnn sie aus jemanden ih en 5 aß ge- worfen hatte, so redete sie auf den Fürk en so lange ein, bi» auch er ganz voll davon war. Es trug zu seinen Entschlüssen auch bei, ob er an dem Tage zwei Gänseleberpasteten oder nur eine gegessen hatte, ob er eine ganze Flasche Kognak oder nur eine halbe getrunken hatte. Gegen mich waren sie ja beide gütig, und erst al- ich mich nach Bismarcks Entlassung zum Kaiser schlug, waren sie auch gegen mich ES war ja so, daß wer ihnen nicht in die moralische und auch körperliche Verbannung folgte, von ihnen als Feind angesehen wurde Ich aber hielt mich an den Kaiser. Und als Bismarck entlassen war, da bediente er sich wessen immer, wenn er nur seinem Hatz gegen den Kaiser frönen konnte. Es ist nicht einmal in die Oeffentlichkeit gedrungen, wer alles zu ihm kommen durfte!" Dabet sah mich Eulenburg, so erzählt Herzl, mit seinen kalten und doch schwärmerischen Augen tief an, als übergäbe er mir da einen Auftrag für die Geschichte, da ich doch ein Federmensch sei- . . . Humor Goethe: „Nur wer kein Gewissen oder keine Der- antwortung hat, kann humoristisch sein. Musäus konnte es sein, der seine Schule schlecht genug ver sah und sich um nichts und um niemanden küm merte. Freilich, humoristische Augenblicke hat wohl jeder; aber es kommt darauf an, ob der Humor eine beharrliche Stimmung ist, die durchs ganze Leben geht." „Wahrscheinlich deswegen", sagte ich, „weil dem Humoristischen mehr an seiner Stimmung als an dem Gegenstand gelegen ist, weil er jene unendlich höher als diesen anschlägt." Goethe: „Ganz recht kommentiert, und sogar ganz in meinem Sinne! Wieland z. D. hatte Humor, weil er ein Skeptiker war, und den Skeptikern ist es mit nichts ein großer Ernst. Wieland hielt sich nie mandem responsabel, nicht seiner Familie, nicht seinem Fürsten, und handelte auch so. Wem es aber bitter Ernst ist mit dem Leben, der kann kein Humorist sein. Wer untersteht sich denn, Humor zu haben, wenn er die Unzahl von Verantwortlich keiten gegen sich selbst und andere erwägt, die auf ihm lasten? wcnn er mit Ernst gewisse bestimmte Zwecke erreichen will? Doch damit will ich den Hu moristen keine Vorwürfe machen. Muß man denn gerade ein Gewissen haben? Wer fordert es denn?" Goethe, Unterhaltungen mit Fr. von Müller. «u, de« 2He«terbureau». (Neue« T d e a t e r.) Sonnlag. den 15. April, gelang! im Neuen Lvereiten- theater »Gin Wat,erträum' zur Ausführung Befeyun« ist dt« folgend«! Joachim: Nudol» Haas a. S.. Leutnant Nlkt: Kar» Slppert-Schrvt-. Snrn»t Steinaruber: Th«» rrsr vier.
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