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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.04.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-04-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192304105
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230410
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230410
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-04
- Tag 1923-04-10
-
Monat
1923-04
-
Jahr
1923
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Seite 4 Nr. 84 I^eipriger I'ügediLtt unä NanSelsreituag vieustsg, üea 1V. Lpri! Mü deuffchen Aerzten in Moskau Gel»imr«u Tr. von Llrümvcll. du Birellor der med»4«n>s»«, Lllntl i» Leipzig. war beranutltL mir oudrreu deuts»en Merzten an da» «rankeiUagrr Lentos Senilen worden. Er harte die KreundlithtrU. dem« unser LL. L.- NedakttonSmtlgltrd ZU empsangen und diesem von seinen Mo»lauer EiudrüSen zu rrztihlen. Das» er sirh als zu Rate grzogcuer Ar« ntiht gerade über die OersSnltidlrtt Lenin» auSlaffen wollte und konnte, versteh, sich am Rande, evenso wie das andere, das, er es scheute, aus Grund eine» achttiigiaen Lüs en, hall» politische »ttrachlunarn anzu stellen. Tenno» sind die LuSsllbruugen o<S Gelet,rten, die glct»zetUg von «einer starken und umsasfrnden Bcoba» mngSgabe zeugen, aufterordcntlt» tute restant, und korrigieren ganz äusser ordentlich das Bild, das man st» gemeinhin Sei un» von den Zuständen in Rutzland macht. Dor allem — so führte Geheimrat Strümpell aus — möchte ich die große Liebenswürdigkeit und Gastlichkeit hervorheben, mit der wir deutschen Aerzte während unserer Reise, aus der Hin- und Rückfahrt und während unseres Moskauer Aufent haltes, bedacht worden sind. Das Verhältnis zu den russischen Aerzten war das denkbar beste. Dre Me dizin, und insbesondere die Neurologie, sicht in Rußland aus einer hohen Stufe. Liner der bekann testen Neurologen in Moskau, Professor Miencr, lud uns in seine Klinik ein, wo wir von einer großen Zahl russischer Studenten und Studentinnen mit größter Herzlichkeit bewillkommnet wurden. Die jungen russischen Mediziner nannten sich alle unsere Schüler, da in Rußland säst durchweg deutsche medi- zinische Lehrbücher, die ins Russische überseht sind, von den Studierenden benutzt werden. Trotz dieser außerordentlichen Liebenswürdigkeit, der wir be gegnet sind, glaube ich nicht, baß schon die Zeit ge kommen ist, da wir aus Deutschland z. B. national ökonomische Lkudicnlommissioncn entsenden können. Die russischen Kreise schließen sich wohl noch immer in gewisser Weise vom Auslande ab. Die Gesell- schäft russischer Gelehrten gab uns zu Ehren einen besonderen Festabend in ihrem schönen Heim. Ge- Heimrat Bumke, (der zweite, zu Lenin berufene Leip- ziger Gelehrte, der noch in Moskau weilt), hielt zu- nächst einen kurzen Vortrag über ein Thema aus der Psychologie, der sehr beifällig ausgenommen wurde. Dann folgten musikalische Darbietungen ausgezeichneter Moskauer Künstler. In dm zahl- reichen Reden des sich anschließenden Abendessens kam durchweg die Sympathie für Deutsch, land und insbesondere für die deutsche Wissenschaft in liebenswürdiger Weise zum Ausdruck. Es ist zur Genüge bekannt, auf welch hoher Stufe die Kunst und das Kunstgcwerbe in Ruß- land stehen. Die Tretjakoff-Galcrie in Moskau macht mit ihrer Fülle bedeutender Gemälde russischer Meister und der letzten Kunstepoche einen großarti gen Eindruck. Namentlich in der Landschaft und im Porträt haben die Rusten ausgezeichnetes geleistet. Wir hatten überall Zutritt und waren auch im Kreml, wo Lenin jetzt wohnt. Im Kreml selbst ist von Zerstörungen gar nichts zu bemerken. Wir wur den in dem alten Kaiscrpalais herumgcführt und sahen, daß alles vollkommen erhalten ist. Die Kaiscrbildcr sind ja wohl entfernt, aber sonst ist alles in Ordnung. Ganz vorzüglich ist die Moskauer Oper. Wir sahen eine Vorstellung der Aida, die in gesanglicher Hinsicht und namentlich in der Pracht der Ausstattung von keinem deutschen Theater über troffen werden kann. Noch mehr als die Aida in- teresslerte mich die Aufführung einiger russischer Opern, unter denen besonders eine phantastische Märchenoper von Nimsky-Aorsakoss dank ihrer Ver wertung russischer und ukrainischer Volksweisen einen tiefen Eindruck auf mich gemacht hat. Die ukrainischen Volksmclodien sind in ihrer weichen Melodik und Einfachheit wunderschön. Dazu haben die Rusten offenbar ein großes Talent für die Schau spielkunst, was ja jetzt auch durch die Darbietungen des Moskauer Künstlertheatcrs in Deutschland wei- teren deutschen Kreisen bekannt geworden ist. Die Vortrefflichkeit des Moskauer Orchesters zeigte sich auch in einem Sinfonickonzcrt, wo wir eine Schu- bertsche Sinfonie und die Neunte von Beethoven zu hören bekamen. An neuerer Literatur wurde mir ein Roman von Krasnow „Vom Zarenadlcr zur roten Fahne" als sehr gut empfohlen, der in dem« scher Sprache erschienen ist und in Berlin verlegt wird. Aus dem Gesagten ersieht man schon, daß das Leben in Moskau durchaus wieder seinen allen Gang genommen hat. Nur die sogenannte elegante Welt ist freilich ganz verschwunden. Man begegner ihr weder auf der Straße noch im Theater, lieber- all sieht man nur einfach gekleidete Leute, meist mit ernstem Gesichtsausdruck. Das Straßenleben ist zum Teil sehr lebhaft, namentlich durch die große Menge der kleinen, mir einem Pferde bespannten Wagen, auf denen Holz, Getreide und andere Waren be fördert werden. Der Zustand der Straßen war zur Zeit der Schneeschmelze, zu der ich gerade in Mos- kau weilte, sehr schlecht. An den Häusern war aber von den Zerstörungen des Bürgerkrieges fast nir- gends mehr etwas zu spüren. Alle Geschäfte sind geöffnet. Man kann auch alles kaufen, sofern man nur das nötige Geld hat. Die Preise sind freilich hoch und erschrecken zunächst durch die Millionen zahlen. Ich kaufte mir z. B. einPaarGummi- schuhe für 94 Millionen Rubel. Auf der Straße wurden kleine Brötchen ausgerufen, die „nur" 1)4 Millionen Rubel das Stück kosteten. In den Häusern herrscht, wie zurzeit fast in allen euro päischen Städten, eine große Enge und Beschrän- kung der Wohnungen. Die meisten Familien sind auf wenige Zimmer angewiesen. Die Logis, auch der Wohlhabenden, machen im allgemeinen keinen eleganten Eindruck mehr. Auch die Wohnung Lentns besteht nur aus wenigen, durchaus schlicht-bürgerlich eingerichteten Zimmern. Wir hatten durchweg den Eindruck, daß allgemein an dem Wiederaufbau der durch die Revolution zerrütteten Verhältnisse ge arbeitet wird. Bemerkenswert ist die anscheinend große Für- sorge, die der Jugenderziehung gewidmet wird. Ucberall, in den Museen und in den großen noch vollkommen wohlerhaltenen reichen Sammlungen des Kremls sah man Trupps von 15 bis 20 Kindern, denen — von einem Lehrer oder einer Lehrerin ge- führt — alles genau gezeigt und erklärt wird. Die Kinder sehen sehr gut genährt aus. Ich habe auf meinen vielen Fahrten und Degen in Moskau nicht mehr darbende Menschen gesehen, als sie gemeinhin alle Großstädte der Welt aufweisen, die tonischen Hungergestalten habe ich nirgends gesehen. Da» Straßenleben ist heute so, wie es früher war, und von dem großen, zur Zeit der Revolution auikckreßen- den Straßenhandel, wie ich ihn noch in Riga beob- achten konnte, ist in Petersburg nichts mehr zu spüren. In mraa sah ich allerdings noch einen alten adligen <>errn, der Streichbötzer verkaufte. In Mos kau dagegen gibt es das nicht mehr. Ich bin persönlich der Meinuna. daß für uns Deutsche ein erneuter politischer und wirtschaftlicher Anschluß an Rußland ron größtem Vorteil wäre. Ich hatte Gelegenheit, unseren deutschen Botschafter, Grafen Brockdorff-Rantzau, zu sprechen, und ich glaube von ihm, daß er sehr im Sinne einer poli tischen Annäherung Deutschlands an Rußland arbeitet. Unser eigener Besuch war ja in gewisser Hinsicht auch von politischer Bedeutung, indem man gerade deut'che Aerzte berief. Man hätte ja ebenso gut auch französische oder andere nehmen können. Wie war denn die Unterhaltungssprache mit den Aerzten und der russischen Intelligenz überhaupt? — Immer deutsch. Nur ganz gelegentlich horte ich sranzösis^ sprechen. Trotzki und Lenin selbst sprechen sehr gut deutsch, ebenso auch die medizinisch m Gelehrten. Im allgemeinen kommt man tn der intel ligenten Gesellschaft mit der deutschen Sprach« mühe los aus. Sie sprachen, Herr Geheimrar, von dem Besuch der Opern und Museen. Welche Schichten der Be völkerung trifft man dort? Den intelligenten Mittelstand? Ob das gerade der Fall ist, läßt sich bei der Kürze meines Aufenthalte« schwer sagen. Inter essant war mir die Feststellung, daß die Theater für den Besuch nicht mehr vollkommen sreigegeben sind. Es werden — so wurde mir gesagt — nur noch 15 Prozent aller Plätze an Arme und Kinoe: abgegeben. Ob dabei auch eine besondere Berück sichtigung der parteipolitisch Organisierten erfolgt, kann ich nicht sagen. Jedenfalls bemerkt man vom politischen Leben nichts. Äkan sieht auch auf den Straßen kein Militär. Die Regelung des Per- kehrs liegt in den Händen der Schutzleute. Nur im Kreml sah ich etwas Kavallerie, die gerade exerzierte. Ich glaube, daß der Kommunismus abbant, aber nicht im Sinne des alten Staats- und Gesell schaftssystems, sondern daß er sich zu einem ge- mäßigten Staatskommunismus entwickelt. Im An fang der Revolution war z. B. die Aerztcschaft kom- munisiert. Das trifft heute nickt mehr zu. Au o von der Landwirtschaft hörte ich, daß kleinere Par zellen zu größeren zusammengelegt werden, damtt man so einen Großbetrieb erhalte, der allerdings auch dann noch Staatseigentum bleibt und lediguch verpachtet wird. Zum Schluß noch ein Wort über den Einfluß der Geistlichkeit, über den ich mich zu unterrichten suchte. Ick habe nicht gehört, daß man in politischen Kreisen seitens der Geistlichkeit eine grotze Reaktion befürchtet; das entzieht sich aber meiner Beurteilung. Ich glaube, daß jeder, der heute Moskau besucht, denselben Eindruck von dem Leben und Treiben ae- winnen wird, wie ich ihn nach Deutschland mit genommen habe. Der Geschäftsbereich Ler Slmtsgerichte Am 13. April tritt das zweite Gesetz zur weiteren Entlastung der Gerichte vom 27. März o. I. in Kraft, das wesentliche Veränderungen der Zuständigkeits grenzen der Gerichte bringt und damit für weitere Kreise des Wirtschaftslebens von Bedeutung ist. Durch das Gesetz wird der Geschäftsbereich der Amtsgerichte dahin erweitert, daß diese nunmehr für vermögens rechtliche Streitigkeiten mit einem Streitwert brs zu 300 000 M. zuständig sind. Die Einlegung der Be- rufung in Geldstreitlgkeiten ist im allgemeinen vom 15. April an nur zulässig, wenn der Wert des Streit gegenstandes 30000 M. überstreigt. Revision kann nur in solchen vermögensrechtlichen Streitigkeiten ein gelegt werden, deren Streitwerte 500 000 M. über steigt. Im Strafverfahren wird die Zuständigkeit der Schöffengerichte bei vermögensrechtlichen Vergehen (Diebstahl, Unterschlagung, Betrug, Sachbeschädigung) auf alle Fälle ausgedehnt, in denen der Wert oder der Schaden eine Miltton Mark übersteigt. Der Kuhmelker al» Oberförster. Ein. falscher Oberförster, der als angeblicher Ruhrflüchtling Schwindeleien verübte, wurde in Berlin un- schädlich gemacht. Der Schwindler nennt sich Erich Eberhard, erschien in Försteruniform, die mit vielen Orden und Ehrenzeichen geschmückt war, bei Berliner Fürsorge- und Wohltätigkeitestcllcn und erzählte, daß er im Ruhrgebiet angcstellt gewesen sei. Wegen eines Zusammenstoßes mit einem fran zösischen Offizier sei er vom Mainzer Kriegsgericht zu mehreren Jahren Zwangsarbeit verurteilt wor- den. Er sei aber auf dem Transport entsprungen und ins unbesetzte Gebiet entkommen. Dann er zählte er wieder, die Franzosen hätten von ihm die Bücher über die ihm unterstehenden Wälder verlangt und ihm dafür 40 Millionen geboten. Er habe dies ober abgelehnt und die Dokumente bcsei- tigt, worauf er ausgewiesen worden sei. Für diese Erzählungen bekam der Schwindler, der als Kuh melker entlarvt wurde, reickliche Geldspenden, auch von Privatpersonen. Vorgestern wurde er festge nommen. Ein Krötenschenkel-Gericht. In Ltriegau (Bayern) ist ein Friseur, der sich ein Froscksckenieltzericht zu- bereiten wollte und statt Frösche Kröten nahm, töd- l'ch erkrankt. Mit der Pistole in der Kiste Dec an einem Einbruchsdiebstahl in eine Puppensabrik in Woltershausen beteiligte Augeneinsetzer Lott kehrte heimlicherweise in feine Wohnung zurück. Die Polizei erhielt Kenntnis, und bei einer Haussuchung entdeckte ein Wachtmeister den Gesuchten in der zu "einem Hohlraum hergerichtcten Kommode. Als der Beamte den Deckel lüftete, sah er den Revolver des Erwischtei. auf sich gerichtet; er schoß aber nicht, sondern ließ sich verhaften. Durch die weitere Untersuchung wurden die Mithelfer an den» Millionenwerte-Diebstahl sowie auch die Hehler ausfindig gemacht, so daß nunmehr die Diebstahls- affäre völlig aufgeklärt werden kann. Recht bitter ist die Angelegenheit für einen jungen Mann, der bei der Ausführung des Diebstahls Schmiere gestanden hat; er hat in voriger Woche Hochzeit gefeiert und muß nun die Annehmlichkeit seiner jungen Ehe mit dem Auf- enthalte im Landgerichtsgcfängnis in Gotha tauschen. Lin Massenmörder in Ungarn Vor dem Szegeder Strafgerichtshof ist der Lehrer Ludwig Köoer wegen dreifachen Mordes und Mordversuches angcklagt. Er hat seine erste und zweite Frau und seinen ersten Schwiegervater ver giftet, um ihre Vermögen in die Hand zu be kommen. Dem ersten Schwiegervater hat er ver giftetes Gebäck vorgesetzt, worauf dieser starb. Der Fall ereignete sich im Jahre 1915. Im Jahre 1917 schloß Köver mit seiner ersten Frau einen gegen- fettigen Versicherungsvertrag, die Frau starb kurz darauf unter unaufgeklärten Umständen, so daß Köver ihr Vermögen und da» seines Schwieger vaters erbte. Als reicher Mann heiratete er zum zweitenmal im Jahre 1919 und erzwang ebenfalls von seiner zweiten Frau die Unterschrift für einen Heiratsvertrag, worauf er auch diese Frau ver giftete. Alle Mordtaten verübte er mit Arsen. Den Schwiegervater seiner zweiten Frau versuchte er ebenfalls mit vergiftetem Gebäck zu ermorden. Der Prozeß wird viele Tage dauern. Straßentrogödie. Aus einer der verkehrsreichsten Straßen Königsbergs kam es zu einer blutigen Llebestragödie. Ohne daß die Passanten durch Worte oder lautes Zanken aufmerksam gemacht wur den, hörten sie plötzlich zwei Schüsse fallen. Ein Mechaniker hatte ferne Geliebte aus Eifersucht durch einen Drustschnß getötet und sodann die Waffe gegen sich selbst gerichtet und sich einen Kopfschuß beige- bracht. Das Mädchen war sofort tot, der Mechaniker blieb schwer verletzt in der Klinik Die gestohlene Kahlcubergbahn. Von der Kahlen- bergbahn, der Bahn aus Wiens populärstem Hügel, sind die Schwellen und Schienen verschwunden. Das Holz dürfte in den Jahren des Holz- unb Kohlen- mangels als Brennmaterial verwendet worden und die Schienen wahrscheinlich den Weg des Alteisens ge- wandelt sein. Tatsache ist, daß von der Bahn kaum mehr als der Unterbau und stellenweise die Zahnrad spur vorhanden ist. Der Betrieb der Bohn ist schon während des Krieges eingestellt worden. Der Later verkauft feinen 15jährigen Sohn. Fräulein Egartner Marija in Agram meldete der Polizei, daß ihr Vater Anton Egartner, Müller in Pegrada, sie, ihre zwei Schwestern und die Mutter vom Hause forttrieb und den 15jährigen Sohn vor einem Jahre verkaufte. Der Vater lebt mir einer Freundin und will von seiner Familie nichts hören. Fräulein Egariner führt auch Zeugen an, die» ihre Auslagen über das Vorgehen des Vater bestätigen können, wie auch, daß er einige Male drohte, er werde den Sohn verkaufen, und daß er ihn auch verkaufte, nur ist nicht bekannt, an wen, wie und um wieviel. Eine Beschreibung des verkauften Knaben kann sie nicht geben, da er damals noch sehr klein war, als sie -n Hause war. Das Polizciverfahren ist im Gange. Der moderne Typ. In Amerika ist die Sprech- maschine in Form einer Konsole die große Made. Man bekommt diese Konsole in allen Stilen, Louis XV., Louis XVl-, japanisch Lack usw., sie kostet ungefähr 200 bis 350 Dollar. Im übrigen bemerken wir, daß die billigsten Apparate in Amerika ungefähr 100 Dollar kosten. In Amerika ist auch der Sprech- apparat in Farm eines Flügels sehr modern. Solche Sprcchapparate in Fliigelsorm sind auch in Deutsch- land gebaut worden. Musik Letti n-^ UniPersttätSmusifdir.Pros. Fried r.B randcS Leipziger Gper „Lohengrin" — „Königskinder" Die Hindernisse, die sich dem „Lohengrin" entgegenstellten, wurden zum großen Teil glatt genommen. Annehmbarer Ersatz für die erkrankte Frau Streng als Ortrud war eine Kollegin aus Halle, Frau Böhmer, eine stattliche Erscheinung mit enggeführter und oft zu hoch intonierender, immerhin ausreichender Stimme, für den König Heinrich des Herrn Müller Herr Laßner als Kollege von der etwas höheren Fakultät, die man sich ausnahmsweise als Grenzgebiet gefallen lassen konnte Herr Jäger, der indisponiert war und mehrfach Anlaß zur Beängstigung gab, ist freilich noch weniger Lohengrin als Par- sifal. Seine Vorzüge liegen auf anderem Gebiete Im vorliegenden Falle bewunderte man eigentlich nur seine Fähigleit der Aufopferung. Vor wiegend günstigen Eindruck in Gesang und Tar- slellung machte die El a der Frau Eva Gras vom Nürnberger Stadlthe i ter. Für jugendlich dra matische Partien dürsten ihre Kräfte und Bildung ausreichen, ob auch für Grenzpartien nach dem Hvchdramatischen zu, wie die Elisabeth im „Tann häuser", erscheint noch zweifelhaft. Keinesfalls wird Frau Martins) durch sie in jeder Hinsicht vertreten werden können Ter Chor gibt sich im „Lohengrin" die größte Mühe, manchmal auch mit gutem Erfolg, verdient aber an einigen Stellen, die besonders heikel sind, revidiert zu werden. Nach längerer Pause sähe» wir wieder die .LönigSkinder von EngelbertHumperdinck, dem vor einigen Jahren Heimgegangenen Meister. In der Wagnernachfolge ist er einer der wenigen, die da» riesengroße Vorbild derart verstanden und in sich verarbeitet haben, daß sie e» über ¬ winden und auf engerem Gebiete Eigene» bieten konnten. Man mag über das Märchen von Ernst Noömer (Else Bernstein) denken, wie man will, der musikalische Reichtum, in den Humperdinck es eingetaucht hat, nimmt unmittelban gefangen. Einige Wendungen, besonders meltSmanscher und sequenzenhafter Art, gehen auf Wagner zurück, andere wieder deuten auf d'Albert vor, das Ganze in seiner wunderbar gemäßigten Mischung von großem Orchester und Kammermusik ergibt die Wirkung eines Meister», in dessen Kunst Wollen und Können in vollem Gleichgewichte stehen. Um die Aufführung machten sich außer dem Kapell meister Herrn S.endrei besonders Frl. Schulz- Dornburg und Herr BrohS-Cordes (die Königs kinder), ferner Frl. Bergau als Hexe, ein Kind als BcsenbinderStochter und Herr Weltncr als Spielmann verdient. Tie Spielleitung hatte die Schar veritabler Gänse durch ein praktikable» Exemplar crftht und war auch mit Schnee im letzten Aufzuge recht sparsam verfahren. Dien licher als diese Einschränkungen würden dem Werke einige Striche sein. In jetziger Verfassung übersteigt es bei weitem das Längenmaß einer Märchenoper. v. Kus ven UonzertsSlen Cynthia Davril sang in. und ausländisch« Komponisten mit viel Schulung und Routine, jedoch ohne Klang, dazu war sie noch stark erkältet; der Eindruck war also recht unbefriedigend. Varella Cid imponierte durch eine gewisse Schmissigkcit seines etwas flächcnhaften Klavicrspiels. Innerlich einer Gestaltung der Bach-Busonischrn Ltzaconne nicht gewachsen, reflektierte der junge Pianist vortrefflich einige Programmusiken südländischer Komponisten.— Das Böhmische Streichquartett, bestehend aus vier reifen Meistern, spielte mit vollblütigem Schwung und quellender Musikalität. Die Dieder gabe von DvorLks As-Dur-Quartett war die stärkste, innerlichste Leistung, die ich seit langem von einem Streichquartet hörte; sie war schlechthin kongenial. Beethoven schien mir nicht ganz ausgeschöpft, wäh rend Schubert wundervoll zum Klingen gebracht wurde. Hörte man je ein so sehnend-vcrzehrendes Cellospiel? S. Der jugendliche Geiger Max Rostal verfügt über eine erstaunliche Finger- und Dogentechnik, so daß, um Mozarts Worte zu gebrauchen, die Passagen fortfließen wie Oel. Die schwierigsten Stellen werden mit einer so selbstverständlichen ^.lyerheit (und dabei Intonationsreinheit) genommen, daß sie dem Hörer al» solche gar nicht mehr zum Bewußt sein kommen. Neben der Wiedergabe des A-Moll- Konzertes von Glasunoff trat dies vor allem bei der erstmaligen Vorführung von Bohnkes Sonate für Violine allein Op. 14 Nr. 1 in Erscheinung, einem interessanten fünfsätzigcn Werke, das als eine wert volle Bereicherung der Spezialliteratur bezeichnet werden muß. Der Künstler spielte — wo erfordcr- lich mit großem, kräftigem Ton — alles mit starkem Gefühlsausdruck. — Nicht weniger herzlichen Dank und Beifall erwarb sich tags darauf Mildred Wei le rson (Violoncello), die sich bereits tn einem der letzten Vhiloharmonischen Konzerte trotz ihrer Jugend als tüchtige Vertreterin ihres Instrumentes ein geführt hatte. Auch diesmal überzeugte sie von ihrer hochentwickelten Fertigkeit und einer durch musika lisches Empfinden ausgezeichneten Vortragsweise. Weniger geschmackvoll und zudem unnötig war es, Paganinis D-Dur-Piolinkonzert für Violoncello zu arrangieren, da ja an Originalkompositionen be kanntlich kein Mangel ist. — Schade, daß Fräulein Carla Munck in der Wahl ihrer Begleiterin so wenig glücklich war. Die Gesamtwirkung ihres tech- nisch soliden Bwlinspicls wäre hinsichtlich des Aus drucks entschieedn größer und nachhaltiger gewesen, wenn Fräulein Agga Honors, besonders bei Wieder gabe von Bruchs G-Moll-Aonzert, nur ein klein wenig von der Kunst de» Begleiten« verstände« hätte. So aber wurde alles in vollkommen indifferenter Weise und zumeist durchaus unangebrachter klang licher Zurückhaltung hcruntcrgespielt. Etwas besser war es um den Vortrag einiger Solostücke für Kla vier bestellt. Brahms' Rhapsodie Op. 97 Nr. 2 frei- lich wurde noch nicht einmal technisch fertig geboten. — Daß echte Künstlerschaft sich der Technik nur als Mittel zum Zweck bedient, war mit Evidenz durch Frau Kwast-Hodapp bewiesen, wofür im be sonderen Brahms' Paganini-Bariationen, die man zumeist als Dirtuosenstücke vorgesetzt bekommt, an geführt seien. Die exzellente und doch so bescheiden auftretende Künstlerin hatte für ihren Klavierabend technisch wie geistig sehr anspruchsvolle Werke aus- gewählt. Unter völliger Ausnutzung ihrer in solch hohem Maße selten anzutressenden künstlerischen Fähigkeiten wurden sie durch die Art ihrer Ge staltung den Zuhörern zum seelischen Erlebnis. H. .Das Bild der Favoritin", eine drelaktige komische Oper des Berliners Joseph Snagä, wurde in Altenburg mit freudiger Zustimmung einer angeregten Besucherschaft aus der Taufe ge hoben. Der Komponist, der besonders mit dem „Rodelzigeuner" auf dem Gebiete musikalischer Unterhaltung einen Treffer gezogen hat, lenkt mit seinem neuesten Dühnenwcrke ins erktste Genr> der heiteren Muse ein. Die vom Komponisten er fundene, von Georg Kiesau (Dresden) aus- geführte Handlung, die häufig einen burlesken Ein schlag zeigt, erfüllt ihren Delustigungszweck. Die Aufführung stellte in den Hauptrollen eine stattliche Reihe unverbrauchter Kräfte von so glänzenden stimmlichen Mitteln heraus, daß selbst große Bühnen mit Neid nach Altenburg hinüberschieleu dürften. Allen voran den trefflichen Tenor Karl Schmidt in der Sultansrolle. Musik und Szene wurden von Kapellmeister Borrmann und Spiel letter H. Hofmann hingebungsvoll betreut. vr. «ss. U.
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