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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.04.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-04-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192304105
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230410
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230410
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-04
- Tag 1923-04-10
-
Monat
1923-04
-
Jahr
1923
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er atur Ver. nur Der beide rpert liner sahre ildct) ein öcrus h ein beruf agcu. tsianb e. impo- seine n sich Form a Bc- Zbsen. Puh. >s gc- aktere npfcn. tyrcr" ilmchr ir jene Kräfte chwe> )igung seinem lichkcit tungs. inncn- ; .Der ze mit ns zu juchte u ent er An- >. Aber n klar Krän en Ab- n Ein- mzters, srat rm lgskrei» lmt des :n war, Städt en vor- n eines Eigen- saß, die n seiner icwiihlk, ätigung er frei worden ke seine inerhalb , wo cs hen Be le Au«- Stadt- ne zerr- ich na-h wälzung :itt vom Berlin. Abend- u dienen r litera- Zahl er- esen drei icrgönnl, , an die mng an- it ihren N. 7^. beschichte r Humor verstehen ren, son- n, wenn rden viel aus dem >ei einem man nun so steht einen so wie die die be- kampbcll: len Sinn die schla- T lieben für echten ndigung", tschriften- achdem er wn Wolf- utschlano. Augsburg ns Raub- t wurde, den deut- militärisch nd durch ldqerichts- niversum' »jetzt in : Militstr- ievolution, rweise ge- der Volks- ner stand, rase durch c Zeit des regel auf- lusnahme- st nun in allein in Erschießen sieichsstraf- iiptun^ vlenstsg, 6ea 10. LprU «r. 84 Seite S l-e!priger 1'sgedlstt uo<i ttsorielsreituog Internationale krandelr- und Verkehrssprachen-Uonserenz Die Internationale Konferenz für eine gemein- somr Handels- und Verkehrssprache, die von der italienischen Handelskammer für tue Schwei- in Genf einberufen wär, wurde in Venedig am 2. April im Sitzungssaal der Venediger Handelskammer in An. Wesenheit von Vertretern der Handelskammer und Behörden Venedigs, einer Reihe von Regierungen, darunter auch der deutschen, des Internationalen Arbeitsamtes, 18 Meßämtern laus Deutschland: Leip, zia, Breslau, Frankfurt a. M), sowie 188 Vertretern aus 21 Ländern eröffnet. Sie fand unter dem Ehren- Vorsitz der Handelskammern von Venedig, London uno Paris statt und wurde von dem Präsidenten der Handelskammer in Sheffield, Merchant, geleitet. Außer Vertretern von Handelskammern aus fast allen europäischen Ländern waren auch solche aus China, Japan, Nordamerika und Mexiko anwesend. Die offiziellen Vertreter wurden durch die Stadtverwal tung im Salono Napoleonico empfangen. Die fünftägigen Verhandlungen, die ausschließlich in der Welthilfssprache geführt wurden und in denen die vertretenen Länder und Messen ihre Berichte über ihre bisherigen Erfahrungen in der Anwendung der Esperantosprache in Handel und Verkehr erstatteten, zeigten, daß die Welthilfssprache Esperanto heute schon in weit größerem Meße faktische Verwendung findet, als man gemeinhin anzunehmen pflegt. Diese Tatsache wirkte besonders auf die Vertreter einer großen Anzahl von bislang dem Esperanto fern- stehenden Körperschaften und Einzelfirmen, die zu informatorischen Zwecken Berichterstatter gesandt hatten. Das Neichsministerium des Innern und die Leip- ziger Messe waren durch Prof. Dr. Dietter le (Leipzig) vertreten. * Was kostet die 1823er Ferienreise? Obgleich d^r Nachwinter noch nicht restlos überwunden ist, sind in den Bädern und Sommerfrischen schon zahl reiche Anfragen nach den diesmaligen Pensionspreisen eingegangen. Die Antworten lauten wenig tröstlich. „Bon 8000 aufwärts, vorausgesetzt, daß die Preise u'cht weiter anziehcni" Hierzu treten die erhöhte Kurtaxe und die außerordentlich gesteigerten Bäder kosten, eine Folge der hohen Kohlenpreise. Die Bäder rechnen daher mit einer mittelmäßigen Saison, trotz dem aber sind in den kleinen Badeorten der Ostsee küste bereits jetzt zahlreiche Abschlüsse für Juli und August erfolgt. * Steuererklärungen bis Ende April abgebe»! Amtlich wird mitgeteilt: Es ist das Gerücht verbiet, til, daß die Frist für die Abgabe der Einkommen- und Dermögenssteuererklärungen abermals ver- schoben werde. Eine allgemeine Fristverlängerung ist vollkommen ausgeschlossen. Die Steuererklärungen müssen vielmehr bis Ende April abgegeben und die vorgeschriebenen Zahlungen geleistet werden. Wer zu wenig zahlt, hat die im Gesetz vorgesehenen Zu schläge von 15 und 30 Prozent zu gewärtigen. * Steuerhinterziehungen beim Tabak. Durch Steuern und Zoll verdient das Reich an einer 100- Mark-Zigarctte 46 Mark. Diese außerordentlich hohe Belastung verleitet manche Hersteller zur Umgehung der Steuer und der Banderolenvorschriften. In einer Rmhe von Prozessen der letzten Zeit ist nachgewiesen worden, in welch reichem Umfange dies von einer großen Anzahl von Winkelfabrikcn geschieht. In Deutschland werden jährlich etwa 20 Millionen Stück Zigaretten hergcstellt. Von dieser Produktion laufen nach Ansicht der Sachverständigen etwa 25—30 Pro- zent überhaupt ohne oder mit gefälschter Banderole. Btan kann annehmen, daß damit der Kontrolle des Reiches fünf Milliarden Zigaretten entgehen, was euren Steuerverlust von rund 200 Milliarden Mark für das Reich bedeutet. Von der Nachbarin im Streit erschossen. Einen tödlichen Ausgang nahm ein Streit im Hause Zech liner Straße 6 in Berlin. Hier war die 54 Jahre alte Ehefrau Johanna des Bautischlers Schmidt mit einem Hausgenossen, dem Feuerwehrmann Paul Iurich, in einen heftigen Wortwechsel geraten. Zwischen den beiden Hausbewohnern waren wegen der Kinder Zürichs Meinungsvcrsch'edenheiten ent standen. Die Frau gab mehrere Schüsse auf den Feuerwehrmann ab, die seinen sofortigen Tod zur Folge hatten. Man benachrichtigte die Polizei, die Frau Schmidt verhaftete und auch zur weiteren Aufklärung ihren Ehemann festnahm. Disziplinarverfahren gegen einen Oberbürger meister. Die Potsdamer Stadtverordneten haben beim Regierungspräsidenten die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen Oberbürger, meister Voßberg beantragt. Das Brwcismaterial soll derart belastend sein, daß mit einer Ablehnung kaum zu rechnen ist. Der Oberbürgermeister ist bis zum 1. August beurlaubt worden. Vie Pest in Indien Reuter meldet au» Simla, daß eine Pest epidemie, die Tausende von Menschen hinraffe, in fast allen Provinzen Indiens wüte. Die Statistik für die am 24. März zu Ende gegangene Woche verzeichne in ganz Indien 9000 Pestfälle, von denen 8000 t ö d- lich verliefen. Zehn Mikroskope gestohlen. Im hygienischen In stitut der Universität Halle sind durch nächtlichen Einbruch zehn Mikroskope im Gesamtwerte von etwa 15 Millionen Mark gestohlen worden. Für die Wiederherbeischaffung ist eine Million Mark Belohnung ausgesetzt. Der Betrieb des hygienischen Instituts ist durch den Diebstahl auf das empfind lichste gestört worocn. Raubmord. Die Mordkommission des Berliner Polizeipräsidiums wurde nach der Motzstratze 57 alarmiert, wo man in der Filiale der Färberei- fabrik Herz die Filialleiterin, ein 35 Jahres altes Fräulein Dittner, ermordet aufgefunden hatte. Der Laden war vollkommen durchwühlt, fast alles war geraubt worden. Selbstmord des Bratwurstglöcklc-Wirts. Im Dach- stuhl des weltbekannten Bratwurstglöckle in Nürn berg hat dessen Besitzer, der Gastwirt Bauer, Feuer angelegt und dann Selbstmord verübt. Die Feuerwehr konnte den Brand bald löschen, so daß der Brandschaden unerheblich ist. Bauer zeigte in der letzten Zeit Zeichen von Geistesgestörtheit. Eine Frechheit. Ein verheirateter Bureaubeamter einer Kasseler Fabrik war mit der Begleichung einer Rechnung in Höhe von nahezu einer halben Million Mark beauftragt worden, zog es aber vor, mit der Summe eine Vergnügungsreise anzutreten. Kürzlich erhielt nun die geschädigte Firma von dem sauberen Herrn ihre Papiere zurückgeschickt mit der Bemer kung, daß das Geld alle sei. Don dem Flüchtling hat man noch keine Spur. Der Kampf gegen den Wucher. Um dem im Rheinland überhand nehmenden Wucher mit Butter und Käse entgegenzutreten, hat der Oberpräsident in Köln bestimmt, daß vom achten April ab jeder, der in den Rheinlanden in eigener Person unmittel bar beim Erzeuger Butter und Käse einkauft, einer besonderen Erlaubnis des Oberpräsidentcn bedarf. Auch die Inhaber von Großhandelserlaubnissen müssen sich diese besondere Erlaubnis einholen. Ein Bubenstreich. Unter den Bogengängen de« Börsengcbäudrs in Wien wurde eine schießpulver- artige Füllung zweier Konservenbüchsen, die in einer Kiste untergebracht waren mittels Zündschnur zur Explosion gebracht. Es gab weder Personen- noch Sachschäden. Eg handelt sich anscheinend nur um einen Bubenstreich. Ermäßigung der Wiener -otelabgabe für Fremde. Im Wiener Landtag wird ein Gesetzentwurf unterbreitet werden, demzufolge mit Rücksicht auf die schlechte Lage der Hotelindustrie eine Ermäßi gung der Fremdenzimmcrabgabe um ein Fünftel erfolgen soll. Die Ermäßigung soll für die Monate Mai bis Ende August gelten. Auch die Lustbar- keitsabgabcn für Theater, Kino und Vergnügungs lokale sollen für den Sommer herabgesetzt werden. Eine zwölsjährige Mutter. In Steinaman- ger wurde ein zwölfjähriges Mädchen von einem Kinde entbunden, dessen Vater der 65jährige Pflege vater des Mädchens ist. Der Mann wurde jetzt vom Gericht zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt, die jugendliche Mutter und das Kind der Fürsorge des staatlichen Kinderasyls anvertraut. 14 Personen bcl einem Wirbelsturm getötet. Bei einem Wirbelsturm in Pinevilles Pennsnlvania) wur den 14 Personen getötet, 50 verwundet. Zahlreiche Häuser sind zerstört. Billionrn-DefiziL der Reichspost Don Pvstdirrklor Dr. rer. pol. Leipzig. 1200 Milliarden Mark Fehlbetrag bei der Reichs post für den Haushalt 1923 — mehr, als dem Reiche im ganzen Jahre an direkten und indirekten Steuern zufließen, wie ein Reichstagsabgeordneter beschwö- rend betont hat! Fassungslos steht man vor diesem katastrophenartigen Ergebnis, vor allem beim Rück blick auf die Vorkriegszeit, wo die Post jährlich steigende Uebcrschüfse an die Reichskasse abliefern konnte. Die Öffentlichkeit interessieren hierzu zwei Fragen: Wie war diese Entwicklung möglich, und wie kann und soll der Schaden geheilt werden? Beiden Fragen sei im folgenden kurz nachgegangcn. Grundübel der gewaltigen Unterbilanz ist und bleibt — der seit langem weit hinter der Geld entwertung zurückgebliebene Postgebühren- tarif. Die Postvcrwaltung ist immer zögernd und zu spät an die Erhöhungen herangegangen. So schwer auch die jetzigen Gebührensätze empfunden werden, man vergleiche nur: ein Ei kostete in Friedenszeiten 5 bis 10 Pfennig, heute 350 Mark, statt dcs Groschens, für den man früher vier knuperige Bröt chen erstand, muß man heute 4 X 80 --- 320 Mark anlegcn. Man wird also doch wohl den heutigen Gegenwert dcs Groschens mindestens auf das Drei- hunderfache ansetzen müssen. Danach müßte ein Brief mindestens 300 Mark Freigebühr kosten, und nicht 100 Mark. Ist es ein Wunder, daß die Post mit Fehlbetrag arbeitet, wenn sie die Geldentwer tung in ihrem Haupttarif nur zu einem Drittel be- rücksichtigt, während alle ihre Unkosten (Mate- rialien, Personalkosten) sich der Geldentwertung mehr oder weniger anpassen? Im Reichstage hat vor wenigen Tagen ein Ab geordneter mit Recht beauptet, die Erhöhung der Postgebühren habe noch längst nicht den Betrag er- reicht, um den ch die Lebenshaltung im allgemeinen verteuert habe, und man könne eher von einer Ver billigung sprechen. Und wieviel Anfeindungen ist trotzdem die Post in den letzten Jahren wegen ihrer Gcbührcnpolitik ausgesetzt gewesenl Wenn die Fahrpreise für Eisenbahn und Straßenbahn, di, Kosten für Gas, Elektrizität, Kohlen, für Lebens mittel und jeglichen Bedarf auf allen wirtschaftlichen Gebieten sich sprunghaft erhöhten — die Verbraucher nahmen knirschend, aber still duldend davon Kennt nis. Nur wenn die Post mit ihren Gebühren erhöhungen nachgehinkt kam, gab es jedesmal scharfen Widerstand in allen Volksschichten, bittere Zeitungs artikel über mangelnden kaufmännischen Geist, über „dummdreiste* Gebührenpolitik und dergleichen Schmeicheleien mehr. Wohl oder Übel hat die Post dieser Dolksstimmung Rechnung getragen und hat mit ihren Gebührenerhöhungen zurückgehalten. Jetzt zeigen sich die finanziellen Folgen in erschreckendem Ausmaße. Weiter ist zu berücksichtigen: «inen aroßenTeil ihres Driefverkehr», 60 v. H., hat die Post überhaupt verloren. In Notzeiten, wie sie Deutschland seit dem Kriege durchlebt, leiden allent halben die kulturellen Belange. Die Teuerung er- möglicbt nur die Beschaffung de« Lebensnotwendig sten, alles irgend, wenn auch nur schmerzlich zu Ent behrende fällt allmählich weg. Dazu gehört auch d-r private Driefverkehr, der mehr und mehr einschläft. Geblieben ist nur der unentbehrliche geschäftliche und amtl'.cbe Briefwechsel. Aber auch der Geschäftsmann kann sich z. B. heute nicht mehr die Drucksachen- Reklame in früherem Umfange leisten: auch er spart an Porto, wo immer er kann. Ueberall also Minder einnahmen der Post. Und dann die Betriebszweige, die ständig Zuschüsse verlangen, voran der Zeitungs dienst, der, um die unbestreitbare Not der Presse nicht noch zu vermehren, mit schwerer Milliardenzubuße arbeitet. Ferner die Postversorgung des platten Landes mit steigenden Kosten für Fuhrwerk und Personal und trostlos sinkender Perkehrsziffer. Hierzu die Ausgaben für Erneuerung des im Kriege her- untergewirtschaftcten Materials, ganz aus eigenen Mitteln, nicht durch eine Erhöhung von Aktienkapital, wie cs z. B. eine Privat-Transportgesellschaft tun könnte. Schließlich leistet die Post auch eine Menge unentgeltlicher oder ganz mangelhaft vergütete Ar- beit, die mit dem Postbetriebe nicht» zu tun hat. wie d.e Zahlung und Verrechnung von Sozial- und Mili tärrenten, den Vertrieb von Dersicherungsmarken, statistischen Wertzeichen, Umsatz- und Einkommen- steuermarkcn, Wechselstempelzeichen. Weitere Milliar- den belasten auf diese Weise ihren Haushalt. So kommt letztlich da» Billionendefizit zustande. Wie kann und soll dieses wieder beseitigt werden? Verbilligung der Tarife, so tönt e aus manchen Lagern! Dann steigt der Verkehr und mit ihm die Einnahme. Dabei verweist man gern ans die bekannte Hillsche Portoreform von 1837 in Eng land, wo unter heftigem Widerstand der Postver- waltung das billige Penny-Porto eingeführt wurde. Nur vergißt man, die Fortsetzung der Geschichte zu erzählen: der Erfolg für die englische Post war zu nächst der für damalige Verhältnisse recht erkleckliche Fehlbetrag von 100 Millionen Talern; erst nach 16 Jahren hatte der Verkehr den Umfang erreicht, den die Reformer prophezeit hatten. Und England war ein reiches Land, das den Riesenfehlbetrag ver winden konnte. Für die heutigen deutschen Verhält- nisse würde ein solches Experiment nur ein unerträg liche» Anschwellelln dcs Billioncndefizits zeitigen. England und Australien haben übrigens auch neuer- dinas ihre Postgebühren herabgesetzt, ohne die er hoffte Berkehrssteigerung erzielt zu haben, und Deutschland kann nicht, wie diele Länder mit geord neten Finanzen, jahrelang warten, bis sich eine solche Maßnahme auch finanziell günstig auswirkt. Von dem vielgepriesenen Allheilmittel der Ge bührenermäßigung ist also, wie die Dinge liegen, für uns nichts zu hoffen. Gebühren h e r a u f setzutzngen zum Abbau dcs Defizits? Sie sind heute nicht mehr am Platze, wo allgemeiner Preisabbau die Parole ist. Dafür ist es zu spät. Was bleibt also übrig? Nichts als rücksichtslose Sparsamkeit innerhalb des Postbetriebs selbst, Minderung der Ausgaben. Und auf diesem Wege wird, wie die Reichstaasver handlungen zum Postetat soeben ergeben haben, scharf vorgegangen. Verringerung des Personals in allen Schichten entsprechend dem Verkehrsrückgang — allein 953 (das ist ein Drittel) der höheren Stellen kommen in Wegfall, darunter 380 bis 30. September 1923 —, volle Vergütungen der Leistungen für an dere Verwaltungen, Zusammenlegen des Dienstes und gegenseitige Ausnutzung des Post- und Eisenbahn- personal» auf Nebenbahnen —, das sind die der zeitigen, vom Reichstag gebilligten Richtlinien zur Verbilligung der Verwaltung. Ueber ems gilt cs allerdings sich klar zu sein: von heute auf morgen ist das Defizit der Reichspost nicht zu beseitigen, wie der Reichspostminister und einzelne Abgeordnete übereinstimmend betont haben. Von den beiden Ansichten, einerseits, die Post muß unbedingt ihre Selbstkosten allein tragen, anderseits, die Post darf, da sie auch kulturelle Aufgaben zu lösen hat, in gewissem Umfange Zuschußverwaltung sein, scheint sich bei der neuerlichen Entwicklung der Verhältnisse die zweite durchzusctzcn. Doch muh sich der Zuschuß in erträglichen Grenzen halten, die das jetzige Billionendefizit weit überschreitet. Endgültige Gesundung der Postfinanzen wird aber wohl erst dann eintreten, wenn die deutsche Volkswirtschaft nach Festlegung der Rcparationspflichtcn wieder zu stetigen, erträglichen Verhältnissen gelangt ist. Funktelegramme nach Aegypten. Zwischen der deutschen Großfunkstelle Eilvese und der ägyptischen Funkstelle Abu-Zabal ist d^r unmittelbare Funk verkehr ausgenommen worden. Die neue Verbindung dient der Beförderung von gewöhnlichen und dringenden Telegrammen zwischen Deutschland einerseits und Aegypten, Palästina, Syrien und Libanon, Abessinien, Erythrea und Italienisch.So maliland. Die Gebühren für diesen Funkweg sind bis auf weiteres um je 15 Pfennige (Grundwert) für das Wort billiger, als für den Kabelwcg. * Schnellzüge Leipzig—Hamburg. Der Verkehrs verein Leipzig teilt uns mit, daß er auf wiederholte eindringliche Vorstellungen bei der Rcichsbahndirek- tion Altona jetzt die Mitteilung erhielt, daß ab 1. Juni d. I. wenigstens bis Ende des Sommers ver sucht werden soll, die O-Züge lös (160 von und nach Hamburg täglich direkt durchzuführen. Voraussetzung ist, daß die Kohlenlage diese tägliche Mehrleistung der Eisenbahn zuläßt. Trotz dieser Einschränkung ist der Wille der Reichsbahndircktion Altona anzuer- kennen, den Leipziger Verkehrswiinschen zu entspre chen. Für die reisenden Kaufleute wird diese Ver bindung, um die der Verkchrsvcrcin schon lange kämpft, von großem Werte sein. Thomas Mann und der Okkultismus Thomas Mann gibt in Dorträgen, die er in Wien und Prag hielt, Rechenschaft über seine Ein drücke, die er bei eine n Experimentierabend des berühmten Münchener Okkultisten Prof.v.S ch renck- Notzing empfangen hat. In die Sitzung war Thomas Mann, so erzählt er, in einer Stimmung gekommen, die ihn an die jungen Leute erinnerte, die sich zum ersten Besuch bei einem Mädchen an schicken Das Interieur: ein rötlich verdunkeltes Zimmer, mit Leuchtmasse bestrichene Ftlzringe, die im Raume phosphoreszieren, die Wände schwarz ausgeschlagen; das Medium, ein junger Mann von >9 Jahren, Willy Schneider mit Namen, die Gesellschaft: ein Maler, ein Schau spieler, mehrere Aerzte- Das Medium wird in Trance versetzt, indem man seine Knie zwischen die eigenen preßt und seine Hände hält. Der polnische Maler bewirkt es. Der Mann Willy Schneider reagiert auf den weiblichen Namensruf Minna Sein Wesen scheidet sich in Mann und Weib. Und nun geschieht etwas Sonderbares: Das Medium starrt mit weit offenen Augen, sein Atem fliegt, rin Krampf, als sollte ein Weib ge bären, geht durch seinen Körper. Es ist eine männliche Wochenstube mit rotem Dunkel, mit Geschwätz, Musik und fröhl chen Zurusen „In meinem Leben", sagt Thomas Mann, „war mir nichts Aehnliches vorgekommen". Immer noch werden Knie und Hände des Medium» gehalten Das Gespräch der Gäste verstummt. Und plötzlich gelingt etwas Es ist nicht wichtig, nicht welt erschütternd, aber es geschieht: Ein Taschen tuch, von weißer Wolkenhand angefaßt, schwebt vom Boden auf, bis hinauf gegen das Licht, hält sich kurze Zeit in der Höhe, und sinkt auf den alten Platz wieder zurück Leucht ringe schweben den Besuchern ans Gesicht. Eine entfernt stehende Spieldose fängt an, unver mittelt ihre Melodie abzudrehen, und endlich be ginnt sogar eine Schreibmaschine zu klappern. Es ist nichts Zusammenhängender, sondern nur lose Buchstaben, die aneinandergereiht, kein Wort und keinen Sinn ergeben. Schade. Es ist vielleicht ein Mene Tekel Upharsin Und kein Deuter ist da, der es lesen kann. ES ist kein Zweifel, daß all dies geschehen ist. Thomas Mann ist kein Okkultist, sondern in diesem Falle ein Zeuge okkulter Vorgänge. Tie lose Schrift erinnert an eine Legende: Ein frommer Rabbi ging durch einen dichten Wald nach dem nächsten Tempel. Er verlor den Weg, der erste Stern stand bereits am Himmel, die Zeit de» Gebetes war da, der Rabbi, ohne Gebetbuch, wollte dennoch sein Gebet nicht schuldig bleiben. Er sann nach. Tann sagte er fromm da» be- bräische Alphabet auf und sprach: „Hier, mein Gott, sind die Buchstaben, form Dir ein wohl gefällig Gebet daraus" Thomas Mann erklärt, er halte es für seine Pflicht, zu ver. sichern, daß bei diesen Versuchen die Möglichkeit mechanischen Betruges nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen war. Interessant sind schließlich noch die Aeuße- rungen, die Thomas Mann in einer Unterhaltung mit einem Redaktion-Mitglied des Prager Tag- blattS über diesen Gegenstand machte: Der mensch lichen Würde erscheinen diese Dinge, woran Gaukelei und Wirklichkeit gleicherweise teilzuhaben scheinen, als etwas Abträgliches. Ich leugne sie nicht, aber ich lehne sie ab. Es gibt gewisse Wirklichkeiten, die nicht Wahrheit sind. Die Antike wußte darum: gewisse Dinge ließ sie einfach nicht zu, weil sie der menschlichen Würde Abbruch taten, oder das Bild störten, das der Hellene vom Menschen in sich trug. Den gleichen Standpunkt wird man schließlich den okkulten Wirklichkeiten gegenüber einzunehmen haben. Rücktritt de» Generaliuteudante« Ernst Hardt? Die Jntendantenkrise in Weimar hat sich ver schärft Während seit Jahren schon die politisch rechtsgerichteten Kreise in Weimar vanach trachten, den Generalintendanten Ernst Hardt unmöglich -n machen, wenden sich neuerdtng» auch die poli tisch mehr link» stehenden Kreise von Hardt ab. Sine Reihe von Differenzen mit Schauspielern, Kapellmeistern, dem Cborpersonal und Theater kritikern hat dazu geführt, daß sich in Weimar fast -ar kein« Freunde mehr von Hardt finden. Auch vom künstlerischen Standpunkte aus ist man mit dem jetzigen Intendanten unzufrieden. Man beschäftigt sich auch schon mit der Frage seines Nachfolgers und nennt in diesem Zusammenhang Berg-Ehlert, den bisherigen Intendanten de» Altenburger Theaters, Dr Ulbrtch, den bis herigen Intendanten der Meininger Bühne, und Otto Falkenberg von den Münchener Kam- merspielen. Grabbe» „Don Juan und Fällst" auf ver vühne. AuS München schreibt unser Mit- arbeiter: Der Erfolg, der im Staatstheater seit Monaten Grabbe» groteskem Spiel „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung" beschteden ist, mochte Friedrich Meelinger, den Direktor der wiederum neu eröffneten Schwabtnger Schau bühne veranlaßt haben, sich de» Dichters drama- tischen Experimentes, „Don Juan und Faust" an- zunehmen. Der Versuch das Drama bühnenwirk sam zu machen blieb unlänglich sowohl in Hinblick auf das Stück als auch die Aufführung. Die Idee, die beiden Antipoden Faust und Don Juan sich begegnen zy lassen, mag genialisch sein im Sinne Grabbeschen Draufgängertums, aber sie land bet dem Dichter keine Gestaltung, die e» rechtfertigen würde, sein Stück über bie Zeiten hin lebendig zu erhalten Die wenigen witzigen Einfälle, von denen e» hier und da in Worten Don Juan» und Leporellos etwa ausblttzt, heben die Schwäch« nicht auf, die besonder» darin beruht, daß Faust und Donna Anna, de« Deutschen und de» Spa- nter» Geliebte, ohne Blut und Leben, nicht» al- schemenhafte Literaturwesen sind. Während da- Stück Grabbescher Eigenart entsprechend in jeder Szene fast nach großen Dimensionen drängt, konnte die Liltputbühne ihm nur ärmlichen Ersatz seiner Bedingungen bieten und macht« damit den Ein druck Grabbescher Dichtung besonders schwach. vr. K. 6. Graphische rammlung im Museum der bildenden Künste am Auguttusplatz. Unter Flügel. Ausstellung von Hildgard Domi»laff, der auS Leipzig grbürügcn Künstlcrin, dir setzt i» Münster lebt. Autzer ihrer Haupt- tätigten, der Plastik, wwmrt ste stch letzt au<b drm Hol», schnitt und der Radierung, meist auf kat-olisch-religiüsrm Gebiete. Hure Aquarell« werden »um erste» Mal« ge zeigt. Für die Arbeiten der Künstlerin auf dem Äc« dieie de» Porträt» legen besonder« hi« Zeichnungen Zeugnis ab. AuSstellunq von Original Graphik Josef deqenbarths- Dresden. Im Deutschen Buchmnseum. Zeitzcr Strakc 1t, ist eine Ausstellung des Dresdner Künstlers Joses Hegen- barlh erössnet worden, die eine nmsasscnde Ucbersicbt über das graphische Schassen Hcgcnbarlh; gewährt. Neben Folgen von Stilen. '^rininal-Radiermigen und LUHoS für Mappenwerke und Bücher, werden veröffentlicht« Arbeiten in Folgen und (tinzclblätiern gezeigt. An» den Tbeaterbureaus. (Kleine- Theater.l Die heutige Srstaufsührung der Groteske .Tee Floh im Pan » erhau beginnt pünktlich 7'5 Uhr. Be schäftigt sind die Damen Hosen, Hossmann. Friese, Würtz und die Herren Lcwilt, Neuburger, WaEer, Zirrck. Inszenierung: Erich Neubürger. Der Deserteur Am 27 wurste beim Grauen des Taues in Stockum im Schulhof ein französischer Soldat standrechtlich erschossen. Wegen Fahnenflucht, dicht vor der Grenze, von der herüber ihm die Freiheit winkte, fiel er den Häschern in die Hände. Deutsche Arbeiter, denen er sein Leid, seine Not geklagt, versahen ihn mit Zivilkleidern, halfen ihm auf den Weg. Was ihn trieb, zu desertieren? Er hat es ihnen erzählt, so gut er vermochte: Krieg, immer Krieg! Soldat, immer Soldat! Nie mehr Frieden! Daheim in Frankreich kleines Geschäft zusammengcbrochen. Briefe von Frau, hungert mit Kind, arm, verlassen. Niemand hilft. Drei Jahre Kampf an Bogesen, dann Norden. Zweimal verwundet. Endlich heim. Heirat, nur ganz kleines Geschäft. Aber verdient, zufrieden. Wieder fort. Erst Rheinland, nachher Ruhr. Wae haben Deutsche uns getan? Nichts! Und trotzdem wieder Krieg. Für Schieber, Wucherer in Frankreich. Offiziere hier schlemmen, Soldat hungert, soll tot schlagen auf Befehl. Alles Befehl! Dill ich nicht. Rauben, plündern! Will ich auch nicht. Deutsch« un» feind. Weiß nicht, ob nicht allen Franzosen eine» Tage» Hal» abschneiden. Fort! Raus aus Uniform. Heim »u Frau und Kind. Dieder arbeiten! Und er desertierte! — Eine Salve, leichte Rauch wölkchen »ieben durch den Frühnebel. An der Mauer de» Schulhofe» liegt ein toter Mann. Einer nur, der den Sprung in« Freie wagte, von den Vielen, die ihn noch nicht wagen ... (Und die ihn eine« Tage» doch noch wutzen wtzvdeal)
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