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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.03.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-03-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192303154
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230315
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230315
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-03
- Tag 1923-03-15
-
Monat
1923-03
-
Jahr
1923
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H Re. 6T Lrlprlyrr Raockelsueiiuny voaner^ng, üea 1L. LLr« Vie „menschliche Zliege" Wie bereit» kur- au» New Perl -ewetdet wurde, ist dort der unter der Bezeichnung »Die menschliche Fliege* bekannt gewordene Artist Howard Voung bei eine» Kletterversuch für eine ktnemato- graphisch« Aufnahme vo» der Außenwand eine» Hotel» au» der Höhe de» achten Stockwerke« ad» gestürzt und tot liegen geblieben. Seine Spezia lität, die ihm den Beiname« «Menschliche Fliege' brachte, bestand dariu, daß er, einer Flrege gleich, an den Fassaden der Wolkenkratzer emporklettern konnte, jeden Gestvrsvorspruna »um Auffetzen der Füße, zum Anllammern der Hande au»nützend. Zn New Jork wurde er sofort sehr populär, al» er eines Mittag» auf dem Broadway an der Außen front eines Hotel» «mporkletterte und bi» zur Hohe des obersten Stockwerke» gelangte. Tausende von Menschen sammelten sich in der Straße an und ver folgten das aufregende Schauspiel. Auf der Höhe de» obersten Stockwerke» angelangt, ließ sich Poung, nur mit einer Hand an einem Gesimsvorsvrung fest haltend, mit der anderen dem in der Straße an- gesammelten Publikum zuwinkend, photographieren. Nach dieser ersten Klettertour hat er sofort zahlreich« Engagementsanträge von Darittbühnen und Kino- unternebmungen erhalten. Mit einem dieser Kino- Unternehmungen hatte er dann einen Vertrag ab geschlossen und bei einer solchen Klettertour an einer Häuserfront empor, die er zum Zwecke einer kine- matographischen Aufnahme unternahm, hat die «Menschliche Fliege' jetzt den Tod erlitten. Zerstreutheit? Ein Opfer seiner «Zerstreutheit' will der Kaufmann Piktor Adclsfeld aus Bukarest geworden sein, der sich vor dem Schöffengericht Ber- lin-Mitte wegen Pelzdiebstahl» zu verantworten hatte. Zn einem Kaffee soll der Angeklagte ertappt worden sein, als er sich gerade einen wertvollen Pelz, der einem anderen Gast gehörte, anziehen wollte. Vor Gericht verteidigte sich Adelsfeld damit, daß an demselben Ständer, von dem er den Pelz nahm, auch sein Schirm hing, der aber von anderen Kleidungs stücken verdeckt war. Um ihn nun aber abnehmen zu können, habe er mehrere andere Ueberröcke und auch den Pelz vom Haken nehmen müssen. Dadurch sei er in den Verdacht de» Diebstahl» geraten. Der Portier de» Kaffees bekundete dagegen, daß der An- geklagte sich sogar von einem diensteifrigen Kellner in den Pelz habe hinetnhelfen lassen, und daß er sich außerdem einen fremden Hut aufgesetzt habe. Eine Haussuchung bei Adelsfeld förderte sechs Mäntel zu tage. Der Verteidiger machte geltend, daß der Portier keinen Glauben verdiene, da er nach der Be hauptung des Angeklagten ihn verprügelt und ihm seine Brieftasche mit 6000 tschechischen Kronen ent- wendet habe. Da» Gericht beschloß daher, die Sache zu vertagen. Der Haftbefehl gegen den Angeklagten wurde gegen Kaution von drei Millionen Mark auf gehoben. Mtlli«e»metallLi«bstähtt. Bon September 1922 bi« Ende Januar 1923 wurden einer Firma im Mannheimer Zndustriehafen Eisenmaterialien im Werte von 25 Millionen Mark von fünf Arbeitern der Firma entwendet. Das Material wurde von de« Geschäftsführer eines Althündler» in den Abendstunden aus dem Lager der Firma mittels Fuhrwerks wcggefahren und dem Älthändlcr zu geführt. Die fünf Arbeiter sind festgenommen, ebenso drei Händler, die das Material aufgekauft haben. Di« Gespeasterflotte. Das Schauspiel einer un gewöhnlichen Fata Morgana entrollte sich vor den Augen der Besatzung des englischen Dampfers «Trevithick' auf der Reise im Spencergolf im Süd westen Australien». Trotz der großen Entfernung war jede kleine Einzelheit der Schiffe genau zu er- kennen. Man sah die Schornsteine des geheimnis- vollen Dampfer» und die zum Himmel aufsteigende Rauchfahne. Plötzlich aber verwandelte sich das Bild. Der Schiffsrumpf zog sich zusammen und nahm di« Gestalt eine» formlosen Ungetüms an. Richt lange darauf aber wurde die Erscheinung wieoer deutlicher; nur schwamm da» Schiff jetzt mit dem Kiel nach oben, und man sah deutlich die sich mit großer Schnelligkeit drehenden Flügel der Schiffs- schraube. Wenige Minuten später bedeckte sich dann der Horizont mit einer ganzen Flotte von Gespenster schiffen; man zählte fünfzehn bi« zwanzig Fahrzeuge, die sich nach verschiedenen Richtungen hm bewegten. Rach den Versicherungen der Offiziere der «Trevithick' waren sie zum erstenmal Augenzeugen einer so selt sam« und wunderbaren Luftspiegelung. Mord 1» der Mulackstrahe. Zn einem der dunkeln Lokal« der ohnehin nicht allzu gut beleumundeten Mulackstrahe in Berlin saßen eine Anzahl mehr oder weniger angetrunkener Gäste. Plötzlich zieht an dem einen Tisch ein Gast, ohne daß von einem eigentlichen Streit etwa» zu merken gewesen wäre, einen Revolver au» der Tasche und schießt damit seinem Rachbar, dem Schneider Paul Jahnke, eine Kugel durch den Leib. Der Getroffene brach sofort tot zusammen. Der Tater, der ziemlich stark angetrunken war, wurde nun sofort von den übrigen Gästen der Wirtschaft überfallen und derart vervrüaelt, daß er bald besinnung»lo» neben feinem Opfer lag. Inzwischen war auch die Mordkommission der Polizei, die man gerufen hatte, am Tatort erschienen. Sie konnte aber bet dem Schneider nur noch den Tod feftstellen. Den Übel zugerichteten Tater nahm sie in Gewahrsam und lieferte ihn schleunigst in da» Polizeipräsidium eia, obne daß er aber zur Besinnung gekommen wäre. Der Mörder wurde als der 19jährige Kaufmann Karl Reh au» Straßburg festgestellt. Lia Arbetterdeukaml ft» N»rd« Berliu». Für Berlin-Tegel — für den Platz vor dem Portal der Neubauten der Dorfig-Derk«, di« jetzt nach dem Ent würfe von Professor Eua« Schmohl im Entstehen sind — hat Professor Frhtz Klimsth, der Berliner Bildhauer, den Auftrag erhalten, em monumentale» Arbeiterdenkmal zu schaffen. Die Borsig-Werke wid- men es ihren Angehörigen, die im Kriege und in der Heimat gestorben sind. Klimsch entwarf eine mehr al» doppelt lebensgroß« Arbeiteraruwee, di« in Btzonze ausgeführt «erden wird. Ohne di« üblich« Embleme und Symbol« gibt Klimsch» Gruppe zweier Mensch«, eine» alten und eines jung«, den ein- sack« und starken Ausdruck gemeinsamer Arbeit. — Mu diesem charaktervoll« Denkmal der Arbeit un serer Zeit wird der so kunstarme Norden Berlin» ein« gut« Probe bildhauerischen Schaffen» erhalten. Der.Gberft -er Gberber-Knappschaften* Der am 7. Februar 1880 in Mimdeburg geborene Eugen Fischer, in Frankfurt a. M. wohnhaft, der sich als .Ingenieur-Geologe' ausgibt, den selbst- geschaffenen Titel «Yberst der Oberbergknappschaften' führt und in einer militärischen, halb bergmännisch« Phantasie-Uniform mit-Offiziersportepe« mit Phan tasieorden und Abzeichen auftritt, sammelt Gelder und wirbt Mitglieder für einen von ihm gegründeten Prrein. Dieser Verein nennt ber Schwindler «1. Deutscher Retchewohlfahrtsverband der Berg knappschaften, Schägel und Eisen'. Durch gewandte» Auftreten ist es Fischer ge lungen, eine Anzahl angesehener Persönlichkeiten in allen Teilen de» Reiche», auch in Sachsen, al» «Hauptleute', «Ehrenräte' oder «Derbandsräte' zu gewinnen, die er m der Regel nach Bezahlung einer namhaften Geldsumme unter merkwürdigen Formeln auf seinen Bergmannsstab «vereidigt'. Der größte Terl de»-erlangten Geldes wird von ihm, von seiner Frau und seinem Vater verbraucht. Al» mei« Bruder vor 150 Jahren starb . . . Dor einem englischen Gerichtshof sagte dieser Tage ein Zeuge aus: «Al» mein Bruder vor 160 Jahren starb . . .' Eine Bewegung ging durch den Zu schauerraum. Der Zeuge war sehr alt; aber daß sein Bruder vor 160 Zähren schon gestorben sei ... ? Di« Sache hatte gleichwohl ihre Richtigkeit. Der Vater de» Zeugen hatte sich mit 21 Zähren verheiratet; er hatte einen Sohn, der als Säugling starb; zum zweiten Male heiratete er mit 75 Jahren, und der Zeuge, der bei seiner Vernehmung als fern eigene» Alter 97 Jahre angab, war ein Sohn der zweiten Ehe. Er konnte also mit gutem Gewissen sagen, daß er einen Prüder gehabt habe, der vor 150 Zähren gestorben sei. — Als Gegenbeispiel führt eine eng- lisech Zeitschrift den Fall eines Pfarrers in Devon- shire an, eines sehr alten Herrn, dessen Vater nach weislich 1787 geboren war. Vater und Sohn haben also zusammen während 136 Zähren gelebt. «Eine ueu« Hermannschtacht.' In den Kammer sälen in der Teltower Straße in Berlin fand «in «vaterländischer Abend' der Deutschvölkischen Frei heitspartei statt, verbunden mit der Fahnenübergab« an die Ortsgruppen «Otto Weddigen, «Hindenburg', .Ludendorff, «Roßbach' u. a. Nach dem Vortrag altpreußischer Märsche sprach Major a. D. Henning, er stellte der «mammonistischen jüdisch« Weltan- schauung' die idealistische germanische gegenüber. Nur die blonde germanische Raffe sei wahrhaft ideal veranlagt. Zn einem geschichtlichen Rückblick suchte der Referent den Nachweis zu führen, daß alle Aul- tur von den Germanen befruchtet worden sei, und erklärte, daß auch Christus kein Jude, sondern seiner Ansicht nach ein Germane gewesen sei. Schließlich erklärte der Redner: Wir wollen eine neue Hermann schlacht. Die Franzosen haben sich jetzt wieder in bedenkliche Nähe der Stätten gewagt, wo «inst die Hermannschlacht stattfand. — Mit Zapfenstreich und Gebet schloß die Versammlung. 77 000 Gnadengesuch« t« IX Jahre»! Dom 1. Januar 1921 bis End« Juli 1922 sind in Sachse» etwa 77 000 Gnadengesuche erledigt worden. Davon sind, wie erst jetzt bekannt wird, nicht weniger al» 19 900 genehmigt, die übrig« abgelehnt worden. Jedes vierte Gesuch hat also Ersolg gehabt, ein «armer Prozentsatz, wir er wohl in keinem an deren Lande der Welt erreicht worden ist. Da» durchgegangene Automobil. Ein seltsamer Straßenunfall ereignete sich im Westen Berlins. Eine Autodroschke, die vom Bayerischen Platz kam, fuhr durch die Speyerer Straße. Dor dem Hause Speyerer Straße 20 versagte plötzlich die Steuerung des Wagens, und der Chauffeur verlor die Gewalt über fern Fahrzeug. Da» Auto sauste über den Bürgersteig und fuhr mit voller Wucht in die Schau fensterscheibe der Bäckerei von Willi Bergmann. Die große Spiegelscheibe wurde vollständig zertrümmert, ebenso die Dampfheizung und eiir Teil der Laden einrichtung. Ein Fräulein Martha Kowall aus der Hildcbrandstraße 14, die zufällig an der Bäckerei vorüberginq, wurde von dem Auto erfaßt und mit in den Laden gerissen. Sie erlitt dabei erhebliche Verletzungen. Verurteilmrg «tue« Millimrodiede». Das Schöffen gericht in Berlin verurteilte den Koch Julius Müller, der dem amerikanischen Botschaft», sekretär Johnson Juwelen im Werte von über 80 Millionen Mark gestohlen hatte, zu zwei Jahren Gefängnis unter Anrechnung der voll« Unter suchungshaft. Müller war früher bei Johnson an- gestellt, dann aber entlassen worden, weil Johnson trotz seine» Reichtum» das tarifmäßige Gehalt nicht zahlen wollte. Di« russisch« Luftflotte. Moskauer Zeitung« ver öffentlich« ein« Artikel Trotzki» zur Frag« der Schaffung einer russischen Luftflotte. Trotzki - weist darauf hin. daß e» angesichts des beschränkten Kriegs- budget» notwendig sei, di« Sammlung« von Privat- spenden zu vergrößern und die Benutzung der Luft schiffahrt auch bei den Zivilhehörden zu fordern. Stinkbomben btt Moralisten In Wie» tritt augenblicklich im Komödienhau» di« Nackttänzerin Dillany auf, der« Vorführungen beretts einigemal durch Stinkbombenwllrfe und ähn lich« Skaudalszen« gestört wurden. Di« Künstler« bat »un »ar der Vorstellung erklärt, daß sie sich außer- staube steh«, weiter aufzutreteu, da st« befürchten müsse, radaulustige Elemente könnt« ihre körperlich« Sicherheit gefährden. Die Direktion de» Komödien- Hause» mußte sie in aller Eile bei einer Versicherung», gesellscbaft auf zwei Milliarden Kronen versichern, worauf sie sich bereit erklärte, wieder aufzutreten. Mord n»L Selbstmord. In Offenbach am Main erschoß der 23 Jahre alte Maschinenschlosser Her- mann Goebig seine gleichaltrig« Geliebt« Minna Goschowsky in deren elterlicher Wohnung. Darauf bracht« er sich selbst einen Schuß bei, an dessen Folgen er starb. Et» guter Litz wurde in diesen Tagen, nach dem Salzburger Dolksblatt, vor einem Senat de» Land gerichte» Salzburg geprägt: Der Vorsitzende nahm einem Angeklagten die. Personalien ab. Al» die Frage nach dem Beruf gestellt ward, antwortete der Mann nicht ohne Selbstbewußtseiu: .Bundes angestellter'. Der Vorsitzende gab sich mit dieser Auskunft nicht zufried« und verlangte nähere Ausschlüsse über die Art der Verwendung de» An- geklagt« im Bundesdienste. Lin kurze» Aög-rn und dann di« klassische Antwort: .Ich beziehe die Arbeits losenunterstützung'. Reu« Briefmarken. Die Reichspost stellt jetzt Briefmarken zum Bettag« von 600 Mark iu der kleinen, gewöhnlich« Größe her. Sie werb« ein farbig, auf weißem Wafselmusterpapier, gedruckt. Am oberen Rand steht in lichter Schrift Deutsches Reich, i» einem runden vollfarbig« Felde groß die Zahl mit dem klein gedruckt« Mark. A» unteren Rand« wird die Zahl in Buchstab« wiederholt. Di« Ecken find mit netzartigen Zeichnung« ausgefüllt. Teure Kirsch«. Zn der Pariser Markthalle wurden am 6. März die ersten Kirschen verkauft, und zwar ein Zweig mit 11 Stück für ISS Franken. Wettervorhersage für Dmmerstug, d« 15. Märp Meist trübes Detter, zeitweise leichte Nieder schläge, keine erheblich« Temperaturänderung. tür kervauÜstze Protestnote wegen der Vorfälle in vuer Lratztbertcht unserer Brrltner ««rifttett»», Berlin, 13. März. Der deutsche Geschäftsträger in Pari» ist ange- wiesen worden, der französischen Regierung folgende Note zu überreichen: Der Kommandierend« General de» 32. frcmzö- sischen Armeekorps hat wegen der Tötung von zwei französisch« Militärpersonen in Buer den Ober bürgermeister festnehmen und dem Magistrat amtlich bekanntgeben lassen, daß der Oberbürgermeister er schossen werden würde, falls weitere Gewaltakte an Franzosen vorkämen. Er hat außerdem gegen die Stadtbevölkerung selbst die schärfsten Repressalien angeordnet, denen bereit» eine Reth« von Einwoh nern -um Opfer gefallen ist. Obwohl im Augenblick die amtlichen Berichte über die Einzelheiten noch aus stehen, kann schon jetzt festgestellt werden, daß meh rere Personen erschossen oder verwundet worden sind, und -war auch solche, die von auswärts in die Stadt kamen und die Anordnungen des General» nicht kannten. Nach den Meldungen der örtlichen deutschen Behörden ist trotz ihrer Bemühungen die Tötung der beiden französischen Mitltärperson« bi, zur Stund« noch nicht aufgeklärt. Es steht kei neswegs fest, daß Deutsch« an der Tat überhaupt beteiligt sind. Ebensowenig liegen Anhaltspunkt« dafür vor, daß d« staatlich« od«r städtischen Organisationen ein Perschulden zur Last fällt. Muß hiernach schon die Anordnung von Repressalien gegen dir Bevölkerung al» ein Akt grober Willkür angesehen werd«, so stellt sich der französische General durch die Art, wie er diese Repressalien ohne Rücksicht auf das Leben schuldloser Einwohner durchführen läßt, außerhalb aller Schranken von Recht und Gesetz. Die Bevölkerung des Ruhrgebiet« hat gegenüber der Desatzungsarmee bisher eine beispiellose Selbst beherrschung bewiesen. Sie hat trotz wachsender Er bitterung über die zahlreichen Bluttaten französischer Soldaten, über di« fortgesetzten Mißhandlungen auf der Straße und di« Vergewaltigung ganzer Städte di« Ruhe bewahrt und ihrerseits alles getan, nm ernstliche Zusammenstöße zu vermeid«. Die» ist um so bewunderung-werter, als die Verwaltung des Ge- biete» durch seine Abschnürung vom übrigen Deutsch land sowie durch hie Entfernung der meisten leitenden Beamten führerlos gemacht und der Sicher heitsdienst durch di« Beseitigung der Schupo zerstört worden ist. Maßnahm«, wie sie jetzt von dem fran- zösisch« General in Buer durchgeführt oder an- gestrebt werd«, sind jedoch dazu angetan, die Be völkerung zur Verzweiflung zu treiben und unabsehbares Unheil herauf zubeschwören. Wenn der französischen Regierung noch daran liegt, dies zu verhüten, so ist es ihre Pflicht, dem Vorgehen der militärischen Befehlshaber Einhalt zu gebieten. Die Verantwortung für die Folgen fäll? ganz allein auf sie. nicht auf di« deutsche Regierung, noch nnf die deutschen Behörden, noch auf die deutsche Bevölkerung. polncar«s Rückkehr Pari», 13. März. Poincarö ist heute mittag in Pari» wieder ein getroffen. Zu dem amtlichen Bericht über die Brüsseler Besprechungen, der in politischen Kreisen lebhaft besprochen wird, wurde heute abend am Quai d'Orsay bemerkt, man übertreibe die Bedeu tung de» vorletzten Absatzes, wenn man ihn als De- weis für einen Umschwung in der französisch-belgi schen Politik betrachte. Frankreich und Belgien hatten niemals daran gedacht, sich dauernd im Ruhr gebiet festzusetzen. Anderseits könnt« aber als sicher gelten, daß etwaige deutsche Vorschläge durch ernste PHnder garantiert sein müßten, wenn sie staffel. w«se Räumung de» Ruhrgebietes herbeiführen sollte». Vorschußzahlungen an -le Beamten Berti», 18. März. Die gestrigen Verhandlungen im Reichs finanzministerium haben ergeben, daß d« De- amt« am 1V. März da« ia»feudeM»aats- gehalt gezahlt wird. Die quartalsweise aus- zuzahlenden Gehälter werd« au de» gleüb« Tage ausgezahlt werden. Ebenso werd« die Reichs- und Staatsarbeiter am 19. März einen Vorschuß in Höhe von zwei Wochen! öhnen ausgezahlt erhalt«. Am 10. April soll im Reichsfinanzministerium eine neue Zusammenkunft mit den Gewerkschafts vertretern stattfinden. Deutscher Reichstag Wohnungsbauabgabe — Steuergesetze Beesft», 12. März. Der Reichstag erledigte in seiner heutig« Sitzung zunächst den Gesetzentwurf über Aeade- rung de» Reichsversorgungsgesetze«, de» Altersrentengesetze«, de» Kriegs-Personenschäden- gesetzes und des Offiziers-Penstonsgesetzes. Die Vorlage wurde au den Ausschuß verwiesen. Durch diese Vorlagen werde» die Renten und Bezüge «t- sprechend der Geldentwertung erhöht. Ferner soll eine Zusatzrent« nach den Grundsätzen gewährt werden, die bisher für die Zahlukig von Teuerung«. Zuschüssen galten. Die Teuerungszulage soll in gleichem Maß« steigen wie die Teuerungszuschlöge der Beamt«-, »ach dem Entwurf soll sie jetzt 395 Prozent betragen. Für di« um weniger als 25 Prozent vermindert« Erwerbsfähigkeit von Be schädigten soll die laufend« Rente sortfallen und durch eine einmalige Abfindung ersetzt werd«. Auch ei» Gesetzentwurf zur weiter« Ent lastung der Gericht« ging aus der ersten Lesung M den Ausschuß. Die Zuständigkeitsgrenze soll nac^»er Vorlage erhöht rv-rden für Gemeind«, qerichte auf 30000 <^l, für Amtsgerichte auf 300000 Mark. Die Wertqrenze für Revisionen beim R.iche- gcricht soll auf 500000 hft.aufgesetzt werd«. Nach Erledigung weiterer kleiner Dorlag« kam da» Haus dann zur Weiterberatung der Woh- »ungsbauabgabe. Ein Antrag der Deutschen Dolkspartti, der die Streichung der Bestimmung ver langt, daß aus den Mitteln der Wohnungsabgabe auch gemeinnützig« Unternehmungen unterstützt wer- den, wurde mit 1S4 gegen 122 Stimm« abgelehnt. Dor der Abstimmung über die Sätze der Abgabe protestiert der Vertreter der bayrischen Regierung gegen eine Erhöhung des Satze« auf 3000 Prozent wegen der großen Erregung, die eine so drückende Belastung im Volke auslösen müsse. Die bayrische Regierung könne nur mit den ursprüng lichen Sätzen der Regierungsvorlage — 750 Prozent für die Länder, 750 Prozent für die Gemeinden — einverstanden sein. Die Abstimmung bringt dann di« Ablehnung sämtlicher gestellten Anträge. Auch der Ausschußantrag, der die Wohnungsbauabgabe auf 3000 Prozent erhöhen will, wird mit 157 gegen 138 Stimmen verworfen. Rur die Sozialdemokraten stimmen geschlossen für den Ausschußantrag, gestützt von Minderheiten der Mittelparteien. Die übrigen Paragraphen werden im wesentlich« in der Aus- schußfaffung angenommen. Die dritte Lesung der Vorlage konnte heute noch nicht vorgenommen werden, da sich die Parteien nun erst über die Höhe der Sätze der Wohnungsbauabgabe einigen müssen. Da» Hau» setzte dann die zweite Veratung der Steuervorlage fort, die es am Sonn- abend wegen der Obstruktion der Sozialdemokraten abgebrochen hatte. Die Sozialdemokraten beschränk- t« sich diesmal darauf, geg« den Artikel zu stimmen, der die Bewertung von Devisen und Wert- papieren regelt und der mit den Stimmen der bürgerlichen Parteien angenomm« wurde. Es folgte Artikel 3, der die Berücksichtigung der Geldentwertung bei der Zahlung der Steuer regelt und für jeden Monat des Verzuges einen gesteigerten Zuschlag versieht: 15 Prozent bei einem Monatsverzug, 30 Prozent bei 3 Monaten Rückstand. Bei Abgabe der Steuererklärung soll der Bettag nachgezahlt werden, um den die Einkommen steuer die auf die Steuerschuld geleistet« Voraus zahlungen und die im Vorjahr durch Lohnabzug ein- geholten Steuerbeträge übersteigt. Rach ein«-längeren Aussprache vertagt« sich das Hau» abend« 8 Uhr aus Mittwoch 2 Uhr. Sie kennen Zeurio nichts da» frage» Me Ihr« Nach» Kari», -t» sagt Itznr», -aß Zeart» -aushaltseif^ mit Fe« -t« ist.
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