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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.03.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-03-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192303154
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230315
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230315
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-03
- Tag 1923-03-15
-
Monat
1923-03
-
Jahr
1923
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voaa vlag, 6 en 16. LLLr» L«1p»lg«r T«g«dl»ßr «ü Saa6Ä»«tt«>s S«N« S ?LLesberirkt Neuer Zuckermangel? Die Tage der großen Zuckernot während der Kriegrzett, in der selbst Kinder kaum das zur Lebens- erhaltung notwendige Quantum an Zucker erhielten, ist nocb m frischer Erinnerung. Dieser Mangel, der angesichts der Bedeutung des Zuckers al, Volks- Nahrungsmittel nicht unterschätzt werden darf, er- langt gegenwärtig wieder erhöhte Bedeutung, denn in der deutschen Zuckertndustrie gehen wichtige Dinge vor. Die Frage, ob freier Handel oder Zwangs- wirtschaft künftighin auf diesem Industriegebiete Geltung haben sollen, muß demnächst gelöst werden. Die Angelegenheit ist um so wichtiger, als die Ge fahr einer erneuten, gegenüber der Ariegszeit ver- schärften Zuckernot in unmittelbare Nähe gerückt ist. Der Februar ist vorüberaegangen, ohne dir end gültige Lösung der Frage gebracht zu haben, wie sich die Bewirtschaftung des Juckers im kommenden Be- triebsjahre gestalten wird. Immerhin ist ein Schritt vorwärts getan morden. Der Unterausschuß für Landwirtschaft und Ernährung im Reichswirtschafts- rat hat sich für freie Wirtschaft ausgesprochen, und der wirtschaftspolitische Äusschrrß des Reichswirt- schaftercttes hat diesen Beschluß bestätigt; auch der Preußische Landtag hat sich in gleicher Weise ent schieden. Es kann daher wohl angenommen werden, daß die Reichsregierung sich beschleunigt mit der augenblicklich wichtigsten Frage auf dem Gebieft des Zuckers befaßt und zu dem Beschlüsse kommt, die freie guckerwirtschaft mit dem Beginne des nächsten Betrievsjahres wieder aufleben zu lassen. Nur wenn das geschieht und wenn die Entscheidung so schnell wie möglich erfolgt, wird die Garantie für einen ausreichenden Rübenanbau in diesem Jahre gegeben sein. Nian sollte sich keinen Täuschungen überlassen, nach dem Rezepte, es wird auch so geqenl Bei Auf rechterhaltung der Dreiviertelzwangswirtschaft im nächsten Jahre würde ein Zuckermaugel einsetzen, wie wir ihn selbst »ährend der Krregseit nicht ge- Kein Zeitpunkt ist geeignet«, al, der jetzige, alte Fehler wieder gut zu machen. Notwendig ist dabei aber, daß die Reichsregierung ihre Sntjchei- düng nicht auf die lange Dank schient. Die Felder einteilung wird diesmal sehr frühzeitig vor sich gehen, und der Landwirt muß wissen, woran er ist. Di« Zuckerfabriken, deren Herstrllungsmogl,chkeiteu von Zucker in den Jahren der Zwangswirtschaft un natürlich geschmälert worden sind, warten nur darauf, durch frei« Vereinbarung mit den Land wirten einen möglichst umfangreichen Rübenanbau herbeizuführen. Man nimmt in Industriekreise» nicht an, daß die frei« guckerwirtschaft eine Verteue rung de» Zuckers nach sich ziehen würde. Vielmehr glaubt man, daß das Gegenteil der Fall sein wird, wenn der Terminmarkt seine Rolle als preis- aus-keichen-er Faktor wieder aufnehmen ann. Der Berkehr in Zucker hat sich im Februar nicht normal gestaltet. Die Hoffnungen auf eine Er zeugung von 32 Millionen Zentner Rohzuckerwert hoben etwas herabgeschraubt werden müssen, wegen der langen Berarbeitungszeit der Rüben, die die Ausbeuten naturgemäß stark herabdräcken. Immer- hin ist für den Bedarf, wenn auch nicht reichlich, fo doch durchaus nicht unbefriedigend gesorgt. Aus-- landmpicker kann nur wenig herein, und dsxnte aus- schließlich den Bedürfnissen der Zucker Mnrbeiten- den Industrien. Di« Aussichten für die Rübeuausfaat ftuü gut. Es fehlt nicht an hochwertigem Rübensomen, ,md die Felder haben die nötige Feuchtigkeit. Tritt neben den Dille» der Landwirte, der sich nach de« Maß nahmen der Reich»r«gierung richten wird, die Mög- lichkett der Beschaffung ausreichenden Stickstoffs (me Aussichten sind nicht schlecht) und die Erhaltung ge nügender und au cd schaffender Arbeitskräfte, dann kann der Zuckerversorguny de» nächsten Iah«« eft» günstiges Vorzeichen gestellt werden. Ei» reicher Armer. In Baiuülkirch bei Miln- chen starb ein 83jähriqer, von Verwandten unter stützter Bauer, anscheinend völlig verarmt. Er hinterließ eine Anzahl bayerischer Prinzregenten, taler und 43 000 Mark in Gold. Frau von Pollak entmündigt. Au» Wien wird berichtet: Eine der populärsten Frauen Wiens, di« im 78. Lebensjahre stehende Frau Mathilde Pollak- Parnegg ist wegen geistiger Schwäche entmündigt worden und zu ihrem Kurator wurde ihr Sohn Sa« in Berlin N ' Von AIsvunE Nachdem ich einige äußerst stttenstreilge und kon- oentionelle Bälle mitgemacht hatte, den Presseball, den Ball der Iuryfreien, den Sturm-, den Feuer, reiterball: beschloß ich, einmal wenigstens, wie man so sagt, mich auszutoben und über die bekannten Strange zu schlagen. Ich zog mein schwarzes, italie. nisches Hemd an, worin ich so dämonisch aussehe, und b^ab mich nach dem Berliner Norden iu „Mampes Festsäle", wo ein .Alpenball mit diversen lieber- raschungen, Kulmbacher vom Faß", angezeigt war. Ich betrat, nicht ohne Herzklopfen, die Garderobe, denn die Ahnung kommender Sensation ließ mein Blut hinter den Schlafen sausen. Ich bezahlte sechs Mark Entree, eine Portiere ward zurückgeschlagen, und ich befand mich, völlig verzaubert, in einem rosa verrußten Saal, der im Stil eines proletarischen Rokoko gehalten war. Eine Kapelle begrüßte mich mit dem klassischen Liede .Servus du", das i» dieser Gegend sich immer Selbstmörder aus glücklicher oder unglücklicher Liebe vorspielen lassen zu pflegen oder vorzulassen svielen pflegen. Entschuldigen Sie di« Kon- struktton dieses Satze». Er ist nicht ganz klar. Ich auch nicht. Denn ich komme eben, mit Erinnerung und einem jungen Kaninchen (dem Tombolagewinn) beladen, erst au« dem Fest zurück. Und das Kulm bacher hat» in sich. Aber fahren wir in der chrono- logischen Darstellung fort. Nach dem -Servus" folgte die prachtvolle Schieberpolka: -Laß mich mal, laß mich mal unter dem Laternenpfahl in deine Augen seh n." Ich ergriff ein Rotkäppchen, da» neben mir versonnen stand und sich gerade den falschen Zopf aufsteckte, an der schwieligen Hand und stürzt« mich in die Wogen des Entzückens. Ich tobte, ja, selten habe ich mich so ausgetobt. Ich fühlte mich dem Rot käppchen gegenüber in der Rolle de» Wolfes. Ich brüllte, ich schlang meine Tatze» wild um da» be- stürzte Kind. Di« Leidenschaft ging mit mir durch, und ich bestellte, meiner Sinn« nicht mehr mächtig, zwei Kulmbacher und zwei Paar Bockwürste mit Solat. Heute sollte einmal etwas d'raufgehen. Und wenn ich fall«. Lebeurfrendel Uebrrmrft! Ropschj, Fritz Pollak-Parneaa, Chef der Textilftrrrra Hermon» Pollak Söhne, bestellt. Der Frau Pollak wert« die bekannten Anssprüche in den Mund gelegt, die als Pollakwitze große Popularität erlangt haben. Selbst Sigaalzeiche» werden «stylen. Zn der Nähe von Preußisch-Börnicke bet Halle stahlen Dtebe ein Haltesignal der Eisenbahn. Sie wurde» aber entdeckt, al« st« es auf einem Wogen zu einem Althändler nach Hecklingen brachten, der sofort Ver dacht schöpfte und die Burschen verhaften ließ. MMionenöiebftLhle in Erfurt Umfangreiche« DiebftLhle« i» Echrch- warerr ist di« Erfurter Kriminalpottret auf die Tpur gekommen. Die Diebe, Au- gestellte vo« Erfurter Schuhfabriken, haben ihr unsauberes Handwerk schon länger als ein Aahr betriebe« und fSr etwa 40 Millionen Mark Leder entwendet. Das gestohlene Gut fand willige Abnehmer bet verschiedenen Heh lern, die die Waren nach auswärts, so anch nach Leipzig verschoben habe«. Wir erhalten dazu folgende» Bericht: I» einer Fabrik in Erfurt-Nord «utweudete» der Nachtwächter Paul Teichert und der Iufchaeider Karl Herz, die beide iu der Fabrik beschäftigt waren, durch mehrfach« Einbrüche Oberleder, wasser dichten Stoff «nd Futterstoffe iw Gesamtwert« »o» etwa 3 Millionen Mark. Mtt de» gestohlene» Leder «sw. trieben sie einen schnmughaftea Ha» del, der ihnen große» Gewinn einbrachte. Al» -ehler war ben bisher festgesteLt der Reisende Fridoli» Rüb ling, Zuschneider Willi Wiukler, Kaofmcmn Otto KS tschau und Zuschneider August Frank«. Sir alle werdra sich voraussichtlich wegen gewerb»- mäßiger Hehlerei -u verantworte» haben, waroof bekanntlich Zuchthausstrafe ruht. Der Begünstigung hat sich Frau Frieda Schabyla» schuldig gemacht. Sin Teil des Leders wurde vo« de» Hehler» bereits nach Leipzig, Zeitz, Eisenach und Weißenfels weiterveräußert. Da» Diebesgut koaute »»» «eit«»« größten Teil wieder herbeigeschafst werde». Die Haupttäter wurde» d«m Amtsgericht zugefShrt. Während in de» vorstehende« Fällen Diebstähle von grüßere» Menge» im etnzel»en Falle t» Frage komme», umrde» la andere» Fabrik« zahlreich« kleinere Diebstähle von eiazelae» Felle», Sohle» und Schäfte» «sw. (vielleicht 12V Diebstähle) vo» Schuhmacher Hug» KLst » er. de» Schuhmacher Paal Schmidt und »ar alle» de« Zuschneider Friedrich Weigel »»»geführt. Die Fell«, Leder, Zuschnitte, Sohle» usw. setzte» sie a» de» Schuhmacher Richard Habermau» ab, der sie gemeinschaftlich mtt Kästner z» Schuhe» verarbeitete «d verkaufte. Bis setzt habe» sie zugegeben, davon etnm 70 Paar Schuhe »»gefertigt nud «erkauft zu habe». Sine große Anzahl vo» Aelle», Lederznschnttt«, Sohle» u. a. konnte »ach beschlagnahmt »ad dem Bestahl«« znrückgegebeu »erde». Netter hat sich der Schuch- macher Angast Henze l» der Fabrik, t» der er be schäftigt war, de« Diebstahl, schuldig gemacht, und außerdem noch durch Aouahme gestohlene» Ober leder» non Habermaua Hehlerei getrieben. Der Schuhmacher Walter Sithlfleisch hat vo» Schmidt fortgesetzt gestohleue Sahl« erhalt« «ud seine Ge- »off« dadurch mit erhebliche» Snmm« geprellt, daß er größere Poste» Leder anaahm, sie aber einfach nicht bezahlte. Bo» der Leipziger Krimianlpaltzai wird uns auf aasere Anfrage bestätigt, daß ei» beträchtlicher Teil de» gestohlenen Leder» »ach Leipzig geschafft und hier bei mehrer« Häudle« auch vorgefimd« wurde. Allem Auschet» »ach sind diese Händler aber vo» de» Hechler», die in Erfurt selbst ei« LedervertriebsgefchSft «nbttchielt«, über d« Ursprung der War« im unklar« gelassen worden. Die weitere llatersmhuag der Angelegen heit liegt in den Hände» der Erfurter Laudes- polizei. Die Berliner Giftmischerinnen Berlin. 14. «Lrz. Der Giftmardprozetz gegen die drei angeklaajen Frauen Klei», Nebbe und Riemer nah« vor de» Schwurgericht IN seinen Fortgang. Der Gerichtshof versuchte, für kurze Zeit die Oeffentlichkeit wieder herzustellen. Das erwies sich jedoch al« unmöglich, da die Briefe, die von Frau Klein an ihre Mil- angeklagtr Nebbe gerichtet worden sind, so viele heikle Stellen enthielten, daß sich da» Gericht veran laßt sah, bei der Verlesung dieser Schriftstücke dir Oeffentlichkeit wieder auszuschließen. Vorher umrde »och eiu« Reihe von Zeugen ver nommen; unter ihnen befand sich die Mutter der An geklagten Klein, die vor den Geschworenen eine An- zahl Wäschestücke ausbreitete, mit der Erklärung, daß der Ehemann Klein seiner Frau die Wäsche vom Leibe gerissen und zeitweise wie ein Rasender getobt habe. Anderseits traten auch Zeugen auf, die dem verstorbenen Klein ein gutes Zeugnis ausstellten. Arbeitgeber und Arbeitskollegen Kleins bezeichneten ihn al» intelligente» und sehr fleißigen Mann, über den nicht» Nachteilige» bekannt geworden sei. Tine Klarstellung in dieser Hinsicht war nicht zu erzielen; denn schon der nächste Zeuge bezeichnete Klein wieder als jähzornigen, gewalttätigen Menschen, über dessen Roheit Frau Klein sich oft beklagt habe. Frau Klein selbst brach, al» ihre Mutter vernommen wurde, in Tränen au». Frau Nebbe, die um ihre mitangeklagte Freundin noch jetzt sehr besorgt zu sein scheint und sie noch Möglichkeit zu entlasten sucht, vermochte ihre Bewegung nicht zu meistern, als sie Frau Klein weinen sah; dies ging ihr so nah«, daß sie ebenfalls heftig schluchzte. In den erwähnten Briefen ist immer wieder in überschwenglichster Weis« von dem Freundschafts bunde der beiden Frauen die Rede. Die Briefe be- ginnen meistens mtt der Anrede: .Mein einziges Lieb", »mein teures Gretchen" usw. Auch der Hatz gegen die beiderseitigen Ehemänner kommt zum Aus druck. So schreibt Frau Klein einmal: »Ich lebe ja nur für Dich; es wird di« Zett kommen, wo ich mich an Klein Mr da», was er mir angetan hat, rächen werde. Ich tue ihm noch etwa« an!" Lin anderer Brief klingt ganz verzweifelt: -Alorgen hole ich Lysol Mr mich, aber vorher bekommt er noch etwa» ab." Der nächste Brief lautet: -Klein ekelt mich an. Ich seh« nun ein, daß ich es doch machen muß " Wieder ein andermal heißt es: -Rache will ich üben, mein einziges Lieb. Darum arbeite ich darauf hin, von »h» loszukommen? Aus Liebe zu Dir." Lin Passus lautet: -Wir müssen vorsichtig sein, damit er nicht» merkt." Die Angeklagte Nebbe bemerkt dazu, diese Wendung habe sich auf den Plan bezogen, eine ge meinsam« Wohnung zu nehmen und die Ehemänner nn Stich zu lassen. Wichtig ist ein Brief, der von Frau Nebbe stammt und der Polizei in die Hände geraten ist. Frau Nebbe schreibt: „Wenn Du Rattengift bekommst unS machst es, dann sei vorsichtig, damit Du nicht auf viele Jahr« in» Gefängnis kommst. Du bleibst für uns di« alte. Wir werden alles beschwörem Mama und ich holten zu Dir." Im nächsten Briese berichtet Frau Klein, daß ihr Mann ganz krank nach Hause gekommen sei; er habe zum Schwitzen «innehmeu wollen. „Das macht sicher da» Zeug, da, drin sitzt. E« sitzt in den Gliedern fest. Aber es geht mir alle» nicht schnell genug." Etwas später fügt Frau Klein hinzu: -Er kommt nicht mehr recht auf di« Beine. Es dauert seine Zeit; aber ich lasse nicht mehr locker." Vorsitzender (zur Angeklagten Klein): .Sie rech neten also mit dem sicheren Tode Ihres Manes?" Die Angeklagte Klein schweigt. Die Verhandlung wird fortgesetzt. ver Mord am wiesenhauL Zwickau, 14. Marz. (Eigener Drahtbericht nnseres Mitarbeiters.) Gestern nahm der Lensationsprozeß seinen Anfang. Vor dem Schwur gericht begann die Verhandlung gegen den früheren Husarenleutnant Lorenz Köhn, der unter dem Verdacht steht, seine Geliebte, die Direktrice Grete Müller, im vergangenen Frühjahr beim Wiesen baus im Erzgebirge ermordet zu haben. Der nocd nicht 23 Jahre alte Angeklagte antwortete auf die Anklage: „Ich fühle mich nicht schuldig." Eingehend schilderte er, wie er seine Geliebte kennen gelernt und mit ihr zusammen gelebt hatte. Sie seien beide wiederholt in Geldschwierigkeiten geraten, auch sei es wiederholt zu Eifersuchtsszenen gekommen, an denen er selbst, wie Köhn aussagte, schuld gewesen sei. Die Anklage behauptet, daß Köhn die Direktrice durch zwei Kopfschüsse getötet, und daß er dann ihre Wertgegenstände und Pelzsachen sich angeeignet und verkauft habe. Bei allen diesen Anschuldigungen bleibt der Angeklagte vollständig ruhig und ver teidigt sich äußerst geschickt. Der Angeklagte schildert dann die Vorgänge an dem kritischen Tage, am 34. März 1922. Noch Köhns Darstellung hat er am Bormittag allein eine» Spaziergang durch di« Schneelandschaft unternom men, wozu er eine große Schaufel mitgeführt Hal Damit wollte er sich einen Weg durch den tiefen Schnee bahnen. Am Nachmittag will er dann mit seiner Geliebten den verhängnisvollen Spaziergang angetreten haben. Vor dem Weggänge habe sich Fräulein Müller die Schlüssel zu der gemeinsamen Reisetasche erbeten, und bet dieser Gelegenheit habe sie wahrscheinlich auch seinen Revolver genommen. Auf dem Spaziergang hab« sie ihm wiederum eine heftige Eifersuchtsszene gemacht, bei der es zum end gültigen Bruch gekommen fei. Dann sei sie weinend davongegangen. Bei einem Kreuzverhör, in da» der Vorsitzende den Angeklagten nunmehr verwickelt und in dem er ihn auf verschieden« Widersprüche in feinen Aussagen aufmerksam macht, weiß sich Köhn stets geschickt herauszureden. Auf Befragen der Verteidigung er- flärt Köhn, daß der eigentliche Streit zwischen ihm und seiner Geliebt« aus sexuelle« llriachen em- standen fei. . , .... Ein rätselhafter Lisenbahnattentat Wie au« Vervier» in Belgien gemeldet wird, ist eiu Anschlag gegen die Eisenbohnbrücke zwischen Montzen und der Bahnstation Aachen-Dest verübt morde». Line Bombe, die au der Drück« gefunden umrde, platzt« gegen )48 Uhr morgen». Die Schienen wurden aufgeäfl« und mehrere in der Nähe des Bahndammes liegende Häuser zerstört. Ein weitere» Unglück umrde durch die rechtzeitige Sperruim der Strecke oerhvtet. Di« Untersuchung ist eingelettet. GcheMchüfteri» Mr et»« Ai«-. Eine kürzlich gegründet Agentur veröffentlicht in den Re« Parker Aeittumen folgende Annonce: „Wem, Sie i» New Port fremd find, «em, Sie eine gut« Gesellschaft neben mrd wenn Sie einen angenehmen Abend zu verbringe» wünschen, werde» wir Ihnen eine jung«, hübsche und intelligente Dame vorstellen, die sowohl bet Tische al» im Theater eine ausgezeichnete Gesell schafterin sei» wird. Diese Einladung richtet sich nm an wohlerzogene Männer, die für einen Abend eine wohlanständige Zerstreuung suche»r. Preis 23 Dollar." Die Agentur, die, wie berichtet wird, gut« Geschäfte zu machen scheint, erklärt, daß sie über die betreffen- den jungen Damen sehr eingehend« Erkundigungen einzieht. Sie müssen einen Kontrakt unterzeichnen, auf Grund dessen sie sich verpflichten, sich des Ge nusses von Likörs zu enthalten, und ihren Gesell- schastern zu erlauben, sie nach Haufe zu begleiten Der Berichterstatter eines Blatte», der Kunde der Agentur ist, erklärte, er habe durch Vermittlung die ser Agentur Abende verbracht, die sich genau in de» von ihr vorgezeichneten Nahmen abgewickelt hätten. Bär«». u»b Wolfsjagd iu Köntten. In de, Gegend vo» Gottschee hat ein Grundbesitzer eine« Bären im Gewicht von 188 Kilogramm erlegt. 3» selb« Revier wurden auch vier Wölfe festgestellt, doch konnte bisher noch keines dieser Raubtiere er legt werden. .. so hieß die Parole. A« den Wänden «üfttte et» kernbayrffcher Spruch: Und wen« mein Dirndl Ein Rosenkranz war'. Nach« tat i davon lebe:», Wenn er no so lang wär. » Juhu! Zudu! schrie auch ich und trank dem TonMeifier zu, einem freundlichen, beglotzten Herr», der an Wochentagen das Amt eines Gipsers versieht. — — Mein Dirndl schleppte mich, durch meine leicht fertigen und auffallenden Ausgaben auf mich ein- dringlich aufmerksam gemacht, an einen Tisch, wo ihre Familie saß; ein biederer Mann au» dem Volke, 1» seinen Konfirmationsgehrock gehüllt, und sein« Gat- tin, geborene Mücke, die aber wie ein Elefant auv- fah- » Sie trug ihr Hochzeitskleid, da» die Spuren italie nischen Salates aufwies, in Ehren. Liesch« präsen tierte mich ihren Ahnen. Ich war begeistert und be stellte einige Runden Kognak. Ich weiß nicht, was beim Mondscheinwalzrr — der Saal wurde i» mystische Dämmerung gehüllt — mit mir vorging. Lieschen schluchzte an meiner Brust vor Seligkeit. Zum Andenken steckte ich ihren falschen Zopf in mein« Tasche. L» wurde spät. Man erhob sich. Ich er zähle den Damen des geehrten Mittelstände» ja nicht» N-ues, wenn ich ihnen verrate, daß die strengen Sittengrundsätz«, wie sie am Kurfürstendamm üblich sind, im L. und NO. — leider keine Geltung habe». Doch lebt dort ein gutmütige», wenn auch derbe» Völkchen mit primitiven Sitten. Ls kommt urm Beispiel öfter vor, daß der Ballherr der Tochter, wenn er weit wegwohnt, von deren Eltern eingelad« wird, doch mit einem bescheidenen Kämmerlein t» ihrer gurbiirgerlichen Wohnung vorlieb zu nehm«. Also auch ich. Ich fürchtete meinen Freund« durch eine Ablehnung weh zu tun, und nahm do» Nachtquartier, das mir ihre fast korsisch anmutend« Gastfreundichaft bot, in der Tieckstraße dankend «. Nachdem ich mich noch i» aller Eile mit Lieschen ver lobt hatte, begab ich mich am nächsten Tage, über- nächti». aber durch einen gesunden Schlaf auf Mut ter Mücke» Kanapee erquickt, »ach Hause, da» Tom- brla-Kaninchen i» einer großen, beoümen Tüte t» Der link«, Lieschen, di« zu ihrer Pflicht bei IuuDoef tOte, an der rechte» Hmich - E» war «in unvergeßlicher Abend. Leider hab« ich völlig Liesch«« Nachnamen vergessen und ihre -«-rett«. Aber fi« weiß auch die »ein« nicht. So hebt sich »a, wieder yuj. Ja: wunderbar find di« Neqe de» Schicksol» vrrer E» ist gerade «in Jahr her, daß man, zu» ersten Mole, van Buer sprach. Damals feierte Buer ein freudige» Ereignis: die Ankunft seine» 100990. Bürger» in Gestalt eine» kleinen Bergmanns- töchterchen», de« 11. Kinde» dieser gesegneten Familie. Seither, feit dem L. Februar 1922, ist Buer in die Reihe der deutsch« Großstädte eingetreten, deren jüngste e» bi» »um heutigen Tage geblieben ist. Aber wenn «an hier von Großstadt spricht, darf man nicht di« Maßstäbe anlegen, die «an sonst mit dem Begriff einer Großstadt verbindet. Im Herz« der Stadt, am Altmarkt, in der Hochstraße und Essener Straß«, mischt sich jüngste Entwicklung wit über kommenem au» früheren Kletnstadttagen. E» spricht nicht gegen die Stadt, daß ihr Bild noch vorwiegend Kleinstadtcharakter trägt, uns daß die großstädtischen Errungenschaften, ihr« modernen Kaufläden, der z» manchen Stunden recht lebhaft« Verkehr noch ein wenig fremdartig in . der Umgebung an mutet. Und so findet man im Herren von Buer Derkehrspunkte, an denen zu gewissen Zeiten lebhaftes Treiben herrscht; wenig« Minuten abseits freilich gähnt die verträumte Stille einer scheinbar schlummernden Kleinstadt. Diese Gegensätze find voll Reiz» zumal in sonnigen Frühlings- und Eommertaaen, wenn über den weiten, grünen Flächen und Feldern, wenn iit den Kronen der alten Kastaniendäume die Vögel zwitschern und weiße Wolken am blauen Himmel stehen. Aber in dieser jungen Industriestadt reckt sich auch in ihren charakteristischen scharfen Liniei die moderne Technik empor; nichtige Fördertiirme, langgestreckte Hünen und Halle», dröhnende Maschi »en und schw»rzer Qualm der Schornstein« lassen erkennen, »a» in einem einzigen Menschenalter diese-. Gemeinwesen hat zur Großstadt »erden lassen. Scho« einmal in feiner Geschichte hatte Buer unter smmzöfsschen Drangsal« sch»« M leide». Es war t» April 1787, al» französische Truppen in den s Ort eMeMckbmt imd 14 im QmnEer la^n 17W kam wieder ein französischer General mit 3000 Ma» nach Buer. Im Stt>at»archio zu Münster findet fit» noch eine Aufzählung aller der Dinge, di« die Fran zosen damal» raubten. L» waren Gerätschaften u»d Vorräte, Gold- und Stlbersach«, Kleider, Lebens^ mittel, Hühner — kurz, alle», was den Heerhauftn de« Mitnehmen» wert erschien, wurde roeggeführt Obwohl die Franzose» in jenem Jahre bei Krefeld geschlagea wurden, standen auch 1789 noch große Teil- ihrer Streitkräfte am Niederrhein, und wiederum rückt« ein Häuflein französischer Kriegsleute nach Buer, wo beide Bürgermeister zu wiederholtet: Malen gefangen fortgeschleppt wurden — damals also ganz so wie heute. Die französischen Manierei: I)oken sich, wie man steht, fett anverthalb Iahrhun- derten nicht geändert, und was Buer in diese- Tagen von den fremden Einbrechern erlitten hat, glricht auf» Haar den Gewalttaten, di« sich die T«p- pen des Marschall» Lontade» im Jahre 1789 in Brn-r zuschulden kommen ließen. , . ... SttW« »tt den Kitlekhle». Bon dem vetamwrn Dirigenten Stockhausen erzählt Siegfried Och» in seincm Lrinnerunqsbuch „Geschehenes—Gesehene»", daß er an den Lhor, den er leitete, häufig salbungs volle Reden richtete. Sine» Tage, hielt er an feine Sänger, zu denen auch der bekannte Maler Paul Meyerheim zählte, eine Ansprache, die weniger in. haltsvoll als wortreich war und mit den hochtönen den Worten schloß: „Meine Damen und Herren, Ihre Stimmen müssen bei diesem Stücke knien." Sofort hörte man Meyerheimv Stimme über den ganzen Lhor hinweg den Vorschlag machen: -Rn, dann können wir ja aus den Kniekehlen singen!" »u» den rbeatervureau». <S <-a u s p i e l h a u k.> kyllr den am Hrünbonnerriag m einer Aeinnttenterunn zur AuMiVruiin ren«mc»weu .Wilhelm Teil- wtrr> der Vorversaut auSnorn». ",'rts, j<n»n am «imvoc» er »er»sf -Meine »der F»ibt «: Die »amftrovde de» Sedriftfieaer«; .. «tu neu entdeckte» «rzLblerUUem, erste augerorvenNtcd kühne Novelle: Olga": »a» «ostM einen »rief an »eia, der .«eg« den Ma«er«<M*mMt." „kv« TagriMSi", mcausacaeveir von Itesan ülra»' mann unr» Leopold «MvarzlcdNd lverlaa Ernst -in- wcchlt, Berlin» entdült in Ar 9 außcr vom raaevua, der Zeit. Taqehuth der Wiriscvaic niw. einen ausführlich,u Aufsatz vo» S«ov»ld Lewvor,lcvtld: Da» zweite -iuven dura- d» stortletzuna der Artikelserie üder
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