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Deutscher Reichstag (Fortsetzung von Seite 1) Abg. Marx (Zentrum): .In dieser ernsten Stunde harrt auf unsere Verhandlungen nicht nur da» deutsche Volk, sondern die ganze Welt. Die kämpfende Bevölkerung im Ruhrgebiet und am Rhein wird kein Verständnis haben für die Szenen, die sich hier rechts und links abgespielt haben. (Leb hafte Zustimmung der Mehrheit.) Diesem Abwehr kampf ist besser gedient, wenn die Verhandlungen wieder würdigere Form annehmen. Den Optimismus, mit dem Dr. David die Stimmung des französischen Volke» beurteilt, kann ich nicht teilen. In der west deutschen Bevölkerung war selbst im Weltkriege gegen Frankreich kein Hasß vorhanden. Erst durch das brutale Vorgehen Frankreich» nach dem Kriege ist dieser Haß erzeugt worden. Das sollte der französi schen Regierung eine Lehre sein. Denn es liegt im allgemeinen Interesse, daß die Beziehungen beider Nachbarvölker wieder freundlicher werden. Wir stehen leider trotz der flagranten Rechtsbrüche Frank reich« allein. Aber wir haben weit mehr als im Weltkriege einmütig die Ucberzeugung, daß das Rcht auf unserer Seite ist und das Unrecht auf französischer Seite ist. Wir haben zum Reichskanzler das Vertrauen, daß er jede Möglichkeit für eine Verständigung Wafftnehmen wird. Jetzt muß Frankreich endlich de« Vcrständigungswillen zeigen. (Die Sitzung dauert fort.) N.^rdebatte im englischen Unterhaus London, 6. März. Im Unterhaus erklärte Bon ar Lato: „Wir glauben in diesem Augenblick nicht, daß ein Ein greifen nützlich wäre. ES würde von Frankreich als feindliche Handlung aufgefaßt werden " So dann wies Bonar Law darauf hin, daß die Be sorgnisse, die der Einmarsch in das Ruhrgebiet im Unterhaus hervorgerufcn habe, von der Regie rung geteilt würden. Solange aber die fran zösischen Staatsmänner überzeugt seien, daß ein Druck auf Deutschland wirksam wäre, sei es nach Auffassung der britischen Negierung nutzlos, eine Vermittlung anzubahnen. Namsah Macdonald bracht« einen An trag der Arbeiterpartei ein, in dem das Haus ersucht wird, zunächst die Kammern Frankreichs und Belgiens auszufordern, je einen Ausschuß aus allen Parteien zu ernennen und mit einem gleichen Ausschuß des Unterhauses wegen der Be setzung des Ruhrgebietes im Zusammenhang mit der Frage der Sicherheit und der Wiederherstellung Informationen auszutauschen und zu beraten. Ramsah Macdonald erklärte, Deutschland sei heute weniger imstande, Reparationen zu leisten al» zu der Zeit, da Frankreich in das Ruhrgebiet ging, um sie zu holen. England müsse Deutsch land veranlassen, sich zu erklären. Lord Cecil sagte, die einzige internationale Körperschaft, die die Fragen der Reparationen und der Sicherheit behandeln könne, sei der Völkerbund. Gr sei der Ansicht, daß England und Frankreich in vollem Einvernehmen miteinander wirken müßten, meinte jedoch, daß gewisse Tatsachen in der deutsch feindlichen französischen Politik beunruhigend bis zum Acußcrsten seien. — Das nationalliberale Par lamentsmitglied Murray erklärte, keine Aktion dürfe unternommen werden, welche die Stellung der augenblicklichen deutschen Regierung untergraben könnte. Die englische Negierung Hal gestern bei den Tr- gänznngswahien eine neue Niederlage erlitten, die dritte innerhalb dreier Tage. Der Regierungs sekretär im Schatzamts Mister Hills war als Kan- Verschwörung in München München, 7. Mär». Si«enerDra»1»ericvtde» Leipziger r»,e»1»,te» ES wird Henle bekannt, dah eine Anzahl von Persönlichkeiten, die ausserhalb der Parteien stehen, eine gewaltsame Aende- rung der bayerischen Verfassung geplant hatten. Von den bisher verhafteten fünf zehn Personen wurden sieben dem Richter übergeben, die anderen wurden vorläufig freigelassen. Professor Georg Huchs, Schriftsteller, und Kapellmeister MachauS werden als Hanptbeteiligte genannt. An die Angelegenheit verwickelt war ferner der frühere RechtSrat der Stadt München Dr. Kühles, der fich gestern in feiner Wohnung erschossen hat. Er war am 28. Februar festgenommen, jedoch einige Stunden später wieder freigelassen wor den. Kühles war mit einer Schwester des Grafen Karl v. Bothmer verheiratet. Die Angelegenheit, über die bisher nichts Genaueres zu erfahren war, wird dadurch nicht klarer, datz die genannten Persönlichkeiten politisch nicht ganz auf demselben Bode« zu stehen scheinen. Bei Kühles lassen seine persönliche« Beziehun gen zu dem KönigSmacher Grafen Both mer allerdings vermuten, dah er, der früher als Angehöriger der Rationallibe ralen Partei zu betrachten war, sich nun mehr den Bothmerschen Ideen zugewendet hatte, die die Schaffung einer süddeutschen Monarchie unter Trennung vom Reich zum Gegenstand hatten. Huchö, seinerzeit Regisseur des Künstlertheaters in der Münchner Gewerbeschau, und der sonst wenig bekannte Kapellmeister Machau dürften Herrn von Kahr und den vater ländischen Verbänden naheftehen. Die bayerische Polizei fährt in der Untersuchung dieser geheimnisvollen An gelegenheit mit grotzer Energie fort. Die amtlichen Stellen verweigern aber jede nähere Auskunft über die Verhaftungen und auch über die Ziele, die von den Ver hafteten verfolgt worden sind. didnt in Liverpool ausgestellt und erhielt 9250 Stim- men. Er wurde von dem Arbeiterkandidaten Hayes, der 10300 Stimmen erhielt, geschlagen. Paris zur UanzlerreLe Ltg en er Draht bericht de» Leipziger Tageblattes Paris, 7. März. Soweit die Pariser Morgenblätter die Rede ves Reichskanzlers bereits besprechen, bemühen sie sich, die im ersten Teil enthaltenen Anschuldigungen zurückzuweiscn. Die meisten Zeitungen heben in ihren Ileberschriften der Rede Cunos als den Kern punkt hervor, daß Deutschland eine freie und ehren hafte Verständigung wünsche. Der Gaulois bezeichnet die Rede als einen ver hüllten Appell, zu verhandeln. Es sei wahrschein lich, daß bald offiziöse Unterhandlungen beginnen. Frankreich müsse sich darauf vorbcrcitcn, indem es ein klares Programm ausarbeite. Die Oeuvre liest aus der Rede des Reichs kanzlers Cuno heraus, daß dieser selbst ohue sofortige Räumung des Ruhrgebietcs zu Derhanv- lungen bereit wäre, vorausgesetzt, daß die spätere Räumung zugesagt werde. Wels für verhandeln Etreuer Drahtdericht des Leipziger Tageblattes Gelsenkirchen, 7. März. In einer sozialdemokratischen Dezirksversammlung sprach der Parteivorsitzcnde Wels von dem un beugsamen Willen der Arbeiterschaft, den Fran zosen im Ruhrgebiet nichts zu liefern, und be zeichnete den Kampf mit verschränkten Armen als die einzig richtige Methode des Widerstandes. Er sagte noch, daß es zwecklos sei, wenn davon gesprochen würde, daß man keine Verhandlungen eher beginnen würde, ehe nicht das Ruhrgebiet von den Franzosen geräumt sei. Man werde vielmehr darauf dringen, daß man verhandle, aber mit dem Ziele, daß die Er- yebnisse der Verhandlungen die ungesäumte Räumung des Nuhrgcbietes sein müsse. Generosität zum Zeitvertreib Eigener Drahtbertcht des Leipziger Tageblatte» Essen, 7. März. Die vom Militärgericht in Bredeney gegen den Bürgermeister von Essen Schäfer und den Syndikus des Verbandes des Einzelhandels Dr. Guuenz verhängten Urteile auf zwei Jahre Gefängnis und mehrere Millionen Mark Geldstrafe sind von dem Kriegsgericht in Mainz als Revisions instanz aufgehoben worden. Es handelt sich um einen Formfehler, den die zweite Instanz als ge nügenden Ncvisionsgrund anerkannt hat. Die Sachen sind an das Kriegsgericht in Recklinghausen ver- wiesen worden, wo in der kommenden Woche er neute Verhandlungen stattfinden werden. Gegen den Beigeordneten der Stadt Essen Dostorf, der vor einigen Tagen mit seiner Frau in seiner Wohnung verhaftet wurde, ist jetzt ver handelt worden. Es wurde ihnen zur Last gelegt, daß Frau Bostorf französische Soldaten, die Einlaß in ihr Privathaus verlangten, angeblich, um an der Fcrnsprechleitung für die Franzosen etwas anzulegen, abgewiesen habe. Frau Bostorf sollte vergiftet werden, doch der Beigeordnete trat für seine Frau ein und wurde an ihrer Stelle festgcnommen. Das Gericht sprach den Beigeordneten frei, Frau Bostorf wurde zu 600 000 .<( Geldstrafe verurteilt. Der Stäatsanwalt beantragte, daß bis zur Bezahlung der Geldstrafe der freigesprochene Ehemann in Haft verbleiben solle, dem aber das Gericht nicht stattgab. Die übliche klrroganz aigcner Draht bericht des Leipziger Tageblattes Karlsruhe, 7. März. Im Laufe des heutigen Vormittags haben die Franzosen das Zollamt in Maxau und die an der Bahnlinie Maxau—Karlruhe gelegene Gemeinde Knielingen besetzt. Die Besetzung Maxaus er- folgte durch 50 Maroklaner, die im Wartesaal des Bahnhofsgebäudes untergebracht wurden. In Kuie- lingcn sind 100 Franzosen und 3 Offiziere eingerückt, die in der Turnhalle Quartier bezogen haben. Auf die Aufforderung eines französischen Offiziers, daß der Bürgermeister zu Verhandlungen auf die Straße kommen solle, wurde erwidert, der Bürgermeister sei auf seinem Amtszimmer zu sprechen. Die Fran zosen suchten daraufhin den Bürgermeister in seinem Amtszimmer auf, wo sie verlangten, daß er mit ihnen Quartiere aussuche. Um die Interessen der Gemeinde zu wahren, erklärte sich der Bürgermeister dazu bereit. Angora verwirft den Entwurf von Lausanne Paris, 7. März. Rach einer Havasmeldung aus Kon stantinopel vom 7. März, 1v Minuten nach Mitternacht, besage« offizielle Tele gramme aus Angora, daft die National versammlung beschlossen habe, den Lau sanner Friedensentwurf zurückzuweisen, da er dem nationalen Pakt widerspreche. Die Nationalversammlung weist alle Ver antwortung sür den Hall, dah die Gross mächte auf Annahme des Vertrages nach Geist und Buchstaben bestehen wür den, zurück. Eine bedeutende Majorität hat die türkische Regierung ermächtigt, die Verhandlungen sür den Friedens schluss unter folgenden Bedingungen fortzusehen: Die Mossulfrage, die von höch ster Bedeutung ist, muh binnen einer ge wissen Zeit geregelt werden: die finan ziellen, wirtschaftlichen und die Derwal- tungSfragen müssen entsprechend der vollkommenen Unabhängigkeit der tür kischen Nationalität geregelt werden; die besetzten Gebiete müssen so schnell wie möglich geräumt werden. irein Vormarsch auf München EigcncrDrahtbertchtdcS Leipziger Tageblattes London, 7. März. Dem Daily Telegraph zufolge wird in fran zösischen Kreisen erklärt, daß der von Marschall Foch vorbereitete Plan für eine Aktion gegen Deutschland für den Augenblick keine demonstrative Bewegung gegen München oder eine andere Provinzhauptstadt vorsehs. Die von Frankreich aufgewendeten mili- ' tnriichen Kräfte seien gerade ausreichend, um die Ruhrbeietzung durchzuführen und die rheinischen Eisenbahnen zu beschützen. Wenn in einem späteren Stadium ein weiteres Dorrücken notwendig werden sollte, so werde dies gegen einen Punkt von großer militärischer Bedeutung geschehen. Zleitzner Ministerpräsident? DrahtVvrtcht unserer Dresdner LSrrtftlettung Dresden, 7. März. Die dcutschnationake Landtagsfraktion hat an die Fraktiouen der Volkspartei und der Demokraten ein Schreiben gerichtet, die Wohl des eigenen Fraktions vorsitzenden zum Ministerpräsidenten nicht wieder mitmachen zu wollen. Sie schlägt deshalb vor, die Deutsche Dolkspartei solle als Mittelpartei einen Kandidaten für den Ministerposten aufstellen, die Dcutschnationale Dolkspartei werde für diesen Kandidaten stimmen. Sollte er gewählt werden, dann würde sich die deutschnationale Fraktion auch an der Regierungsbildung beteiliget; sollte keine Wahl zustande kommen, dann werd« die Fraktion für Auflösung des Landtages eintreten. So blamabel nun auch die Haltung der sozial demokratischen Fraktion in dieser ganzen Angelegen heit ist, die Demokraten werden dennoch nicht auf den deutschnationalen Leim gehen. Es hat jetzt übrigens den Anschein, als gelänge auf irgendeinem Wege die Verständigung der Sozialdemokraten mit den Kommunisten. Für diesen Fall würde Minister präsident Buck nicht wieder kandidieren; denn in einem Kabinett, in dem Kommunisten sind, fühlt er sich nicht wohl, und einer Minderheitsregicrung unter ihm geben die Kommunisten nicht ihre Zustimmung. Wie wir hören, soll der bisherige Kultusminister Fleitzner deshalb für den Posten des Minister präsidenten ausgestellt werden. Oer Lrfokg im Leben Dr. Paul Sochler albt in einem VIetgelesenca Dua>:, .ÄcschLftScr,ola rucd Levcnscrsclg- ve- aaxenswcrl« Winke. die auch sür ersahrcn« Kauf leute von Nutzen sein wcrdcu. Er erzählt: Zwei gleichaltrige junge Leut« wurde gleichzeitig in einem Geschäftsbause mit gleichem Gehalt an gestellt. Es bestand also volle Gleichheit. Blieb diese? Nein, denn der eine der beiden — nennen wir ihn A — rückte rasch hinauf, der andere, B., blieb m seiner bescheidenen Stellung. D. war des halb unzufrieden, aber leider nicht mit sich selbst, sondern mit dem nach seiner Ansicht .ungerechten Chef", bei dem er sich eines Tages beklagte. Dieser hörte ihn wohlwollend an und erklärt« sich bereit, ihm den Unterschied klarzustellen. .Herr B.", sagte er, .gehen Eie mal auf den Markt hin über und sehen Sie, was heute früh angeführt wurde." B. kommt zurück mit der Meldung, es sei bi» jetzt nur ein Fuhrmann da mit einem Wagen Nog- gen. .Wieviel?" lautet die Frage. B. setzt noch einmal den Hut auf, geht fort und berichtet bald darauf, daß cs vierzig Säcke seien. .Was kostet der Roggen?" B. geht zum drittenmal und bringt endlich des Bauern Forderung. .Nun", sagt der Geschäftsinhaber zu B., .setzen Sie sich mal auf diesen Stuhl, sprechen Sie kein Wort und hören Sie um so mehr zu." Es wird A. gerufen, der auch sehen soll, was auf dem Markt angeführt worden sei. Bald kommt er zurück und berichtet, der Dauer, der bis setzt allein sei, habe vierzig Eäcke Roggen, er verlange zwar soundso viel, doch sei anzunehmen, daß auch ein billigere» Gebot Annahme finden werde. Der Roggen sei einwandfrei, wie da« mitgebrochte Muster erweise. Der Bauer habe aber auch einige Säcke schönsten Hafer«, der sehr billig sei. Da der Safer für die Pferde zur Neige gehe und man am Platze nicht so vorteilhaft kaufen könne, so rate er, rasch zuzugrei- fen, und habe deshalb nicht bloß ein Muster de« Hafer«, sondern auch gleich den Dauer mitgebrarkst, der draußen warte. Der Geschäftsinhaber nahm den B. zur Seite und fragte ihn, ob er nun wisse, warum A. ein höhere» Gehalt bekomme. Schweigend verließ jener da» Kontor und bald darauf auch das Geschäft. Ob cs ihm anderswo besser ging? E« gibt leider junge Leute, .Drückeberger", die am liebsten sind, wo schon gearbeitet und noch nicht gegessen ist, und denen es fast als ein Unrecht er scheint, heute etwas zu tun, was sich auf morgen aufschieben läßt. Der Ernst und die Lust zur Ar beit fehlen ihnen. Eie halten sich für zu gut, um ordentlich anzufassen. Das sind diejenigen, die nur dann brauchbar werden können, wenn man ihnen eine gehörige Arbeitslast aufladct und sie so lange anspannt, bis sie das Verlangte geleistet haben. Wie da« zu erreichen ist, dafür möge al» Anschauung»- unterricht die Geschichte eines störrischen Pferdes dienen, das doch noch ziehen lernte. Ein schönes, junges und gesundes Tier war es, aber es hatte den gewaltigen Fehler, daß es nur am leichten Gefährt, nicht am Lastwagen brauchbar war. Selbst den leeren Arbeitswagcn ließ es ver achtungsvoll stehen. Um billigen Preis ging es des halb an einen Bauer über, der sich redlicye Mühe mit ihm gab, aber zuerst nichts erreichte. Zwar brachte er das kräftige Tier endlich so weit, daß cs den leeren Wagen in die Sandgrube zog; aber ms dieser leicht bckaden war, half weder Zureden noch Prügeln; denn der Gaul schlug, biß, ging vorn und hinten hoch, zog aber keinen Schritt. Was tat der Bauer? Nachdem er sich überzeugt hatte, daß da» Geschirr gut war und nicht zerrissen werden konnte, lud er auf den Wagen, was drauf ging, machte sich aus den Heimweg und ließ Pferd und Wagen in der Sandgrube stehen. Wenn es Nacht und das stolze Rößlein Hunger spürt, wird es schon kommen und den Wagen mitbringen, dachte er. Und so war »« endlich auch. Spät nacht» hörte man Pferd und Wagen in den Hof einfahren. Nachdem ein paar Tage hintereinander der gleiche Vorgang sich wieder holt batte, trat eine erfreuliche Aeadcrung ein, und der Pauer konnte später sagen, daß der störrische Gaul von dazumal sein bestes Zugpferd geworden Wo ein Streitfall austaucht, der in seinen wei teren Folgen für beide Teile oft nur Verbitterung und manch andere bös« Dinge, abgesehen von Kosten und Zeitversänmnis, im Gefolge hat, sollte eine friedliche Verständigung erstrebt werden. Es ist niemals klug, da» Rckiet nur bei sich selbst zu suck>en und dem andern alle Schuld zuzuschieben. Ein magerer Vergleich ist meist besser als ein fetter Pro- reß." Nachgiebigkeit schadet keinem, kann aber viel nützen. Es läßt Och in dieser Hinsicht sogar von den südamerikanischen Bergzisgea lernen. Im Strom- und Urwaldgebiet begegnen sich diese Tiere öfters auf Naturbrücken, das heißt auf einem über den Abgrund gefallenen Baumstamm. Dann stehen sie mit dem Kopf gegeneinander und können weocr vorwärts noch rückwärts; denn Raum ist nur für eine. Bei Anwendung von Gewalt würden beide in die Tiefe stürzen. Der Streit muß also ver- mieden bleiben. Wenn sie so eine Zeitlang sich feindlich gcgenübcrgcstanden sind und erkannt haben, daß nur Nachgiebigkeit zum Ziele führt, dann siegt der kluge Selbsterhaltungstrieb; die eine Ziege legt sic!) nieder auf den Baumstamm, damit dir andere über sie hinwcgschrciten kann. Frau Färber-Gtrasser scheidet von Leipzig. Nachdem Frau Färber-Strasser von ihrem Gastspiel in Spanien und Portugal zurückgekehrt ist, ist in gegenseitigem Einverständnis auf ihren Wunsch ihr Vertrag mit der Leipziger Oper ge- k'sst worden. Frau Färber-Strasser wird wieder nach München ziehen und sich der Gastspiel-und Konzerttätigkeit widmen. Tie Tenlsch- Thakespeare-Gesellschaft hält ihre diesjährige Hauptversammlung am 22. und 23. April in Weimar ab Den Festvortrag hält der Generalsekretär der Deutschen Schiller-Stif tung, Dr Lilienfein in Weimar. Das Deutsche Nationaltheater veranstaltet eine Auf führung von ChakespearS „Macbeth" in der neuen Uebersetzung von HanSRothe, Le'pzig Rassenschniiffelei an der Wiener Technische« Lochschule. Au« Wien wird uns gedrahtet: Das Professorenkollegium der Wiener Technischen Hochschule hat den numeru» clausus beschlossen und folgendes am schwarzen Brett anschlagen lassen: Die Immatrikulation fremdstaatlicher Be werber wird künftighin auf Grund ihrer tatsäch lichen Eignung unter Bedachtnahme auk die wirt schaftlichen Verhältnisse erfolgen. Für die jüdi schen Bewerber de« Auslandes wird noch be- sonder« bestimmt, daß ihre Immatrikulierung in der Regel nur in dem Ausmaß erfolgen darf, daß die Gesamtzahl aller an einer Fach, schule zu immatrikulierenden jüdischen Bewerber 10 Proz. nicht überschreiten dars. Mit der Durch führung diese« Beschlüsse« wurde ein besonderer Ausschuß b-traut, gegen dessen Entscheidung keinerlei Berufung zulässig ist und dem «S auch zustehen wird, die geforderte Eignung der Be werber in angemessener Weise festzustellen. Röntgen-Augen. Die spanische Zeitung Iwparzial bringt die etwas phantastisch klingende Meldung, daß die beiden Sohne eines spanischen Edelmannes eine so merkwürdige Bildung der Augen besitzen, duß sie durch Metall hindurchsehen können. Bei Pru- fungen, die vor Sachverständigen in Madrid statt fanden, lasen sie Briefe und beschrieben Gegenstände, die in Kästen von Silber, Messing und Eisen ein geschlossen waren. Durch Papier oder Porzellan können sie nicht sehen. Sein Geheimnis. Ein Londoner Richter hat kürz» lich erklärt, daß er noch niemals einen Ehemann kennen gelernt habe, der seiner Frau klipp und klar gestanden habe, was er verdiene. Das ist das .Ge heimnis" des Mannes, über dessen Berechtigung in englischen Blättern gegenwärtig viel hin und her qc- stritten wird. Auch bei uns soll das ja jetzt öfter als früher vorkommen, zumal da die unsicheren Ver hältnisse und die ewigen Schwankungen der Ein- nahmen eine genaue Angabe erschweren. Das Er- gebnis der Umfragen Londoner Blätter, zu denen sich viele Leser äußern, kann man wohl in dem Satz zu- sammenfasscn, daß es auf die Frau ankommt. Ein Mann, der fürchten muß, daß seine Ehehälfte sofort bei der Schneiderin großartige Bestellungen aufgibr, wenn sie von Mehreinnahmen erfährt, handelt gewiß nicht unklug, wenn er ein gutes Geschäft oder einen größeren Gewinn verheimlicht. Dadurch, daß er seine Einnahmen geringer macht, als sie wirklich sink', zwingt er die leichtsinnige „bessere Hälfte" zur Spar samkeit. Wenn er Verluste erlitten hat, so wird sich ein offenherziges Bekenntnis ebenfalls nach dem Temperament der Gattin richten. Bricht sie in ewiges Klagen und Jammern aus und wird qar ihre Gesundheit durch die traurige Nachricht unter graben, dann macht der Mann die Sache am besten mit sich ab. Weiß er aber, daß er bei seinem Lebens- kameraden volles Verständnis findet, daß di« Frau ihm in seinen Schwierigkeiten beistehen und sie mit ihm tragen wird, dann hat er gar keinen Grund, 'hr seine Lage nicht zu enthüllen. Ob der Mann .sein Geheimnis" hat oder nicht, hängt also letzten Endes von der Fran ab, und je tüchtiger und zuverlässiger die Gattin ist, je besser da, Ehcleben, desto weniger wird er zu verbeten haben, desto mehr wird voll kommene Aufrichtigkeit zwischen den beiden Gatte« herrsche» ,