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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.03.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192303038
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230303
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230303
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-03
- Tag 1923-03-03
-
Monat
1923-03
-
Jahr
1923
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l^ipriger LLgedtstt uull Uaaüelsreilturg Reite 4 Xr. S2 LQ»LLt»«ut, «t«» S. LLLr» Vückersckazi Herzls Tagebücher Theodor Hrrzls Tcgedüchcr (Im Maischen Ver la». Berlin) sii»ö Ire-ule bereits da; qejckichKtche Do- kument einer «^losten Utopie. Dreißig Ivhre nach dem Fehlschlag oder znmindrst nach der sehr unvoll kommenen Erfüllung der ztvvtftijcken Idee ist es nicht schwer, die Irrtümer des Zionismus ?u kriti sieren. Herz! mußte für sie blind sein, um mit seinem bewundernswerten Clan und Kamptesmu! fern Fiel verfolgen zu können. In jedem Schrill ron einer zähen, quallci-hasten Skepsis gehemmt, mußte Herz! zwclüeiiscke ^lnwaiidlnnoen seine«» Innern um so heftiger abwehren. Sein Blut, .ojck und kämpferisch, war dar- der «Makkabäer. er war ein Nukinger unter den Inden, der unbeirrbar seurer fernen, fremden Heimat üver rein Rleerr zuslreöte. Er verkannte völlig, daß seine Glaubensgenossen — Glaubensgenossen nur »in akeläußerlichslen Sinne — die kühne Koazcptivn einer jüdische» Völkerwande rung go nicht erfassen kvnnien und sic für eine Kairctei balren inußteu. Er setzte (Lenieinsnin- keiten eine» jüdisch.«» Volks«« n?,'n den:» vvrau«», die nicht vorhanden waren. «Dar Land der Väter, das war nur dem Juden an der Peripherie der Kuitur- länder. der die ofsenee «Feindschaft tä tlich am eigenen Leibe empfand, eia brennendes «Wort der Be^- chels-ung. -Die üdriaen, loyale Sohne ihrer zweiten Heimat, übersahen aenijse» lick die kleinen 5>urück- srtzunqe» und heimlichen Stiche, die ihnen oft genug ichre F.emdstämmi keit in Erinnerung brachten. Herzl. ein Publizist von Geblüt, setzte seine ganze Kampso hosfiiuna a»r d>c j) > esse. Da er selbst dar große Organ, das ihm vorfchweble, nicht gründe.; konnte gtauble er. in der Neuen Freien Press:, deren «Fcuillr.onredaktcur er war, einen mächtig:» Kampfgenossen v.i s nd« n. Sein Beniüi en, die lSecl-eir der jüdifch-:» Herausgeber dieses damals einfiußßreichsten deutschen Blattes, Benedikt und Bacher, für seine Idee zu gewinnen, gehört mit zu ken tragischesten Verirrungen eines »roßen Uto- pikers, der zu sehr Idealist ist, um Taktiker fein zu kömren. Schnlä'-«ch kielten di«: HerouLaeber den Man» bin, de» sie als wertvolle literarische /Haft unbedingt an ihr Sefwäfisi nteriichmen fesseln weilten«, um schließlich die Bewcerrnz in ihre» Spalten — bewährtes Mittel — völlig lolzuschrvei- sea. So ha! d'c Neue «Freie Preise die Herzliche Löst'»' der Iudensrage den jüdischen Lesern von ganz Mittclcuroppa seinerzeit einfach unierschlagen — wohl eine der gisklen Kuliurellen Untcrjchwue, dir. die Geschichte der H' bliziftk kennt. Der Zionismus wäre wohl ein nutes Stäb, weiter gekommen, wenn ihm die Neu«: Freie Presse brc llnlcrstiitzunq geliehen Kälte. Lacher und Benedikt erkannten gar wohl die Kübi« «<st «und Genialität des Herrlichen Entwurf-», und sie wun den sich unter der Marter, ob man so etwas brin- en oder es sich entrehen lassen foile. DK: Ide: war ihnen bloß Mare, Nonveonb', die «na» ver treibt, damit die Konkurrenz sie nicht vcrtre.be. Aber von der lebendigen Konsequenz, o«u die alle n es Herzt als eivenr echten Berküvdrr ankam, ivoltken sie nichts wissen. M-abrscheinllch hätte Herzl denr Z'viuikmus besser >« zdiant, wenn er den Pakt mir dein daw. öigen '«fterreichrschen Akiiristerpräsidenten Grasen Budcni beschlossen lrätle, der ihm die Ebefredaktion des zu > kündenden Neg «erungsblaftes anbot. Für die lln'erstübung der Negierung war ihm volle Freiheit n d-r Prooaziarunz seiner Ideen zugesicherl. «illber Herzs war sür einen loschen Handel nicht zu buben. S» blFch von der Idee des Iuöenstaalcs nur das Gerippe in t'-inen Taget«'ebern. ein lv<«rcs Pracht stück m Museum unsterblicher Utopien. «Die '»«rrchrlchen. die S'bncn: alle- mobl präpariert, und ^>a i>»G dort blüht so-ziv das Fle'sck der nabe» Per- wbklichung. Herzl hat bin zivil',sasoril-chcn Apparat des neuen indischen Kuklurslaates in Palästina ois auf die letz'c Einzelheit durch webt; er bal das Ornat der Hohenpriester so wenig vergessen, wie die Fa-'-e dc«« Lnilorm. d«e das O'r'nerkorps trä nen sollte. Arkbnr S-chnißler in Wien trug die Ernenn»»» zum Intendanten des Thc^'ars bereits m der Tasche. Die Berpflanmng okker OrtSgewobr.- ket'en. w«e Salrltanrel, Kaffee, Bier usw., sollte liebevoll bepöcksicktigt werden. D--nn der «Fehler «des Moses, der di"- Fleiscktövse Aeanvtens mitzu- nebmcn vergaß» sollte ans keinen Fall wiederhol! werden. Musik «acaynz: Ui.wersttätemuiitptr. Vrof. Fricdr. Brandes 17. GewandhauLkonzerl Die obligate Neuheit stellte diesmal der Finn länder Jean Sibelius, dessen sinfonische Dichtung „Ln baxu" (Eine Sage) zum ersten Male gespielt wurde. Das in mehrfacher Beziehung sehr inter- cyanre, teilweise visionär gehaltene Wer! ist von hohen, klanglichen Reiz, reich an eigenartigen St»m- mnngen, bald schmerzvoll klagend, bald stürmisch le*dcnschaftlich, abwcchslungsvoll in Rhythmik und Harmonik, vielsagend und vieldeutig in Inhalt und Ausdruck. Don! vortrefflicher Wiedergabe sand diese Tondichtung die herzliche Zustimmung der Zu- Hörerschaft, wie aus den mehrfachen Hervorrufen Kapellmeister Furtwänglers zu schließen war. Aber auch bei der« Wiedergabe von Schuberts H-Moll- Sinfonie zeigte sich das Orchester aus voller Hohe keiner künstlerischen Leistungsfähigkeit. Im zweiten Teil des Abends erklang vor Webers Oberon- Ouvertüre, mit der das Konzert beschlossen wurde, Mendelssohns Violinkonzert, dargekotcn von der jungen Australierin Alma Moodie, einer talentier ten ausgezeichneten Vertreterin ihres Instrumentes, das sic technisch beherrscht und mit viel Innigkeit spielt. kl. Ltaatsoper Dresden Erstauftickrung „BorisGoduno w", musikalisches Volksdrama von Moussorgsky. Boris Godunow hat sich durch Beseitigung de* rechtmäßigen Thronerben Dmitrij in den Besitz der Zarenkron- gesetzt. Er versucht sein Gewissen durch gerechte» Regieren und religiösen Lebenswandel z« beruhigen, geht aber an den Gewisiensqualen zu grunde. Dies ist der Hauptinhalt oder besser der lose Foden, der neun Szenen aus dem russi schen Leben um 1800 verknüpft. Dazu kommt die ost verarbeitete Geschichte des bekanntesten der ater falschen Dmitrij». Daß sich diese Over in Ruß- land der größten Beliebtheit erfreut, etwa wie die .Meistersinger" bei un», ist leicht erklärlich, denn sie gestattet den farebn- und klangdurstigen Slaven reichliches Schwelgen. Dazu kommt Vas Düstere Boris' und die Schwermut der Zarentochter Lents, beide» Momente, die dem Rusten willkommen sind. Ms Herz seine Idee dem Fürsten Bismarck in einem prachtvoll leldcnfchasklichen Schreiben vor trug» sprach er die Bermukupng aus, der Fürst werde glauben, er Hube es mit einem Narren zu irr», der den lenkbaren Luftballon erfunden zu haben vorvtbt. Nun, die technischen Utopien schreiten schnell; die sozialen, staatlichen und geistigen wol len gute Weile haben. Als Herzl» Idee reif für die Jett war, war die Feit nicht reif für die Iber. Mittlerweile hat die Iudensrage sich anders weiter- entwickelt — ob zu ihrem Heile oder nicht, wer vermöchte es zu sagen — und im Herzen Europas, nicht 'n Hercks Zion wird sie zur Lösung kw"- N. X. Auatolc France: »Der fliegende Händler." Kurt Wolfs, Verlag. München. Dieses Büchlein cnihält außer der bekannten Geschichte des Gemüsehändlers CrainqucöiUe (die ja bekanntlich auch dramatisiert worden ist) einige kürzere Stücke, die mir Surdien und Nrl..«narv:iten zu dem großen um die Perfon d>«a Professors Bcroerct komponierten Romans zu sei» scheinen. Die Geniäschändlergeschichte. ist nicht als Erzählung, sondern als Darstellung eines Tor bestandes durchgcführt. Sie wirkt durch ihre mensch lichen Füge. An französischem Gerichtswesen übt sie eine bifstge Kritik. Für uns Deutsche ist es immer hin interessant, daß im Londe des den „deutschen Militarismus" beteilenden Pöbels die Zeugen aussage eines — Schutzmannes undeuielbar ist und von vornherein gewichtiger wirkt als alles, was ekrenwcrre Männer dagegen vorvringen! Die Vergerct - Erzählungen erwärmen ebensowenig wie der Roman. Hier und da — z. B. in der Geschichte des Hundes Riqmt — erfreut die Häutung guter Beebachtung. scharf geprägt sind dir Hunde- Aphorismen. Ein kürzlich im gleichen Berlage er schienener Kindhcirsroman von Änatole France, „Der« kleine Peter", gibt .giudheirserinnerringen des Verfassers, die durch ihr-« Einfachheit sympathisch wirken. k?. bk. Honore de Balzac: „Die Rcbelleu." «Band lll der Romameihe für junge Mewchen: „De^ gute Schmöker.") Franz Schneider, Verlag, Berlin- Leipzig. „Der gute Schmäler", diese neue Reih: rrcrrvollec phantastiicher Abenteucr-Romanc für die reise Jugend, hat die Sympathien vieler Iugcnd- »rcuilde gewonnen. Schon liegt ein dritter Band <>ar. Der Untergrund dieses Buches ist die Zeit noch der Revolution k78st. Die käuigstreuen Bauern der Bretagne erh ben sich im Guerillakrieg gegen die Republik. Gewaltige Leidenschaften, ungeheuerliche Schicksale, eine Landschaft, die ins düster Grandiose geü.igcrr erscheint, eine «Handlung, die durch das Puch stürzt wie eine Lawine, kennzeichnen diesen Roman. Sir Francis Aaunghusband, Da» Her» der Natur. Ein Drang nach Verinnerlichung erfüllt heute die Wissenschaft. «Auf verschiedenen Gebieten können wir beobachten, wie die Gelehrten danach trachten, die Grenzen des bloßen Erkennens zu überschreiten und ihr Gefühl, ihr Herz teilnehmen zu lassen on d:m, was ihr Verstand mühsam erforscht hat. Der Prä sident der englischen Königlichen Geographisch n Gesellschaft Sir Francis Houng Husband, der Indien, China und den Himaiona forschend durchquert und viel zur Bereicherung unserer Kennt nis dieser Länder bcigetragrn hat, begnügt sich nicht damit, der Wissenschaft zu dienen, er sieht die Lchen- heiten der Natur mit dem Auge des Künstlers, er dringt mit dem Gefühl tief in das Wesen der Natur ein, und was er erkundet, erschaut, erlebt hat, das gestaltet er mit einer Warme und einer Kraft, die jeden Naturfreund, jeden Alpinisten, jcd:n Künstler ebenso erfreuen muß, wie seine Darstellung der Erdkunde und der beschreibenden Naturwissen schaft zugute kommt. Sein Werk, das bei F. A. Brockhaus in Leipzig in deutscher Sprache er schienen ist, nennt keinen Uebersctzer. Wenn der englische Gelehrte es selbst ins Deutsche übertragen haben sollte, so wäre cc außerdem ein Meister des deutschen Stil«. Kurl Lekimltlt e.-.'-e:.- . .e. ««"— „Boris Godunow" ist die große russische Oper. «Weder Textdichter noch Komponist haben auch nur ein Mittel ungenukt gelassen, das Werk wirkungs voll zu gestalten. Man kommt nicht einen Augen blick zum Nachdenken über die Geschehnisse aus der Büh^e, alle Augenblicke geschieht erwas anderes, etwas neues, etwas, das einen ganz fesselt und keine Zeit läßt, über das Vorhergehende nachzudenken. Vor allem bewirkt das die Musik. Die. großen Austritte, Massenszenen, Kämpfe und Liebcsszene«), die der Textdichter geschaffen hat, geben dem Kompo nisten reichlich Gelegenheit, die ganze Tonfülle und Tonstißk, die den Slaven eigen ist, zu entfaltcm Von: asketisch gehaltenen Pilgcrclwr des ersten Bildes bis zum siunestanmelschwercn Liebesductt Marinas und Demetrius', von naivtändelndcn Volks- liedchen Feodors bis zur gram-, angst- und schauder erfüllten An'lagearie Boris und vom Kränungs« marsch bis zur Polonaise der polnischen Magnaten erlebt man unerhörte Gestaltungskraft: denn nichts sehnt sich an Pvrgehendes an, alles ist neu, olles ist anders. Dio ungewhnlich geschickte InstriniTenti:- rung Rimsky-Korsakows feiert durch völlig unvorhcr zu erkennende Verwendung der Instrumente Triumpse. Sie schwächt die Süßlichkeit, au der das Werk stellenweise leidet, durch frische Uebermalung ab und arbeitet di- herben Züge des Werkes zu wirkungsvollen und wirkungsechten Gegensätzen heraus. Der Dresdner Generalmusikdirektor Busch bat das Werk als erst-r Deutscher seinerzeit in Stutt gart horausyebracht und nun sür die säcksiscy- Staalsopcr unter der, in diesem Falle besonders an- zuerkennenden «Assistenz des Opernchordirig-nten Prmbaur so sorgfältig einstudiert, daß die Dresdner Erstaufführung ein Ereignis wurde. Die Regie- sührung des russischen Kapellmeisters Dobrowcn war nicht so hochstehend, wie man nach den sensalicurellen Ankündigungen hätte erwarten dürfen. Wäre der Name Dobrowen nicht so eng verknüpft mit dem Schaljapins, der unter ihm die Titelrolle unzählige Male gesungen hat und dessen Glanzleistung viest Partie dorstcllt, wer weiß, ob man den jungen Künstler je al» überragend bezeichnet hätte, und wer weiß, ob sich da« ganz« Werk überhaupt dieser außer, gewöhnlichen Bevorzugung selbst in Rußland er- freute. Die szenische Darstellung ist insofern n-ch nicht gänzlich gelöst, als man oft, besonder« bei vem Krönnngszug den Eindruck har, als betrachte man „Rund um den Dollar" Dr. Ho. Die in den letzten Wochen selten be wegten Schwankungen der Devisen lassen begreif» licherweise die Wogen der Erregung nicht minder hoch gehen. Daß, wenn die Valuten anziehen, ihnen in mehr oder minder raschem Tempo auch die inlän dischen Warenpreise folgen müssen, oder genauer, daß sick die inländische Kaufkraft anhaltend der auslän dischen anpossen muß, dürfte inzwischen Allgemeingut geworden sein. Nur das erregt begreiflicherweise noch Verwunderung, daß die inländischen Preise weiter anziehen oder nur sehr langsam sich senken, während Vie Valuta mit Hochdruck herabmanövrtert wurde. Doch hat auch das zum großen Teil seine natürlichen Gründe, die man zu prüfen haben wird, ehe »ran in das leicht beflügelte beliebte „Kreuziget" ci'istimmt. Man wird die Waren cinteilen in rein valuta rische, solche oie nur zum Teil aus ausländischen S often bestehen, und rein inländische Artikck (Daß letzten Endes in einer Volkswirtschaft zwischen allen ein gewisser Zusammenhang besteht, mag hier nur an- gedeutet sein.) In den (Klein).Handelsverkaufspreisen der rein valuiarischen Waren ist natürlich auch ein inländischer (infiationististscher) Faktor mit enthalten (Zölle, Transport, Versicherungen, Spesen, Handlungs- Unkosten). Verfolgt man beispielsweise für Kaffee, T'.e und Margarine die Großhandelspreise, dann die entsprechenden Kleinbandelsverkaufspreise an den gleichen Tagen und den jeweiligen Dollarstand wäh rend des letzten Monats, so sieht man deutlich, wie ftlavisch die Großhandelspreise den Devisen folgen im Ans und Ab, während der Kleinhandel immer be trächtlich hinLcrherlöujt. Als die Margarine irn Großhandel schon 5060 st kostete, wurde sie im Kon- smnentenverkchr noch mit 3000 bis 350k» ^st gehandelt. Da vom Zeitpunkt des Einkaufs bis zum Augenblick, wo die Ware vcrkanfsbereit im Laden liegt, einige Zeit zu verstreiche» psieat, ist ntto auch auznnehmen, daß sich die Preissentungen im Kleinhandel erst nach einiger Zeit zeigen werden. Einen» aufmerksamen Peri,achter mir!» das auch nicht entgangen sein. Natürlich soll nicht bestritten werden, daß es Kauf- leute gibt, die au den jeweilig höchsten Preisen kleben. Für fte ist die Konkurrenz der unliebsamste Beobachter. Werde» nun aber, und das durfte wohl das Ent scheidend: sein, die De.ailpreise wieder ganz aus den Vorstand zurückgehen? Nein, und zwar deswegen nicht, weil sich die inzwischen gestiegene Unkostenquote (Zölle, Frachten usw.) auszuwirkcn beginnt. Das zcigt sich schon bei den vakoturischen «Waren, bei den beiden anderen Gruppen wird cs noch offenbarer werden und am offensichtlichsten dürfte es da sein, wo die Bcrarkeitungskostcu den Hauptanteil ausmachen. Du vorwöchentiiche Vcviscnhausse hatte eine In- slc.tionvwckie zur Folge, die mit entsprechenden Lohn- stiigcrungen beantwortet werden mußte. Die Ein kommen zeigen noch immer steigende Tendenz. Auch hier übt der Dollar eine nicht minder verfängliche Suggestion aus und verleitet wohl ohne jeden Unter- schied zu resignierten Betrachtungen. Do solche Ge fühle der Unzufriedenheit (beträchtlich genährt durch Vergleiche mit „der schönen Vorkriegszeit") auch noch dann „erhebend" wirken, wenn der Dollar sinkt, ja vielleicht erst gerade dann, so werden die Löhne und Gehälter wahrscheinlich auch weiterhin steigende Tendenz zeigen. Wie aber sollen dann die Waren preise sinken, wie sollen sie für alle die Waren ent scheidend nachgeben, bei denen die inländischen Un kosten einen wesentlichen Teil ausmachen? Oester reich, dos ebenso wir «.vir Zeiten durchgemacht hat, wo die ausländische Kaufkraft plötzlich über die inlän dische gedrückt wurde, ist uns ein lehrreich:« Beispiel dafür, wie die inländischen (inflationistischen) Waren, prcise stets die Tendenz haben, die Wcltmarktspreise zu überschießen, ehe sie aus diese wieder zurückgehen. Man wird also bei den rein valutarischen Waren nicht ei» den Devisen paralleles Zuriickgehen erwarten dürfen, da ihm eine weiterhin ansteigende Quote hemmend entgegeuwirkt, und man wird unschwer ein sehen, das; bei einer Devisenhausse alle diese Kräfte vereint und darum bcscheunioend wirken müssen. Je größer aber der rein inflationistische Preisanteil einer Ware ist, um so langsamer wird sic den fallenden Devisen folgen. — Diese kurzen Betrachtungen sollen — um es noch einmal zu saqcn — keine Recht fertigung derjenige»» Handelskreise sein, die nicht gerade von den peinlichsten volkswirtschaftlichen Er wägungen geleitet werden, sondern nnr eine flüchtige Anregung für alle diejenigen, die den heutigen Wirt- sich einen Film, der mit „Zeitlupe" ausgenommen wurde; cs gibt zurzeit noch Szenen, bei denen man glaubt, Marionetten vor sich zu hoben; das cchie pulsierende Leben fehlt. klus Le» NonzerLsälen Federico Davila Miranda, ein junger süd amerikanischer Geiger, spielte, von Waldemar Liachowsky begleitet, zunächst Carelli und Bach mit Ausdruck und noblen» Tone, des letzteren Chaconne vielleicht etwas zu nervös. In den folgenden Programteilen, die rassiges Temperament und feurig schwärmerisches Gefühl voraussctzen, war der Künstler noch mehr in seinem Elemente und bestrickte durch Süßigkeit der Kantilenc und bei den reinen Virtuoscnsluckcn' durch seine an Manen erinnernde technische Fertigkeit, die spielend alle Schwierigkeiten, besonders des dvvpelgriffigen Spieles, überwindet. -I». Dau einem künstlerischen Ergebnis des 8. Phil harmonische!» Konzertes läßt sich schwerlich reden. Der Gastdirigent, Herr Gustav Lewin (Weimar) beherrschte weder das Orchester noch die «Derk«: (wie dies das fast unnntcrbrachenc Hinein sehen in oie «Partitur bewies), nicht einmal sein eigenes, eine D-Moll-Sinfonie, die zur Uraufführung gebracht wurde. Als Zuhörer hätte ich zwar nicht il» das Zischen und gar Pfeifen cingestimmt, mich aber doch (bei aller Achtung -er von bestem Willen ge leiteten und geleisteten Arbeit) des «Beifalls ent halten. Hatte ich doch ein ähnliches Gefühl, wie wenn ein Mensch beständig auf mich cinredet, ohne mich mit seinem Geschwätz auch nur im geringsten zu interessieren. Das zu wenig das klangliche Moment berücksichtigende Wert', dessen Länge der einzelnem Sähe schier in umgckckricm Verhältnis zu deren In halt steht, wurde ziemlich einlörmig und gleichmäßig, dabei technisch nicht einmal immer c»nwandfrei, heruntergespielt, ganz ähnlich wie die Freischütz- und Eqmontouvertüre, da sich der Dirigent fast durchweg nnr eines sich glcickbleibenden «Aus- und Nieder- schlagerrs bediente. Da» verstärkte (?) Leipziger Sinfonieorchester (ganze zwei Pässe bei Vorführung der Sinfonie!) spielte diesmal nur recht mittel mäßig. Ms Violoncellistin von bereit» weit ge forderter Finder- und Boqentcchnr? erwach sich die musitaiijch empfindende Mildred Wellerson, deren schaftsrätseln ei« mehr als nur gefühlsmäßiges Interesse cntgegenzubringen bestrebt sind. Vinters vlulsünde Lia entlarvter Sittenprediger «Aus Schmalkalden wird dem Vorwärt» ge schrieben: Der deutfchvölkische Schriftsteller Dtut er (der Verfasser des Tendenzromans „Die Sünde und do» Blut") hatte in diesem Roman behauptet, die Juden ' seien fc»g und unsitttich, sic verdürben durch Misch heiraten olle guten Eigenschaften, besonders den Mut und die Sittenreinhcit der Arier. Er hatte kürz- lich den Frankfurter Syndikus des „Deceins deut- scher Staatsbürger jüdischen Glaubens", Kam- nitzer, wegen Beleidigung verklagt, weil dieser in einem «Artikel im Thüringer Hausfreund »hm Kricgsdrückebergerei und die Führung eines unsitt lichen Lebenswandels voryeworfen hatte. In einer öffentlichen Versammlung in Erfurt, in der auf die Juden geschimpft worden war, hatte ein jüdischer Redner sich gegen die Angriffe ver wahrt, u. a. mit dem Hinweis darauf, daß auch Tausende jüdischer Staatsbürger den Heldentod fürs «Vaterland erleiden mußten. Der anwesende Artin Dinter soll hieraus entgegnet haben: „Hut ab vo» jedem Juden, der im Errege gefallen ist! Schade, daß sie nicht alle gefallen sind!" Diese beispiello e Gefühlstiese veranlaßte Kamnitzer, der selbst Schwerkriegsbeschädigter ist, den jetzt angefochtenen Artikel erscheinen zu lassen, in dem er die morali schen Eigenschaften Dinter» kritisierte. In der Gerichtsverhandlung erklärt« al« Zeuge eil» Oberleutnant Hesse, der als Adjutant die Füh rung einer Bagagekolonne hinter der Front in Rußland hatte, daß Hauptmann Dinter sich überaus nervös und ängstlich gezeigt und dadurch auf die Mannschaft eine», recht kamt- sch en Eindruck gemacht habe. Die Frage, ob er Dinter für einen „mutlosen und feigen Soldaten" halte, beantwortete der Zeuge mit einem klaren „I a". Ein anderer Oberleutnant bot sich in einem Brief an einen Freund über Re nommistereien und llebcrtreibungen Dinters hin sichtlich seiner angeblichen Kriegsverletzungen ab- kiillig geäußert. Das Gericht sah den Wahrheits beweis, soweit die Kriegsdrückebergerei in Frage kam, als nicht erbracht an und verurteilte Kam- nitzer deswegen zu 20 000 Mark Geldstrafe. «Den Vorwurf des unsittlichen Lebenswand-ls hetracktete das Gericht indessen als erwiesen und sprach insoweit den Angeklagten frei. Lin grausiger Leichenfund Drahtdcrickt unserer Berliner Dchristteituug Berlin, 1. März Am MLHlcndamm wurde die Leiche einer OOjährigen Frau in einem Korbe aufgefundem Mc Leiche lvar zerstückelt und der Kops anscheinend mit einem Beil vom Körper abgetrennt. Die Ob- dukrion ergab die bisher noch nicht vorgekommene Tatsache, daß der Rumpfteil von den Mördern mn einer fteischkonservicrenden Flüssigkeit, wahrschein lich Formalin, behandelt worden ist, nm einen allzu- starken Verwesungsgeruch zu vermeiden. Der Moid dürfte mindestens drei Wochen zurücklicgen. Wildwest auf der Eisenbahn Seit einiger Zeit herrschen auf einer Reihe schlesischer Eisenbahnstrecken — namentlich auf der Strecke Oppeln-Beuthen — unglaub liche Zustände, insbesondere in den Arbeiterzügen. Die jungen «Arbeiter wollen keinen Unterschied zwischen den einzelnen Aahrklassen machen und fahren vielfach ohne Fahrkarten. Das Vorzeigc l von Fahrkarten lehnen sie ab- Da sämtliche sämtliche Fahrgäste in einzelnen Eisenbahnwagen sich solidarisch erklären, ist das Zugpersonal macht los. Die Eisenbahn-Direktion hat deshalb zur Unterstützung der Zugbeamten HilsSversonal ein gestellt. Als dieser Tage mehrere Beamte und Hilfsbeamte auf Borzeigen derFahrkarten drangen, kam es unweit des Bahnhofs Schakenau zu einer schweren Prügelei, in deren Verlauf die Beamten mit Gummiknüppeln und Stöcken ge schlagen wurden; auch zahlreiche Revolve schüsse wurden auf das Zugpersonal abgegeben. Tobet wurden 14 Eisenbahnbeamte verletzt. Die Eisens bahndirektion hat jetzt einen aus bewaffneten Be» amten bestehenden Schutz organisiert; jeder Zug wird von 20 Beamten dieses Bahnschlitzes begleitet. Iugey.d wohl durch das allzu kurze Kleidchen doku mentiert werden sollte (nun» merkte die Absicht und ward verstimmt), die Zuftiimnnng der zahlreich?» Zuhörerschaft. Eugen d'Alberts Spiel charakterisiert auck jetzt noch bis znr Dämonie gesteigerte Leidenschaft. Für den Musikfreund ist es hochinteressant, zu beobacht-'n, wie sich Werke von Bach, Beethoven, Brahms und Chopin im Innern des Künstlers widerspiegeln, in dem ganz besonders alle dem Ge- biet des Dramatischen augcyöcende Partien ent sprechende Empfindungen auslösen, um dann in stark subjektivem Spiel in ungemein gesteigertem Maße zu fesselndem, äußerst temperamenrvollem, mit fort reißendem Ausdruck zu kommen. Rein lyrische Stellen liegen ihm weniger und kommen nicyt voll zu ihren Rechte. Bachs Chromatischer Phantasie und Fuge fehlte cs bei aller Bewegung an innerer «Ricke und Festigkeit. Ganz Prachtvolles, Hoch wertige» aber bot der gefeierte Künstler im dcckin- itürmendcn Spiel beim Vortrag aller übrige«.» Stücke, wobei er an Klang und Kraft aus denr Flügel Heraushelte, was er nur zu geben vermochte. di. Die Slhweizsahrt de« Geros ndhausorchester». Wie wir hören, ist die Schweizer Konzert-Tournee mit dem Gewandhausorchester unter seinem Führer «Wilhelm Furtwängler endgültig zustande gekommen. Das Orch-ster spielt in St. Gallen, Zürich, «Bern und Basel. Die Reise beginnt am 23. April 1923 und dauert bis zum 1. Mai 1923. Eine Bolk«mr.sikfch»le. Zn Hamburg ist ein6 Kulturtat im Wrrden, die viel zur Veredelung der Jugend beitragen kann. Der Musikausschuß der „Ge sellschaft der Freunde" des vaterländischen Schul- uns Erziehungswescns' in Hamburg har die vor bereitenden Arbeiten zur Errichtung einer Volks musikschule zum Abschluß gebracht. Es besteht die begründete Aussicht, daß zum T April in zwei links und reckt» der Alster gelegenen Schulen der Unter- richt beginne« kann. Ein au» Vertretern der Jugend- verbände, Mitgliedern de« Musikau»schusse» und Musikern bestehender geschäft-führender Ausschuß hat vorläufig die weiteren Arbeiten übernommen. Die Volksmusikschule soll kein volkstümliches Konsrt- vatorium, sondern eine Pflegestätte der Musik sein-
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