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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.03.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192303022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230302
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-03
- Tag 1923-03-02
-
Monat
1923-03
-
Jahr
1923
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kerltag, 6ea 2. ?LLr» Vettelkinder Nm dankvacfle» ist da» Betteln, da» sich VNter dem Mäntelchen de» Geschäftlichen verbirgt. Man riecht Solidität, und dies« steht in keinem Berus» so hoch im Werte, wie in dem Ungeschäft lichsten r der Bettelei. Kein Armer erhält so viel, al« wenn er Ansichtskarten, Streichhölzer oder ähnliche» in der Hand Hot. Man Weitz: hätte ich gerade Bedürfnis, da» Betreffende zu nehmen, so müßte ich « bekommen; ich habe ein Recht dar auf. Ader es ist schön und vor allen Dingen vornehm, von seinem Rechte keinen Gebrauch zu mache». »Ich könnte okkupieren —, aber ich tue es nicht!- Do» gibt ein beruhigende« Gefühl. Und auch der Bettler kommt nicht schlecht dabet weg; er ist niemals .ausverkauft". Da« erfolgreichst« auf diesem Gebiete sind Ibettclnde Kinder. Zeder Mensch hat seine Jugend !» Srinnerung. Nun trifft dec Mensch ein schmutzige» Kind, das Streichhölzer verkauft und also bettelt. Es ist gar nicht» Besonderes an ihm. Aber der Kontrast zwischen der Kindheitsvor stellung und diesem Bcttelduben bewirkt etwa» Sonderbare«: man beginnt do» Unwahrschein, llchste in dieses Kind hineinzuphantasieren. Man glaubt zu sehen, wie es leidet, wie e» von dem Gedanken gequält wird, betteln zu müssen. Man stellt sich vor, wie des Sechsjährigen Innenleben sich mit Prinzen und allen den anderen Uten silien der eigenen AindheitSstiibe beschäftigt und im ewigen Kampfe liegt mit diesen Träumen und der Wirklichkeit, die es zwingt, auf der Straße um Almosen zu bitten. Leider lehrt die Wirk- vchkit: So ist e» nicht! Und daß e« ander» ist, bc- rührt schmerzhaft. Auf der Straße laufen fünf Kinder umher, die Streichholzschachteln zum Berkaus« andreren. Ich experimentiere. „Was kostet die Schachtel?" frage ich einen Jungen, die vier anderen Buben, die sich mit der gleichen Bitte an mich drängen, bei- seileschiebend. »Achtzig", ruft er, wobei er seine Konkurrenten triumphierend ansieht. »Da hast Du hundert! Gib zwanzig den anderen!" und gehe beiseite. Und jetzt beginnt das Trauerspiel: »Gib die zwanzig her!" „Nein!" — „Gib sie her!" klingt e« drohender. „Nein!" Die Rauferei ist in vollem Gange. Haß und Habgier blitzen aus den Augen, die mich noch soeben treuherzig-blau angcblickt. Die ganze Wut des Besitze», der nicht geben will, was dem anderen zukommt, — die ganze Wut der Armut, die von dem Besitzenden da; zu erhaben sucht, wa» diesem nicht gebührt, — der ewige Kampf der Zeitgeschichte spielt sich hier auf der Straße zwischen sechsjährigen Buben ob. Da muß man erkennen: Bücher und Erzieher können nicht helfen. Dieser Streit zwischen Besitz und Wunsch ist angeboren. Generationen müiscn noch Vorüberrauschen, bevor dieser Haß, dec schon ün Kinde lebt, nicht mehr sein wstd. Itm iKdLurtt». Preffe wahrend der Messe. Auf Einladung der Prewprüsuugüstclle Leipzig und unter Beteiligung des Meßamts sand eine Besprechung mit Vertretern der Leipziger Gastwirtsinnung, des Vereins Leipzi ger Gastwirte und des Vereins der Kaffeehausbesitzer über die Preisbildung in den Gastwirtschaften und Kaffeehäusern besonder» während der bevorstehen den Frühjahrsmesse statt. Die Preisprüfungssielle legte den Vertretern des Gastwirtsgewerbcs drin gend nahe, während der Messe, die wegen der star ken Inanspruchnahme von Nahrungsmitteln ohnehin eine preisstcigernde Wirkung auvübt, die Preise ia irr. S2 Sette 3 Lelprtger Tageblatt uuä »sväelsrettuag dcn Wirtschaften nur In dem Matze zu erhöhen, wie co durch tue erhöhten Unkosten gerechtfertigt ist, be sonder» soll die allein durch die Unkosten während der Mess« bedingte Dreiserhödutig nach deren Be endigung wieder Wegfällen. Die Vertreter de» Gast wirts« und Kaffeehauogewerbe» sagten zu, den Wünschen der Preioprüfungsstelle in weitestem Maße Rechnung tragen zu wollen. HanSgarte» nutz Reichsmietengesetz. Mne für «lle Wohnungen mit HauSgärten wichtige Aus legung de» Retch-mietengeßtze» hat der Reichs« arbettSminister im Einvernehmen mit dem ReichS- iusttzmtntster gegeben. E» heißt darin: „Der dem Mieter zustehenoe vertragsmäßige Gebrauch um faßt bet Wohnungen regelmäßig zugleich die zu seiner Ausübung erforderliche Mitbenutzung ander- weiter, nicht besonders bezeichneter HauSteile, wie z. B. des Hofe», des Ziergartens, der Wasch küche, de» Keller» usw. Ist daher dem Mieter einer Wohnung gleichzeitig ein Garten und Hof raum überlassen, so liegt regelmäßig lediglich ein einheitlicher Mietvertrag vor. Soweit daher die Mieterschutzvorschrtftcn überhaupt An wendung finden, gelten sie auch für das Recht zur Nutzung des Gartens und Hosraums." Ausbau des ^7 rrpziger Flugplatzes Dradtderich, uukcrcr Dresdner «kchrtstlettung Dem sächsischen Landtag ging eine Regierung». Vorlage zu über weitere Kapitalbeteiligung de» Sächsischen Staate» in Höhe von 9 800 000 Mark an der Sächsischen Flughafenbctriebvgesellschast m.b. H. Das Kapital der Gesellschaft, an dem der Staat mit zwei Fünftel beteiligt ist, soll von einer halben Mil- lion ans 25 Millionen Mark erhöht werden. Dir dringendsten Aufgaben sind setzt die Ausgestaltung de» Leipziger Flugplatzes für den Verkci.r Genf—Konstanz—Fürth—Leipzig—Bce, —LU uig;- berg—Petersburg und die Errichtung l,u:s cicinen / Flugplatzes aus dem Heller bei Dresden für den I Verkehr Kopenhagen — Berlin — Dresden — Prag — Wien nach dem Balkan. Freie Heilmittel für bedürftige Kleinrentner. Dor Rat der Stadt hat genehmigt, daß bedürftigen Klein rentnern zur gesetzlichen Regelung der Angelegenheit in Krankheitsfällen freie Behandlung und Arzneien, Heilmittel usw., gewährt werde. — Lin Engländer in Plauen i. P. stiftete mit der Bemerkung, daß er an dcn schweren Zeiten, die Deutschland jetzt durchmache, teilnehme, 2 800 60V Mark für die Notgcmeinschaft. — Der Hausbesitzer Max Breuer in Glauchau hat zwei bedürftigen Altersrentnern freie Wohnung auf Lebenszeit gewährt. Wiederaufnahme des Schulunterrichts in dcn Berliner Schulen. Die die Deputation für das Ber liner Schulwesen mitteilt, wird, nachdem eine Be- lieefrung der Schulen mit Kohlen in die Wege gc» leitet worden ist, der Unterricht in sämtlichen Ber liner Schulen wieder ausgenommen werden. Ein Kohlenschieber abgeurteilt. Wegen Verschie bung von 50 Eosenbahnwaggons Briketts wurde der Vorsteher der Versandabteilung der Roddrrgrube in Brühl bei Köln, Trappmann, zu 500 000 Mark Geld strafe und 9 Monaten Gefängnis verurteilt. Wegen Beihilfe erhielt der Bahnhofsvorsteher Oswald 3 Monate Gefängnis und 50 000 Mark Geldstrafe. 100 Millionen Verlust eines Zoo. Der Kölner Zoologische Garten hat dieser Tage durch das Ein gehen eines Doppelnashorns einen schweren Verlust erlitten. Mit diesem Nashorn ist das letzte dieser Gattung aus den europäischen Tiergärten verschwun den. Das Tier, das noch hellte einen Wert von 100 Millionen Papiermark hat, war eine der Haupt sehenswürdigkeiten des Kölner Zoologischen Gartens. Bestohlene Beutewageu. Don etwa hundert belgischen Eisenbahn-Deutewagen, die in der Nähe von Süptitz bei Torgau unbeaufsichtigt und zu- , rückgeliefert werden sollten, sobak) sic instand gesetzt ! worden waren, sind fast alle Eiscnteile gestohlen worden. An ein Wiederherstellen dürfte überhaupt nicht mehr zu denken sein, so daß da» Reich neue Wagen liefern muß. vrotzfeuer in einer Wederei. In der etwa 150 Arbeiter beschäftigenden Mechanischen Trikot weberei Karl Loewengard in Eschtngen (Hohen- zollern) brach Mittwoch vormittag au» bisher noch nicht aufgeklärter Ursache Feuer aus, das die Rauheret, Weberei und Nähterei, die in einem Fabrikgebäude untergebracht waren, vollständig einäscherte. 8« 20. Jahrhundert! In der Hildburghausen Dorfzeitung veröffentlicht ein Einwohner von Jüchsen mit seinem vollen Namen folgende Ehrenerklärung: .Da» unwahre Gerücht, welches in der ganzen Umgegend von Jüchsen ver breitet worden ist, „Frau I. M. (der Name ist gleichfalls ausgeschrieben) in Jüchsen wäre eine Hexe und würde ihr Unwesen bei Nacht treiben", nehme ich reuevoll zurück und verpflichte mich, sämtliche entstandenen Kosten zu zahlen und stifte außerdem 3000 Mark dem Frauenverein in Jüchsen." Briefe aus Amerika Von Präsident Prof, vr. KolnfisrE Slroetzor 6. tzuer durch Chicago Die Zwermillionenstadt Chicago, bas Haupt des mittleren Westens, durch Dutzende von schnellen, guten Bahnverbindungen mit New Hock und durch dcn Michigansee mit dem St. Lorenzstrom und dem Atlantischen Ozean verknüpft. Breit und bequem dingelagcrt wie alle amerikanischen Großstädte. Der Raum, den die Stadt einnimmt, würde in Deutsch land schon eine kleine Provinz darstellen. Häuser «nd Straßen en.stehen rasch nach Bedarf. Was heute noch Million!'rsvi-eetel ist, kann in wenigen Jahren Neger- oder Arbeiterviertel sein. Da baut man leine Schlösser und steinerne Prachtvillen. Nur die Wolken kratzer im Gcschäftsviertel, der sogenannten Brog, sind für lange Zeit berechnet, cs sei denn, daß durch einen Brand hin und wieder Gelegenheit zu groß zügigen Neubauten geboten wird. Viele neue Wolken kratzer sind eben im Entstehen, ein Zeichen von der schnellen Erholung Amerikas nach dem Kriege. Die Riesenkräfte dieses Landes, vom Kriege schon so viel weniger mitgenommen als das unglückliche Europa, scheinen mit den Folgen des großen Wcltunyliicks spielend fertig zu werden. In der Loope drängen sich die Menschen in den Hauptgeschäftszeiten schlimmer als in New Park, den Fußgänger sicht inan nur noch laufend oder springend die Straße überqueren. Die zahllosen Autos beherrschen die Situation. Die Straßenpaisanten muffen sich schon zu einem großen Hausen stauen, wenn sie sich gegenüber den wohl überwachten Derkehrskreuzungen auch ihrerseits Be achtung erzwingen wollen. Ueber den Chicagoriver geht die Brücke im Zuge der Hauptstraße schon in zwei Etagen übereinander, unten für die Fracht-, oben für die Personenautos. Weit in den See hinaus erstreckt sich der Pier für den gewaltiqen Schiffsverkehr, der allerdings jetzt im Winter ruht. Vom Kopf des Piers aus hat man das imposante Städtebild vor sich, die illuminierten Wolkenkratzer, die aufleuchtenden Lichtreklamen, die Rauchwolken der Eisendahnziiqe und der Fabriken; so geht es meilenweit nach Süden und nach Norden. Stellenweise sind kilometerlange Parks am Strande dem fleißigen Leben der Stadt vorgelagert. Auch hier saust ein Auto hinter dem anderen durch die herrlichen Alleen. Der See liegt still wie ein Spiegel oder brandet hochschäumend wie der Ozean. Im Sommer muß cs in Chicago ganz prachtvoll sein, zu mal auch ein Waldgürtel die Stadt umgibt. Der Stadtverwaltung machen diese Anlagen alle Ehre, ebenso die großzügigen Perkehrseinrichtungen, ohne die ein so ansgcbreitetes Stadtwesen natürlich nicht denkbar wäre. Durchschnittlich jede Minute saust ein Zug in die Stadt hinein. In der Stadt selbst ver teilen dann Straßenbahnen, Hochbahnen und Autos Güter «nd Menschen. In den berühmten Stockqards treten Tag fiir Tag gewaltige Viehherden dcn Todes gang znm Schlachthaus an. Das große Gewächshaus ist ein Komplex von Hallen, deren jede das Land schaftsbild eines besonderen Klimas bietet. Im Llncolnmuseum ist bas Tier- und Pflanzenleben der Umgegend in hübschen und zugleich lehrreichen Gruppenbildern zusammengestellt. Der prächtige Marmorbau des Fjeld-Museums mit seinen kultur historischen Schätzen, die mit New Parks Metro politan-Museum wetteifern, wogt weit in den See hinaus. In dem Museum für Malerei und Plastik sähe man gern neben französischer und holländischer Kunst auch die deutsche in großen Werken vertreten. Vielleicht sollten wir Deutschen unserseits, wo es sich um Verkauf non Buch und Kunst an» Ausland handelt, etwas weniger an die rein geschäftliche Seite denken und etwas mehr an die Werbekraft, die unsere Geistesprodukte im Auslande haben können. Letzten Endes wäre das selbst vom geschäftlich^ Standpunkte aus weitschnuender. Ab?, s die Propaganda verstehen wir Deutsche «ns auch ! :.e noch schlecht genug. Ich habe persön lich manch? freundliche Berührung mit Deutsch. Amerikanern gefunden. Aber im großen und ganzen muß ich auch stier in Chicago feststellen: den rechte» Kontakt mit der amerikanischen Umwelt hat das Deutscharr .ikancrtum noch nicht wiedergcfunden. Cs kämpft gcg"n die Prohibition, als ob jeder Einzelne eine Brauerei zu verteidigen hätte. Auch in?; neue repnst'iti ttlsche Deutschland läßt man nicht gelten. Bon Bismarck« Großmutpolitik wird mit ad hnendcr Kritik gesprochen, der letzte Kaiser wegen „pazi fistischer" Neigungen auf das härteste verurteilt. Wenn in diesem Milieu Redner aus Deutschland neue kommende Kriege andeuten, dann läßt man sich durch solche Hoffnungen von der Gegenwart ablenken. Wenigstens politisch. Was die Hilfeleistung an das notleidende deutsche Volk betrifft, so wird da mit rührender Aufopferung geleistet, was möglich ist. Wir wollen herzlich dankbar dafür sein. Aber zu wünschen ist freilich, daß auch zwischen dem heutigen Deutschland und dem Deutschamerikanertum noch die Brücken gesunden werden. Dazu würde freilich ge- hören, daß die offiziellen Vertreter der Republik hier ihre Aufgabe in dieser Richtung begriffen. Oder glaubt man von einem alldeutsch-monarchistischen Auslaudsdeutschtum als Stützpunkt ausgehend einer deutschen Nestaurationspolittk die Dege bereiten zu sollen? Das müßte zu einer verhängnisvollen Ent fremdung zwischen Heimat deutschen und Ausland- deutschen führen. Die Anfänge einer solchen Ent wicklung sind leider da. Inzwischen wandert vom Süden herauf der Reger auch in Chicago ein. Die Zahl der Schwarzen wird bereits auf 200 000 angegeben. Da» deutsche Theater muß wegen mangelhaften Besuches seine Pforten schließen. Die deutschen Kirchen und Schulen gehen an» Mangel an Nachwuchs ein. Die Deutsch-Ameri- kaner verzanken sich über Prohibition und Republik mit den Amerikanern und der alten Heimat. Euro- väer und Amerikaner freuen sich über den Rückgang des Deutschtum». Und der schwarze Mann breitet sich da aus, wo früher weiße deutsche Kultur blühte. Zurückhaltung im Detail schon früh entgegen wirkte, ja, daß er sich inimer mehr auf eine charaktervolleGedicgenheit einstellte. Einen deutsch, bürgerlichen Baustil zu schaffen, so wie ihn die Lutherzeit al« großes Vorbild hingestellt, und unter Be rwendung von Materialien und technischen Ge- pflogenheiten, die die Heimat selber bietet, ward sein Ideal. Und wenn er bei der Lösung solcher Aufgaben weniger Glück hatte al» Glcichstrcbende derselben Generation, wenn seine Schöpfung mehr historisch gebunden bleibt und sich nicht zu so freier Neugestaltung aufschwingt wie etwa Gabriel von Seidls Nationalmuseum, so liegt es außer am Unterschied der Temperamente auch an der strengeren Atmosphäre, in der seine Kunst sich entwickeln mußte. Als Denkmal großstädtischen Bürgertum» vom Anfang des 20. Jahrhunderts, Ausdruck von Wucht und Wille mehr als von edler Geistigkeit, wird sein Leipziger Rathaus Genera tionen überdauern. Oe. V§. vairsr, »l» Sine nenerstandene Ieitschtlst. In einer Zeit, wo so viele Zeitschriften eingckcn, ist es erfreulich, auch einmal von dem Wiedererscyeincn einer Monatsschrift berichten zu können. Die bekannte Zeitschrift Die Friedenswarte (Blätter für zwischenstaatliche Ver- ständigung und internationale Organisation), dir nach dem Tode des bisherigen Herausgebers Dr. Fried vorübergehend ihr Erscheinen eingestellt hatte, beginnt soeben im Perlage von Schwetschke k Sehn (Berlin VV 30) ihren 23. Jahrgang. Mit- Herausgeber sind Rudolf Goldscheid, der gleichzeitig die Redaktion führt, außerdem Ludwig Quidde, Wolter Schücking, Han» Wehberq und Friedrich Hertz. Tie erste Doppelnummer im Umfange von tts Seiten enthält u. a. einen Aufsatz vom Neichstagspräsidenten Löbr zur Pölkerbundfrage, von Prof. Schücking über den organisatorischen Pazifismus, von General Schoenaich „Die ich Pazifist wurde", von Kurt Liller über Iungpaziftsmus, außerdem Beiträge nam hafter Ausländer zur Friedcnsfrage. Eine wertvolle Rubrik „Dokumente der Friedensbewegung" beschließt da» Heft. Die Sargptztte de» König, al» Bratpfanne Zu den interessantesten Altertümern, die da» Cluny- Museum zu Pari» enthält, gehört eine Platt« aus Metall, die «ine sonderbare Geschichte hat. Bor etwa einem Jahre besuchte der Kurator de» Museum- ganz zufällig «in kleine» Restaurant in der Dorstadt St. Deni», da» nur über einen einzigen Raum ver- Hllgtti jo daß im Gastzimmer auch zu^leiH gekocht Leipzigs Stadtbaumeister Zum Tode Hugo Licht» Mit Hugo Licht, der setzt hochbetagt entschlafen kst, verliert die deutsche Architektenwelt einen ihrer ältesten Meister, verliert unsere Stadt einen ihrer berühmtesten Mitbürger. Hugo Licht und Leipzig waren Namen, die seit Jahrzehnten eng zusammen gehörten und die einer dem andern gleich viel verdankten. Obwohl durch Geburt und Bildungs gang dem Gemeinwesen nicht von Anfang an ver bunden. sand der Künstler hier die Stätte, die Ihm nicht nur zur zweiten Heimat wurde, sondern ihm vor allem ermöglichte, sein bedeutende» Können in großem Stil zu entfalten Seit den achtziger Jahren, die für die Erweiterung der Stadt entscheidend waren und eine Fülle neuer Aufgaben stellten, hat Licht richtunggebend in dieBaugescht.chte eingcgriffen. Und schließ lich war e» ihm vergönnt, da» architektonische Wahrzeichen zu schaffen, da» jedem bet dem Ge danken an da» moderne Leipzig in Erinnerung kommt. Der Dank, den ihm Leiprig für solche Taten schuldet, wird nicht durch die Feststellung ge schmälert, daß die jüngere Generation seiner Leistung mehr mit Respekt al» mit warmer An- teilnahme gegenüberstcht. Wir heute empfinden Licht bereit» al» historische Erscheinung und ver hehlen uns nicht, daß er mit der neuen Bau- acßtnnung, die seit dem Anfang de» Jahrhundert» tu der Gestaltung de» Jnnenraum» wie im Städte bau revolutionierend wirkte, nur locker verknüpft tvUr. Dazu wurzelte er zu stark in dem Kunst- äeftkmack der zweiten Hälfte de» IS. Jahr- Hundert». 1842 geboren, wenige Monate nach Schinkel« Tode, empfing er seine AurbUdung in den 60er Jahren in Berlin und Wien; im Jahr- zehnt nach dem Kriege in der verrufenen Gründer- zeit, war er al» Privatarchitekt in der neuen Reich-Hauptstadt tätig. Er gehörte einem Milien an, da« sich von der bMnehmenTradition de» Schinkelschen Klassizismus kmmer mehr entfernte und sie durch da» Prunk hafte einer Psendorenaissance ersetzte Solche Zett- einslüsse, denen sich gerade der Architekt schwer zu «ntjtehen vermag, hafteten seiner Bauweise lange «n. Wir spüren da» etwa an seinen Museums anlagen (Museum amAugustuSplatz.Grasftmuseum), die ganz al« Repräsentationivauten gedacht find. E» bleibt aber ein Verdienst de« Künstler», daß der Drwratton-Wut kN Alt drisch vo^nkhmr den mußte. Während der gelehrte Herr auf sein cn warten mußte, schweifte sein Blick unwillkür lich über die Wände des Raumes, und sah sich plötz lich von einer angehängten Bratpfanne gefesselt, deren eigenartige« Aussehen ihm aufficl. Dcr Kurator nahm die Pfanne herab, rieb ein wenig von dem Ruß ab, der sie bedeckte, und entdeckte unter demselben eine Inschrift. Sein Interesse wurde rege, und er kaufte die alte Pfanne. Als er sie dann in geeigneter Weise gereinigt hatte, ergab sich, daß sie die Wappen von Frankreich und Navarra sowie die Abzeichen des Ordens vom Heiligen Geiste und Lud wigs des Heiligen trug. Die Inschrift dazwischen lautet: „Hier liegt der erhabene Fürst König Lud wig XIv., König von Frankreich und Navarra, kequisaat in pace." Es war die Sargplatte, die am Sarkophag Ludwig» UV. befestigt gewesen war; 1795 hatte der Pöbel die Grabgewölbe der könig lichen Familie in der Kathedrale zn Saint-Denis gestürmt, und irgendeiner hatte die Platte abgerissen. Durch Annieten eines Henkels hatte man dann eine Bratpfanne daraus gemacht. Jetzt hat die alte Pfanne einen Platz im Cluny-Museum erhalten. Di« ältesten Heiratsgesuch«. Das Heiratsgesuch in der für die Gegenwart typischen Form einer öffent lichen Ankündigung al» Zeitungsannonce ist erst sehr spät aufgetauchl. In England wurde das Nachweis- lich älteste Hciratsgcsuch im Jahre 1768 in der Zei- tung veröffentlicht, und für Frankreich gilt 1796 als das Jahr, da zum ersten Riale jemand auf diesem damals noch ungewöhnlichen Wege eine Lebens- gefährtin suchte. Wann man in Deutschland zum ersten Male diesen Spuren folgte, ist strittig. Emes der ersten Heiratsgesuche ist ober zweifellos jene», das vor hundert Jahren von vier Leipziger Grazie.» in eine dortige Zeitung gegeben wurde. Cs lautete: „Vier honette, sehr schöne 18- bis «Lsjährige Mädchen guter Erziehung vom Lande, von welchen jede sofort 306 Gulden Mitgift erhält, wünschen in einer größeren Stadt durch Heirat bald eine Der- sorgung zu finden. Sie schmeicheln sich mit der Zu versicht, gute Hausfrauen zu werden, jeder Wirtschaft gewachsen zu sein und nur wegen Abgelegenheit ihres Heimatsorte» noch keine anständigen Bewerber ge funden zu hoben. Sie sehen mehr auf Geschicklichkeit und Rechtschaffenheit, als auf Vermögen Nicht über 46 Jahre alte und mit keinem Leibesgebrechen be haftete Subjekte können schriftliche Erkundigungen einziehen unter der Aufschrift: „Suchet, so werdet ihr finden". Daß dabei strengste» Stillschweigen be-, ^bachteZ werden wird« versteht stch von jelbsten." Arbeite spielend! Von pronlie» In kommenden Tagen wird alle Delt spielend arbeiten. Arbeit wird Ausruhe sein. Niemand wirb sich in Hast und Eile befleißen, eine gewisse Arbeits menge innerhalb einer gewissen Zett zu bewältigen. Und alle Arbeit, so getan, wird besser getan sein, als die Arbeit von heute getan ist. Denn heute über treiben wir. Wir nehmen an, daß unser Leben sehr kurz sei und daß wir also in einer sehr kurzen Lebens zeit notwendig sehr lange und möglichst viel arbeiten müssen. In gewissem Sinne ist dies auch richtig: die geistige Verfassung, in der wir arbeiten, macht unser Leben wirklich zu einem sehr kurzen. Ja der Zukunft werden wir weiser sein. Wir werden wissen, daß Arbeit Ausruhe und Annehmlichkeit seiu muß, wenn sie schöpferische Arbeit sein soll. Dem jungen Mann, der tagsüber im Geschäft stand, wird angeraten, eine Abendschule zu besuchen oder seinen Geist in Biblio theken weitcrzubilden. Bildet er seinen Geist wirklich weiter, wenn er ihn mit Tatsachen vvllstopft, von denen sich ein guter Teil in 50 Jahren al» Wahn und Trug erweist? Jedes Studium «nd jede Kunst find nur so lange Erholung, al» sie mit Freude betrieben werden und nicht ermüden. Wer ermüdet, köre aus. Ermüdung ist da» Zeichen znm Aufhöreu. Und das rechtzeitige Anfhörenkönnen ist do» Geheimnis jener frischen Menschen, die immer arbeitsfähig find. Das nicht mehr mit Begeisterung und Eifer geleistet wird, wird nicht mehr ganz geleistet. Und bringt uns und anderen mehr Schaden als Nutzen. Es ist der müde, überarbeitete Lokomotivführer, der infolge Er schöpfung da« Warnungsssgnal nicht mehr erkennt und so den Zug der Vernichtung -uführt. Cs ist der durch Uebermüdunq unachtsam gewordene Arbeiter, der den Evrung nn Zylinder übersieht, so daß dieser vollends bricht und möglicherweise den Untergang des Dampfers verursacht. Und es find die Maler, die erwerbshalber zu Handwerkern, und di« Dichter, die begeisteruugoloo zu Tagschreibern werden» die den Gipfel der Gunst nicht mehr erreichen. Bis zu einem gewissen Alter lernt das Kind immer Ne>t«s. Neue Spiele, neue Sport», neue Fertigkeiten. Dieser Spiel- «nd Eportbetrieb, dieser urgcsund« Trieb, imMee Neue» zu erlernen und zu betreiben, sollte moch erhalten werden! Da» Er lernen neuer Dinge ist ein Quell der Belebung und Erholung. Und je mannigfaltiger di« Abwechslung, desto reicher die Möglichkeit der Erholung. Wer auf. hört, Neue» zu erlernen, beginnt physisch abzusterben. Und da. Letzt, und Vest, d« Dasein» ist j» doch un endliche Hexnep, jst k Ae '
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