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Morgen-Ausgabe -er StL-t Leipzig Dienstag, den 23. 3utt UL. Jahrgang Preis: 7°' Im amtl. Teil dl« Nolon«lj«Ile 80 -Pf. ». au<» l»z«Ig«n dl« Kol»n«lj«Ile Zü ps^, autwSrk« Zs ij«la<!> mit Platz.orlchrifl«!, lm Pr«>l« «rhihl. uallfloa« M. 7.— da« Tausend aulschl. Vast-rdah«. II>^«ln«»u»«k IO Pf, — Saun- und Atstlag« Pf. S—tP^ch-Lufchluf, «r. l«v»L 14»» und I4U»,.— Pvstsch«»ko«1a 72M. SchtlfNivuug und SefchSfllfi,»«: Zohanuisgal« 7kr. 8. Verlag: Dr. Reinhold K To., Leipzig. 1918 Bezugspreis:!.'; M- »t«rl«lI4drllch 7N. SV0; flk Abholer monatlich M. 1.78; durch nnser« a»4«4rNa«n gi'^Ien lnt -aut gebracht monatllch M. 2Lz. »lertel- ltbrllch M 6LV »rch dl« Poft lnaerbalb Deallchland« Vesamt-Autaab« maual llch M. 2L>, vlerielftldrllch M. 6.75; Moraeu-Autoab« M. vC Abend-Bo«gab« M. l>,S0. Sonnlaat-Bnlgad« M. 0^80 mouatUch tau«schll«bllch PosidesteUgedLhr). Sauptschriftleiter: Dr. Erich Everth, Leipzig. Rr. S70 ----- Rücktritt des Kabinetts Seidler Abendbericht vtb. Berlin, 22. Juli abends. An vielen Stellen der Schlachtfront zwischen AiSne und Marne Ruhe. Oertliche Kampfe südlich des Ourcq. vvid. Berlin, 22. Inli (Drahtbericht.) Der große, die Enl- »cheidung suchende Kampf FochS bot auch am vierten Tage mit einem Mißerfolg des EntenlegeneralissimnS geendet. An der arnzen Hauptangriffsfront von der Aisne bis zur Marne oerblu- leten sich aufs neue die frischen Divisionen des Feindes, ohneirgend- meschen Vorteil crringen zu können. Wo der Gegner irrfolge rücksichtslosester Anhäufung seiner Masten ans engem Raum in unsere Linien eindriNgen konnte, wurde er sofort wieder geworfen. So muhten die über die Straße Soissons — Ehäteau Thierry vor- gestohenen feindlichen Kräfte nach unseren erfolgreichen Gegenangriffen i— deutschen Verfolgungsfeuer wieder üb«: die Straße zurückweichen, 'in den Brennpunkten des KampscS, wie bn V i l l e i» on t oi r e und T i g n y, waren die feindlichen Blutopfer besonders schwer. Weder der Einsah zahlreicher Tonkgeschwadcr, noch die Vernebelung deS Kampffeldes, noch die Mastenverschwendnng seiner Kräfte konnte den Feind seinem Ziele näherbringen. Während in den großen Offensiven dieses wahres die Deutschen bei geringen Verlusten in wenigen Tagen ög bis 80 Kilometer im Angriff durchbrachen und di? feindlichen Armeen oft zu üderstürzler Flucht zwangen, hat General Fach kärglichen Anfangserfolges n>egcn viele H u n d e r l f°a »s e n de cinqesehl, ohne auch nur im enlfirntesten ähnliche Erfolge, ge schweige denn die erstrebte Entscheidung erzwingen zu können. Am Abend des 2l. südlich der AiSne angeschke deutsche Iagd- nnd Schlachlslicger griffen die feindlichen Truppenbrreitfiellongen mit Nomben und Maschincngewehrfeucr an und fügten dem Feinde schwere Verluste zu. Des öfteren konnte fluchtartiges Aus- einanderlaufen der gegnerischen Ansammlungen und Kolonnen beob achtet werden. Zwischen Aisne und Marne Haag, 22. Juli. (Eigener Drahtbcricht.) Ayr Washing- >on wird amtlich gemeldet: Dar Tag hat neu« Erfolge zwischen Aisne und Marne gebracht. Der Feind wurde gezwungen, Stellungen, um die heftig gekämpft wurde, preiszugeben. Zn den letzten Tagen ryurden über 6000 Gefangene, 100 Kanonen, viele Schützcngrabenmörfer und Maschinengewehre erbeutet. 2 Amsterdam. 22. Juli (Drahtbericht.) Die englische« Berichte bestätigen, daß es den deutschen Truppen südlich der Marne gelungen Das Kabinett Seidler zurückgetreten Wien, 22. Inli. (Drahtbericht.) Im Abgeordneten haus teilte am Schlüsse der Sitzung Präsident Groh mit, daß Ministerpräsident Dr. Richard von Seidler nnd die ganze Regierung ihre Entlassung gegeben habe, doh »ic Entlassung angenommen wurde (Beifall bei den Tschechen) und daß di« Regierung mit -er Fortführung der Geschäfte betraut wurde. * Wien, 22. Inli. (Drohtbericht.) Die morgige «Wiener Zeitung" n ird nachstehendes Allerhöchstes Handschreiben verösfentlichen: „Lieber Dr. Ritter von Seidler! Sie haben nnter Berufung auf die Gestaltung der parlamentarischen Lage Mir die Bitt« um Enthebung rpin Amte unterbreitet, welcher Bitte sich die übrigen Mitglieder des» Kabinetts anschlossen. Zur Begründung dieses Ansuchens haben Sie darauf hingewiesen, daß Sie sich für Ihre Bemühungen, im Abgeordnetenhaus ein« Mehrheit zu sichern, für die Staats notwendigkeit keinen Erfolg mehr oersprechen, daß aber die Hinder nisse lediglich in Ihrer Person und Ihrem Verhältnis zu einer politischen Dartei gelegen sind, die gegenüber den SkaatSnotwendigkeiten keine ab- lchnende Haltung einnimmt, oielmehr bereit wäre, eine andere, tste nämliche allgemeine Richtung verfolgende Regierung zu unterstützen. Unter diesen Umständen erblicken Sie selbst in Ihrem Rücktritt di« Vorbedingung für eine befriedigende Klärung der parlamentarischen Situation. So schwer «S Mir fällt, auf Ihre fernere Tätigkeit an d«r von Ihnen unter den schwierigsten Verhältnissen zu meiner vollsten Zufriedenheit versehenen Stelle zu verzichten, ver mag ich mich doch nicht Ihren patriotischen Erwägungen zu ver- schliehe«. Von der Absicht geleitet, die von Ihnen verfolgte Richtung unter Wahrung det vertrauensvollen Verhältnisses zu jenen Gruppen, di« für dte Bedürfnisse d« Staates einzutrelen gewillt sind, im Zu sammenwirken mit der Volksvertretung festgehalten sehen, finde ich wich daher bestimmt, die Demission des gesamten Kabinetts in Gnaden anzunehunen und bemrstrage dasselbe Ks zur Bildung einer neuen Regierung mit der Fortführung der Geschäfte.' Karl. Seidler.' SckartSav, 22. Susi 1918. ist, sich unbemerkt vom Feinde über den Fluh .mrückzuziehen. Im Ardretalc Hoden die Engländer infolge eines deutschen Gegen angriffeS etwas Gelände aufgeben müssen. Brasilianer für die Westfront Bern, 22. Juli. (Eigener Drahtbericht.) Zn mili tärischen Kreisen wird der .Agencia Americana" versichert, daß nach längeren vertraulichen Besprechungen die Regierung Bra siliens mit der Regierung in Washington vereinbarte, die bra silianischen Truppen aktiv am Kriege teilnehmen zu lassen. Zu diesem Zwecke sollen die brasilianischen Truppen zu nächst zur Ausbildung nach den Bereinigten Staaten gebracht werden. Die „Baterland" versenkt Berlin, 22. Juli. Amtlich wir- gemeldet: Der amerika nische TruppentranSport-ampfer ..Leviathan' (früherer Dampfer der Homburg-Amerika-Linie „B ater and", 54 282 Brutto-Register-Tonnen) ist am 20. Juli an der Rord- küste Arlands versenkt worden. Der Chef des AdmiralstobeS der Marine. * * * Loickoa, 22. Juli. (Reuter.) Der Unterstaatssekretär des amerikani schen MarinodepartementS Franklin Roosevelt ist in London angekvmin-e-n. Oesterr.-ungarischer Heeresbericht Wien, 22. Juli. Amtlich wird milgeteilt: An der italienischen Front keine besonderen Ereignisse. In Albanien nahm vor drei Tagen der Feind nördlich von Berat und im oberen Deooli - Tale seine Angriffe wieder auf. Don örtlichen Schwankungen abgesehen, gelang cS ihm nirgends, Vorteile zu erringen. - ... Zwischen dem Seme ni-Knie und dem Meere drangen unsere Erkundungsabteilungen an mehreren Stellen in die italieni schen Linien ein. Der Chef des Generalstabes. (W. T.-B.) das Land verurteilt werden, das sie moralisch und materiell ungeheuer schädigten. Kriegsrat in Tokio Haag, 22. Juli. (Eig. D r a h t b e ri cht.) Die .Times' mel den aus Tokio: Die Sitzungen des Kabinetts und des diplomatischen Rates dauern weiier fort. Die konstitutionelle Partei wird die Re- giervngsvorschläge annehmen. Die Zosammenberusung einer außer ordentlichen Sitzung des Landtages wird erwartet. Die Regierung hat der Presse verboten, Berich leüberTruppenverschiebungen und andere militärische Meldungen zu bringen. In der morgigen Ver sammlung, der auch der Kriegsminister, der Minister dcS Innern und der Finanzminister beiwohnen werden, sollen dann die Maßnahmen für die Finanzierung und Verproviantierung der Truppen getroffen werden. Tibet gegen China Haag, 22. Juli. (Eig. Drahtdericht.) Wie die .Times' auS Peking erfahre«, hat sich Tibet gegen China erhoben. Da die zentrale Regierung kein Geld hat, leisteten die Grenztruppen keinen Widerstand. Der Vormarsch der Tibetaner ging vorwärts, doch ist jetzt ein Waffenstillstand vorgeschlagen worden. * Haag, 22. Juli. (Eig. Drahtbericht.) Di: .Times' melden auS Peking: Infolge eines neuen zwischen einem japanischen Syndikat imd der chinesischen Regierung getroffenen Abkommens Hal Edina die Wälder und Gruden der Provinz Kirin als Hypothek für ein Dar lehen von 20 Millionen Ten gegeben. Die Hälfte dieser Summe wurde China sofort auSm-zahlt. Finnen mit Engländern im Gefecht Haag, 22. Juli. (Drahkber. unseres Sonderbertcht- erstatterS.) .Times' melden auS Lhristiania: Berichten auS Finnland zufolge gerieten die Vorposten der vorrückenden finn ländischen Truppen 20 Kilometer vom nördlichen Teil der Murmanbahn auf der Halbinsel Kola ins Gefecht mit britischen Truppen. Die Schuld Bratianus Die rumänische Kriegserklärung eine schwere BerfafsnngSoerletzung «Sb. B « kor « st, 22. Juli. (Drahtbericht.) Das Iaffyer Regierungs blatt .I «schul' veröffentlicht Enthüllnngen, die beweisen, daß die frühere Regierung Bratianu und die verbünbetcn Kriegstreiber unter Hinwegfehung über alle verfassungsmäßigen Faktoren denKrieg auSeigexrMachtvollkommenheitherbeiführten. Die .Kri«gSerklär»ngRumänieaS an Oesterreich - Ungar« ward« langevorbem 27. A » g » st 1916 abgefah » und befand sich wenige Tage später in den Händen de< rumänischen Gesandten in Wien mit der Weisung, sie am 27. August abends 9 Uhr am Ballplatz zu übergeben. Di« Beschlüsse des Kronrates vom 27. August waren zwei Wochen früher von der Regierung Bratiaao zusammen mit den Kriegsanhängern gegen di« Mittelmächte festg « ftellt worden. Hierin liegt hauptsächlich die - a « p t s ch u l d der früheren Regierung Bratianu, > die keinerlei Recht hatte, «ine Kriegserklärung zu machen, wozu nach rumänischer Verfassung weder der König noch die Regierung, sondern einzig «ad allein die Ration durch Ihre gesetzliche Ver lretzrag im Parlament berechtigt war. Diese schwere Ver- f«ff»»gSv«rletz,ag führte i» Ramäate« zur Katastrophe Die Schuldigen wüsten solidarisch M wirklicher, tatsächliche, Entschädigung an Die holländische Kabinettskrise Haag, 22. Juli. (Drahtbericht.) Wie das Korrespondenz- Bureau von gut unterrichteter Sei!« erfährt, Hot Dr. RolenS noch immer den Auffrag, em neues Ministerium zu bilden. Die in verschiedenen Blättern veröffentlichten Gerüchte entbehren jeder tatsächlichen Grundlage. Paintens tritt für Malay ein Genf, 22. Iuti. (Eig. D r a h 1 b e r i ck t.) Dte Sonnabendsttzung im Malvy - Prozetz bracht« die Zeugenaussage Pa i n l« v ö S, der den Beweis für die vollkommen« Grundlosigkeit der An klage antrai. Der Mißerfolg der Apriloffensive 1917, sagte er, sei darauf zurückMführen, dah di« Deutschen monatelang vor dem Eintritt Matvys in das Krrcgskomitc-e genau über den Angriff unterrichtet waren. Der damalige Mißerfolg habe Meutereien herovrgerufon, so dah Pötain die Erlaubnis zur Einrichtung von Standgerichten verlangte. Malvy halte sein« Zustimmung hrersür gegebc-i. Rack Lyoner Blättermeldungen macht' das rückhaltlose Eintreten PoinIeveS für Malvy einen grohen Ein druck auf den Senat. Bemerkenswert war die Parteinahme des Senats präsidenten Dubost gegen Painlevä. dte .zu scharfen Auseinandersetzungen führte, was ttn Senat eine Protestbewegung gegen Dubost hervorrtef. Freizügigkeit und Wohnungsfnrsorge Der Krieg hatte viele soziale Kurpfuscher auf den Plan gerufen. Wir spüren sie täglich in der Kriegswirtschaft und werden sie auch in den FriedenSjahren sobald nicht wieder loswerden. Seit einiger Zeit tummeln sie sich namentlich auch auf dem hoch wichtigen Gebiete der W o h n u n g S f ü r j o r g e. Da man saft überall Besorgnisse vor einer Wohnungsnot hat, wird jeder neue Vorschlag, diese zu bekämpfen, aufgegrifsen. Die einen fordern Zivileinquartierung, die anderen Boden- und Kellerwohnungen, den Ausbau von Echulräumcn, Läden und allen möglichen leeren Gelassen zu Wohnräumen, oder Errichtung von Baracken und Lufthütten. Die Zahl der Vorschläge sür NotstandSwohnungeu vergrößert sich mit jedem Tage, aber der starke Ton, in dem sie gefordert werden, darf nicht darüber täuschen, daß sie im Grunde vielfach Behelfe sind, denen wir daS deutsche Familienleben und unsere Volksgesundheit nicht ausliefern dürfen. Auf das gefähr liche Gleis bloßer Behelfswohnungen darf die WohnungSsürsorgc keinesfalls abgeschoben werden. Ein Stück sozialpolitischer Kurpfuscherei würde auch die vor übergehende Aufhebung oder Einengung der Freizügigkeit zum Besten der WohnungSsürsorgc sein. Wir halten eS sür un wahrscheinlich, daß die Reichsregiernng einen derartigen Weg be treten wird, obwohl der Bürgermeister von Erfurt auf dem Städte tage in Halle jüngst mitteilte, daß man in Berlin eine derartige Beschränkung der Freizügigkeit ernstlich erwäge. Man soll den Teufel nicht an die Wand malen; am allerwenigsten heute, wo wir alle Ursache haben, uns zu hüten, in unsere innere Politik Brandfackeln zu schleudern. Der Gedanke der Antastung der Freizügigkeit zeugt von politischer Unreife, denn er würde nicht nur seinen Zweck verfehlen, sondern seine Durchführung würde auch leicht zu sozialen und wirtschaftlichen Reibungen führen, an denen die ersten Friedensjahre ohnehin nicht arm sein werden. Mit der Aufhebung oder Beschränkung der Freizügigkeit würde man eines -er wichtigsten Grundrechte deä deutschen Volkes, ein Palladium der Freiheit der Person antasten. Unsere Vorfahren haben etn ganzes Jahrhundert um dieses Recht ge stritten; cS ist zu einen» bedeutsamen Bestandteil der staatlichen Kultur und zu einer politischen Selbstverständlichkeit geworden, ohne die wir uns daS Reich nicht denken können. Die Einengung dieses Rechtes wäre ein Rückfall in die Zeit unerträglichen PoU- zeigeistes, den auch unsere öffentlichen Behörden seit den Tagen Metternichs, wenn auch langsam, überwunden haben. Es ist ein Widersinn, die Bahn politischer Neuordnung zu betteten und vor läufig bei der Einschränkung der Freizügigkeit zu landen. Bei der Wahrung seiner politischen Grundrechte muß jedes starke Volk empfindlich sein, und so darf weder heute noch jemals die Freizügigkeit des Deutschen — von den bekannten besonderen Ausnahmefällen abgesehen — angetastet werden; auch als jozialc .Notmaßregel" nicht. Will man die Arbeiter festnageln, damit sie nicht nach Orten mit Wohnungsknaopheit abwandern? Aber wahrscheinlich wer den sie gerade dort gebraucht; vielleicht finden sie nach dem Kriege gerade dort größere oder selbst einzige Erwcrbsmöglichkcit, der sie nachgehen müssen, wenn sie nicht der öffentlichen Unterstützung zur Last fallen wollen. Vielleicht fehlt es in einem Bezirk zwar nicht an Wohnungen, doch an Arbeit. Und das letztere ist wahrschein lich, denn der Lohnarbeiter zieht sich dort hin, wo er sein bestes Fortkommen findet. Will man ihn daran hindern? Sollen die einzelnen Bezirke im Reiche je nach ihrer wirtschaftlichen Lage auch politisch unterschiedlich behandelt werden, und soll der Staatsbürger in dem einen die volle Freizügigkeit besitzen, in dem andern nicht? Man würde dann voraussichtlich tüchtige und für unseren wirtschaftlichen Wiederaufbau wertvolle Arbeiter, Werk meister, Kaufleute und andere Angehörige des Mittelstandes an der besten Verwertung ihrer Kräfte hindern, wenn man ihnen verwehrte, dort ihren Wohnsitz auszuschlagcn, wo sie am besten ihr Brot zu finden hoffen. Auch volkswirtschaftlich müßte also eine Beschränkung der Freizügigkeit verhängnisvoll wirken, wenn man den Zustrom von Arbeitskräften dort unlcrtindcn wollte, wo er am notwendigsten ist. Wie man den Gedanken auch dreht: er bleibt wenig klug, und abermals ein Beweis dafür, wie oberflächlich hier und da wichtige, soziale Probleme behandelt werden. Seit langen Jahren wurde bekanntlich von großagrarischer Seite eine Beschränkung der Freizügigkeit wenigstens für jugendliche Landarbeiter verlangt. Die Neichsregierung hat sich gegen diesen Wunsch stets ab lehnend verhalten. Wir bezweifeln, daß sic beute aus Grün den einer mißverstandenen Wohnungsfürsorge eine Politik treiben will, die ihr weder Dank noch Erfolg bringt. Und sollten die auf dem Hallcschcn Städtetage zuerst ausgesprochenen Befürchtungen trotzdem zutreffen und man in Berlin wirklich ,ernstlich erwägen", so würde der in letzter Zeit so außerordentlich entgegenkommende Reichstag in dieser Frage doch wohl einen anderen Weg geben. Und das ist dringend zu wünschen. WohnungSsürsorgc muß mit sozialem Ge i st imd nicht mit den Mitteln des alten Polizei staates getrieben werden. I. Corvey. Mängel im englischen Sanitätsdienst Ha«g, 22. Juli. (Eig. D r a h t b e r i ck i.) Zu den vielen Klagen über die Unzulänglichkeit dcs englischen Sanitätsdienstes berick!en die .Times' noch folgenden Fall, der eine große Aufregung im Lande hervorgerufen hat. In Kennington bei London befindet sick ein Militärlager, das ungefähr 250 Mann umfaßt, die dort vollständig ohne ärztliche Hilf« sind, obwohl in dem Lager etwa 70 Fälle von spanischer Krankheit auftraten. E°n kranker Soldat, der den Weg nach dem Lhelseaipital zuvor zurucklegen mutzte, brach unieriveaS vor Fieber und Erschöpfung zusammen. Die Leichcnkommission »r klärt«, daß diesem Lager sofort ein Arzt zugeteilt werden müßte