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Sonntags» Ausgabe ««Mgsoreis: L M »l«r1,liadrUctz M. S.0V: slr Ädholer monatlich M. 1^8: d«ch »«§»»» »o«»ürll»»a A«>lal«n la« Haut gebracht monatlich M. LL, viertel- lldrltch M.üchv; darch dt« Post innerhalb Deatlchlanb« Vosamt-Aalaab« »^»»tllch M. 7L5. vierteltahriich M. 6.7s; Morgen-2u«gobe M. 4lb«nb-A»4gob« M. O.SO, Sonntaat-Aalgabe M. 0,80 monatlich (auSschllehllch PostbesteUgedühr). Haopkschriftletter: Dr. Erich Everth, Leipzig. Hcmdels-IeUung /lrrrtsblall des Rates und des pollzeiarutrs der Stadt Leipzig UL. Jahrgang «n^tgeaprei-: ». «^»rdan «, -Mil. Teil k, «olonel,»,!. « Pf. ». «B» » Ps.i blat», An,«I^a »l« Koloneljeil« 30 Pf. -»«wLrt« » SelchSftlanjetgen mit Platzoorlchnsten tm Preis» erhöht. Battagen: Velamtanslaa» M. 7.— ba« Taasend aulschl. Voft^hOhr. ainieloammer 16 Pf. — Sonn- and gepta,« tb Pf. ch-A»IchI»tzAk.l«6«r. I4S«i and >«««. —Postscheckkoato 77» vchrtstlettaa, and Sefchöstlfiele: Zohaanttgafs« «r. it, Verlag: Dr. Reinhold L To« Leipzig. Nr. 367 Sonntag, den 21. 3rrtt 1V18 Neue Kämpfe zwischen Aisne und Marne Abendbericht vid. BsrNn, 20. Juli. (Amtlich.) Ans dem Schlachtfelde zwischen Ais ne ond Marne sind nach erfolgreicher Abwehr französischer Angriffe neue Kämpfe im Gange. Auch südwestlich von Reims sind Angriffe des Fein des gescheitert. Der Zweite Tag der Gegenoffensive «Id. Berlin. 2li. Juli. (Dradlberickt.) Der Id. 3uli. der zweite riertustrciche Tag der Fochschen Gegenoffensive, brachte den devische» Trappen wieder einen großen Ablvehrerjolg. Unter Aufbietung aller Kräfte oerjuchte der Feind den ihm am Bortage nach schweren, blu tigen Opferns mißlungene« Durchbruch zu erzwingen. Bereits mn 5 Uhr vormiltags kündete schweres Trommelfeuer die Wieder holung des feindlichen Du rchb r u ch» v ersu che s an. TiefgeglieL sct, mit französischen Kräften rmd zahlreichen Tank geschwadern. rannte der Gegner unser« Linie zwischen Aisne und n rdweftlich von Chateau-Thierry von neuem au, unter Ver schwendung von Menschenmaterial» wie seinerzeit Nikolai Nikolaje witsch und Brussilow. Galt es doch für den Entente-Generalissimus aus innerpolitischen und Prestigegründen, hier unter allen Umständen einen Erfolg großen Stils zu erringen. Unser zusammengefahies Ar- killeriefeuer schlug verheerend in ihre Neihen. Auf allen rückwärtige» Straßen führte Foch ständig neue Reserven heran. Auch diese faßte renichtend unser gulliegendes Fernfeuer. Unter den feindlichen Truppenansammlungcn, Bereitstellungen und Kolonnen räumten unsere Schlachtflieger durch fortgesetzte Bombenabwürfe entsetzlich auf. Hier bei wurden zahlreiche» in Geschwadern versammelte Tanks außer Ge fecht gesetzt. Die feindlichen Marschkolonnen stoben fluchtartig aus einander. Der Morgenanstwrm wurde am die Mittagszeit, teils im Feuer vor unseren Linien, teils nach heftigem Ringen, im Gegenstoß zum Scheitern gebracht. Vor der ganzen Front liege« zahlreiche er schossene Tanks umher. 3« Verlaufe der ersten Rachmittagsfkmden erfolgte «tn von frisch« Kräften geführter Angriff, der vor unseren Linien vollständig zasammen- brach. Om 6,W Uhr abends tag wiederum Trommelfeuer auf unseren s»"kich der Aisne gelxiUcncn Linien. Der von uns rechtzeitig erkannte 'tuenff brach gleichfalls unter schwersten Verlusten des Feindes zu sammen. Ar«h auf der Front werter südlich bis nordwestlich THLteau- Thierry setzten sich am Nachmittag die Anstrengungen de« Feindes, unsere Linien zu durchbrechen, fort. Südlich Villemonkotre wurde der Feind darch kraftvollen Gegenangriff über sein« Ausgangsstellung« zurückgejaot. Auch südlich des Ourcq sowie ebenfalls südlich des Lliguonbaches waren ave AngriffÄewegung« de« Feinde« umsonst. Das Ergebnis de« gestrig« Kampftage«, an dem der Fetad andauernd zu immer neuen Durchbrochsversuch« «setzte, brachte ihm schwerste Verlust« an Menschen, ohne dah er im entferntest« sein« beabsichtigt« DurchbruchSziel« nahe kam. Die Grötze de« Zlete«, da« sich Foch gesteckt hatte, geht aus der Bereitstellung starker Kavalleüe hervor. Haag, 20. 3uli. (Eigener Drahkberichk.) Holl. „Rieuw« Courant" meldet: Falls Fachs Gegenoffensive den Zweck Hal, den Deutschen einen Schlag zu versetzen, dann ist dies Foch, wie alle Be richte erkenn« lasten, vollkommen mitzglückt. Ist sie aber als Ab- lenkungsoffensioe gedacht, um den Aufmarsch der Deutsch« südwestlich Reim« zu verhindern, dann kann man sie als völlig gelungen bezeichnen. Die Deutschen haben ihre Truppen, die die Marne so schneidig passiert haben, angeblich unbemerkt auf dem nördlichen Ufer zurückgezogen, nach dem sie am Südufer doch nichts mehr auSrichten konnten und da das Erhalten dieser Brückenkopsstellung zuviel Opfer erfordert haben würde. Der deutsche Bericht klingt wahrscheinlich, sonst hätten die Alliiert« schon einen größeren Tamtam gemacht. Aber das Konzert mit großen Pauken muß noch kommen. Hindenburg« Offensive zum Stillstand ge bracht, Foch« Angriff lahm gelegt, beide Parteien gleichviel Gefangene gemacht. Eine derartig allgemeine Zufriedenheit ist in diesem Kriege keine Seltenheit. Dah auch in Deutschland das Manöver Foch« ruhig ausgenommen wird, ergibt sich au« allen Berichten. Auch in England ist man zurückhaltend. Man begreift, daß ein derartiger Gegner nicht eins zwei drei auf die Knie gezwungen werd« kann. Wir Neutralen können ruhig feststellen, dah die eigentliche Schlacht noch nicht geliefert ist und daß die große Offensive noch komm« muh. Basel, 20. Juli. (Eig. Drahtberich k) Die .Times" met- d« au« dem englischen Hauptquartier, an der englischen Front nehme« di« Vorstöße und Luftaufklärung« zu. Außer Dper« wird auch Arras beschossen. Die Militärkritiker der Mailänder Zeitung« bestätig«, daß Mittwoch zwischen Italien und Frankreich der Austausch von Truppen formationen begann« hat. Oesterr.-ungar. Heeresbericht vib.W i e n, 20- Juli. Amtlich wird gemeldet: Au der Tiroler Westfront lebte gestern die KampstMgkeS er heblich auf. 3mAda « ello - Gebiet wurden mehrere iluSeuffch« Vorstöße abgewlefen. Auf dem MonkePaveuto mutzte dem Feinde ein vorgeschobener Stützpunkt überlasten werde«. In Albanien kam es heute früh nördlich von Berät zu neuen Kämpfen, die noch fortdauern. Der Chef de« Generalstabe«. Neue U-Vooterfolge vll? Berlin, ro. Juki. (Amtlich) s» Mittelmeer versenkte, unsere il-Boote drei Dampfer von rund 14 OVO Brutto-Register-Tonn«. Der Chef des Admiralflabes der Marine. Stürmische MititSrdebatte in der franzSfisch« Kammer Vern, 20. 3uN. (Drahtbericht.) Lyoner Zeitungen zufolge kam es .in Ksr Kammersitzung vom 17. Juli zu außerordentlich scharfen Aus- >-! nandersetzungcn und Zwischenfällen. Der Deputierte 7rucert interpellierte die Regierung über die Zurückbehaltung cines Teiles der Frontentschädignng der Soldaten, die ikncn in Sparbüchern gutgeschrieben werden. Clemenceau habe die Be schlüsse des Parlaments verletzt, die bestimmten, dah die ganze Entschädi gung den Truppen in bar ausgezahlt werde. Clemenceau hätte bester nekan, die Verteidigung des (chemin des Dames vorzubereiten. (Bei diesen Worten brach auf der äußersten Linken ein Beifallssturm aas, während auf den übrigen Bänk« protestiert wurde.) Uuterstaalssekretär Abrami erwiderte, die Regierung handle ledig lich im Interesse der Soldaten. Die Bestimmung über die Zurückbehal tung eines Teiles der Frontentschädignng sei aus patriotischen Er wägungen erlast« worden- Abrami sprach sodann von den Strafmah nahmen an der Front und führte aus, die Gefängnisse an der Front seien nicht abgeschafst worden. ES sei notwendig, gegen Schuldige scharf vorzugeh«, um die Stimmung zu erhalten. Die Armee habe jetzt eine glänzende Stimmung, während Petatn 1S17 die Armee in sehr schlechtem Zustande vorgefunden habe. Der sozialistisch« Deputierte Ieanbon protestierte gegen die Aus führungen des Unterstaatssekretärs. Es kam zu einem lchhaften Wort gefecht zwischen der Recht« und der Linken. Minutenlanger Tumult unterbrach die Sitzung. Abrami versucht« abermals, dar- zulegen, daß ein merklicher Unterschied Misch« der Stimmung der Armee tm Mat 1S17 und im Juli 1918 bestche. Der Deputierte Mayera« rief: .3m Mat ISIS Netz daS Kabinett Clemenceau d« Chemtn des Dames einnehm«!" Der Tumult ver schärft« sich. Rafsta-Dugen« griff tu die Debatte mtt der Erklärung ein, die Verantwortlichkeit der Regierung und de« Oberkommandos sei durch di« Niederlage am Chemln de« Dame« tn« Sptel gezogen worden. Mayera«, von zahlreichen Sozialist« unterstützt, bracht« eine Tages ordnung eia, wonach die Regierung da« Straftetvet gegen die Soldaten zurücknehmen solle. Bei lebhafter Erregung fand die Abstimmung statt. Bei Stimmenthaltung der So^alist« warb« 8V« Svnunen gegen den Antrag Mayera« abgegeben. Die Kammer ging alsdann zur Interpellation über di« fehlerhafte Leitung de« AutomobtlwesenS der Armee über. Sie wurde vom Depu tierten Poncet begründet, der sich über ksie große Verschwendung and die schlecht« Verwaltung der Automobile beschwerte. 3n d« letzten Monat« set« allein in diesem Verwaltung«zweige über 14 Millionen unnötig ausgegeb« worden. Seitdem da« Automobllwesen der Heeres leitung unrersteh«. hab« skh der Automobildkenst sehr verschlechtert. Die neuen englische« Minister Haag, 20. Juli. (Et-g. Drahtbericht.) Uedrr die neuen «ugltschen Minister werden folgrnde Personalien bekannt: Der nmm Blockademiniper Eswb WwvLhüsgüo« Evans ist einer der «WWW VANKq. «1 DM DH DHuchrS Wf dE M»Hl»tai»«- amt ausgezeichnet. Der frühere Krtegsminifier Generalmajor Seely wird als Nachfolger von Wörthington Evans Parlamentssekretär und Munttioasminister. Major Waldor-Astor, der neue Parlaments sekretär de« Lebensmtttelmiulfieriums, ist ebenfalls wie der verstorbene LordRhondda ein MilÜonär und steht im Range hinter dem neuen Lebensmittelminister Clyns. Stuttgarter Messe? Stuttgart, 20. JuU. (Drahkbertcht.) In der Zwesten Kammer wurde heute aus der Mitte des Hauses bekanntgegeben, datz in Stuttgart eine Aktiengesellschaft gegründet wurde, die für Württemberg eine große Verkässt- und AuSstellungsgelegenheit schaffen soll, mn die Zentralisierung tn Leipzig zu durchbrechen. 3m neuen Bahnhostviertel soll ein eigenes Gebäude hergestellt werben. Es besteht die Aussicht, datz neben der Edelmetall- Jndufioie auch die Uhrenind ustrle und die Fein mechanik und wahrscheinlich auch die Konfektion sich zu einer dauernden Messe vereinigen werden. Die Regierung wird, wenn die Sache spruchreif ist. um eine Förderung der Ausstellung gebeten werden. Reu« Regierung in Sibirien Geuf, 20. Juü. (Eig. Drahtbericht.) Reuter meldet au« Schanghai: Alexejew bildete eine neue Regierung, um zwischen Tomsk und Nischne Minsk tt» Gouvernement 3 r k »1 sk mit Horvak znsammenzvwttken. Der Associated Preß wird au« Washington gemeldet, datz die ttnterhandiuagen zwischen den Bereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich und 3apo« Sb«r die Ruhland zu gewährende Hilfe etue Ueberemstrnrmang bisher nicht ergebe« Hecken. Die Verhandlungen dauern noch fort. (Nach einer Reutermeldnng au« Tokio hat Japan beschisst«, in Sibirien za intervertteren. Die nötig« Maßregeln seien bereit« getroffen. D. Schrifiltg.) Haag, 20. 3a». (Ek^ Draht bar ich«.) Aus Tokio wttb be- LßchllE Wie gemelder, wirb Geweral Harvat DepoSecke al« Vertreter Kur neu« sibirischen Negierung z» de« Alliiert« send««, doch wirb de zweifelt, daß diese bei d« AWerten ein« guten Empfang hab« werb«. Mo»«, 20. 3vli. (Drohckertcht.) Di« Presse meldet: Birsk ist von de« Tschechen eingenommen. Di« Räkettappen ziehen sich zurück. Die Kommission der mohammedanischen Politiker zur Berufung de« verfassunggebeod« Kongress«« der tadar »baskt r t scheu Republik hat «e Einberufung derselben nach Ufa beschlossen. Haag, 20. 3utl. (Eigener Drahtbericht.) 40 000 Tschecho- Slow.rk« -alten die Eisenbahn .zwischen Samara und 3 rkutsk be setzt. Man vermutet, daß sie in östlicher Richtung vorrücken werden und >aß ihre rückwärtige Verbindung tn Ntckttmg llrkvtsk stchergesteltt ist. 12 000 von den 40 000 Tschecho-Slowaken in Wladiwostok bekämpfen di« Bolschöwtkt in Kabarowsk. Sie Haden gestern nach hartnäckigem Kampfe Spastaso besetzt. Die in Wladiwostok errichtete vorläufige Regierung bildet einen Teil der sibirischen Regierung von Tomsk. Beide Haden sich vereiniat, um «ne konstituierende Versammlung «in- zuberufen. die nationale Armee zu reformier« and mit den Alliierten Msammenzuardeit«. tzorvat versucht «ine neu« Regierung zu bild«, macht jedoch die Zustände Kompliziert«, besonder« da di« Sbtrisch« R«gieraKS HorvckS Mitarbeit für unmöglich «klärt. Bevölkerungspolitik Was in den letzten Friedensjahren noch bis zu einem gewissen Grade akademische Erörterungen waren, ist durch den Krieg zu einem Problem geworden, das wir irgendwie lösen müssen, wenn wir unsere Stellung unter den Völkern auch in Zukunft behaupten wollen. Der Geburtenrückgang hat in den letzten wahren vor dem Kriege schon zu Besorgnissen Anlaß gegeben, und doch ist er ver hältnismäßig gering gewesen, denn noch immer konnten wir all jährlich einen Ueberschuß der Geburten über die Todesfälle von etwa 800 000 als einen Beweis unserer Lebenskraft betrachten. Und trotzdem waren es Sturmzeichen. Kamen 1880 aut tausend Einwohner noch alljährlich 30,1 Kinder, so sank diese Ziffer bis 1010 schon auf 30,7; 1012 gar auf 20,1 herab. Wenn dieser Rück gang mit wachsender Ehescheu erklärt wurde, so ist das nicht richtig gewesen, dxnn die Zahl der Verheirateten stieg von 53,18 Prozent im Zahre 1000 auf 54,25 in» ^sahre UNO. Man kommt dem Problem wesentlich näher, wenn man das Verhältnis der Mütter zur Gesamtzahl unserer Frauen betrachtet. 2n den Jahr zehnten von 1881—1890 wurden durchschnittlich auf tausend Frauen 152,65, im folgenden noch 148 50, im letzten ober nur noch 134,97 Geburten errechnet. Diese Zahlen sprechen in der Tat eine recht bedenkliche Sprache. 3m übrigen trifft eS nicht zu, wenn man den Geburtenrückgang als eine ausschließlich großstädtische Erscheinung hinskellen möchte. Er macht sich, wenn auch in erheb lich geringerem Maße, auch aut dem Lande geltend. Den Schlüssel zu diesen Vorgängen finden wir in der wach senden Erwerbstätigkcit der Frau. 1882 standen 5^ Millionen Frauen, das heißt etwa ein Viertel im Erwerbsleben, 1907 waren es schon 9^ Millionen, das heißt nahezu ein Drittel. Da dle Kriegsverhältnissc noch mehrere Millionen Frauen in die Berufe hineingezwungen haben, so liegt hier zweifellos eine große Gefahr für unsere Zukunft vor. Witt man den Geburtenrückgang be kämpfen — und daß wir es tun, ist eine Frage der nationalen Selbsterhaltung —, dann müssen wir uns irgendwie mit dieser Er scheinung deS modernen Lebens abfindcn. Mit kleinen Mitteln, wie sie die Gesetze der letzten Wochen darstclien, ist beim besten Willen nicht viel getan. DaS Verbot empfängnisverhütender Mittel wie die schärfere Bestrafung der Schwangerschaftsunter brechung mögen in Einzclfällen eine gewisse Wirkung Haben. Das Problem als solches aber vermögen sie nicht zu lösen. Es fehlt ohnedies nicht an Stimmen, die vor diesen gesetzgeberischen Maß nahmen gewarnt haben, da die Anzeigepflicht operativer Eingriffe für die Aerzte nur dazu führt, dah noch mehr Mädchen zur Selbst- Hilfe schreiten und damit nicht nur im Augenblick, sondern auck für die Zukunft ihre Mutterschaft gefährden. Das Problem ist eben kein moralisches, sondern ein soziales. Es kann daher ouck nur auf sozialem Gebiete angegriffen werden. Wie drohend eS durch den Krieg geworden ist, lehren die wenigen Zahlen, die bis her vorliegen. Me Statistik ist erst für 1914 veröffentlicht wor den und kann insofern die ganze Folgenschwere des Krieges noch nicht zeigen. Für die Geburten mutz man es sogar noch als Friedensjahr rechnen, und doch weist es ein neues Minus von 20 000 auf. Aus amtlichen Erklärungen, die im Reichstag abge geben wurden, wissen wir aber, dah sich diese Zahl in den folgen den Kriegsjahren vervielfacht hat. Man spricht sogar davon, daß die Bevölkerungsabnahme größer ist durch den Geburtenrückgang dieser Jahre als durch die unmittelbaren Todesopfer, die wir zu unserer nationalen Verteidigung bringen mußten. Für 1914 be trägt die Gesamtsterblichkeitsziffer 1 328 077 gegen 1 060 798 im Jahre 1913. Der Geburtenüberschuß der beiden Jahre beträgt 546 312 gegen 833 800. Diese Zahl macht das Problem bereits außerordentlich schwer, denn es beweist uns, dah 1915, 1916, 1917 und 1918 ganz erhebliche Lücken gerissen haben müssen. Zwei Wege bieten sich, um abgesehen von einer weiteren er folgreichen Bekämpfung der Sterblichkeit namentlich im Jugend alter diesem drohenden Verhängnis entgegen zu wirken. Das eine ist eine zunehmende Fürsorge für die Unehelichen, das andere die wirtschaftliche Erleichterung der Eheschließung. Die Frage der Unehelichen ist für uns viel bedeutungsvoller, als man es früher aus Prüderie wahrhaben wollte. Schon 1903 war jedes 12. neu geborene Kind unehelich, 1914 schon jedes 10. Es ist ganz selbst- verständlich, daß in unserem Menschenetat 180 000 Neugeborene eine erhebliche Rolle spielen. Die mangelnde Pflege der Unehe lichen ist in vergangenen Friedensjahren so groß gewesen, daß von ihnen in den ersten Lebensmonaten fast doppelt so viel starben wie unter den Eheli6)en. Es ist menschlich begreiflich, dah man an diese Fragen nicht gerne herantritt, weil sie an die Grund lagen unserer bisherigen moralischen Anschauung rühren, und doch wrden wir uuS auch in dieser Hinsicht umzustellen haben. Es ist sehr erfreulich, daß die Regierung in wiederholten Erklärungen eine beträchtliche Weitherzigkeit bekundet hat. Auch die Heeres verwaltung ist in dieser Beziehung mit gutem Beispiel voran- gegangen. Heute erhalten die unehelichen Kinder unserer Feld grauen, wenn die Vaterschaft feststeht, Unterstützung Schon das allein bedeutet einen gewaltigen Fortschritt unserer ganzen Ver gangenheit gegenüber. Man wir- jedoch noch weiter gehen müssen. Früher oder später muß sich der Staat entschließen, für uneheliche Kinder setner Beamtinnen und wohl auch der Beamten eine ge wisse Pensionsberechtigung festzosetzcn. Ein außerordentlich wichtiges Kapitel ist auch das Erbrecht der Unehelichen, um das wir in Zukunft nicht herumkommen werden. Dah wir auch den Makel tilgen müssen, der den unehelich Geborenen anhaflet, dürfte zu einer Notwendigkeit werden. Man mag persönlich darüber denken wie man will, die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dah der Anteil der Unehelichen an den Geburtenziffern künftig wächst, weil zahlreiche Frauen sich lm Erwerbsleben bester stehen als wenn sie eine Ehe eingehen. Auch die gewaltigen Verluste an Männern, die dieser Krieg unS zngefügt hat. werden das Verhältnis der ver heirateten zu den unverheirateten Frauen äußerst ungünstig drein- Nossen. ES ist eine sehr wichtige Frage, ob oll diese Frauen zur