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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.07.1918
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1918-07-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19180717017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1918071701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1918071701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-07
- Tag 1918-07-17
-
Monat
1918-07
-
Jahr
1918
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Morgen-Ausgabe Bezugspreis: L W' «teH^sedrUch M. «P0: f«r Bdhsler »sualltch M. ^7S.-»«rch u»s«K »»«»erUgs« Aittsie» tut -au« gebracht msaaMch M. 2^ viertel- IlhrUch W.6L0: darch dl» Post laaerhalb veutschlaabt Delaml-Butaab« ^aibch M. r^S. »l^tetltlvrlich M. S.75: M-rgeu L,«^»« M. hüL Lbead-Aolgab« W. 0L0, S»nataa«-B»1gad« M. 0^0 msaatttch <«»SschU«iUch Vostdestrvgedilhr). HaoptschrlsNeNer: Dr. Erich Everkh, Leipzig. /ftntsbllE des Rates rrrrd des Pollzetarnlea -er Stadt Leipzig 112. Jahrgang assggs» k«r »r^e«t»ii, «. Umged. »t« «Ins,,», «nzergenpreis. «o Pf.», P,.: Ausetge» ». BedSrde» t« amtl. Teil »I« Koleuelzetl« 80 Ps^ ,. »»«» SSP^: bleta« Ba^Igen »I« Kvtaael,»«» 30 Pf, eulwSrt« »5 PK SelchSstlanzetgei, mit Platzavrichriften Im Preis« «rhiiht. Betlegen: Gesamtausleg» M. 7.— dal Tausend autsch!. Postgebühr. ain,«in»»»«r 10 Pf. — Saun- und Festtag« >5 Ps. -»»sprech.BuschtabNr.1««. >4«, »ad l«»»4. — P,stsche»k°,to 77011. vchelfNeitm^, uud S«lch4N4ß«I«: ZaheaulSgast« Ae.8. Verlag: Dr..Reinhold L To.. Leipzig. Rr. 38S Mittwoch, de« 17. 3«N 1818 Die Schlacht von Reims Abendbericht B-rII». I«. ,V>, -d-xd«. <AmNkd.> An der Marnefront heftige Gegenangriffe des Feindes. Oert- liche Erfolge südwestlich von Reims. Oestlich von Renns ist die Lage onverändert. Berit«. IS. Juli. (Drahtbericht.) Der deutsche Angriff in der Champagne am 15. Juli beweist von neuem, in welchem Matz« die deutsche Heeresleitung ihr Hauptziel, die Zertrümmerung der feind lichen Kampfkraft und des feindlichen Kampfwillens erreicht hat. In der Schlacht bei Royon wurde der Franzose um seine Hoff nungen betrogen. Am 15. Juli hat er sich in der ll^berzeugnng, einem Anjptffe noch nicht standhalten za können, nach Erkenntnis der deut schen Angriffsabsichten auf die rückwärtigen Stellungen zurückgezogen, ohne den eigentlichen Kampf uw seine vorderen Linien zu wogen. Dem entsprechend drang der deutsche Angriff nicht etwa infolge von Verlusten — diese sind durchaus normal — nicht weiter vor. Der Feind entzog sich vielmehr dem Angreifer und baute sich mit gesammelten Kräften in seiner tiefen Verteidigungsstellung mehrere Kilometer hinter seiner bisherigen Front auf, bevor der Angreifer auch nur die bisherigen Kampfgräben überschritte« haste. Damit hatten die Franzosen fast den ganzen Geländegewinn aus drei großen blutigen Schlachten preis gegeben. Eindringlicher kann das Anerkenntnis deutscher Waffen überlegenheit nicht sein. An der Marne konnte selbst zähester Widerstand den Uebergang deustä-er Stnrmtruppen über den mächtigen Fluß nicht hindern. Der breite Strom, der auf seinem hohen Südufer meisterhaft eingegrabene Feind, bildeten kein unüberwindliches Hindernis für den deutschen An griffswillen 3n ungestümem Borwärtsdrängen nahmen die Truppen der Armee vou Boehn ihrem Gegner allein mehr als 8000 Gefangene ab. Der erste Tag der Offensive (^Berlin, 16. Juli. (Drahtbericht unserer Berliner S chriftleitung.) Schon am ersten Tage der ReimS-Osfeusive am t5. Juli ist der Heeresgruppe des Deutschen Kronprinzen ein schöner Erfolg beschiedeu gewesen. Besonders zu bemerken ist, dah General Fach an diesem Tag« zum ersten Mole die Erfahrungen der letzten Kämpfe der Abwehr deutscher Angriffe zu erproben versuchte. In den ersten großen Kämpfen der deutschen Westoffensivc dieses Frühjahrs vnd Sommers wurde der Feind selbst überrascht und dann vernichtend a«schlagen. Iu den Kämpfen um Royon versuchten die Engländer und Franzosen sogar, wie erinnerlich» erbittert standzuhallen, wodurch sie freilich unerhörte Verluste erlitten. Nun bediente sich Fach in den Kämpfen am 15. Juli zum ersten Male einer neuen Tak tik Er hielt seine vordersten Linien von vornherein so schwach be setzt and räumte sie dann im entscheidenden Augenblick selbst unter Aus gabe bedeutenden Krlegsmaterials. Besonders, kam diese neue Taktik Fachs iu der Champagne, östlich von R eims, zur Anwendung. Ziemlich hartnäckig dagegen war der Widerstand des ver bündeten Feindes an der Marne. Dennoch überrannten unsere heldenmütigen Truppen, deren Haltung wieder über alles Lob erhaben mar, die ersten Linien und warfen den Feind unter empfindlichen Ver lusten. In vollstem Umfange ist dos peinlich vorbereitete Unternehmen geglückt. Alle Truppengattungen wetteiferten in dem Bestreben, den Erfolg deS bedeutsamen Tages zu sichern. Das große Ergebnis des 15. Juli ist, abgesehen von wesentlichem Bodengewinn und dem mora lischen Eindruck, das Ausweichen deS Feindes, sein Bewußtsein, nicht standhalten za können. Stegemann über die deutsche Offensive Bern, 16. Juli. sEig. Drahtbericht.) Im .Berner Bund' schreibt Stegemann: Die vierte große Angriffsschlacht der Deutschen dürfte keinen anderen Zweck haben, als die Zertrümmerung der Haupt kräfte der Entente fortzusetzen, und die Heeresleitung wird dabei -weifellos geographische Ziele wohl nur aus operativen Gründen ins 'luge fasten, wenigstens liegt dies in der strategischen Entwickelung be gründet. Anders die französische Heeresleitung. Sie mvß gewisse geographische Punkte um jeden Preis vertei digen, da sonst schwere Folgen übe.- sie kommen könnten. Sie wird an: Reims, Poperinghe, Hazebrouck, Arras, Amiens und VillechS- Eotkcröts fcsthalken müssen, solange sie irgendwie kann, und sie darf eie Schlacht keinesfalls mehr in eine große Rückwärtszusammenziehung ansmlinden lassen. Dieses gerade ist ein gewisses Schwächcmoment, denn eine solche Verteidigung erfordert die größten Opfer. Große Aufregung in Paris Genf, 16. Juli. (E l g. Dra hkberi cht.) Seit gestern sind sämt- liche telegraphischen Verbindungen mit Frankreich adqeschnitten, wahr- icheinüch infolge eines Fliegerangriffes auf Paris. Infolgedessen sind sämllche Abendberichte der Entente zur gewohnten Stande ausgeblieben. Aas Paris wird gemeldet: Heftiger Kanonendonner, den man in ganz Paris bis Mitternacht vernahm, lieh eine große Schlacht in Ost- lrankreich vermuten. Di« erste Bestätigung traf aus dem amerikanischen Hauptquartier ein. Die Aufregung in Poris ist ungeheuer. Basel, 16. Juli. sEig. Draht bericht.) Wie Havas aus Paris meldet, hat die Beschießung des Festungsbereiches von Paris aus weittragenden Kanonen am Montag wieder eingescftk. Bildung amerikanischer Armeekorps im Westen Washington, 15. Juli. (Elg. Drahtbericht.) General March gab bekannt, daß aus den amerikanischen Divisionen in Frank reich endgültig drei Armeekorps von je 225 666 bis 2 50 666 Mann organisiert find. Me Verschiffungen der Truppe« nehmen ohne Unterbrechungen im Tempo der letzten Monate ihren ,s ortgang. Die feindlichen Berichte Französischer Heeresbericht vom 15. Juli nachmittags. Nach hef tiger Artillerievorbereitung griffen die Deutschen am Morgen auf der Front von Chateau—Thierry bis nach Moin-dc-Massiges an Die fran zösischen Truppen halten dem feindlichen Vorstoß auf einer Front non ungefähr 8t Kilometern tapfer stand. Die Schlackt ist noch im Gange. Englischer Heeresbericht vom 15. Juli abends. Wir schoben von neuem unsere Ltnicn in der Nähe von Visiers—Breton» wx leicht vor Die Gesamtzahl der Gefangenen bei dem gestrigen Unternehmen am Waldrand beträgt 380. Englischer Bericht auS Palästina vom 15. Juli. Indische Reiterei zerstreute östlich des Jordans airgreifende Feinde und tötete eine Anzahl von ihnen mit der Lanze. In der Gegend der Abutellil-Höhcn nördlich von Jericho brach der Feind bei einem Angriff in unsere Stellungen ein. Australische und neuseeländische Truppen machten einen Gegen angriff und stellten die Linien wieder her. Wir machlen 510 Gefangene, darunter 350 Deutsche. Bases, 16. Juli. (Eia. Drahtbericht.) Die . Basler Nachrich ten" melden: Reuter berichtet aus London, daß vom 1. Juli 1017 bis zum 3. Juni 1018 auf der Westfront insgesamt 118y englische Flugzeuge verloren gingen. In Italien haben die Engländer 13, in Mazedonien 1 und in Palästina 10 Flugzeuge in demselben Zeitraum verloren: Der sechste Plan Hindenburgs Haag, 16. Juli. (Eig. D r a k t b e r i ch t.) General Maurice äußerte sich im „Daily Chronicle" folgendermaßen über die Vorgänge an der Westfront: Bereits seit einiger Zeit war bekannt, daß die Deutschen im Osten von Reims einen Angriff vorbereiteten. Der Feind scheint sich keine besondere Mühe gegeben zu haben, diese Vor bereitungen zu verschleiern. Nun führt aber ein Angriff an beiden Seiten von Reims zu nichts, was auf die militärische Lage an der Westfront von entscheidendem Einfluß sein könnte. Reims ist für die Franzosen nunmehr nur noch ein Name, und die Möglichkeit, dah die Stadt verloren geht, ist schon längst diskirtiert worden. Denn wenn man bedenkt, daß sic seit dem Angriff des deutschen Kronprinzen in einer vorspringenden Stellung der französischen Linien gelegen war, so kann man als sicher annehmen, daß Fach bereit war Reims zu räumen, sobald sich die Notwendigkeit dazu ergab, und dah er hinter der Stadt auf den Bergen starke Linien angelegt hat. Im Osten von Reims würde ei« Aufmarsch der Deutschen sie nach Cha tons und nach der Hauptlinie des Eisenbahnverkehrs zwischen Paris und Verdun führen. Da aber die Deutschen diese Stellungen: bereits seit einigen Wochen unter dem Feuer ihrer Kanonen gehabt haben, so würde ihnen ein Versuch in der Richtung Lhaions nichts mehr bieten, als was sie bereits haben. Das Ziel der Deutschen sei, die Franzosen zu zwingen, ihre Reserven aufzubrauchen und diese aus dem Norden kcranzuführen, als Vorbereitung für einen Angriff aus der Front von Amiens ober noch nördlicher. Es kann aber auch die Absicht vor liegen, die Angriffsbasis gegen Paris zu erweitern. Schließlich könnte auch ein wirklicher Hauptversuch vorliege», mit dem Ziel, einen möglichst großen Teil der französischen Armee zu schlagen, ohne baß ein bestimmtes geographisclieS Ziel damit verbunden wäre. Im Augen blick ist es vollständig unmöglich zu sogeu, welchen dieser verschiedenen Weg« Hindenburg emschtagen wird. Es ist auch mögsich, bah er selbst noch gar keinen Beschluß gefaßt hat und erst abwarten will, was er in den ersten Tagen erreichen wird. Maurice schließt: Diese Schlacht wird ebenfalls, wie die der Vormonate, ganz durch den Kron prinzen geliefert werden, der die Armee von Einem zur Ver stärkung bekommen hak, eine Armee, die in diesem Jahre noch an keiner längeren Schlackt teilgenommen hat und die Front östlich von Reims beseht hält. Ob die Armee des deutschen Kronprinzen durch die des Kronprinzen Rupprecht verstärkt wirb, ist noch un sicher; aber gerade davon hängt die Zukunft ab. Bis jetzt weift alles darauf tsin, daß Hindenburg seinen sechsten Plan noch nicht offenbart hat. Es kann sein, bah der Kronprinz Rupprecht zur Verstärkung des Kronprinzen zu Hilfe kommt, und baß er trachtet, diese letzte Schlacht bis zum bitteren Ende durchzufükren. Im Augenblick sieht es danach aus, als ob man auf andern Testen der Front wettere Ereignisse zu erwarten hätte. Die .Times" melden, daß bisher keine englischen Truppen an diesen letzten Kriegsereignissen testgenommen hätte». Die Vermengung englischer und französischer Truppen, die nur ein vorübergehendes Hilfsmittel war, habe jetzt aufqehSrt. Unsere Luststreilkräfte im Juni Berlin, 16. Juli. (Drahtbericht.) Im Juni erzielten unsere Luftstreitkräfte im Kampfe gegen einen Gegner, der mit allen Mitteln die eigene Aufklärung erzwingen und unsere unterbinden wollte, Erfolge von besonderer Gröhe. Arbeits- und Erkuu- bungSflug,zeuge lösten» stärkster feindlicher Gegenwehr zum Trotz, alle Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit von Truppe und Füh rung. Unsere Jagdflieger bewährten ihren Angriffsgeist ohne Rücksicht auf die Ziele deS Gegners. Unsere Bombengeschwader setzten ihren Zerstörungskrieg gegen die militärischen Anlagen hinter der feindlichen Front fort. Besonders wirkungsvoll waren die An griffe gegen die Bahnhöfe Meaux, Berberie und Niaples, wo Brände und Explosionen entstanden und gegen die Flughäfen Maray, Ochey, Viefvillers und Tautonville. Trotz schärfster feindlicher Gegenwirkung blieben unsere Ballonbeob achter die nie versagenden Helfer der kämpfenden Erdtrappen. Den Kampfmitteln deS Heimatluftschuhes gelang es auch in diesem Monat, di« wehrlose Bsvölkerung des westlichen Heimat gebietes vor schweren Verlusten durch feindliche Bombenangriffe zu bewahren. Die Leistungen ber Luftstreitkräfte finden ihren sichtbaren Aus druck in den Abschlußzahlen, bie alle bisherigen weit über treffen: 487 feindliche Flugzeug« wmcken verhindert. Davon blieben 216 in unserer Hand, 256 wurden auf feindlicher Seite zum Absturz ge bracht und völlig zerfiört, 21 zur Landung gezwungen. Unsere Flug abwehrgeschütze erzielten mit 92 abgeschoffenen und 14 jeaselt« schwer beschädigt zur Landung gezwungenen Flugzeugen ein Ergebnis, das die bisherigen Höchstleistungen vom Monat Mai um fast bie Hälfte über triff. Wir büßten 153 Flugzeuge, davon auf feindlicher Seite 86, und 81 Fesselballone ein. Neuformulierung der Ententekriegsziele Genf, 16. Juli. (Eig. D r a h l b « ri cht.) Der .Tempi" mel det: Auf Wunsch d«S Präsidenten Wilson hat der VersaillrrKrlegs- ral die Neuformulierung der Kriegsziele der Alliierten in Angriff genommen. Auch die französischen Pläne des kommenden Jahres werben auf Wunsch Wilsons eincr Ueberprüsung unterzogen, um ben Krieg schneller und erfolgreicher zu Ende zu führe« und bi« Leide« der Menschheit »bzukürze». . Die Steuern im Reichstage Bon Dr. Iunck, M. d. R. Die große Steuerschlacht ist vorüber, und diejenigen sind Sieger geblieben, die von vornherein entschlossen waren dein Reiche oder besser: dem Baterlande, zu geben was ihm not tat. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß man wie mit Scheu klappen versehen und aller Einwande ungeachtet darauf los gestürmt wäre, um nur recht bald ans Ziel zu kommen. O nein! Ls ist gar gründlich gearbeitet worden, und mehr als einer ist dabei bis an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gegangen. Selbst verständlich ertönt auch jetzt der gewohnte Ruf, die Steuern seien „durchgcpcitscht" worden. Aber darauf darf man nichts geben. Die so reden, sind entweder grundsätzliche Gegner oder gerade solche, die sich nicht eben zur Mitarbeit drängen — und auch im Reichstage soll es Heren geben! — und dann ganz crstamrt tun, wenn das Ding plötzlich ohne sic fertig ist. Menschlich, allzu menschlich! Das Wort «nonum prematur in »nnum" mag für Bücher gelten, für die Steuergesetzgebung während eines Welt krieges gewiß nicht- Hier taugt nur die Farbe der Entschließung. Ob er ja! oder nein! sagen will, mag der einzelne vorher er wägen und mit sich abmachen. Keinem Menschen soll es verdacht werden, wenn er sich zu schwierigen Problemen, wie zu dem Spiritusmonopol oder zur Umsatzsteuer oder zum Steuerflucht gesetz, nicht durchringen konnte. Wer sich aber einmal grundsätz lich zur Bejahung entschlossen hatte, für den gab eS auch nur eines: Durch! Es ist auch bei Steuern selbstverständlich leichter, Bedenken aufzudecken (worin manche geradezu Meister sind), als sie zu überwinden. Manche Leute ertrinken geradezu im Meere ihrer eigenen Zweifel. Dankbar ist ja das Geschäft, Steuern zu machen, gerade nicht, und gewisse Einwände muh man richtig ein zuschätzen verstehen, wie etwa den: selbstverständlich braucht das Baterland Geld, rmd ich lasse mich an Opferfreudigkeit von niemand übertreffen, aber gerade diese Steuer usw. usw. Bei der Umsatzsteuer, und hier wieder besonders bei der Sonder- besteuerung der sogenannten Luxusgegenstände, wurde Sankt Florian etwas reichlich oft angcrufen. Luxus! Bielleicht wäre es besser gewesen, wenn dieses Wort nicht ausgesprochen worden wäre. Unklare Köpfe haben dahinter noch bis zuletzt eine Art von Tadel erblickt. Oder wenigstens die Kennzeichnung der Ent behrlichkeit des betreffenden Gegenstandes, z. B. auf dem Ge biete der Kunst. Sie verroechsein eben Entbehrlichkeit mit der Fähigkeit, eine Steuer zu tragen. Nur um letzteres handelt es sich. 3m übrigen ist es nicht Zweck dieser Zeilen, aus einzelne Ein wände zu antworten. Auch von dem gewaltigen Steuersoll, dem- gegenüber noch das der letzten .großen ' Reichsfinanzreform etwas beinahe Rührendes hat, sei hier nicht die Rede. Unb endlich soll niemand damit erschreckt werden, daß auch die jetzt bewilligten Milliarden immerhin nur einen Teil des wirklichen Endbedarfs darstcllen, wobei wir sogar davon ausgehcn, daß der Weltkrieg wenigstens in .absehbarer' Zeit — ein Modewort! — endigt. Nur einige große Linien mögen hier gezogen werden. Die Besteuerung der Getränke und des Geld- und Börsen verkehrs bewegen sich schließlich in bereits begangenen Bahnen. Dagegen ist grundsätzlich neu der Bruch mit dem Borurtciie gegen Staatsmonopole: die landläufigen Einwände dagegen .ziehen" in so schwerer Zeit nicht mehr und es könnte sein, daß bis Herbst oder Winter andere und noch größere Monopolgedanken aus reiften. Grundsätzlich neu ist auch die Ausbildung der Ilmsatz steuer, die bisher etwas schamhaft in das Gewand eines Stempels gekleidet war, zu einer selbständigen Steuerform, zweifellos das schwierigste, aber auch bedeutungsvollste Werk der verflossenen Tagung. Hier wurde der Grund gelegt zu der großen allgemeinen Berbrauchssteuer der Zukunft. Aber gerade sie forderte den Aus gleich durch stärkere Belastung der tragfähigcren Schultern her aus und dies führte dann weiter zu dem so viel besprochenen Ein brüche des Reichs in das Gebiet der direkten Abgaben. Zunächst zum Schmerze der bundesstaatlichen Finanzminister, die für ihr vorbehaltenes Steuergärtlein bangten, dann aber in ihrer über wiegenden Mehrheit ( wir hoffen freilich immer noch aus Ein stimmigkeit!) sich nicht länger versagten, was ihnen hoch ange rechnet sei. So kam cs zur außerordentlichen Kricgsabgabe nicht nur der Gesellschaften, sondern auch der physischen Personen, und zwar vom Mehreinkommen und Bermögen. Auf diese Weise zog ein Glied das andere nach sich. Aber damit nicht genug! Die leider nicht zu ferne Möglichkeit, daß sich just der sogenannte Kriegsgewinnler, also der Deutsche, für den der Krieg eine günstige Konjunktur bildete, dereinst dem Steuer dienste beim Baterlande entziehen und in das mildere Ncutralien flüchten könne, führte dazu, den Begriff der .Steuerflucht' aufzustellen. Der Weltkrieg hat den Kreis der steuerlichen Pflich ten gegenüber dem Baterlande, dessen starker Arm auch das Ber mögen schützte, erhöht. Sich ihnen entziehen, bedeutet schimvf- liche Steuerflucht. Bon Ausnahmen, wo die Auswanderung ge rade im deutschen Interesse liegt, natürlich abgesehen- Darin, solche Ausnahmen richtig zu fassen, lag die Hauptschwierigkeit dieses Gesehgebungsroerks. Aber der Gedanke selbst ist von unbe streitbarer Tiefe. Niemand wagte ihn abzulehnen und das Steuerfluchtgesetz, dem wir glückliche Fahrt wünschen, wurde in der ihm vom Hauptausschuh gegebenen Form schließlich im Reichs tage einstimmig angenommen. Einstimmigkeit war denn auch dem Reichsfinanzhof bcschie- den. Wenigstens im Reichstage. Möge der Bundesrat, dessen Mehrheit längst gewonnen ist, sich zur gleichen Höhe der Ent schlossenheit erheben. Der Reicbswagen geht eben seinen Gang und ihn aufhalten wollen, dünkt uns wenig erhaben. Seltsam, wie sich hier im Reichstage plötzlich alle zusammenfanden. Nickt nur die von jeher des Unitarismus dringend verdächtigen Libe- ralen! Gerade diese Steuerreform machte es unabweisbar, auch dem Reiche eine oberste, reichseigene richterliche Spitze zu geben. Möchte der Reichsfinanzhof. de« Weg Mm Herz« der Nation
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