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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.06.1918
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1918-06-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19180612013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1918061201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1918061201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-06
- Tag 1918-06-12
-
Monat
1918-06
-
Jahr
1918
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Seite 2. Sir. 2V4. Morge»-Äu»,abe Leip-iger Lagedlatt Mittwoch, 12. ISIS Dr. Lohmann Geschmack an- Takt genug bafitzt, unter da« ob waltenden Umstünden aus die Werde zu verzichten. Dorausftchl-. Uch wird man sich dann btl zum Herst mit einem Provtsortu» oe- helfen, wird dem an Zähren Aelkeste« tm Frakfton-vorft-nh die Rolle -et Vorsitzenden zuwcisen. Da» ist natürlich nur ein Au- hilf-mtltel der Nvl, da- die Fraktion im Parlament üb« die Elementarsten Schwierigkeiten mnwegftlhren kann. Drautzen im Lande wird die Partei über di: Periode der Lohinannschen Füh rung nicht so leicht hiinveakommen, und im Wahlkampf dürften wir sie an Haupt und Gliedern spüren. Deutscher Reichstag (Drahtbericht unserer Berliner Echriftleitung.) Berlin, 11. Inni. Am Tische des Bundesrats Kriegsminister von Stein. Amertkanische Lynchjustiz an deutschen Reichsangehörigen Abg. Müller-Meiningen (Forlschr. Vpt.) fragt: .Zn jüngster Zeit M als Kriegslabak eine Mischung un unser Heer in grasten Mengen verkauft worden, die ganz oder zum grössten Teil Laub, be sonders Buch en laut» enthält, und von den Truppen weggeworsen werden muh, obwohl sie der Heeresverwaltung Geld kostet. Was ge denkt der Herr Reichskanzler zu tun, um diesem Vorgehen einzelner Lieferanten des Heere-; mit aller Schärfe und rasch zu begegnen?' Aus dem Tische des Hauses sind eine Reihe von Pächchen der er wähnten Tabakmischung niedcrgelcgt, die von den Abgeordneten aller Parteien untersucht werden. Alle wenden sich schaudernd ab. General von Oven: Die KriegStadakmischung ist ans der Rot deS Krieges entstanden. ES Imben sehr sorgfältige Prüfungen unter Zu ziehung des Rcichsgejundheilsamtes stattgefunden, und man hat schließ lich eine Mischung mit Buchenlaub gewählt. (Hört, hört!) Die Zahl der Klagen war bisher verhältnismäßig gering. (Lebh, Widerspruch.) Gleichwohl l>abrn wir durch Verfügung vom IS. Mai di« Weiter- ticferung dieser krlegslabakmischung eingestellt. (Beifall) Da jedoch unter dielen Umständen die Talrakoorräte in absehbarer Zeit erschöpft sein würden, wird die Einstellung der Lieferung dieser Mischung kaum aujrechterhaltcn werden können. Abg. Müller-Meiningen (Fortsckr. Vpt.): Also ist die Einstellung nur vorübergehend? General von Oven: Zunächst vorübergehend. Abg. Müller-Meiningen (Fortschr. Vpt): Ist dem Reichskanzler be kannt, daß für das hier zu Tabak verwendete Laub 10 »it für den Zentner bezahlt werden, daß die Fabriken für diesen sogenannten Tabak aber 500 für den Zentner verlangen? (Lebh. Hört, hört!) Waü gedenkt der Herr Reichskanzler zu tun, um diesen selbst für d'.e KrtegSzeit unerhörten Wucher zu bekämpfen? (Beifall.) Ist e- richtig, iioß einzelne Truppenteile durch den Genuß diese- Laubtabak- in ihrer Gesundheit mehr geschädigt worden sind als durch feindliche Gasangriffe? (Hört, hört!) Was gedenkt der Reichskanzler zu tun, um die Truppen dauernd von dieser Plage zu befreien? General von Oven: Di« ZZriegslabakmischung kostet 5 daj Kilo gramm. Darin sind 1,20 Steuer enthalten. (Stürmische Protestrufe: Steuern aus Laub?) Also bleiben nur 0,80 siir das Kilogramm und 1,90 »k für daS Psund übrig. Auf die Nachricht hin, daß sich bet den Truppen Gesundheitsstörungen gezeigt haben (Hört, hört!), wurde die Ein stellung der Lieferung der Tabakmischung beschloßen. Der Tabak gehört zur Feldkost. Aus die Anregungen, die jeder Raucher empfindet, können di« Soldaten nicht verzichten. 2lbg. Brey (Soz.) verweist darauf, daß bei der Beschaffung de- Er satzes für die beschlagnahmten Tür- und Fensterbe schläge die Industriellen völlig aoSgeschaltet sind und daß die Ersatzbeschaffung nur nach An ordnung der Mekallersahstell« der KriegSmetall-Akticngesellschaft Berlin erfolgt. Oberstleutnant Keehn: Die Beschaffung de- Ersätze- nrvßde p»rch eine behördliche Regelung erfolgen, weil sonst nickt genüge«- Sicherheiten -«7 geben find gegen die Bewuchernng de- Padslknm-. Abg Dr. Müller-Meiningen (Forlschr. Vpt.): Am 4. April 1918 ist tu LollinSville der tu Deutschland geborene Bergarbeiter Paul Prager do-Opfer eine- Lynchmorde- geworden. Lr geriet »ach der amertkanischen Preße mit anderen Bergleuten in Streik, die ihn der Deutschfreundlichkeil beschuldiglen. Prager wurde darauf von der Polizei In Sckntzhast genommen: jedoch «ine Menschenmenge brach in da- Gefängnis ein, führte Prager durch die Stadt und hängt« ihn an einem Baume auf. WaS gedenkt der Herr Reichskanzler zu tun, um derartigen Folgen eine« verbrecherischen EhauvlnismuS gegen Deutsch land ln den Vcrelnlgten Staaten und deren indirekter Begünstigung durch die Regierung vorzubeugen? Geheimer LegattvnZrat Slnw»-: Ei ist richtig, daß am 4. April der Deutsche Prager aufgehängt worden ist, und zwar aui keinem an deren Grunde, als daß er deutschfreundlicher Gesinnung war. (Hört, hörtH Der schweizerische Gesandte in Washington hat so fort nachdrücklich eingegrifsen und von den amerikanischen Be hörden Aufklärung und Sicherheiten gegen eine Wiederholung solcher Vorkommnisse verlangt. Er hat auch eine strafrechlliche Verfolgung der Täter gefordert. Di« amerikanische Regierung hat erwidert, sie müße zunächst einmal prüfen, inwieweit -a- Bunde-gericht für die Tat zu ständig fei. Mit dieser Auskunft oder hat sich der schweizerische Ge- sudte nicht beruhigt, sonder» der awertßanlschen Regierung gegenüber dtu Ermnrtung ausgesprochen, -atz ft« «le- tut, nm -i» Täter der ver- -tenten Straf« Mzusghren. und um Wiederholunge» solch« Vorfall« ,u »ermotd«. (Beifalll Auch wir kck»«n nn« damit nicht zufrieden Geben, daß die «nm-konische Gesetzgebung k«tn« genügend« Handhabe btetet, um eine solche Ungesetzlichkeit zu bestrafen. (Zustimmung.) Di« Bonde-regtenmg muß Vlittel und Wege finden, um Recht und Freiheit gegen roh« Unmenschlichkeit z» sichern. (Zustimmung.) Di« Kaiserliche N^ierung Hot daher durch Vermittlung der schweizerischen Regierung der Regierung d«r Bereinigte» Staaten milgeleilt, daß fl« «ine schien- nige und nachdrücklich« Sühne für die Ermordung des Deutschen Prager xrta»gt, »le auch immer die Zuständigkeit de- amerikanischen Gerichts wesen- gereckt fei» mag. (Beifalls Abg. Dr. Müller-Meiningen (Forlschr. Vpt.): Ist dem Herrn Reichskanzler beimnnt, daß di« .Daily Mail' in den setzten Tagen ein« Lmwrelloiiste ähnlicher Fälle aufgefährt hat, und was gedenkt er zur Sühne für dicse Fälle zu tun? Geheim. LcgationSrat Simom Dte Tatsache, daß auch in an- deren Fällen Deutsch« oder au- Deutschland Gebürtige von der amerikanischen Bevölkerung gelyncht worden sind, ist dem Reichs kanzler bekannt. (Hört! Hört!) DaS Auswärtige Amt wird alten diesen Fällen nachgehen und -ingrcifen, wo eS sich um deutsche ReichSange- hörige handelt. Mir können aber nicht Fälle vor unser Forum ziehen, in denen es sich um amerikanische Bürger deutscher Abstammung Han- dell, weil unS dazu die völkerrechtliche Berechtigmrg fehlt. Abg. von TrampcziusKy (Polei bringt zur Sprache, daß tn ver- sch'edenen Gefangenenlagern selt Wochen Tausende früherer russischer Soldaten polnischer Abstammung sich aushalten müßen, die nach De- Mobilisierung des russischen Heercs infolge des Friedensschlüße- im Vertrauen auf die Zusicherung der deutschen Kommandostellen die deut schen Linien passiert haben und trotz dcü Besitze- der vorschriftsmäßigen Legitimation-Karten aufgegriffen worden sind. Oberst von Franrol-: Dabet handelt es sich um Leute, dte kurz vor Abschluß de- Frieden- mit der Waffe ln der Hand angetrosfen wurden und deshalb mit Recht al- Kriegsgefangene behandelt worden sind. Hinsichtlich ihrer Beschäftigung gelten die Bestimmungen, dte für alle Kriegsgefangenen maßgebend sind. Die Fäll«, in denen dte Leute Ausweiskarten besaßen, werden geprüft. Dte Erhebungen darüber sind im Gange. E- ist möglich, daß im einzelnen Mißgriff« vorgekommen sind. In diesem Folie wird Abhilfe geschaffen werden. E- folgen die zurückgestellten Abstimmungen für da- Reich-omt de- Inneen. Die beiden vom Ausschuß gestrichenen Vortragenden Räte werden wieder bewilligt. Der Zentrumsantrag auf Errichtung von BeamtenauSschiisfen bei Reichsbetrieben wird angenommen, sozialdemokratisch: Anträge ans Erhöhung der Familie »Unterstützung und füc Ausbau der ArbettSver- Mittelung abgelehnt. Der Hau-Halt des Reich-amt- des Innern Ist damit in erster Lesung erledigt. Der HeereSetak Die zweite Lesung de- Heere-ekak- wird verbunden mit der ersten Lesung der neu eingebrachten Mtlitärgesetzcntwürfe. Die Vorlage auf Heranziehung von Heeresunfähigen zum mili- tärisck'en Arbeitsdienst sieht vor, daß die im wehrpflichtigen Alter stehen den Personen, die infolge eine- strafgerichflichen Urteils zum Dienst im Heere und in der Marine unsähg geworden sind, während der Dauer der Kriegsbereitschaft zum militärischen Arbeitsdienst in besonderen For mationen herangezogen werden können. Eine zweite Vorlage will dte Wehrpflicht dahin ergänzen, daß au-geblldcte Mannschaften de- Land sturm- 1. Aufgebot- bei Auflösung de- Landsturm- nicht wieder zum Landsturm zurücktrcken sollen, sondern fär den Beurtaubkenstand nutz- bar gemacht werden können. Schließlich bringt eine dritte Vorlage «Sne Milderung im Mtlttärstrafgesetzbuch. Krieg-Minister von Stein: Gestatten Sie einleitend einige Worte über die KrtegS läge. Der sorgfältig vorbereitete Angriff der deut schen Kvoapttnzenermee -egen dte französisch»«,Mche Front am Ehe«in de- Dame- hat zu eine« großen Schlachtersvlg geführt. (Beifall.) Die Grundlage hierfür hat un- die gewaltigen Schläge ge- schaffen, mit denen da- englische Heer in der Schlacht bei Armen- kteres und an de« K emm el getroffen wurde. Nur durch den Ein satz der französischen Reserven an -er Somme und ln Flandern war e« -em Feinde möglich, die zerrißene ena-lsche Front wieder zusammen- zuflicken. Die zur Stützung -e- englischen Heere- festgelegie» fran zösischen Kräfte fehlten zur Schlacht am Ehemin d«S Änne-. Dte an ihrer Stelle eingesetzten abgekämpften englischen Divisionen konnte« -«Wacht -e- deutschen Angriff nicht widerstehen. Mit beispielloser Schnelligkeit, die sellist den Vormarsch auf den, italienischen Kriegsschauplätze im vorigen Herbst übertraf, führte der Angriff in schnellem Siegeslauf über di« AiSn« bis zur Marne. Große Teile de- fromöflschen Heeres sind geschlagen. Di« sogenannte Fvcksche Reservearmee besteht zurzeit nicht mehr. Neben den Verlusten an Menschen erlitt der Feind gewaltige Einbuße an KriegS- nmterial and Krieg-Mitteln. Die hinter der französischen Armee im Operation-- und Etappengebiet oufgestapellen unermeßlichen Bestände, große Mmtttion-maßen, sind ebenso wie seinerzeit die riesenhaften Vor- räte de- englischen Heere- in unsere Hand gefallen. (Lebhafter Beifall.) Auch die Sntenle beginnt dte Schwere ihrer Niederlage «iazase-ea uich ein,ugesleh«n. Schon machen sich Stimmen bei ihr laut, der Verrat Rußland-Habe ihre schwere Niederlage verschuldet. Da- ist der Dank an eiuemVerbLudete», der sich für England verblutet hat. Richt -er Zerfall Rußlands hat di« Niederlage -er Entente ver- schMit, kondern die Hilf, Rußland-, -eßen Nioderzwinaang große Teile «lerer Aeeresmacht beanspruchte, hat «- -er Entente iwerHaupt mdgUck gemacht, aas militärisch bis jetzt vr widerstehen. Dl« Entente ist sich -es Ernste- ihr« Lage bewußt. OefsenkAch gibt sie die Zufammenschm-elnur^ ihrer Verbände zu und vertröstet -es Volk aus dl« rettende Hilfe Amerika-, ver Glaube an die amerikanische Hilf« wird de» fran sSsischen Volke systematisch ein geimpft- Er soll e- zu weiterem Aus halten und nutzlosem Blutvergießen «mporpeitschen. Zum erste Maie sind amerlnantsche Truppen auch an der Kampffront er schienen, allerdings erst in dem Augenblicke, «l- «vir an der Marne unseren Vormarsch eingestellt hatten. Aach ste wurden aNe di« fran- zSsifchen Reserven zu vergeblichen Gegenangriffen eingesetzt. Andere amerikanische Verbände strhen in ruhigen Frontabschnitten. Ihre Zahl und Stärke ist di-her weit hinter dem zurückgeblieben, wa- wir nach den von der Entente verbreiteten Nachrichten enoarten mußten. Auch Italiener Hot die Entente ln geringem Umfange zu den Kämpfen auf dem westlichen Kriegsschauplätze herangezogen. Doll Beonurdernng und voll "Dankbarkeit bücken wir heute auf unser« unvergleichliche Arme«. Fast vier Jahre erträgt sie mit gleichdleibender Willensstärke und Sieges zuversicht alle Gefahren und Entbehrungen. DaS Gefühl unbedingter Ueberlegenheit über -en Feind ist im einzelnen und ln der Gesamtheit, das Bewußtsein der Kraft und da- Vertrauen in ihr« Führer wird dte Armee aum weiter zum Siege führen. (Lebhafter Beifall.) Noch ist der Feind zum Frieden nicht gewillt, noch hat das Schwert das Mort, aber da- Schwert ist scharf, und mit voller Zuversicht gehen wir dem Au-gange de- Kriege- entgegen. (Erneuter lebhafter Beifall.) Die Operationen in Finnland h««n zur Befreiung de- Landes geführt. Wir hoffen, in Finnland einen zu verlässigen Freund für die Zukunft zu finden. (Lebhafte Zustimmung.) An der Ostgrenze der Ukraine sind die Verhandlungen zur Festsetz»»- -er Demarkation-Snm im Gange. An den Grenzen flackern örtliche Kämpfe mit feindlichen Banden von Zett zu Zeit noch auf. Im Innern sind der friedlichen Ent wicklung dte Wege geebnet. An der italienischen Front ist die Lage, abgesehen von örtlichen Kampfhandlungen, unverändert. Die mazedonische Front hält beträchtliche Teile der fraiyösischen Arme« im Schach. Im Kaukasus haben unsere türkischen Bundes genossen die ihnen im Frledensvertrage rnit Rußland zngestcherte« Ge biete Bakum, Ahöahan und Pars besetzt. — Der Krieg-Minister be gründete nunmehr die drei erwähnten intllkärtschen Vorlagen. Er ver weist zur Begründung der Vorlagen auf die Heranziehung der Heere-nnfohigen zam militärisch« Heeresdienst auf die lebhaften Beschwerden und Klagen darüber, daß diese Personen in dieser schweren Zeit irgendeiner militärischen Dienstleistung nicht unterworfen sind, aber den staatlichen Schutz in vollem Umfang genießen. Wir verkennen nicht, daß sich unter diesen Leuten Personen befinden, die einmal gestrauchelt sind und sick redlich bemüht Haden, im Laufe der Zett wieder in geordnete Verhältnisse zu kommen. Für diese Ele mente sind Ausnahmen vorgesehen. Wir wollen mit dem Gesetz »vr dte Elemente unschädlich machen, die eine Gefahr für dis Allgemein heit sind. Die vorgeschlagene Aenderung der Wehrpflicht bedeutet eine notwendige Modernisierung der Landwehrfonnation. Wa- schließ lich dte Novelle zum Miliiärflrafgesetz anlangt, so zeigt sich jetzt eine Neuerscheinung. Während in frühere» längeren Kriegen die Strafen ständig verschärft werden mußten, können wir jetzt immer mehr zu Milderungen übergehen. Dieser Krieg weicht eben von allen anderen Kriegen vollständig ab. Die Selbst beherrschung ist durch die modernen Kampfmittel auf eine außer- ordentlich harte Probe gestclil. Daher ist es kein Wunder, wenn sich auch ein gutartiger Mensch einmal zu einer Ueberkretung hinreißen läßt. De-Halb sollen bei Vergehen gegen Unterordnung an Stelle oes streidgen Arreste- wahlweise mittlerer Arrest oder strenger Arrest zu lässig sein. Abg. Wiclh (Ztr.) gedenkt zuerst anerkennend unserer tapferen Truppen. (Lebhafter Beifall.) Man sollte ihnen da- Leben so leicht wie möglich machen. Dem Sanitäl-weseu de- deutschen Aeeres ge bührt größte Anerkennung. Abg. Schöpfltn (Soz.): Der Gesetzentwurf über Verwendung der HeoreSunfähigen erreg, größte Bedenken. Deshalb wünschen wir AuS- schuhberatung, ebenso bei der Aenderung der Wehrpflicht. Die bead- stchttgken Strafmilderungen finden unseren Beifall. Redner begründet einige sozialdemokratische Anträge auf Zulagen, KirlegSlohNerhöhung, Anrechnung der Gefangenzcit auf dte Dienstzeit usw. Abg. Dr. Hau- (Fortschr. Vpt.): Mit den vorgeschlagencn Mil derungen im Militärsirafgesetzbuch sind wir einverstanden. Man sollte Milderungen auch für Vergehen «unter Gewehr' mögl'ch machen. Schwere Bedenken aber haben wir gegen die Heranziehung der HeercS- unfähigen für den militärischen Arbeitsdienst. Da- wird wie eine neue Bestrafung wirken. Der Ueberkührung deS ausgebildeten Landsturms zur Reserve stimmen wir ohne ÄuSschußberakung zu. Auch in diesem Jahre müßen wir Klage führen über die andauernden politischen lieber- grtffe militärischer Vorgesetzter. Sogar gegen das gleiche Wahlrecht wird unter Mißbrauch der Dorgesehtengewalk gearbeitet. Nachdem wir im Osten Frieden Huben, ist e- vnvetständlick, weshalb am Bahnhof Alexandrows ein Riesenapparat zur Ucberwachnng' des Reiseverkehr- oufgeboken ist. Den Dank an dte Feldgrauen können wir nicht durch Morte abstatten, sondern durch die Tat. (Beifall.) DaS Haus vertagt sich. Mittwoch 1 Uhr: Meiterberatung. Schluß 7 Uhr. „Der neue Seist" Da- Wort vom .Reuen Geist' ist schon Schlagwort geworden. Don -er Preße aller Völker vnd fast aller Parteien gebraucht, vom Mtnisterkisch wie von der Parlament-tribüne aut immer wieder ver wandt, in öffentlichen Botschaften und von einzelnen Menscken ver schiedensten politischen Temperament- gepredigt, hat cs ein« ent- sprechende Fülle von Ausdeutungen erfuhren. Diese Forderung nach einem Willen zur Verinnerlichung und znr Abwendung von rein utilitaristischen, uuf nur materielle Zusammen- hänge gerichteten Bestrebungen Haden sich Unberufen« zu eigen gemackt: Leute, die geneigt sind, hinter einer sassadenhaften Der- Kündigung dieser Ziele die Förderung ihrer Privat- oder Parieiinteressen zu vecbergen. In dcr Ablehnung und Bekämpfung solcher versteckten Bestrebungen stehl ein neue- Unternehmen selne Aufgabe, das kürzlich tn Leipzig begltindek worden ist. Ruch saft zehnjähriger verlegerischer Tätigkeit, vorwiegend auf rein literarischem Gebiet, Hal sich der Verlag Curt Wolff entschlossen, gemeinschaftlich mit Dr. Peler Reinhold in Leipzig und unterstützt durch dte Mitarbeit von Männern, die mitten tm politisch:-, und wissen schaftlichen Leben sichen, unter dem Namen .Der Neue G.'tst-Verlag, Leipzig' ein neue- Verlag-unternehmen in Leipzig in- Leben zu rufen. Wie der neue Verlag mittelst, hat er sich ferner und vor allem dre Ausgabe gestellt, praktische Politiker, die den Zeitgescheh- nlßen iieser auf den Grund gehen wollen, al« e- tn Preßeartikeln und Parlaments! eben möglich ist, wie auch Verfechler geistiger Ideen, dte ein« größere Resonanz suchen, al- wissenschaftliche Büchereien geben können, zu weitesten Kreisen sprechen zu laßen. Insbesondere sollen junge Kräfte Gefördert werden, die den Geist -er Aufrichtigkeit zwischen Menschen und Völkern zu vertreten gewillt sind, Kräfte, die für diese Ueberzeugung den Mut zum öffentlichen Be kenntnis aufbringen. Das Gesicht dct Verlage- wird daher ein vor- wiegend politische- sein, wenn man unter Politik alle die Ge samtheit berührenden Problem« de- öffentlichen Leben- versteh«. .ES soll,' so sagt der Verlag selber, .nicht einer bestimmten Gruppe von Denkern, nicht einer bestimmten A'terSschicht gedient werden. Wir wollen den Versuch wagen, unter der alleinigen Voraussetzung höchsten geistigen Niveaus die verschiedensten innerpolitiscken und weltpolitischen Auffassungen zu Wort kommen zu lassen, wenn nur ihr Tröger eine Persönlichkeit ist, di« ihre Ideen vor dem Forum einer geisiiq fori, schrittlichen und fortgeschrittenen Oeffentlichkeit vertreien kann Ein Kompromiß oder ein« Verwässerung der Ideen wird dabei keineswegs befärwo »et, nur soll mit vereinten Kräften gearbeitet werden. Der F---mamg eia« klar« Erkenntnis v— der Mannigfaltigkeit der Leben-wahrheitnr vnd Lkbe7-noftven-tgkett>» Olt dieser Kamps.' - Sonderausstellung im Museum für Völkerkunde Da- Museum für Völkerkunde eröffnet heote, Mittwoch den 12. Juni, im Vortragssaale des GrassimujcumS eine SonderauSstellnng über eine kürzlich dem Museum von befreundeter Seite geschenkte her- vorragende Sammlung aus Deutsch-Neuguinea. Die Sammlung stammt im wesentlichen vom Kalserin-Augusta-Fluß (Sepik), jenem gewaltigen Strom, der erst in den letzten Jahren vor dem Kriege durch mehrere deutsche Erpoditionen genauer erforscht wurde und sich dabei als eine- der inter essantesten völkerkundlichen Gebiete herauSjtcllte. Unser Museum besäß bisher nur erst spärliche Belege der Kultur der dortigen Einwohner, so daß die setzt ausgestellte Sammlung eine fühlbare Lücke im Bestem-« deS Museum- auSfüllt. Was die Kultur der Anwohner de- Sepik tm besonderen an-zelchnet, ist eine saft überreiche Kunstentsalkuna, wie sie nur selten bet andere» primitiven Völkern gefunden wird. Jeder noch so gewöhnliche Gegen stand ist mindestens mit plastischen, meist auch noch buntbemalten Orna menten verziert. Meistens sind ste aber, besonders dte dem Kulte die nenden Geräte, selbst in figürliche Formen gebracht, die alle Uebergänge von der lebenswahr oufgejaßlen Figur bis zu weitgehender Stilisierung auswcisen, alle aber durch einen gewißen grotesken Aua ausgezeichnet sind. Krokodile, dte riesigen Beherrscher der Fluten des Strothes, Hunde, die treuen Begleiter der Männer auf der Wtldschwcinjagd, und Nashorn vögel, die Seelen- und Totenvögel, sind die hauptsächlichsten Lierfonnen, dte zur Ausgestaltung der Gegenstände von den Eingeborenen benutzt werden. Dabei ist es tnkereßapt, dte verschiedene Art der Anwendung dieser Formen tn den einzelnen Abschnitten do- Flusses zu verfolgen, tm sumpfigen Mündungsgebiet, im Mittelläufe bet den Kunstfrevdigen Be wohnern deS Orte- Timbunke und weiter oben bet den dvrch so seltsame Formen- vnd Vestaltcngebung bemerkenswerten Bewohnern von Tseheßbandai Neben -en Geräten de- täglichen Gebrauch-, vor allem den Schmack sachen, sind besonder- der Inhalt -er stattlichen Zeremontalhäuser, die Ähnensiguren, Masken, Tiersiguren, Trommeln und Trompeten, Sessel un- Schemel vertreien, der sich meist auf Ahnen- und Eeelenkult b«iehk, und ein« retck« Phantastik der Eingeborenen offenbart. An sonstigen bemerkenswerten Gegenständen sind noch die über 3 Meter langen Roder und di« mit Menschengesichtern au-gestatteten riesigen, recht eckigen Holzschildr zu erwäbnen. Ganz eiaenartia sind schließlich die tn großer Reihe vertretenen Schädel verstorbener Vorfahren, die durch Üebermodeliicrung mit einem Tonüderzuge die natürlichen Geflchtszüae samt ihrer typischen Bemalung wieder erhalten haben, damit die Serie des Verstorbenen tn diesen natürlichen Köpfen dauernd in der Näh« der Hinterbliebenen weilen kann. So bietet die Ausftellung nicht nur dem Kulturhistoriker und Ethno logen. sondern auch dem Neltgionsforscher, dem Kunsthistoriker und dem Völkerpsyckologen reiches Material zur Anregung und zum Studium. Di« Ausstellung ist täglich während der Besuchszeiten de- Museum- un- entgeltlich assen. « - Schauspielhaus. Bel der am Sonnabend, de» 18. d. statt- findenden Erstaufführung de- „Gläck-mädel-" von Max Reimann und Otto Schwartz wirken in den Hauptrollen mit die Herren: Anton Franck, Reinh. BylquS, HanS Leibelt, Alfred Wöhrl, Walter Jensen. Kurt EggerS-Kestner und Adolf Braunstein, sowie dte Damen: Ilona von Batori (die eigens für das „GlückSmädel" verpflichtet wurde), Stella David, Käthe Franck, Edith Michaeli- und Edith Gärtner. Musikalische Leitung: Kapellmeister Han- Richter. Die vorkommenden Tänze sind etnstodiert von der Ballettmeisterin Albina Harcuba. Der Reinertrag der Vorstellung flieht, wie schon bemerkt, der Ludendorsf- Spende zn. * Von der Universität Leipzig. Professor Dr. phil. Karl von Bahder, außerordentlicher Profeßor der deutschen Sprache und Literatur an der Universität Leipzig, tritt am 1. Oktober d. I. au- Gesundheik-rückstchten tn den Ruhestand. — Prof, von Bahder ist am 18. Juli 1886 tn Heidelberg geboren. Er haotlttterte fich in, Wintersemester 1880/81 al- Prtvatdozent an der Universität Leipzig und wurde hier 1886 zum Extraordinartu- ernannt. Seit einer Reihe von Jahren war er Mitglied der Prüfungs kommission fär Kandidaten des höheren Schulamt«-. Seine schritt- steilerische Tätigkeit erstreckt sich auf das Gebiet seine- Faches. Er schrieb u. a. „Verdalabstrakta in der germanischen Sprache": Deutsch« Philologie im Grundriß": „Grundlinien de- neuhochdeutschen Laut- system-": „Deutsche- Wörterbuch Band XIII". — Gymnasiallehrer Dr. phil. Ernst Schuppe am Kvnig-Aldert-Gymnastum tn Leipzigs ist zum Lektor der altgriechischen Sprache an der Universität Leipzig ernannt und mit Abhaltung eine- Lehrgänge- tm Altgriechischen fär Richtphilvlogen beauftragt worden. * Richard Boß s. Der Romanschriftsteller Richard Voß ist» wie unS an- München drahtlich gemeldet wird, tn seiner Villa am Köntg-see einem Schlaganfall erlegen. Sr starb im 67. Leben-- jahre. Eine erstaunliche Produktivität war diesem Schriftsteller eigen. Aohervrdentltch groß ist die Zahl seiner Roman«, von denen nur einig« Namen genannt seien: „Sohn -er Vol-Kertn". „Die Auserstandenen", „Dte Leben-tragö-ie einer Schauspielerin", „Villa Falconteri", „Sphinx", „Parflfal tn Montecuolo" und viele andere. Fast jede- Jahr kam ein neue« Werk und fand eifrige und dankbar« Leser. Er vertrat den Typ einer gediegenen Unter- haliungSltteratur. Starke Phantastik und bedeutende Er- zählungStechnik sicherten Erfolge. Außerdem bat er auch mannigfache Dramen geschrieben, ohne dah er al- an-gesprochener Epiker auf der Bübn« dauernd hätte Fuß fassen können. Seine Dra men behandelten verschiedentlich Kniturkampfthemen. Werke wie „Schuldig" und „Die neu« Zeit" sind Settenstücke zum Raturall-mus eine- Hauptmann. Dies« Dramen, die stärkerer Etgenpräguag er mangeln, haben ünS heute nicht »ehr viel zu sagen. Aber dem Roman schriftsteller wir- seine Stellung gewähr« bleiben.
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