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Morgen-Ausgabe Bezugspreis:!.'! M." ,2.2"'^..'^"^! p«rrt»Ui>»ritch M. ti.00: sur Ädholer monatlich M. 1.7L- dsrch »«fee« «usivaltljitn Filialen in« Hau» gedracht monalllch M. 2LS, »larlel elitii« Ä. S durch di« Vost innerhalb Deutlchlandj Atsaml-Bplaad« »anatilch 2^», vieriellahriich äii. 8.7H; Morgen-Ansgabr M. Bb«nd-An«gabt M. 0,vc>. Sonnlaa« Aulgade M. monatltch taualchliehlich Postbeftellzebührj. Haupkschrtslleiter: Dr. Erich Everih, Leipzig. Nr 266 Handels-AeUung -Kursblatt des Rate» und -es poUrelanrtes -er Stadt teipri- 112. Jahrgang Au^igenprel«: NzK ^»1«««,« ». Bahdr»«» t» am«. Teil dx Kaianelzeile btt 1?f., » A» Df.: klein« Änj«i,«n di, Kalanelzetl« »i Ps^ aa«wärt» . , <S,schSfttanj«ta«a mit Dlatz»»rl<1>rlfien im Preise erhtdi. B«N«,«n: Vesamianslaa« M. 7.— da« Lons«n» aurschi. Postzrbanr. Lt-zelnammer 10 ps. — Sann- und «fesiiag» I'» p,. Senffp,<ch.A«Ichlul,dtr.KS«. 1««IU Kdid«. — Pu,llched»o>,„ ..O» vchktttt«U»»> ,»d V<scheflld«I«: Johan,iigalse Kr ». Verlag: Dr. Reinhold L Co.. Leipzig. Dienstag, den 28. Mai 1V18 Wiederaufnahme der Offensive Die neue Schlacht im Westen Der Lhemin des Dames genommen vtb. Berlin. 27. Mai abends. (Amtlich.) In den Kampfabschnitten in Flandern and an der Lys, auf dem Schlachtfelde zu beiden Seiten der Somme und an der Avre haben sich die Arttlleriekämpfe verschärft. Südlich von Laon ist seit heute früh die Schlacht um den lhemin des Dames im Gange. Die Truppen des Deutschen Kron prinzen haben den Bergrücken in seiner ganzen Ausdehnung er stürmt und siehen im Kampfe an der Aisne. * Haag, 27. Mai. (L i g. D r a b t b e r i ch t.) Aus London wird rmNich gemeldet: Heute früh entwickelten sich noch einer sehr heftigen peschiehung starke feindliche Angriffe auf breiter Front gegen ise kritischen und französischen Linien zwischen Beim- und ^r. issouS und gegen die französischen Streitkräfte zwischen Locre »nd Voormezeele. Gestern und vergangene Nacht war die Tätig keit der feindlichen Artillerie an der britischen Front sehr stark. Französischer Bericht vom 27. Mai nachmittags. In der zweiten Hälfic der Nackt lichteten die Deutschen ein sehr heftiges Geschützfsucr argen die ganze Gegend zwischen dem Walde von Pinon und Reims. Heute morgen erfolgte der feindliche Angriff auf sehr breiter Front wischen diesen beiden Punkten. Die französisch-enMchen Truppen leisten mit der gewohnten Tapferkeit dem deutschen Stolz Widerst,md. Ne Schlackt ist noch im Gange. In der Champagne, auf dem rechten NaaSufci. im tvoldc von Aprcmont und in der Woevr: war die A.uUerietätigkeil nachlS lebhaft. Dre Dcu'scheu machten mehrere Sri- licl>e Angriffe. Im Walde von Apremout wurde der Angriff nach nampf. der den Deutschen Verluste kostete, abgeschlagen. Zwei ander« AngriffSversuchc in der Gegend von Limey nordöstlich von Badonvillie L scheitcrlcn ebenfalls. Gefangene blieben in der Hand der Franzosen uutb. Berltu, 27. Mai. Am 26. Mai dea»g«, zwischen PoSschendael«—Kanal und der Kanalisierten Dser Stoßtrupps mffee« wacker«« Matrosen nach kurz« Artillerie- und Minenwerfervorber^ikvirg in die feindliche Stellung ein. ämnten in frischem Draufgehea die feindlichen Grüben trotz h«ftigst«r feindlicher Gegenwirkung bis zu dem beföhle««, Ziel« auf und kehrt«, mit zwei Offizieren und 83 Mana als Ge ¬ fangenen in ihre Ausgangsstellung zurück. Ein heftiger Gegenangriff. den der Feind während des Unternehmens mit erhebliche» Kräften versuchte, vermehrte nur sein« Verluste. Auch beim Loparthof und bei Hesrnisfe westlich Drxmulden wurden Vorstöße erfolgreich durchgeführt. Bei Heernisse ward«, feindliche Posten stellungen ohne Fea ei-vorder eitung und trotz verhältnismäßig Heller Nacht in schnellem Zvpacken überrannt und im Verlaufe de« heftige« Nah- kampste« ein paar Gefangene eiagebracht. ,7m alten Trichtergeländc östlich Bixschoote hob unser« Infanterie mtter Mirtwirkung der Artillerie und Minenwerfer einen belgischen Horchpoflen ouS. An der englischen Front kam es namentsick in Gegend Meleren zu einem heftigen Gefecht zwischen einer deutschen Patrouille und Schotten. In den frühen Morgenstunden ging ei« Infanterie-Stoß trupp mit einigen Pionieren gegen einen feindlichen Stützpunkt vor. Der Feind verteidiat« sich mit großer Zähigkeit: dir Gefangenen wollten durchaus nicht aus dem Graben heran«. Der Feind erlitt daher ent- sprechend hohe bluligc Verloste. Nach Nrhkampf konnten sieben Ge fangene und ein Maschinengewehr in die Ausgangsstellung genommen werden. Den ganzen Tvg über ließ da« starke feindliche Artillerieseuer. da« durch unser,n Vorstoß auSgeM worden war, nicht nach. Neue Fernbeschietzrmg von Paris Genf, 27. Mai. (HavoS.) Die Beschießung des Pariser Bezirk« durch do« weittragende Geschütz ist heute früh 6 Uhr wieder ausgenom men worden. Der Abdruck der deutschen Heeresberichte in Frankreich verboten Genf, 27. Mai. (E i g. Drahtberickt.) Den französischen Zeitungen wunde drrrch Verfügung der Negierung am Sonnabend der fernere Abdruck der deutschen Heeresberichte auf unbestimmte Zeit unter sagt. Dagegen wird den Zeitungen in Zukunft durch die HavaS- ogentar wie früher ein Auszug au« den feindlichen Heeresberichten ge liefert. Poincar4 und Clemenceau an der Front Genf, 27. Mai. (Eigener Drahtbericht. Der .TempS' meldet von der Front: Die Artillerietäligkelk steigert sich im ganzen Frontgebiet. Der Präsident und Ministerpräsident find .zu einem neue« Frontbesuch abgereist. Toni und Beim« werden wieder schwer beschaffen. Der Kriegsberichterstatter de« .Petit Journal' Meidet von der Front: General Fach äußerte sich hoffnnngünpll üb« dia Entwicklung der Ding«. Da« Ende der gewaltigen Vorbereitungen sei aahegerückt «nd die bevorstehenden Operationen würde, für beide Teile entscheidend sein. Bevorstehende britische Reichskonferenz Basel. 27. Mai. (Eigener Drahtbericht.) .Moruiug Post' meldet den ^Zusammentritt der britischen ReichSkoufe- rcnz zum 26. Juni, di« wichtige Entscheidungen Sb«r Eng lands KriegSziel« und die Friedensbedingungen zu fassen hat. Die Londoner .Times' geben eine Aeußeruag Lansing« «leb«, wonach Amerika noch mit einer Krieg«dauer von ei« bi« zwei Jahr «n rechnet. Die russische Zersplitterung Stockholm. 27. Mai. (Drahtberichi.s Nach ciner Meldung der peterSd. Telegr.-Agenlur au« Moskau hat da« Kommissariat für an«- r-ärtige Angelegenheiten, dem Minister de« Auswärtigen in Tifli« kmrch Funkspruch seine Befriedigung darüber ausgesprochen, durch den deutschen Botschafter Grafen Mirbach gehört zu haben, daß die Iran «kaukasische Negierung in Tschekeli durch ihren Vertreter Matschabeli üb« die Trennung Transkaukasien« von Rußland und seine Selbständigkeit zu verhandeln wünsche, mrd schlägt, ohne die Unabhängigkeit Transkaukasien« schon anerkennen zu wollen, da sie von der Mehrheit der transkaukasischen Bevölkerung nicht gewünscht werde, als VerhandlnngSork die Stcldl Wladikawkas vor, da Kiew ungünstig gelegen sei. Sie teilt den Wunsch der deutsche« Negierung, daß die Verhandlungen möglichstdald ausgenommen und zu Ende geführt werden. Zugleich Hot da« Volkskommissariat sür auswärtige Angetegeaheiten am 23. Mai dem deutschen Botschafter Grasen Mirbach eine Noke über- reicht, aus der sich folgender Verlauf der Dinge ergibt: Am 13. Mai hatte das Volkskommissariat da« Angebot de« Grafen Mirbach an genommen, die Beziehungen zwischen der russischen Regierung and der angeblichen' transkaukasisch«, Regierung zu vermitteln. Am 14. Mai jcklug der deutsche Botschafter vor, die russische .Negierung möchte ihre Dünsche ft, dieser Beziehung schriftlich Mitteilen. Diese hatte geant wortet, daß ihrer Meinung nach ein Bevollmächtigter Ruß lands an den Verhandlungen in Votum zwischen Deutschland nnd der Türkei einerseits unb Transkaukasien anderseits teilnehmen mühte, da Rußland andernfalls den dort zustande gekommenen Vertrag nicht würde anerkennen können. Am 22. Mai teilte der deutsche Botschafter dem Volkskommissariat mit, dah die transkaukasische Regierung den Bürger Matschabeli zu ihren, Vertreter bei den Verhandlungen über die Unab hängigkeit Transkaukasien« ernannt hab«. Zugleich wurde Kiew al« Ort der Verhandlungen vorgeschlagen und eine schnelle Einigung empfohlen. Diesen Vorschlag nimmt die russische Regierung an. Das Ministerium der Donrepublik Kiew, 26. Mai. (Draht bericht.) Nach einem Rostower Tele gramm in der „Rabotschasa Shisn' ist da« Don-Ministerium gebildet folgendermahen: Ministerpräsident: Generalmajor Boga- sewsti; Verweser des AnSwärttge«, gleichzeitig Krieg und Marine: Generalmajor Lenifsow; Finanzen: Korchenewski; Handel unb Industrie: dar bekannte Rostower liberale Grohindastrielle Para- wonow: Unterricht: Swjetosarow; Justiz: Sacharow: Wege bau: Ingenieur Kun et in; Innere«: Ionow; Landwirtschaft: Se- menow. Gerüchtweise verlaute», dah Trotzki uud der Kommissar sür Nationalitätenfragen Stalin demnächst in Kiew eintreffe« werd««. Köln. 27. Mai. (Eig. Draht bericht.) Die .Köln. Zt,.' berichte» von der Schweizer Grenz«: Wie die HavaSagentur über NoSkao au« Ehar bin meldet, hat sich dort «in« neue Regie- rung gebildet, bestehens au« General Chor wat, dem früheren Direktor der ostchinefischen Bahn, Admiral Koitschak. dem früher«, Kommandanten der Schwarzmeerflotte und dem Großindustriellen Katilo«. Die neue Regierung soll in enger Fühlung mit General Semeuow stehen, bem Chef der Regierung von TranSbaikalieu, welche die Sowsetregiervng bekämpft. Die Kiewer Zeituuar» nerössentlickeu eine Noke der Don- Negferuug e». »Koollllch » Regtonmg: Der Südostbund ist kein Bestandteil der russischen Sowjet- Nepublik. Er befindet sich mit der nicht anerkannten Negierung der russischen Sowjet-Republik im Kriegszustände. Die Völker und die Negierung des Bunde« werden die Unantastbarkeit de« Bundes mit allen Mitteln verteidigen. Die Den-Ncgiernnq Kak in der soeben vsr- künd'ten Sköatsgrundgesetzen alle seit der Februar-Neoo'ution 1917 er lassenen Gesetze der russischen Negierung wieder aufgehoben und Hot das alte Wappen und E'egel der Dänischen Kosaken wieder cingeführt. Die russisch-ukrainische« VerhMdlUWU Die diesjährige Ernte. Der neue ukrainisch« Gesandte für Berlin. Kiew, 26. Mai. (Drahtberickk.) Bei den ukrainisch-russisckc» Verhandlungen in der vorgestrigen Abendsitzung wurde die Erörterung der Waffen- stillstandsbedinqongen nicht beendet. Rakowski erhob Einspruch gegen di« vorgeschlagene Demarkationslinie, die den augen blicklichen militärischen Stellungen nicht entspreche und angeblich Dutzende von neuen Landkreisen erfasse. In der Debatte warf Rakowski di« Frage aus, welch« Nolle die deutschen Truppe» spielte«. Der ukrainische Vorsitzende Scheluchin lehnte eine Beantwortung ab, da er nickt bevollmächtigt sei, für die d«utfche Kommandogewalt zu sprechen. Deutschland sei «in Verbündeter der Ukraine. Gerüchtweise verlautet, Baran Skeiuheil, Mitglied der ersten Dum" in Kiew, sei zum ukrainischen Gesandten ft, Berlin ernannt worden. Die neue Delegation der Don-Regierung ist tu Kiew ein getroffen, weswegen die von der Don-Bevölkerung gewählte bisherige Delegation abreisen wird. .Kiewskaja Mysl' unterstreicht, dah dl« ad- reisende Lelegaliou gegen die Einmischung «i««r «Swärttge« Macht in die Don-Aagelegenhtiten «ar. Kiew, 26. Mai. (Drahtbericht.) Der Mftrifferrat genehmigte de» Entwurf d«S LandwirtschaftSmftrister« betreffend Realisier«»- der dies jährigen Ernte» die sogenannten AntfShrungSbesiftnamugen and de« Erlah Eichhorn. Die Zeitungen veröffentlichen heute de« Entwarf eine« provisorischen Gesetzes über die Regelung de« Landuerkaaf« innerhalb de« ukrainischen Staatsgebiete«. E« ist vorgesehen, dah die staatlich« Land bank Laad und Forste» unbeschränkt erwerben darf, Einzelpersonen dürfe« gröhere Flüchen erwerben unter der Bedingung, dah der An teil der einzelnen Genossen 25 Dehjatinea nicht übersteigt »ad daß die Eiazelgrundstücke vor der Regifiereintragaag vermessen sind. Ueber- schüsfig gekaufte« Land verfällt kostenlos dem Staat. Dl« Konlrulle and di« Durchführung liegt den aeuen Landkommifsioneu ob. Keile Etttente-Merseitm ii Nitzlnk Haag, 27. Mai. (Eig. Drahlbericht.) Di« .Llwe«' be richten au« Washington: Die Vereinigten Staaten »ad di« Verdüadetea eiaigtea sich dahia, in Ruhlaad »icht z» iatrrueaiere», soader, Rußland mehr Vorräte und soasilg« Unterstützung aazublese». Enqlaad »ad die Vereinigten Staaten haben Japan mitgeleitt, dah sie zu diesem Entschlüsse keineswegs gekommen seien, «eit sie irgeud- wrlchen Verdacht gegen di« Absichten Japan« hätten. Elsaß-Lothringen und das Plebiszit Seitdem Nopoleon l. und Napoleon Itt. in wohlbercchneter Nachahmung altrömisch-republikanijchcr Einrichtungen das Plebis zit zu einem Grundsatz ihres StaatsrccbtS ausgcstaltel Koben, gift in weiten Kreisen die Volksabstimmung als das sicherste und un trüglichste Zeichen zur Erforschung des Bolkswillens. Auf die Hachwahrhcit, die in diesem, scheinbar ohne weiteres einleuchten den Grundsatz steckt, soll hier nicht näher cingegangcn werden. Ge nug, dos Schlagwort von der Trcsslichkeit des Plebiszit ist ohne Zweifel in das moderne Bewußtsein übcrgcgangcn. Wie man fick auck theoretisch dazu steilen mag, praktisch muß jedenfalls mit aicier Tatsache gerechnet werden. Das Plebiszit ist übrigens auck eine log'sch« Folg« des Lehrsatzes von dem Sclbskbcstimmunffsrechl der Völker; beide Prinzipien ergänzen und stützen sich gegenseitig. Auch in Deutschland dürfte cs viele überzeugte Anhänger dieses Grundsatzes geben, der unleugbar viel Bestechendes für sich hat nnd als Referendum z. B. in der demokratischen Schweiz bereits leine genauere verfassungsrechtliche Form sür bestimmte Fragen der Politik gesunden hat. lind zweifelsohne wird die Welle der Demokratie, die heute unser altes Europa durchflutet, dem Ge danken. den im Plebiszit deutlich ausgesprochenen Volkswttlen wenigstens theoretisch als letzte politisch« Instanz zu betrachten, neuen Anhang Zufuhren. Es wäre töricht, vor dieser Tatsache die Augen verschließen zu wollen. So lag es denn auch nahe, daß während des Weltkrieges der Plan aüstauchte, die sogenannte elsaß-lothringische Frag« und damit den Anlaß zur Kriegsverlänge- rung. wie man wähnte, durch eine Volksabstimmung ein für alle mal ans der Welt zu schaffen. Da bleibt nun aber bezeichnend, daß gerade die franzö sische Regierung, die sonst keine Gelegenheit versäumt, mit ihren vemokratischen Depslogenhetten zu krebsen, sich von vornherein gegen jeden derartigen Vorschlag ablehnend verhielt und vor allem den Anspruch ihres angeblich unverjährbaren Rechtes aus die Reichslande energisch unterstrich. Dem neutralen Auslonde be sonders mußte man diesen Abfall von den heiligsten Prinzipien der französischen Demokratie eingehender zu begründen stzchon. Da kam zunächst die Berufung aus die im Jahre 1871 in Bor deaux abgegebenen Erklärungen der elsässischen und lothringischen Deputierten. Auch der im Reichstag 1874 feierlich erhoben« Prv- lest der elsässischen nnd lothringischen Abgeordneten durfte nicht fehlen: .Eine ohne unsere Einwilligung vollzogene Annexion kommt für uns einer moralischen Sklaverei gleich!' In eine Ver letzung des Rechtsgrundsatzes der Selbstbestimmung hab« 1871 die französische Nation einwilligen müssen, da ihr das Messer an der Kehle sah. In der Folge sei dann nicht Gier nach Revanche die Ursache des französischen Grolls gewesen, sondern dos Bewußtsein den — wenn auch widerwillig — preisgegebenen Volksgenossen schweres Unrecht zugefügt und überhaupt einer schmählichen Rechtsbeugung zugestimmt zu haben. .Elsaß-Lothringen,' erklärt« der französische Minister des Auswärtigen, .wurde vom Feinde vor 47 Jahren besetz» genau so wie unsere Departements vor drei Jahren. Vom Standpunkt des Rechts besteht zwischen beiden keinerlei Unterschied." Und deshalb würden die Fran zosen ihre Würde für verletzt halten, sollten sie den nie aufgegebenen Rechtsanspruch nunmehr der Entscheidung eines Plebiszit unterwerfen. Im Fall .Elsaß-Lothringen" das Prinzip der Volksabstimmung anerkennen, erachten sie als eine Verleug nung ihrer über 40 Jahre lang beobachteten Haltung, als eine Treu losigkeit gegen sich selbst nnd gegen die verlorenen Provinzen. Dies ist der Nerv des Gedankcngangs, in dem sich die fran- zösisci)« Begründung für die unbedingte Ablehnung der Plebiszit forderung für Elsaß-Lothringen bewegt. Äe bei dieser Argumentation angewandten Erwägungen im einzelnen zu widerlegen, hak für unsere Zwecke keinen Wert, ebenso wie wir die Gründe zweiten Ranges, die ferner für die Ablehnung des Plebiszikgedankens vorgcbracht werden, als unwesentlich über gehen (Unfreiheit der Elsaß-Lothringer bei der Abstimmung unter der preußischen Knute usw). Genug, man lehnt drüben im Fall« Elsaß-Lothringens di« Anwendung des SelbstbeffimmongSrechts ab, um eben dieses Grundsatzes willen, ans Rnckstctst auf die 1871 verletzten Gefühle der Elsaß-Lothringer. Indessen: auch vom Feinde müssen wir lern«. Lm Ihrer Würde und Selbstachtung willen lehnen die Franzosen von vornherein jede Beratung über ein elsaß-lothringisches Plebiszit <ck. Dn wäre es die würdeloseste Preisgabe der Ächtung die wir uns selbst — ohne Unterschied der Partei — schuldig sind, wollten dei uns Politiker auch nur die Möglichkeit in Erwägung ziehen, daß durch ein Plebiszit der Elsaß-Lothringer der Welt nochmals unser Anrecht auf unsere Westmark dargetan und so der Weg zu einem allgemeinen Frieden gebahnt werden könne. Das hieß« öffentlich elngestehen, daß unser Anrecht bisher auf schwachen Füßen stehe und einer neuen Bestätigung bedürfe. Wohl ist bet uns nach 1871 und auch später noch gelegentlich die Frage aufge worfen worden, ob es klug war, damals auf dem alten Anspruch gegenüber dem schon vorher — .Rache für Sadowa' — revanchebegierigem fran ¬ zösischen Volke zu bestehen; aber an der Berechtigung des Anspruches selber konnte es schon damals keinen Zweifel geben. Um wie viel weniger kann jetzt, nach IO Jahren, und zumal noch dem Verlause diese« Krieges, die Rede davon sein, daß Deutsche auf das Reichsland — mag es uns noch so wenig Freud« seicher gemacht haben — verzichten wollten. Das will auch Sclreidcmanns Partei nicht, und er seiber hat sich so unzweideutig darüber ge äußert, daß nur bewußte Entstellung es ermöglichte, seine Ent schiedenheit in diesem Punkte in Zweifel zu ziehen. Was neben bei gesagt ein« große Unkiugbeit gegenüber den Franzosen war. Ueber Elsaß-Lothringen ist im deutschen Volke weniger Meinung*- verschiedenheit als über irgend ein anderes Kriegsziel der Entente,