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Sonntags-Ausgabe ta« Hau« -«brach« monatlich M. rä^ »I»rl«II»drltch 600 sür 4Idb»l«r monalllch M. 1.75; borch »»!««« «»«warnaon vttllalan in» r>au» -«bracht monalllch >8. 2LS, vl«r»«l- lehrltch vl.S.5U; durch'»«« Post lnnrrhald Dratlchlandj G«lamr-Ba1aad« monatlich 2L-, ol«rt«llShrUch -N. V.75; Morata-Aao-ab« M. IHtz 4I»«,»-Bo«-ad« M 0,ö0, ö»nnta-«-L»1gab« M. >«.50 monatlich laullchllrtzllch Pojtdrst«llg«dllbr). Havpklchrtftleiter: D, Erich Everth, Leipzig. 112. Jahrgang «»zetgiirpreia: Ä'iK Än^lgaa ». B«b»rd«n lm am«. r«U dl« Kolonelz«!!« 80 Pf» a. G) Pf.; klein« Anzrl-«» »l« X»I»a«U«iI« LV Pf» »o»»ärt» S5 Pfch SrfchLfllanjri-«» mli Platzvv !chns««n lm Pr«l!« erbdtz«. Bella-«»: D«lamlaaslaa« M. 7.— da» Tauf«»» «tlchl. P»st-«bIdL chl»S«Ira«m«r iS Pf. — von». ,»d Frsttaa« tS Vt. Frr»i-»«ch-Bn««bI»I, Ra.l»»»r. 1<«I and IlbiX. — postlchrchkonlaTIM Schnflltiion- and S«lchLtttt>«ll,: ^of>an,l«-afl« Nr. l^ Verlag: Dr. Reinhold L Co^ Leipzig Nr. 282 1S18 Sonntag, den IS. Mai Großer englischer Zerstörer versenkt Oefterr.-ungar. Heeresbericht Wien, 18-Mai. Amtlich wird gemeldet: Die italienische Erknndungstätigkelt an der Südwefffront ist anoauernd rege. Die Kämpfe zwischen Osum und Devoli wurden fortgesetzt. Der Chef des Generalstabes. Ereignisse zur See Lines unserer U-Boote, Kommandant Llnienschiffsleutnant Holub, hat om 14. Mai vor Balo na einen großen englischen Zerstörer durch Torpedoschuh versenkt. Flottenkommando. lW. T. B.) Die Dalkanfahrt des österreichischen Kaiserpaares Sofia, 18. Mai. (Bulgarische Tclegraphen-Agentur.) Kaiser Karl und Kaiserin Zita sind aus der Reise nach Sofia heute in R i s ch eingetrosfen und vom Chef der Militärinspektion des Morawa- Vebietes Generalleutnant Herezow, dem Eisenbahnminister Kozni- tecbki, dem bulgarischen Gesandten in Wien Toschcff, dem österreichisch, nngarischen Gesandten in Sofia Grafen Czernin und dem Eisenbahn direktor Rorphosf cmpsangen worden. Der Kaiser verlieh den Zug. ichritt die Ehrenkompanie ab und lieh sich verschiedene Würdenträger sowie eine Gruppe bulgarischer, österreichisch-ungarischer und deutscher Offiziere vorstellen, mit denen er sich in sreundschastlichster Weise unter hielt. Ein Bataillon defilierte an dem Monarchen vorbei, der an alle Offiziere und Mannschaften der Ehrenkompanie Auszeichnungen ver keilte. Unter den Hurrarufen der angesammelten Menge und den Klängen der österreichischen Bolkshnmne setzte sich der Hofzug wieder in Uewegung. In Sofia wurde das Kaise«rpaar feierlich empfangen, und bei der Galatafel wechselten die Monarchen herzliche Trinksprüche. Berlin, 18. Mai. (Eigener vrahtdericht.) Aus Men meldet man der «Rordd. Attg. Ztg ": Dem Vernehme« nach «leb die Reife Kaiser Karls nach Sofia und Konstantinopel einschließlich der Rückreise etwa acht Tage in Anspruch nehme«. Der Zar der Bul garen ernannte Kaiser Karl zvm Inhaber des bulgarischen' Infanterie regimentes Ar. 5: Kaiser Karl verlieh dem Zaren der Bulgaren die VSrde eines Oberstinhobers de« schweren Feldarliklerieregiments Ar. üv und ernannte den Kronpinzen zum Oberstleutnant, den Prinzen Kyrill zum Major. I Das deutsch-Ssterreichische Bündnis Wien, 18. Mai. (E i g. Drahkb «richt.) lieber die Neu gestaltung des Bündnisses schreibt die „RelchSpvfl': Die Bezeichnung des Bündnisses mit «Waffenbund" wird an zuständiger Stell« für unzutreffelnd erklärt und darauf hingewicsen, bah das Wort „Waffenbund' nur eine Berdeutfchung des Wortes ..Militärkonven- tion" bedeutet, also nur «inen Teil der Desamtabmachungen dar stellt und nicht das gesamte politische, militärische und wirtschaftliche Programm des Bündnisses umfaht. Haag, 18. Mai. (Drahtbericht unseres Soderbe- rlchterflatters.) „Times" melden aus Washington: Der fran zösisch« Oberkommlssar erkielt eine telegraphische Mitteilung, nach der man sich im deutschen Grohen Hauptquartier bei der Besprechung der beiden Kaiser über drei Punkte geeinigt habe: 1. die Dauer des neuen Abkommens wird ans 28 Jahre bemessen, 2. wird ein militärisches Abkommen getroffen, das viel weiter geht als das bisherig«, 3. die wirtschaftlichen Beziehungen werden völlig auf der Grundlage des mitteleuropäisch:» Planes geregelt. Dies« Bedingungen find noch nicht unterzeichnet, sind jedoch in den Grundlagen festgestelll. Wien, 18. Mai. (D r a h k beri ch k.) Die amtliche .Wiener Zeilung' veröffentlicht eine Kundmachung des Ministeriums des Innern, durch die bekanntgegeben wird, dah das Armeeoberkommando mit Wirksamkeit vom 20. Juni 1918 folgendes verfügt hat: Das östliche Kriegsgebict entfällt, das südwestliche weitere und engere Kriegsgebiet bleibt bestehen. Gemeinsame Kundgebung des österreichischen Deutschtums Wien, 18. Mai. (Eig. Draht bericht.) Tine groh« ge meinsame Kundgebung de« gesamt«« Deutschtums Oesterreichs wich am 2. Juni vormittags im Wiener Rathaus« stattstnden. Die Deutschen solle« ohne Unterschied der Partei «ft Weg lassung aller lokalen Soudcrintereffen za« Ausdruck dringen, datz sie entschlossen sind, mit ganzer Kraft für ihr» Lebensintereffe« einzu treten. Line sehr starke Beteiligung ist zu erwarte«. Die Christlich- Sozialen, die Deutsch-Rationale«, das deutsche Zentrum, die deutsch« Arbeiterpariei sowi« aste übrigen deutsch-aalionalen Parteien habe« ihre Teilnahme zogesagt, ebenso eine grohe Zahl politischer Organi sationen Wiens sowie der Alpen- und Sadetenländer. Der Abendbericht "td. Berlin, 18. Mai abends. (Amtlich.) Von den Kriegsschauplätzen nichts Neues. ck Berlin, 18. Mai. (Drahtbericht.) Längs der ganze« Westfront war die Artillerie- und Patronillentätigkeit äußerst rege. Das beiderseitige Feuer lebte gegen Abend erheblich aus und dauerte die ganze Rächt mit großer Heftigkeit an. Schweres deutsches Flachfeuer beschoß die Schächte 6 und 7 von Roevx, Schacht 12 südlich Sailly la Bourse, ferner Stahlwerk und Maschinenhaus vo» Grenay. Bei Boves und an der Römerstratze bei La Haussoys wurden starke Explosionen beobachtet, die augenscheinlich von getroffenen Munitionslagern her rührten. Bor Verdun wurdeU bei Beaumont erkannte feindliche Trnppenansammlungen unter wirksamstes Vernichtungsfeuer genom men. Zwischen den.Stellungen kam es zu lebhafte« Patrouillen gefechten. Englische und belgisch« Vorstöße wurde« am Df er kannt sowie westlich Vormezeele abgewiesen. Dio Franzosen ver suchten, mit Grohpatrouillen beiderseits Lassigny sowie östlich Banizy sur Metz vorzufühlen, wurden aber teils durch Feuer, teils durch Gegenstoß im erbitterten Nahkampf abgewiesen. Deutsche Stoßtrupps drangen nordöstlich Hinges sowie westlich Montdibier vor und brachte« mehrfach Gefangene «in. (vib.) Köln, 18. Mai. (Eigener Drahtbericht.) Don der Schweizer Grenze meldet die «Köln. Zig.': Auch die Kriegsbericht erstatter der italienische« Blätter an der französisch-britische» Front halten die Vorbereitungen der Deutschen für beendet und sind der Ansicht, dah der deutsche Vorstoß von der Arme« Below zwischen Arras und Albert ausgehen werde. 21000 Tonnen versenkt vtb. Berlin, 18. Mai. (Amtlich.) DaS von KapitSnleot- nanl Grünert befehligte Il-Boot bat an der Westküste Lng- lan-S fünf bewaffnete tiesbeladene Dampfer von zusammen 21 000 Brvttoregistertonnen versenkt, darunter ein mindestens 800« S.-R.-T. grvheS Schiff. Ramenk- ftch festgestellt wurde der bewaffnete französische Dampfer St. Chamond" (28«« B.-N.-T). Der Lhef des Admirolstabes. * Di« Krbegsverdroffmheit der englischen Reeder, die sich nach dem Vorgang früherer Seekriege von diesem Kriege ein glänzendes Geschäft versprachen und dieses auch anfänglich erzielten, äußert sich unter d« Wucht der U-Bootsperre in heftigen Anklagen gegen di« amtlich« Schiffahrtspolitik. Schon der diesjährige Jahres bericht des Verbandes der Liverpooler Da-mpffchiffbesttzer hält der Regie rung die größten Sünden des Verstaatlichvngssnfiems vor. Run erhebt auch Sir Rorman Hill, einer der bedeutendsten englische« Reeder, in einem Vortrag vor der Statistischen Gesellschaft Manchesters schwere Vorwürfe gegen die Regierung, weil sie den frei«« persönlichen Unter- ncbnumqsgeist planmäßig lahmlegt. Zu Kriegsdeginn, sagte Hill, wurden 50 Prozent aller Ladungen im internativnalen Ueberseeverkehv durch englische Schiffe befördert. Heute fragen die englische» Reeder, ob sie «ichl besser täten, das Geschäft bei der ersten günstigen Gelegeaheit a» den Nagel zu hängen. Zur Lösung der außerordentlichen Schwierig keiten, Erhöhung der Transportleistung, Bekämpfung der Frachtranm- »ergendung, Krastverschwendung im Schiffbau, zmn Wiederaufbau der zerrütteten Handelsflotte, kurzum zur fachmännische« Betrichslettung ist bas »om Staate eingesetzte Beamtentum am allerwenigsten berufen. Dar»« fort mit jeder Regierungskontrolle! Norma« Hig übersieht, datz die Verstaatlichung der Reederei m»d die Vernichtung des freien Reederhuus für England haute eine dedingangslose Lkbensnotwendigkeft »st. im» de» Kamps geg^i dt« U Bvotpest fortzrifühnm. Frenchs eiserne Taust Eine angebliche .deutsche Verschwörung' 1» Irland. Haag, 18. Mai. (Eigener Drahtberich k.) Aus Dublin wir- gemeldet: ks wurden in de« letzten Tagen auf Veranlassung der Londoner Regierung mehrere Verhaftungen vo» Führer» der Iren vorgenommen. Unter anderem find verhaftet worden die Sinnfciaer-Führer de Valera nnd Griffiths, sowie zwei Par lamentsmitglieder Dillen und Cougreve. Diese Verhaftungen fanden auf Grnnd eine- amtlichen Erlasses des irischen Vizekönigs statt, weil in Irland eine «deutsche Verschwörung' anfgcdeckt sei. Er richtete einen Appell an alle regierungstreuen Iren, au der linter- drückvng dieser Verschwöung mitzuhelfen. Der Minister sür Irland Shortt veröffentlicht folgend« Mit teilung: Di« Maßnahmen, die ich mit dem Vizekönig in voller Ver antwortung für die Sicherheit getroffen hab«, sind ausschließlich gegen bekonnlgewordene gefährliche deutsche Umtriebe gerichtet. Di« Regierung vergegenwärtigt sich absolut, dah di« Zahl der irischen Männer und Frauen, die mit dem deutschen Feinde Zusammenarbeiten, sehr unerheblich ist. Aber es wäre möglich, daß viel« Anwissende in die Angelegenheit hineinqezogea werden würden. Die Negierung glaubt deshalb, daß sie bei der Ausführung der getroffenen Maßnahmen auf die Unterstützung der Iren ohne Unterschied von Konfession und poli tischer Anschauung rechnen Kaan. Die irische Regierung ist fest ent schlossen, alle Schritte zur Vernichtung der deutschen Verschwörung zu unternehmen. Ob der ne«« Vizekönig wohl selbst daran glaubt, mit der wenig geschickten Erfindung einer ,deutschen Verschwörung ' sein offenbar jetzt beginnendes Schreckensregiment in Irland recht fertigen zu können? Die Eröffnung des finnischen Landtags Stockholm, 18. Mai. (Eig. Draht bericht.) Am 18. Mai wurde, wie bereits kurz gemeldet, in Helflngfors der finnländische Landtag in Anwesenheit der Gesandten des Deutschen Reichs und Schwedens, des dänischen Geschäftsträgers, des Generals von der Goltz, des Admirals Unsler und zahlreicher Eingeladener, unter denen sich viele deutsch« Offiziere befanden, feterkichst eröffnet. Von den sozialistischen Mitgliedern war nur der Führer der finniändischen Fach kommission erschienen. Der Vorsitzende feierte das Gedächtnis der von der Roten Garde ermordeten Abgeordneten und dankte für die dem gesetzlichen Finnland durch Deutschland geleistete Hilf«. Hiernach er stattete das NeffierungSobcrhoupt Svinhufvud Bericht in finnischer und schwedischer Sprach« über die wichtigsten Maßnahmen der Regle- rung während deS Bürgerkrieges. Er erinnerte an die Erhebung der Weihen Garde, die Ankunft der finnischen Jäger aus Deutschland, der schwedischen Freiwilligen sowie an die deutsch« Hilfe, die die Haupt stadt und die südlichen Teile des Landes befreite. Beim Ileberblick über die Ereignisse ans außenpolitischem Gebiete berichtete er über die erreichte Anerkennung der Selbständigkeit Finnlands und sprach den Dank der Regierung an Deutschland für dessen wertvolle Dienste ans diplomatischem Gebiete aus. Bezüglich des Verhältnisses z» Deutsch- land bereite die Regierung wichtige Vorschläge vor, die dem Landtag möglichst bald vvrgelegt werden sollen. Stockbotm, 18. Mai. iDrcchtberickl.) Lant einem Telegramm aus Hetsingfors an .Svenska Daabladek" beschloß drr ^nnü'cke Sennk. dem Lan-tag vorzuschlagen, dem Präsidenten der. Senales souveräne Macht zu übertragen. Obwohl sich die Jungfinnen un- Agrarier diesem Plane widersehen, aiaubt man doch, daß er gelingen werde. Man schließt auch daraus, daß die Umwandlung in eine Monarch!« für den Augenblick aufaesckoben ist. Deutschland und England Grundsätzliche Betrachtungen von Emil Zimmermann In der Münchener Zeitung .Handel und Industrie' fand ick kürzlich einen Aussatz voll sehr gesunder Gedanken über die Not wendigkeit künftiger deutscher Koioniaibctätigung; dock ist auch in diesen Ausführungen das Ziel unserer Auseinandersetzung mit England lange nicht voll erfaßt, und es ist abwegig, wenn nach einer pessimistischen Betrachtung der Lage in Mesopotamien ge sagt wird: .Tatsächlich stehen wir aber beute vor der Frage, deutscher Kolonialbesitz gegen Mesopotamien, und da die Rück eroberung Mesopotamiens bei allem guten Willen eine der zweifel haftesten und schwierigsten Fragen ist, dürfte eine Entscheidung unschwer zu beurteilen sein. " Man muß ohne weiteres zugeben, daß die Vertreibung der Engländer aus dem Irak eine sehr schwierige Ausgabe ist. Es ist ferner nickt zu vergessen, daß sie auch Jerusalem und ganz Süd palästina besetzt baden. Aber wenn die Engländer in Meso potamien stehen bleiben würden, was würde die Folge sein? Aus Indien würden sich Scharen von Auswanderern in dies Land ergießen, und nach zwanzig dis dreißig Jahren besäße England in Mesopotamien ein zweites Aegypicn. Zwar habe ick in einer kleinen Schrift: „Kann uns Mesopotamien eigene Kolonien er setzen?" (Verlag Kolonialwirtschaftlichcs Komitee) den Nachweis geführt, daß Mesopotamien auch 19,80 noch nicht das würde sein können, was Aegypten 1882 war; das galt aber für den selbstver ständlichen Fall, daß das Land türkisch bleibt. Die Türken dürfen keine Inder hercinziehen; sie seiber aber haben wenig Menschen nnd müssen langsam entwickeln. Ganz anders dagegen gestaltet sich die Zukunft des Irak, wenn es in englischen Händen bleibt. Gestützt auf die Millionen Indiens, kann England sehr schnell an die Durchführung der Pläne des Ingenieurs Willcocks gehen, der schon 1010 einen Plan zur Berieselung von Y.80 000 Hektar Land entworfen batte. Dieser englische Ingenieur halte berechnet, daß das Wasser des Euphrat' »nd Tigrls'Zttf'Bcwafferlmg Pvn drei Millionen Hektar ausreichen würde. Die bewohnbare Fläche in Aegypten gibt der verstorbene Lord Eromer, der laftWhllge eng lische Geschäftsträger dort, auf 33 607 Quadratkilometer an, das sind 3 360 700 Hektar, 360 000 mehr als im Irak unter Bewässe rung gesetzt werden könnten. In Aegypten wohnen heute über 12 Millionen Menschen (nach dem Zensus von 1907 11287 000); danach könnte das Irak wokl 9 bis 10 Millionen tragen. Und ohne Zweifel würde es im Verlaufe eines Menschenalters dahin kommen, wenn die Engländer dieses Gebiet behielten. Dann aber läge Arabien zwischen zwei mächtig aufstrebenden englischen Ländern eingekeilt, und die vorderasiatische Türket hätte zwei Nachbarn, die auch ohne Indien stärker als sie sein würden. Die Türkei könnte gar keine selbständige Politik treiben. Es ergäbe sich hieraus aber eine starke und sehr gefährliche Rückwirkung auf die deutsche Stellung in Afrika. Sie hinge dann immer in der Luft, wenn es nicht gelänge, im Westen Ver hältnisse zu schaffen, die Frankreich und England nicht mehr ge statten, unsere Verbindungen nach Uebersee zu stören. Dazu gebären nicht nur der Besitz der flandrischen Küste, jo womöglich auch von Calais und Bvnlvgne, sondern auch die Befreiung Ir lands von England, womit die englische Seehcrrscbast zerbrochen wäre. Erst dann wäre eine deutsche Stellung in Afrika gesichert, die sich nicht an die türkische Macht anlchnen könnte und auf sich allein gestellt wäre. Mir scheint aber, daß es immer noch leichter sein wird, einen Ausgleich zwischen deutschen und englischen In teressen auf der Grundlage einer Verständigung über die Kolonien und über die Unversehrtheit der Türkei zu treffen, als über die völlige Zerstörung der englischen Sccgeltung hinweg, die mit der Vertreibung Englands aus Irland verbunden wäre. Jenen Aus gleich, der aber die Unversehrtheit der Türkei einschließen muß, könnte England unbeschadet seiner Weltstellung ertragen. Man muß sich in Deutschland die Ziele des Kampfes so restlos klarmachcn, wie sie in England erkannt werden. Um nichts an deres handelt es sich heute, als um die Auswirkung jener großen weltgeschichtlichen Entwickelung, die mit der Auffindung des See weges nach Indien und der Entdeckung Amerikas cinsetzke. Diese Entdeckungsfahrten setzten aus einmal neue Weltteile in den Ge sichtskreis der europäischen Politik, nnd für die führenden -Nächte wurde es eine Lebensfrage, welche von ihnen über die neu auf gefundenen Welten bestimmen sollte. Die Kämpfe um Amerika. Südasien und Australien haben das sechzehnte, sieb,zehnte nnd acht- zehnte Jahrhundert erftillt, nnd sie waren erst 18jZ mit dem voll ständigen Siege Englands abgeschlossen. England und die Angel sachsen haben die Führung in jener Welt, welche durch die großen Entdeckungen geschaffen wurde. Sie haben die großen Berg- werke Amerikas, Südafrikas und Australiens in Händen, kon trollieren den größten Teil der Rohstoffe so unbeschränkt, daß jetzt noch viele in Deutschland sich unsere künftige Rohstoffversor gung ohne die Angelsachsen gar nicht vorzustellen vermögen. Unsere Weltwirtschaftspvlitik, gegen die ick mich wiederhol! ge- wandt habe, war der Versuch, die englische Herrschaft über Amerika, Australien und Südasien auf listige Weise onzutasten. Wir wolllcn in dieselben Gebiete hinein, welche sich die Angel sachsen erobert batten; weil wir daraus nicht Kossen konnten, die politische Herrschaft dort zu erringen, wollten wir eine wirtschaft liche Mitkcrrsckast ausrichten. Diese Wclftoirtschaftspvlitik steht noch ganz auf dein Boden der Entwickelung, welche nm 17)00 etwa eingesetzt hatte; sie sieht nur das Meer und Uebersee und will dort mttredcn. Wenn wir den Kampf so ausfassen, dann freilich han delt es fick jetzt um nichts anderes mehr als um die Zertrümmerung der angelsächsischen Weltstellung, damit ist unser Kampf eine Fort setzung des Napoleonischen Ningens gegen England. So sehen noch viele In Deutschland die Loge; das sind jene Politiker vor allem, welchen die freie Ausfahrt aus dem Kanal mit ihrer Vor bedingung — dem Besitz der flandrischen Küste — über alles geht. Sie rechnen mit unseren wirtschaftlichen Interessen in Amerika,