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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.05.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-05-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191805055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19180505
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19180505
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-05
- Tag 1918-05-05
-
Monat
1918-05
-
Jahr
1918
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Sonntag, 8. Mai 1S18 Der Etat des Reichswirtschastsamis im Reichstag Drahtdericht unserer Berliner Schrlftleitung. Berlin, 4. Mai. An« Bunderatslische: Staatssekretär des RcickswirtschaftSamleä Freiherr von Stein. Vizepräsident Dr. Paasche eröffnet die Sitzung um 2 Uhr 15 Min. Die Vorlage ftir Aushebung des 8 153 der Reichsgewcrbeordnung wird in dritter Lesung endgültig gegen die Stimmen der Rechten ver abschiedet. Dec Etat des Reichswirtschaftsamieä Hierauf wird die zweite Lesung des Etats des ReichSwirtschaftS- «kes fortgesetzt. Abg. Behrens (Dk. Fr.) fragt nach dein sozialpolitischen Programm S Reickswirlschaflsamtes. Der Ausbau der Sozialpolitik mutz nach «en« bcst mmten Plane erfolgen. Wir verlangen weitgehende Schutzmaßnahmen für Mittelstand und Handwerk. e Frau mutz wieder ihrem cigenllichcn Berufe zugesührt werden. Die i Laufe des Krieges autzcr Kraft gesetzten Arkeiterschutzvorschristen ässen wieder in Kraft treten und neue Arbeiterinnenschutzvorschriften .schaffen werden. Das vielfach hähllche Borgeher« von Hausbesitzern egen kinderreiche Familien kann nicht scharf genug verurteilt werden. Abg. tackel (Unabh. Soz.): Die Kriegsorganisationen sind Geistes kinder des Grotzunkernehmerlums, das cs verstanden hat, sich darin ein- znnistcn. Rathenau vcrti !e den Sozialismus der Großindustrie. Trotz großer Ste<rtsaufträge gibt es auch jetzt noch Arbeitslosigkeit. So kommen in Thüringen auf 100 offene Stellen 190 Bewerberinnen. Bier Jahre Krieg Haden alle Miltelstandsschutzmaßnahmen um ihre Frucht gebracht. Wir Haden heute eine in ihrer Leistungsfähigkeit herabgcdrücktc Arbeiterschaft, Frauen und gewesene Kriegsteilnehmer. Sie sind noch widerstandsloser der Ausbeutung des Kapitalismus preis- gegeben, der sich immer mehr ziisammenballt. Wir brauchen stärkste soziale Sicherungen, namentlich Verkürzung der Arbeitszeit und Lcchn- schutz. Aba. Dr. Bell (Zentr.) begründet eine Enkschlietzung auf Schaffung einer besonderen Stelle beim Reichswirtschaftsamt zur dauernden ^Wäh rung der Interessen des gewerblichen und kaufmännischen MttelstandeS. lieber die wirtschaftliche Behandlung der Stillegungen wird begründete Klage geführt. Der Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit mutz dabei angewcndet werden. Redner bespricht dann eingehend die praktische Frage der Uebergangswirlschast im Anschluß an die Verhandlungen des ReichStagsauSschufses für Handel und Gewerbe. 11m 7 Ahr schliesst der Abg. Bell seine zweistündige Rede in An wesenheit von 15 Abgeordneten. Vizepräsident Dr. Paasche: Nachdem wir heute drei Redner gehört haben, ist eS wohl Feit, um zu vertagen. (Große Heiterkeit.) Montag ? Uhr: Wciterberatung. Schlutz 7 Uhr. Die zweite Lesung über das Wahlrecht beendet Drahtbericht unserer Berliner SchrtfUeltung.. (Schlutz aus der gestrigen Abendausgabe) D Berlin, 4. Mai. Nachdem der Gesetzentwurf betreffend die Wahlen zum Ab geordnete,rhause in zweiter Lesung erledigt war, wandte man sich dem Gnlüiurf über die Zusammensetzung des H er re n h a u s c s zu. Sie Anträge über die Einführung der Verhältniswahl in den national gefährdeten Bezirken des Ostens und in gewissen Haupt plätzen grobgewerblichen Lebens sind dabei von der etwas bunt scheckigen Mehrheit abgelehnt worden. Die Konservativen gaben dabei den Ausschlag. An sich, sollte man meinen, hatte die Grundtendenz dieses Sicherungsantrages ihnen gefallen müssen. Aber die Herren gehen eben aufs ganze und berühren sich dabei mit Len Maximen, denen zurzeit doch nur die Unabhängigen So zialisten irachzugehen pflegen. Das sieht nicht danach aus, als ob die äußerste Rechte in den acht Tagen, die uns noch von der dritten Lesung trennen, sich bereitsinden könnte, umzulernen und Leipziger Tageblatt Slr. LL7. Sonntags-Ausgabe. Sette 11 stimm' und selbständige Erwerbstätigkeit. D e Sänisll.) auch dann, wenn die Voraussetzung bei Beginn ibrer Krieg' .cikichmersä"..! vor lagen. Damit ist der Gesetzentwurf betreffend die Wahl:,« z.nr " ''d- nete.ahause erledigt. Es folgt die Herrenhcutsvorlage zu einem Kompromiß die Hand zu reichen. Unter diesen Um ständen ist e«ne Erklärung des Ministers des Innern, der, wenn auch nicht ganz ohne Bedenken, Ser Einführung der Verhältnis wahl seine Zustimmung gab, gegenstandslos geworden. Herr Dr. Drews sprach dabei noch etwas über -en zukünftigen Gang der Polenpoliktk der preußischen Regierung. Aber das war mit vielen Wenns und Aber umkleidet und klang einigermaßen dunkel. Minister des Innern Dr. Drew« fährt fort- Ich habe wiederholt betont, daß wir die neue PoleupolMK unter der Voraussetzung ausangeu wolle», datz auch U« preußischen Polen ein gröberes Verständnis für den preutzl scheu Staat beweisen werden. Ich mutz feststellen, datz von selten der Ver treter der polnischen Fraktion in diesem Hause diese Voraus setzung nicht erfüllt wurde. (Hört! Hört! rechts.) Wir Haden also keine Veranlassung, ein etwaiges Programm setzt ix di« Tat um- zusctzen. Vielleicht ändern di« Polen mit der Zeit ihre jetzige Stim mung. Abg. Dr. Pohbmnm (Fortschr. Vpl.): Die Rechte würde befser ge tan haben, wenn sie sich auf dea Standpunkt deSSerrn mm Kardorff gestellt hätte. (Lachen rechts.) Die Red« d«S Abgeordneten Wolft- Gorki zeigt deutlich, in welcher Verlegenheit sich die Herren auf der Rechten befinden. (Lachen rochtS.) Mit dem gleichen Wahlrecht wird durchaus noch nicht daS RelchStagswahlrecht in Preußen zur Einführung gelangen. DaS Üebergcwicht der ländlichen Wahlkreis« wirb auch l» Zukunft bestehen bleiben. DaS gilt auch für die Ostmark. Die Pvlen- srage ist eine deutsche Frage. DaS Deutschtum motz dte Führung tm ganzen Osten behalten. Abg. Bram, (Soz^: Man hat den Kämpfern draußen als Dank einen Fußtritt verseht. Wir nehmen an der wetteren Beratung nur teil, weil wir Immer noch die Hossnung haben, daß daS gleich« Wahl recht in der dritten Lesung wieder zustandekommt. Bet der Einteilung der Wahlkreise soll man sich nach der Volkszählung richten, nicht nach der Viehzählung. Abg. Ströbel ftlnabh. Soz ): Die partielle Einführung der Verhält niswahl ist kein Fortschritt, sondern ein Ausnahmerecht gegen die Polen und die Industriearbeiter. Glaubt man denn dem Volk elnredea zu können, datz das KönigSwort einzelöst ist, wenn diese Wahlkreis einteilung bcstcchen bleibt, die den Gipfel eines Pluralwahlrechks dar- stelll? Abg. Dr. Krause-Waldenburg (Fretkons.f: Wir find grundsätzlich« Gegner der Verhältniswahl. Wir heben uns bisher nicht davon überzeugen können, datz die Einführung der Ver hältniswahl in den gemischtsprachigen Landesteilen ein« erheb liche Matznahme zum Schutze des Deutschtums ist. Das Schicksal deS Deutschtum hängt doch nicht von der Zahl der Abgeordneten, sondern davon ab, welche Mehrheit hier in den Landtag einzieht. Abg. Korfanty (Pole): Das polnische Volk ist ein frommes und arbeitsames Volk. Man geht darauf aus, dieses Volk zu vernichten. Der nationalliberale Antrag würde den Sozialdemokraten zu einer Reihe von Mandaten in Oberschleflen verhelfen, wo sie bisher noch nicht vertreten waren. Wird der Proporz für die Ostmarken beschlossen, iso müßten wir unS unsere Haltung zu der Wahlreform im ganzen vov- behalien. Abg. Dr. Levy (Raki.): Wir sind im allgemeinen Gegner der Ver hältniswahl, halten aber ihre Einführung in de« Ostmarken für not wendig. Das gleiche Wahlrecht wäre ein schwerer Schlag für daS Deutschtum in den Ostmarken. Wenn Sie wirklich praktische Politik treiben wollen, dann müssen Sie den Antrag annehmen. Die Aussprache schließt. Die nationalliberalen und fortschrittlich« Anträge aus Ein führung der Verhältniswahl in der Ostmark und in dea verschieden«« großen Wahlbezirken werden abaelehnt. Dafür stimmen nur die Fortschrittler, di« Nationalliberalen und die Mehrheitäsozialjsten/^da- gegen stimmen auch die unabhängigen Sozialdemokraten. Die Kriegsteilnehmer. Für die Kriegsteilnehmer gilt eine besondere Bestimmung in 8 25 a. Danach heißt cS: 1. Für die ersten Wahlen auf Grund dieses Gesetzes ist der einjährige Wohnsitz oder Aufenthalt in der Gemeinde oder dem Wahlbezirk nicht Voraussetzung der Wahlberechtigung. 2. Für die beiden eisten allgemeinen Wahlen nach dem Inkrafttreten dieses Gesches und die bis zu ihrer Erledigung eintretenden Ersatz wahlen erhalten sie die Zusahstimmcn der 88 und 3cl (VermögenS- Der Ausschuß hat die Regierungsvorlage erheblich umgestalte:. Nach K 1 ist Kronprinz nach erfolgter Volljährigkeit als Mit- gsted za beraten. Die Zahl der Vertreter der Fürsten, Grasen und erblich Berech tigten ist erheblich beschränkt worden. Abg. Delbrück (Kons.): Wir werden den AuSschutzbeschlüssen trotz mancher Mängel zustimmea. Zweckmäßiger wäre eS gewesen, den Gesetzentwurf zuerst au daS Herrenhaus gelangen zu losten. Die berafsflandische Interessenvertretung, die die Regierung für die Erste Kammer vorgescklagen Hai, hätten wir lieber für die Zweite Kammer gehabt. Wir haben dafür gesorgt, daß auch genügend Vertreter aus dem Handwerk, dem Klein handel und dem kleinen Grundbesitz in das Herrenhaus kommen. Abg. Freiherr von Schleinltz (Freikons.): Wir legen großen Wert darauf, datz der Thronfolger in das HerrenlzauS kommt. Es war ein tiefbedauerlicher Vorfall, datz der Kronprinz von der Iulibotschaft nicht vorher unterrichtet worden ist. Abg. BolSly (Natl.): Einer Beseitigung der geschlossenen Zahl können wir nicht zustimmen. ES könnte sonst eine vollständige Um- gestalkung des Herrenhauses leicht die Folge sein. Abg. Dr. Pachnicke (Forlschr. Vpt). In der neuen Ersten Kammer überwiegt der Grundbesitz in einem geradezu unerträglichen Matze. In dustrie, Handel und Gewerbe sind ungenügend vertreten. Die Tier ärztliche» Hochschulen haben gar keine Vertretung. Mr sind gegen die Berufung des Kronprinzen: denn wtr möchten nicht, datz ein Kronprinz schon in jugendlichem Alter ln die parteipolitischen Kämpfe hineingezogen ivird. Das Herrenhaus Kak sich ost alS «in unüberwindliches Hindernis gezeigt. Ueber diese Mauer kommen wir nicht hinweg, wenn nicht die Krone den Weg srci- machen kann. Darum entweder: Aushebung der geschlossenen Zahl oder AuflöSbarkelk deS Herrenhauses. Abg. Häaisch (Soz.): Wenn eS noch unS ginge, dann brauchten wir überhaupt ket» Herrenhaus. Im Reiche geht eS ganz ausgezeichnet ohne Erste Kammer. ES ist unerträglich, wenn die Fürsten Salm, Solms, Fürstenberg, Bentheim usw. usw., von deren Verdiensten man nie etwas gehört Hot, ohne weiteres lebenslängliche Gesetzgeber sein sollen. Das widerspricht jede« modernen Empfinden. Abg. Ströbel (Urmbh. So;.): Solange das Zweikammersystem bc« steht, bleibt daS gleich« Wahlrecht nur ein Dekorationsstück. Wie wir die Einrichtung deS Herrenhauses verwerfen, weil sie bestimmt ist, das Abgeordnetenhaus ohnmächtig zu machen, so verwerfen wir auch den ganzen Aufbau d«S Herrenhauses. Wir wollen eine demokratische Re form, und innerhalb dieser ist kein Raum für Vorrechte der Krone. ES ist eine Schmach, daß sich unsere Bourgeoisie im Jahre 1918 bereitsindet, diese feudale Herrenkurie zu erholten. Wir werden den Kampf aus- nehmen gegeu dieses Gesetz und den ganzen Plunder der Wahlrechts vorlag«. Die Aussprache schließt. — Die 88 1 bis ö werden unverändert an genommen. — DaS Haus vertagt sich. — Montag 11 Mir: Weiter beratung. Schlutz gegen S Ahr. * * Der AekkestenaoSschuß -es Abgeordnetenhauses beschloß in seiner gestrigen Sitzung, -ah -le dritte Lesung der Wahtrechtsvor- lage am 18. Mai, nachmittags 2 Uhr, beginnen soll. Singesandt nutzer S«r ,retzä»i«tzNch«n «verunNoorNinzZ Reue Lasten für die Hausbesitzer. Dte geplante Verdoppelung der Staaksg^nnd- sk e u e r hat bei de» Micthausbcsihern, die, wie überall, so auch In Sachsen durchweg unter verminderten Einnahmen bei stetig stei genden Ausgaben sehr zu selben hoben, berechtigte Bestürzung yer- vorgerufen. Dazu kommt, daß in Leipzig auch noch der Wasser zins eryöht werden soll. Wenn die Lage der Hausbesitzer im Landtage nicht größere Berücksichtigung findet, wird mancher von ihnen gezwungen sein die Mieterhöhung vorzanehmen, von der er bis jetzt Abstand genommen hat. Ein Hausbesitzer unter vielen. Dsr Wald Novelle von Paul Ernst. (Nachdruck verboten.) In einer Gemarkung im nördlichen Deutschland hatte eine Familie Herma ni ihren Bauernhof. Die Familie hatte seit undenklichen Zeiten hier gesessen und war immer die angesehnste gewesen. Vielleicht hatten die Vo. fahren in der heidniscyen und altchristlichen Zett schon das Amt der Billuugc bekleidet, wie die Vorfahren der sächsischen Kaiser, viel leicht floh in den Adern der Hermanns dasselbe Blut, das in den Adern dec Heinriche und Otkencn geflossen war; cs wäre nach der Lage ihres Hofes nicht unmöglich gewesen, denn er lag ganz in der Nähe eines der Orte, wo nach der Sage Heinrichs Vogelherd gestanden hatte. Die Familie der Hermanns war in den langen Jahrhunderten die gleiche gerlieben: sic wohnte in dem alten, strohgedeckten Haus mit den Pfcldcuöpscn, in Lessen Mitte die große Diele sich befand; die Knechte und Mägde aßen noch mit an dem gescheuerten Tisch, und vor dem Esten belete der HauSvater das Tischgebet; vielleicht halte der Vorfahr noch ebenso zu Tor gebetet, wie heute der Nachkomm« zu dem christlichen Gott, an den die Knechte schon nicht mehr glaubten, weil sie die sozial- dcmokralische Zeitung lasen. D'e alte Bauernfamilie war die gleiche ge blieben, aber die ganze übrige Welt hatte sich verändert. Zu dem Hof gehörte ein sehr schöner Eichenwald. Wenn in den Jahrhunderten einmal ein Stamm gebraucht wurde, dann rvar er sorg- sältig ausgesucht, zur rechten Zeit geschlagen, auf den Hof gebracht und bcarirettct; cs war auch wohl an die Nachbarn einmal ein Stamm ver kauft. Immer wurde dann ein neues Bäumchen anaepflanzt und mit Dornen geschützt. Die Gegend war eben; der Wald lag innerhalb der Felder, nach allen Seilen geradlinig abgegrenzt. Die äußersten Bäume lzatlen ihre Zweige bis unten hin behalten, im Innern hatten sich die Bäume gereinigt und erhoben sich schlank aus dem dichten Unterholz. Vielhundertjährige Eichen standen da, und von der ältesten wurde erzählt, datz sie noch ans der Heidenzeit stamme und datz dte Hermanns noch unter ihr geopfert haben. Ihr Schaft war noch kerngesund, die Acste breiteten sich weit aus, und es war, als ob die übrigen Bäume des Wal des vor Ehrfurcht vor ihr zurückgetreten seien. Der Daum war in der ganzen Gegend berühmt; wenn man den Wald von Weitem sah, so konnte man ihn unterscheiden, denn er erhob sich hoch über die andern Büumc. In der Ernkezeil rukken die Schnitter unter den Bäumen des Wald randes, und di« Allen erzählten den Jungen alte Sagen, von einer Schlacht, die hier stalkgesuaden, datz die Vorfahren sich mit dem Vies, im Wolde versteckt, daß Zauber hier Menschen geschlachtet haben — wirre Ueberbleibsel aus den ältesten Zeiten, denn, ein« Schlacht, dl« im Dreitzigjähriqen oder gar Siebenjährigen Krieg gewesen sein sollte, mußte gewesen sein, als die Leute noch mit Bogen und Pfeil schossen; man sand viele eiserne und sogar steinerne Peilspihen beim Pflügen der Felder; mrd die Geschichten von Räubern gingen vielleicht auf urtümliche Menschenopfer zurück. Im Sommer wurde das Vieh deS Hermanuschea Hofes im Walde, in früheren Jahrhunderten wohl von einem Sohu des Hauses gehütet, heute von einem Knecht; seit undenklichen Zelten hatten die Frauen, die in ihrer« Jugend auf dem Hof gedient, das Recht, täglich für zwei Ziegen Futter in ihm zu holen. Im Herbst nahm der Bauer die Flinte und schoß ein Reh oder auch zwei. Im vorigen Jahrhundert waren di« großen Umwälzungen in der Landwirtschaft gekommen: die Brache wurde abgeschafft, es wurde Klee gebaut, man füiterie im Stoll; dann kam die Zuckerrübe, der Körnerbau ging zurück, der künstliche Dünger kam, die guten Arbeiter zogen fort in die Stadt, es wurden polnisch« Arbeiter angenommen, die nur für Mo nate blieben. Man denkt wohl gewöhnlich, daß da, wo fett so langen Zeiten t» rxltürlichen Verhältnissen und in guter Zucht dasselbe Geschlecht ge sessen hat, sich ein besonderes knorriges Menschentum entwickeln müsse. Aber eä ist, als wenn ein« allzu lange Ruhe und Sicherheit für ein Ge schlecht auf die Dauer auch nicht gut ist; die Menschen werden zu fein, und es bildet sich eine Vornehncheit bei ihnen, wiüche bewirkt, -aß st« in der Gemeinheit deä Lebens nicht widerstandsfähig genug sind. Man mutz wohl ein Volk immer im Ganzen betrachten. Da ist alles nötig: Roheit d«r jungen Kraft, Gemeinheit der untersten Schicht, Vornehmheit deä alten Geschlechts; eS heben sich Geschlechter und sinken; was für das Geschlecht ein Unglück ist, das ist für das Volk notwendig. Aus der Roheit entwickeln sich Vornehmheit unö Gemeinheit, aus der Vor nehmheit entsteht oft Gemeinheit, cmS der Gemeinheit kann vielleicht wieder Roheit werden, wenn harte Verhältnisse erziehend wirken; oder sie füllt« die Plätze aus, die in einem Volk ür die notwendig Unter gehenden bestimm, sind. Auf dem Hermannschen Hofe wehrte man sich gegen lebe Neuerung, solange eS ging. Als der letzte Besitzer den Hof übernahm, ein kinder loser Fünfzigjähriger, da waren die Umstände sehr viel schlechter ge worden als sie gewesen. Nicht dadurch, datz sie an sich zurückgegangen wären, aber dadurch, daß die Umstände der andern so viel besser ge worden waren. Knechte und Mägde waren nicht mehr zu halten, denn die Kost sagte ihnen nicht mehr zu, die doch für die Familie gut genug sein mutzte, die Arbeit war ihnen zu viel, die doch von dem Bauern und der Bäuerin geleistet wurde. Ein Nachbar besuchte den Bauern und sprach mit »hm über alles. Er hielt ihm vor, datz er keine Erb«n laätte, daß er sich nutzlos quälle und sorgte, ohne doch von seiner Arbeit Sorge und Freude zu haben. Dann schlug er ihm vor, er solle den Wald verkaufen und die Äecker um einen billigen Preis an wohlhabend« Nachbarn verpachten, mit denen er keinen Aerger hätte; von den Zinsen für die Kaossumme und von den Pachten könnte er mehr als behaglich lebe»; einiges könnte er auch für sich zurückbehalten, daS er zu seine« Vergnügen bearbeitet, ohne ans fremde Menschen angewiesen zu sein. Dem Bauern kamen dte Tränen, als der Freund so sprach; er antwortet«: .Ich hcche ja auch schon daran gedacht, aber ich habe mich geschämt, daS zu tun; wozu bin lch denn auf der Welt, wenn ich mich nicht mehr nützlich machen kann?' Aber der andere erwiderte ihm, datz er so nicht denken dürfe, datz die Menschen verschiedene Gaben von Gott erhalten haben, und datz ihm nie mand einen Borwurf machen werde, denn jeder wist«, daß auf dem Hermannshof immer Ehrenmänner gesessen haben. Der Mann bedachte sich mit seiner Frau den Rat lange hin und her; sie wuhken beide, datz er gut war, und so beschloßen sie dann end lich mit schwerem Herzen, ihn au befolgen. ES kam ein Holzhändler, der den Wald kaufte; der Förster hatte einen Ueberschlag gemocht, welches der Preis war, den er bringen mutzte, und nach einigem Handeln zahlte der Händler auch diesen Preis, bei dem er immerhin genug verdiente. "Dann reiste er wieder ab und erklärte, daß er zum Winter kommen werde, um die Abholzung zu letten. Bäume, deren Holz für Möbel, für den Hausbau und sür ähnlich« Zwecke benutzt werden soll, müssen geschlagen werden, wenn sie ganz safkleer sind, da daä Holz später sonst reißt und leicht wurmstichig wird. Es ist eine alte Bauernregel, datz der Satt am zehnten Januar anfängt zu steigen. Der Bauer wartete auf dis Ankunft des Händlers den ganzen De zember, er wartete den Januar; endlich, im Anfang Februar kam der Mann; er brachte eine Anzahl Arbeiter mit, nahm noch andere an, und sprach davon, daß er in zwei Wochen den Wald gelegt haben werde. Der Bauer ging mit ihm in den Wald, wo überall die Axt klang, das Stürzen der gefällten Bäume, das Prasseln der Aeste. Er sagte ihm, eS sei zu spät zum Fällen, der Saft stehe schon in den Bäumen. Der Händler zuckte die Achseln, er hätte nicht eher kommen können. Der Bauer fuhr fort, daS Holz werde reißen. Der Händler lachte und sagte, darauf seien die Tischler schon eingerichtet, das Holz werde heut zutage alles gesperrt, dann reihe es nicht; und wenn es so wett sei, daß der Wurm hinetnkomme, dann lebe er längst von seinen Zinsen; er mache es wie der Bauer, wenn er genug habe, dann höre er auf und laste andere Leute auch etn Geschäft machen. Er habe im vorigen Jahr «inen Kiefernwald in Russisch Polen gekauft, da habe im Februar noch der Vogel aus dem Ast gepfiffen, und im August habe der Polier schon seine Rede vom Gerüst geholten. Dem Bauern stieg das Blut zu Kopf. Er sagte: .Die Kieferbalken sind ln zehn Jahren verstockt, wenn da «irrer mit dem Mester sticht, dann fährt er bis zum Heft hinein.' Der Händler erwiderte: .In zehn Jahren ist so ein Haus scl-on in der fünften Hand.' Die beiden standen vor der uralten Eiche. Der Bauer sah langsam au Ihr hoch und nteder, sah wieder hoch und nieder; indessen redete der Holzhändler gesprächig, dieser Baum sei ein Prachtstück, für der. habe er eine besonder« Verwendung, dieser sei ein Stück für einen Millionär. Der Bauer wendet« ihm den Rücken und ging. Er ging aach Hause und stieg di« drei Stufen zur Wohnstube hoch. Hier nahm er aaS dem Tischkasten das Rastermester, prüfte eS auf dem Handballen, dann schritt er in di« Schiafkmmner, der hochgewachsene Mann mußte sich bücken, als er über di« Schwelle trat. In der Kam- mer legt« er sich auf das breite ehelich« Bett, schloß die Augen, führte daä Mester zum Hals und schnitt entschlossen zu. HotEL K.S. 8t »LLkSLEL» «IN .061 »oo » a. a. n. pumillon- NunNotoI >. a»r UurNuNS»» I« voNaai l^NdiUlcker. 8SKIZLk1OritLHK Irtr LU»<1 IrmErE ILrsrirkE Kmimttcl 6er U^enMitrt. -üikoren 'rerr»Iokureo. In K«i6«o kiiu»«rn lat«k«iü« I^rkrLSkI«
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