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Farbe (Theorie derselben). Wenn man in einem finstern Zimmer durch eine kleine runde Oeffnung Sonnenstrahlen auf ein gläsernes dreieckiges Prisma, dessen eine Kante nach unten gekehrt ist, fallen läßt, so werden sie nach geschehener Brechung hinter dem Prisma auseinander fahren, und auf einem Blatt Papier ei nen gefärbten Streifen darstellen, in dem man von unten nach oben die sieben Regenbogenfarben: Roth, Orange, Gelb, Grün, Hellblau, Dunkelblau, Violet erblicken wird. Die Größe oder Hohe dieses Farbenbildes (Spectrum) ist allemal beträchtlich größer, als der Durchmesser des Strahlenbü schels bei seinem Eintritt in das Prisma. Ein Beweis, daß die gefärbten Strahlen hinter dem Prisma divergircnd sind, wenn die cinfallenden vor dem Prisma parallel waren, und daß das ver schiedenfarbige Licht nicht gleichen Grad der Brechbarkeit habe; das rothe am schwächsten, das violete am stärksten gebrochen werde. Fängt man die farbigen Strahlen, ehe sie auf das Papier fal len, mit einem Brennglase auf, so werden sie dadurch wieder ver einigt, und in dem Brennpunkte selbst sieht man nur weißes Licht. Hieraus, und aus mehrern andern Versuchen folgert New ton, daß das weiße Sonnenlicht kein einfaches, sondern ein aus farbigen Strahlen zusammengesetztes ungleichartiges Licht sei, und daß dieses nur, wegen der verschiedenen Brechbarkeit dieser Bcstand- theile, durch das Prisma gleichsam zerlegt werde. Die oben ange führten sieben Farben nennt er Grundfarben, und betrachtet sie als einfaches Licht, weil er sie durch das Prisma nicht weiter in ungleichartige Lheile zerlegen konnte. Nach Tobias Mayer sind dagegen in dem prismatischen Farbenbilde nur Roth, Gelb und Blau einfache oder Grund farben (Lolores primitiv!), und die übrigen in mancherlei Ver hältnissen aus jenen zusammengesetzt; z. B. Orange aus Roth und dem angrenzenden Gelb, Grün aus Gelb und dem benachbarten Blau. Wünsch hält aber Roth, Grün und Violet für Grundfar ben, aus deren Mischung die übrigen entstehen. Farbe (als materieller Stoff für Zeichner und Maler). Der Grund, worauf der Zeichner und Maler seine Gedanken, Ideen und Entwürfe festlegt und zur Anschauung bringt, ist das Papier, die grundirte Leinwand, das Holz, das Metall, Glas, die mit Kalk überzogene Wandfläche; Farbe ist das Mittel für diese Darlegung. Das Papier, die Leinwand re. mögen weiß oder gefärbt scyn (auf schwarzem Grunde kann man nur mit weißen Stiften zeichnen), allemal dient die schwarze Farbe, um die ersten Grundlinien einer Zeichnung zu markiren, und hierzu bedient man sich der Kohle, der schwarzen Kreide, des Reißblcics, der schwarzen Tusche und der schwarzen Tinte; die Farbe ist aber allemal das Mittel zu ei ner lebendigem Darstellung eigener Ideen oder fremder Vorbilder.