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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.02.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-02-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192302274
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230227
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230227
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-02
- Tag 1923-02-27
-
Monat
1923-02
-
Jahr
1923
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Sette 4 Xr. 4S l^lprrger 1'Lgedlstt Der Dieb im Krankenauto Die Arbeiter Gras und Wardack, die in einem großen Betriebe in Berlin beschäftigt waren, batten sich zu einem schweren Diedbstahl verleiten lassen. Ihr Komplice war der Chauffeur Mettner, der ein Krankenauto steuerte. Dieser hatte di« Arbeiter überredet, an« den Räumen ihre» Betriebe» neun Motoren zu stehlen, die er dann mit seinem Auto fortschaffen wollte. An der scharfen Kontrolle am Ausaange der Fabrik scheiterten zunächst alle Be mühungen der Diebe. Mettner aber wußte Rat. Während der Arbeitszeit wurde Gra» plötzlich angeb. lich schwerkrank. Es wurde daraus angeordnet, daß er mit dem Krankenauto Meitners nach einer Rettungsstelle gebracht werden sollte. Der .Schwerkranke" wurde nun aus dem Hofe der Fabrik in den Wagen gebettet. Heimlich lud man bei oieser Gelegenheit dis sorgsam verpackten Motoren ebenfalls in das Auto. Der Wagen setzte sich in Be wegung, als gerade die Arbeitszeit beendigt war und die Arbeiter die Fabrik verließen. So konnte das Krankenauto, ohne besonder» kontrolliert zu werden, die Fabrikanlagen verlassen. Kaum war es aber außer Sehweite, da wurde der „Schwerkranke" mit einem Male wieder gesund. Man fuhr nunmehr mit der wertvollen Diebesbeute noch einer Schankwirt schaft und stellte die Motoren dort unter. Der Diebstahl wurde bald bemerkt. Den nach forschenden Kriminalbeamten kam vor allem der Krankentransport verdächtig vor. Man stellte Er mittlungen nach dem erkrankten Gras an und erfuhr, daß er weder in eine Rettungsstelle onch in rin Kranlcnhnus eingeliefert worden war. Als man ihn in seiner Wohnung aufsuchte, traf man ihn dort gesund und munter an. Nun wurde der ganze Dieb stahl aufgeklärt. Gras legte ein Geständnis ab, und seine beiden Helfershelfer wurden gleich ihm ver- .'hastet. Die Motoren, die noch in der Schänkwirt schaft standen, wurden beschlagnahmt. Ieituugsjubiläum. Die Allgemeine Zei- iiung in Chemnitz konnte dieser Tage auf ein 28 jährige» Bestehen zurückblicken. Die Zeitung gab aus diesem Anlaß eine Fcstnummer von 72 Seiten heraus, die die Entwicklung der Staol Chemnitz ' und ihrer Industrie seit dem Bestehen de» Plattes in vielen vortrefflichen Artikeln widerspiegelt. Auch , des Erzgebirges mit seinen Naturschönheiten ist in .mehreren Aufsätzen und Erzählungen gedacht. Der Verlag machte am Iubiiäumstage verschiedene größere Stiftungen. Hilfsbereitschaft der Beamte« de» sächsische» Stei«kohlenbergva«e». Die Angestellten des sächsischen Steinkohlenbergbau«» haben für die Ruhrhilfe im Monat Februar über 10'/, Millionen Mark aufgebracht. Die Beiträge sollen laufend Weiter erfolgen. Wenn man bedenkt, daß der sächsische Steinkohlenbergbau nur 1300 Beamte beschäftigt, so ist dieser Betrag recht beachtlich und nachamcnswert. Milliardenschiedunge« ans eine« Berliner Zollpickhof. Große Durchstechereien sind auf dem Zollpackhvs Altmoabit aufgedeckt worden. Zwei aus Galizien nach Berlin gekommenen Kauf leuten war es durch Bestechung von HllfSange- stellten des Zollpackhofs gelungen, mit Hilfe von Ausfuhrbewilligungsscheinen, die ihnen die un getreuen Beamten des Zollpackhof« verschafft hatten, Güter aller Art ms Ausland zu ver schiebe,r. Der dem Staat erwachsene Schaden soll in die Milliarden gehen. Bisher sind etwa 14 Personen verhaftet worden. Sin Lchwiudelunteruehme«. Die Berliner Polizei ist mit der Untersuchung gegen ein Adrefsen- dureau beschäftigt, das sich anheischig machte, gegen hohe Bezahlung die Adresse aller durch die politischen Wirren in Rußland verschollenen Per sonen abzugeben Einige mißtrauische Russen übermittelten dem Bureau fingierte Adressen und erhielten gegen jedesmalige Bezahlung von 100 000 oder 250 000 M. den angeblich fetzigen Wohnort der erfundenen Personen. Ein ehe maliger russischer Offizier ließ sogar nach sich selbst recherchieren und erhielt nach wenigen Tagen gegen Bezahlung von 300 000 M. die Mit teilung, daß er in einem Bauerndorfe in Batavia lebe. Daraufhin erstattete er Anzeige. Der Kampf gegen di« Spielklub». Das Ber liner Polizeiamt Wedding hat innerhalb Zahres- frist da» hundertste Spielerlokal ausgehoben, wobei insgesamt 000 Bankhalter und Spieler polizeilich festgestellt wurden. Der Umfang des Spielerunwesens im Wedding ergibt sich am besten daraus, daß auf einen Häuserblock von 1 Quadratkilometer durch- schnittlicy neun ausgehobene Spielerlokale entfallen, so daß in den Stadtteilen um den Gesundbrunnen etwa alle fünf Minuten ein ausgehobene« Spieler lokal anzutreffen ist. SW Edelmetallkeller ««»geraubt. In dem Iuwe- liergeschäft von Sandig in Liegnitz durchbrachen Einbrecher die Kellerüccke unter der Werkstatt und raubten sämtliche Edelmetallsachen. Obwohl schwere Ziegel und gementstücke in den Keller gestürzt waren, hat niemand im Hause von dem Einbruch etwas wahr- grnommen. Lut aufbewahrt. Line nette Geschichte wird aus dem Dorfe Overath im Kreise Mülheim berichtet. Im Jahre 1913 hatte ein Bauersmann dort mit einem Hausierer einen Kauf in Stoffen abgeschlossen und auf einen Hundertmarkschein ein Zwanzigmark stück zurückerhalten. Der Zufall wollte es, daß das Goldstück zwischen die Kartoffelschalen fiel und einem Zugochsen in di« Krippe geriet. Und als man das Goldstück vermißte, hatte es der Ochse schon längst im Magen. Der Besitzer des Tieres stellte natürlich in den folgenden Tagen eifrige Nachforschungen nach dem Wiedererscheinen des Goldfuchses an, freilich ohne Erfolg. Als nun der Goldträger dieser Tage geschlachtet wurde, da fand sich in dem Magen des Tieres auch das Zwanzigmarkstiick vor. Da nun Gold Gold bleibt, so hatte der glückliche Finder seine 140 0t>0 Popiermark. Und wenn die nette Ge schichte da» Märchen irgendeine» Geschichtenerfinders ist, so soll er sich'» patentieren lasten. Explosion in einer Bergakademie. Die Gaso meteranlage der Klaust Haler Bergakademie, die das für die wissenschaftlichen Institute not wendige Gas aufspeichert, ist infolge von Kurz schluß explodiert. Das Dach des Gasometerhauses ist abgehoben worden, die umliegenden Gebäude sind beschädigt worden. Ara« Nockefeller-Pharao. Der „New Aork Herald" meldet, daß während eines Banketts, das in Chicago abgehalten wurde, Frau Rocke- feller-Mae-Cormick erklärt habe, sie erinnere sich, die erste Frau des Pharao-Tutdankamen, an dessen aeghptischer Grabstätte zurzeit die bekannten Aus grabungen vorgenommen werden, gewesen ru sein. Sie erklärte: ,Lch habe den Pharao im Alter von 16 Jahren geheiratet, ich bin zwei Jahre nach jener Heirat mit dem Pharao ge storben und tch erinnere mich ganz genau an mein vergangene- Leben, als ich Königin von Aegypten war" Das Blatt weist darauf hin, daß sich Frau Rockefeller in der letzten Zeit viel mit Okkultismus abgegeben habe. Petersburger Magazine niedergebrannt. Im bekannten Gostinh Twor, den Zentralkauf- Ha He n, brach ein großer Brand aus, bei dem umfangreiche private Manufakturlager vernichtet wurden. In der Fabrik für Eisenbahnsignali- sationswesen in Petersburg „Das rote Signal" entstand ebenfalls «in Großfeucr, das einen großen Teil des Betriebes zerstörte. Durch die Lüfte von New Uork nach Rio. Die amerikanischen Flieger Hilton und Walter haben in diesen Tagen ihren mit allgemeiner Aufmerksamkeit verfolgten Weltflug New York—Rio de Janeiro zu Ende geführt. Die beiden Amerikaner hatten schon ein erstes Mal am 17. August v. I. von der Marine station Rockway bei New Aork aus den Flug ange treten. Fünf Tage später hatten sie aber wegen eines Motordefekts auf den Bahama-Znseln eine Not- landung vornehmen müssen, wobei ihr Apparat voll- ständig in Trümmer ging. Ohne sich dadurch ent- mutigen zu lasten, machten sie wenige Wochen später einen neuen Versuch und stiegen von Rockway aus am 3. September an Bord eines mächtigen Wasserflug zeuge« wieder auf. Eie haben jetzt das Ziel, das sie sich gesteckt hatten, endlich erreicht, nach fünf Monaten einer Luftreise, auf der sie 13 600 Kilometer zurück- legten und zahlreiche Zwischenlandungen längs dec Küsten des Atlantischen Ozeans, und zwar in Flo- rida auf den Antillen, in Cayenne und schließlich in Brasilien vollzogen. — Mit dem Schiff wäre die Reise erheblich schneller zu bewältigen gewesen. uoä Haaüelsreltruig O!«aLtLg, «1«» 27. -I -- " --- kür üie kernarrÜage Nächtliche Requisitionen Der Ueberfall auf vochum «»-««er Dr«ht»erichtde»»e1»,»,err»ie»I«t1eS Bochum, 25. Februar. Bei dem nächtlichen Ueberfall auf die Bochumer Handelskammer hat sich, wie nachträglich be kannt wird, ein Trupp Soldaten abgesondert und ist in das benachbarte Landratsamt eingedrungen. Die Soldaten holten unter Führung von französischen Zivilisten den Kastellan heraus, bedrohten ihn mit vorgehaltenem Revolver und verlangten Geld und Schnaps von ihm. Der Kastellan wurde, als er sich weigerte, beiseite geschoben, worauf die Franzosen in die Räume des im Landratsamt untergebrachten Besatzungsamtes eindrangen. Hier wurden die Akten herausgcworfen und die Möbel zerschlagen. Ein Teil der Akten wurde verschleppt, ebenso fünf Schreib maschinen. Lin Versuch, den Geldschrank auf- zuknacken, mißlang. Der Landrat, der durch den Lärm aufgewacht war, wurde mit dem Revolver bedroht. Die in der Handelskammer gestohlenen Möbel sind, wie von französischer Seite zugegeben wird, nach einer Oberrealschule gebracht worden, wo sich die Franzosen Bureaus einräumen wollen. Ls wird auch von dieser Stelle zugegeben, daß die Requisition der Möbel auf Befehl erfolgt ist. - - Eine Requisition von Möbeln mitten in der Nacht ist doch immerhin etwas Neue«. Im übrigen ist der Anlaß zu dem nächtlichen Raubzug nach der Bochumer Handelskammer noch nicht geklärt. Vermutlich steht er in Zusammenhang mit der Fahndung der Franzosen nach dem ersten Syndikus der Handelskammer Dr. Jacob Hagen, auf den sie die strenge Durchführung de» Verkaufs boykotts zurückführen. Bis jetzt ist es den Fran zosen allerdings noch nicht gelungen, den Syndikus in ihre Hand zu bekommen. Gestern waren in Bochum alle Geschäfte bis um 8 Uhr nachmittag» geschloffen. Don einem General streik ist aus bestimmten Gründen abgesehen worden. Am Tage ist in den Straßen Bochums fast kein Militär zu sehen, höchstens hier und da eine Ein- kaufskommisfion, die gegen Requifitionsscheine Waren „einkaust". Wenn aber die achte Abendstunde anhebt, erscheinen die Franzosen auf allen Straßen, weil um diese Zeit die Straßensperre beginnt, die sehr streng durchgeführt wird. Selbst das Stehen in den Haus türen gilt schon al» Uebertretung. . i * Im Mannheimer Hafen wurde der hol ländische Dampfer .Hasfia" von einem französischen Aollboot durchsucht und ihm dann LIe Schiffspapiere abgenommen. Nach einer Stunde erschien das fran- zösische gollboot auch im Hafen von Mühlau und kaperte einen holländischen Dampfer, der mit fran zösischen Mannschaften besetzt wurde. Obwohl der Kapitän Verwahrung einlegte, scyteppten die Fran zosen das Schiff, das mit 144 Tonnen Wein aus dem Rheingau beladen war, nach Ludwigshafen ab. vke geraubten NeichsbankmiMarben Drahtberlch» unserer verlt»er «chrlflleituNg Berlin, 25. Februar. Wie die Reichsbank mitteilt, handelt es sich bei den von den Franzosen in Hengstey geraubten 12F Milliarden Mark um eine Sendung, die für das Gebiet des Kölner Brückenkopfes zu Lohnaus zahlungen für die dortigen Arbeiter bestimmt war. Da sich durch das fehlende Lohngeld erhebliche Schwierigkeiten ergeben können, nimmt man an, daß England als die besetzende Macht der Kölner Zone «inen Schritt bei den französischen Behörden zur Herausgabe des Geldes tun wird. Die geraubten Druckplatte« werden, wie von fachmännischer Seite erklärt wird, von den Fran zosen nicht benutzt werden können, da hierzu noch das deutsche Banknotenpapier erforderlich wäre, das die Franzosen aber nicht besitzen und auch nicht Herstellen können. Ohne das in dem deutschen Dank notenpapier sichtbare Wasserzeichen werden even- tuelle französische Nachdrucke al» Falsifikate kenntlich und somit nirgends in Zahlung genommen werde«, verpatzte Gelegenheiten Lloyd George über die Ruhr- und Reparati»«sfrage In der Deutschen Allgemeinen Zeitung setzt Lloyd George sich in einem 10. Artikel über Lte Zukunft Europas mit dem Reparationsproblem und der Besetzung de» Ruhrgebiet» auseinander. Hier bei schreibt er u. a.: »Nachdem der voreilige Schlag der französischen Negierung offensichtlich fehlgegangen ist, verdoppelt sie die Einsätze bei jedem Verlust. Wann wird da« enden und wo wird das enden? . . . Frank- . reich hat nunmehr alle Hoffnung aufgegeben, die Bergwerk«, Eisenbahnen und Industrieanlagen an der Ruhr durch militärische Beauftragte zu be treiben . . . Darum hat man eine neue Politik im provisiert. Sie besteht in nichts weniger als in der Belagerung Deutschland«. Sechzig Mil- lionen Deutscher sollen durch Entbehrungen zur Uebergabe gezwungen werden. Da« ist ein lang- wierige» Unternehmen, wie jeder weiß, der sich ein mal an der schwierigen Ausgabe der Niederringung eines Streik» versucht hat ... Ja Deutschland sind all« Klassen im Widerstand einig. Der National stolz stärkt die Ausdauer und begeistert zu Opfern, und die Häsen sind noch offen. Unterdessen können sich Zwischenfälle ereignen und Entwicklungen ein treten, die eine Lage schaffen, denen alle Hilfs- mittel der Eindringlinge nicht gewachsen find . . ." Lloyd bespricht dann verschiedene versäumte Gelegenheiten, die zu einer endgültigen Rege lung der Reparationsfragen hätten führen können. InCannes habe Frankreich die Konferenz zu früh zum Abbruch gebracht, in Genua habe der ocutsch- russische Dertrag die Verhandlungen zerschlagen, und die Bemühungen der Bankierkonferenz seien durch die ablehnende Haltung der französischen Re gierung zunichte gemacht worden. Die größte und vielleicht die letzte Gelegenheit, die gesamte Repara tionsfrage glücklich zu lösen, sei die bedeutsame Rede des Staatssekretärs Hughes vier Tage vor der Pa riser Konferenz gewesen, aber die Konferenz habe die Rede wie ein« nebensächliche Aeußerung irgendeines Politiker» ignoriert. Lloyd George schließt: „Nie hat das Schicksal sich so viel Mühe gegeben, die Dumm heit zu retten. Aber das Schicksal verliert leicht die Gedlud, und dann pflegt es harte Schläge zu ver setzen." Vesatzungskoften Rach einem Auszugs aus einem nächstens er- scheinenden und sorgfältig auf den Akten auf gebauten Werk über die deutsche Besetzung Frank reichs in den Jahren 1871/73, die 30>j Monate dauerte, beliefen sich die von Frankreich zu tragen den Desatzungskosten insgesamt auf 340 737 500 Franken, wovon 293 684 254 Franken auf die Ver pflegung der deutschen Truppen entfielen, well Frankreich den Besatzungstruppen nur einfache Unterkunft zu gewähren hatte. Demgegenüber kosten zwei Monate der gegenwärtigen Rheinlandbesetzung 385 048 986 Goldfranken, also über 54 Millionen mehr, als die ganze Besetzung Frankreichs von 1871/73 kostete. Vie deutschen vermögen in Amerika Washington, 25. Februar. Da« amerikanische Repräsentantenhaus hat mit 300 gegen 11 Stimmen den Gesetzentwurf angenom men, gemäß dem von jedem Vermögen eines Angehörigen eine» früheren feindlichen Staates, das in der Verwaltung des Treuhänders für feindliches Eigentum steht, 10000 Dollar zurück gezahlt werden. Der Gesetzentwurf ist an den Senat weitergeleitet worden. Ein Zusatzantrag, der die Herausgabe alles Besitzes verlangt, wurde ab- gelehnt. Die Annahme des Gesetzes im Senat steht nunmehr kaum noch in Zweifel, womit es dann in Kraft treten würde. ver Rosenkavalier Neueinstudierung der Leipziger Oper H. Mozartscher Geist geht durch die ganze musikalische Komödie des Rosenkavaliers. Er allein rettet manche Schwächen und Längen, Schrullen und Gesuchtheiten der Dichtung. Wenn nicht schon manche» in seinen früheren Werken, wie im »Zarathustra", in der .Do- mestica" und besonder» in den Liedern vereinzelt diese Züge aufwiese, möchte man sagen, Straußen» eigent- liche Natur habe erst der .Rosenkavalier" enthüllt. Das wenigstens ist gewiß, daß das Gestalten au» dem Innersten heraus dem .Rosenkaoalier" da» eigent liche Gepräge gegeben hat. Natürlich treibt Strauß auch hier seine Späße, kichert und kitzelt, macht manch mal Radau und oster allerhand Narretei«« «ach be rühmten Mustern und in noch eigenerer Manier. Aber diese Dinge sind, was sie immer im Musikdrama nur sein können: Aeußerlichkeiten, nebensächliche Beigaben, würzige Sauce, in der der Braten schwimmt. Richt viel anders steht es mit einigen Schwankfiguren, sogar mit dem Freier Ochs von Lerchenau und mit den neu geadelten und alt beschrankten Schwieger papa Faninal. Die sind nicht viel mehr als Staffage, 'Füllsel. Näher schon steht dem Herzen de» Musik- dramatikers der Rosenkavalier Oktavian selber, ohne aber entfernt die Teilnahme beanspruchen zu können, die der Feldmarschallin und der Braut Sophie Fa- ninal gewidmet ist. Hier liegt der Punkt, der di« Komödie in die Sphäre de» Reinmenschlichen erhöht. Denn ihr eigentlicher Sinn, musikalisch, also wesent lich, genommen, geht darauf hin, da» Deib zu be singen, wie es in der Liebe endigt und wie e» beginnt: die alternde, in Liebe»sach«n erfahrene Feld- Marschallin, die wehmütig entsagt, und die Braut Sophie, deren unschuldigstem Sinne da» seligste Fühlen erblüht. Das ist der Ltnheitsgedanke, der di« Partitur von A bis Z durchzieht, den da» mitfühlend« Herz und die reife Kunst de» Komponisten zu ergreifender Wirkung ausgestaltet haben, in einer Ausbreitung und psncholoqischen Vertiefung, die all« Fäden bloß- ttgen und zum Miterleben fortreißen müssen. In dieser Hinsicht von Schönheiten der Musik zu reden, I zrm Beispiel von der letzten Szene de» ersten Akte» I oder vom Tezett jftwHrmmistftiuiw dritten, hatte t keinen Sinn. Es gilt, die Beigaben zu sondern und der Kern des künstlerischen Erlebens zu erfassen. Ein» ist vielleicht nötig noch zu bemerken: der Vor wurf der Stillosigkeit, der mehrfach gegen ihn erhoben worden ist, kann den .Rosenkavalier" nur in sofern treffen, al« er im Wesen der Gattung Oper be- gründet liegt. Allen Opern, die wirklich neu und be- deutend waren, ist er immer und immer wieder ge- macht worden, aber kaum einer anderen mit so wenigem Recht, wie dem .Rosenkavalier". In seiner Partitur wirbelt und rauscht das Leben mit allen Zwiespältigkeiten, unendlich verzweigt in Ver feinerungen und Vergröberungen. Kann man dem Komponisten verargen, gerade die Mittel anzuwenden, die ihm am reichsten zur Verfügung stehen, und die Eigenschaften auszunutzen, die ihn vor allen aus- zeilynen? Wichtig und wesentlich ist, daß er sie am rechten Stoffe verwendet, an einem Stoffe, der ihm Herzenssache ist, und am wichtigsten, daß er zum Herzen- redet. Die T r a g i ko m L d i e der Liebe hat aber kaum ein anderer in so ergreifenden, berückenden, zu Hrrzeu gehenden Tönen gesungen wie der Rosen kavalier, trotz aller Schnurren und Weitläufigkeiten, die das .stillose" Leben ebenso wie die Oper mit sich bringt. * Don der Leipziger Erstaufführung, die wir vor zwölf Jahren sahen, ist in wichtigeren Partien als einziger Herr Jäger Lbriggeblieben. Er singt die Des-Dur-Ar» des dienstbeflissenen Schmalztenor» in der Antichambre heute schöner als damals und faßt, wie un» schier», da» Parodierende der höchsten Der- bliiffungstöne feiner an. Ein Beleantist würde es vielleicht .italienischer", also keineswegs schöner machen. Die Hauptrollen (wie auch die zahlreichen Nebenfiguren) waren ausgezeichneten Kräften an vertraut: die Feldmarschallin im gefährlichen Alter Frl. Streng, d« Oktavian Fr. Bergan, einer reizvollen Mischung von Femini- und Maskulinum, die jugendfrische Sophie Frau Borchers, ihr be schränkter Papa Herrn Laß «er. Zu diesen «in- heimischen Künstlern gesellte sich al» Gast H«rr Schützendorf von der Berliner Staatsoper. Sein Och» von Lerchenau, den tieferen Regionen abgeneigt (der Schlußton im zweiten Final« war eben gerade noch vorhanden), bemühte sich mit Erfolg, den runkst- gen Knoten und Operettenschafskopf in die höhere Sphäre de» radaulustigen Lebemann» und tempe- ramentvollen Schreihalses zu heben. Er tat das mit einer Sicherheit und einem Humor, daß er beinahe sympathisch wurde. Erleichtert wird ihm und den be- treffenden anderen das Eympathischwerden für ängst liche Gemüter durch den Komponisten, der (hiermit seinen Beruf als Moralist beweisend) die Bedenklich keiten seine» unbedenklichen Librettisten im Eiltempo und so stark instrumentiert gibt, daß die schlimmsten nicht verstanden werden. Nur ganz allgemein emp- findet der tugendsamc Zuhörer, daß es sich hier um arge Lumperei dreht, daß es faul steht im Staate Oesterreich. Diesen Umstand ließen sich auch Prof. Lohse und sein herrliches Orchester nicht entgehen, wie sie in anderer Richtung (siehe da» oben über die Musik im allgemeinen Gesagte) kammermufikalisch fein und zurückhaltend (nur in der Celesta nicht weich und verschwebend) zu musizieren wußten. Nach ollem ist die auch szenisch wohlgeratene Neueinstudie rung de» .Rosenkavaliers" so beschaffen, daß sie be sondere Anziehungskraft für die Meßspiele und über sie hinau» haben wird. v. Kur öen UonzertsSlen Frau Mine Sanden bot an ihrem Lieder abend besonder« Wertvolle» mit der lebenswahren, gefühlsstarken Darstellung der Gesänge von Hugo Wolf und Richard Strauß. Etwa« störend erwies sich die teilweis flackernde Tongebung, vor allem aber die Angewohnheit, hohe Töne tiefer anzu setzen und im erosesocko nach dem gewünschten Ton -u-usteuern Stürmisch wurden Zugaben verlangt und bereitwilligst gegeben. — Herrn Herbert Jäger» Technik bedarf noch der ver- feinerung und Ausfeilung. Sie ließ an Klarheit, die zudem noch durch teilwei» zu lange auf gehobene Dämpfung betnträchtigt ward, noch -u wünschen übrig. AndernseitS suchte er einzelnen Stellen im FaschinpSschwank vorzugsweise nur von der rein technischen Seite beizukommen, wo doch poetisch-schwärmerische« Empfinden hätte zum Ausdruck kommen sollen. —- Herrn Kantor Koch sei für die ausgezeichnete Wiedergabe von Händel» Oratorium „Su- sanna" (in der Bearbeitung von A. Schering) im Konservatorium zum Besten de» Mittag«- I tische» der Studierenden de« Institute« herzlich gedankt. Mit regem Interesse folgte mau der im t Chor der ersten Chorklasse und Orchester sorgsam vorbereiteten, dynamisch fein auSgearbetteten Vor führung des so selten zu hörenden Werkes, um dessen Gelingen sich neben den Genannten und den Herren Högner (Orgel) und Opitz (Klavier) vor allem die Hauptfolisten verdient machten. Die Susanne wurde auf» beste von Fräulein von der Groeben vertreten, Herr Schmidt (Daniel) sang die lyrischen Partien sehr schön und auch die beiden Richter Herr Chutnh und Herr Losse wußten ihre Aufgabe sicher und mit charakteristi schem Ausdruck zu lösen. Mit viel Liebe und schönem Erfolg nahmen sich auch Fräulein Kirch hof (Dienerin) und die Herren Fritze (Richter) und Kretschmar (Daniel) der kleinen Solopartien an. — Frau Rose König» Liederabende verläßt man immer mit dem erhebenden Gefühl, einer Sängerin gelauscht zu haben, die zwar in klanglich und rein gesang-technischer Hinsicht nicht alle Wünsche erfüllt, die aber nach Seiten de« künstlerisch geschmackvollen Bortrag» hi» hohen An forderungen gerecht zu werden vermag. Da» traf auch in ihrem Brahmsabende zu, für den sie erfreulicherweise eine Reihe weniger be kannter Lieder auf da» Programm gesetzt hatte- Den fast durchweg ernst empfunden gehaltenen Gesängen wußte sie mit feinem Sinn nachzu spüren und mit Hilfe musikalisch gediegener und verinnerlichter Vortragsweise den Weg zum Herzen ihrer Zuhörer zu finden. R, Tlaudio Ar rau hat eine ausgesprochen piani- sttsche Begabuna: technisch wie musikalisch weiß er da« Klavier geschmackvoll zu behandeln, nur das Forte und Fortissimo, dem er gern aus dem Wege geht, klingt «in wenig nach unlusNger Heber« anstrengung. Der junge Pianist wird einmal Beachtliche» leisten, wenn er innerlich reifer ge worden ist. Die zu Gehör gebrachten Komponisten klangen ihrem seelischen Gehalte noch nicht ge nügend nuanciert. Einen erlesenen Abend gab da» Dresdner Streichquartett. Da» wundervoll gefeilte und durchgetst gte Beethoven- spiel war einer der musikalischen Höhepunkte des Winter». Ich hab« nie ein so unerhört spannen de« und intensive« Piano und Pianissimo gehört wie an diesem Abend. Da» technische und musi kalische Zusammenspiel ist so mustergültig, daß e» nur noch eine Frage der Zett ist, wann diese vier Künstler vollkommen ebenbürtig neben den be- rühmten Stretchquartettvereinigungea stehen- S.
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