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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.02.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192302224
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230222
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230222
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-02
- Tag 1923-02-22
-
Monat
1923-02
-
Jahr
1923
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voaoerslLg, «Lea 22. kedruar Hc»»bk>rrk«r«ltur «Md Leipziger Messe. Auf der Leipziger Messe wird in diesem Frühjahr zum ersten Male eine Ausstellung der Arbeitsgemein schaft für deutsche Handwerkskultur eingerichtet sein. Ein sonst schwer zugängliches Gebiet, die Vas überzuckerte Leipzig Der Mensch ist von äußeren Einflüssen abhängig; dos ist eine alte Sache; sein Charakter richtet sich nach den von außen kommenden Eindrücken. Und der Charakter einer ganzen Stadt? Er verändert sich bald und vollends dann, wenn es schneit. Leipzig ist überzuckert. Alles ist anders als ge wöhnlich. Albrecht Thaer sieht wie ein Kardinal aus. Die Löwen vor dem Rathause sehen einander verdutzt an; sie selbst erkennen ihre Ähnlichkeit mit Bettvorlegern, die doch eigentlich Eisbären sind. Durch die Straßen laufen Menschen mit nassen Füßen, roten Nasen und angefrorenen Ohren. Sie benehmen sich einander viel unfreundlichen als gewöhnlich: gemeinsame Kälte hat nichts mit gemeinsamem Leid zu tun. Kälte ist eine Privatangelegenheit. Nur die Kinder scheinen von alledem nichts zu spürsn. Das Rosental sieht wie ein Märchen aus: Totenstille. Der bis zum Knöchel reichende Schnee laßt lautlos wandern. Die Bäume biegen sich unter der silbernen Last. Hie und da sieht man von weitem euren schwarzen Punkt; er kommt näher: ein Kind zieht seinen Äiodelschlittcn zum Schcrbclberg. Dort ist es lcbndig. Ein Schlitten saust hinter dem anderen die .Teufelsbahn* ' hinab. Fröhliche Rufe reißen Löcher in die Stille des Märchenwaldes. Rote Wangen, von Fröhlichkeit blitzende Augen der Jugend bringen Abwechslung in die weiße Landschaft. Der Wind reißt weiße Wolken vom Dache des Aus- sichtsturmes und läßt ein paar Minuten hindurch die Rodelschlitten wie durch eine »Nebel den ziemlich steilen Abhang hinabjagen. Und immer mehr Kinder kommen angcrückt. Von allen Seiten. Wie die Zwerge nehmen sie sich von weitem mrs. Der Weg, der zum Ausgangspunkte der Bahn führt, ist dunkel von kleinen Mädchen und Buben. Aber auch Er wachsene wimden ihre freie Zeit diesem gesunden Der- gnügen. Die Wege, die aus dem Walde führen, sind verweht. Es ist schwer, sich zurechtzufinden. Die große Ruhe scheint zu klingen. Das vollkommen reine Weiß blendet. Man vergißt Kälte und Nässe. Die Stadt läuft ihren Geschäften nach. Mühsam zerern die Rosse die Geschirre hinter sich her. Lang sam gleitet auch die' Elektrische auf den Schienen, die voll Schnee und Eis verstopft sind. Dor dem Rat hause hocken noch noch.immer die Löwen, die wie Eis bären aussehen. Man weiß hier nichts von dem Wunder des verschneiten Waldes, in dem die Kinder rodeln, von denen jedes einzelne sich ein .Schnee könig* dünkt —Ir. Der späte Winter Dar nach ' laugen Monaten sehr milder Witterung erst um die Februarmitte eingetretene Frostwetter erweist sich als ziemlich ausdauernd und bringt uns noch zu guter Letzt den Winter, den man schon so gut wie überwunden glaubte. Allerdings hat sich, vom deutschen Rordosten ab- ges hen, wo auch in den letzten Tagen sehr er hebliche Schncemengen gefallen sind, der Frost in ziemlich mäßigen Grenzen gehalten und nur vereinzelt 10 Grad Kälte erreicht. Die Wider standskraft der winterlichen Witterung dürfte sich erhalten, solange auch in Skandinavien noch strenge Kälte herrscht, wo im Norden des Landes bis zu 36 Grad Kälte vorgekommen sind. Da gegen ist es in West- und Südeuropa fast un unterbrochen mild geblieben; nur an der Ost küste Englands und Schottlands haben starke Schncestürme gewütet. Eine wesentliche Ver schärfung der jetzigen Kälte ist nicht wahrscheinlich. uaä ULnäelüLettung Oie Aussichten der Leipziger Frühjahrsmesse I-espriger 1'sgedlstt bäuerliche deutsche Keramik, wird in über sichtlicher Gruppierung vereinigt sein. Die ver schiedensten Gegenden Deutschlands werden in handwerklich guten und farbig vielfach besonders reizvollen Stücken vertreten sein. Die Ausstellung verdankt ihre Entstehung der Anregung und Ar beit des NeichSkunstwartS. Grohfeuer in einer Lackfabrik. In der Nacht zum Mittwoch brach in der Lackfabrik von Springer L Möller in Leutzsch infolge einer Explosion ein Brand aus, dem das Schmelzhaus zum Opfer siel. Dank dem schnellen Eingreifen der Feuerwehr und einiger Angestellten der Firma konnte das Feuer auf seinen Herd beschränkt bleiben. Der Betrieb kann in vollem Umfange aufrecht erhalten werden. Der nicht unbeträcht liche Schaden an Gebäuden ist durch Versicherung gedeckt. Notstandsmaßnahmen für die Totenbestattung? Das sächsische Tischlcrgewerbe hat sich in einer Eingabe an die sächsische Negierung dafür einge setzt, daß aus den Staatssorsten zur Sarg herstellung Holz zu verbilligten Preisen bereitgestellt wird. In der Eingabe des Ver bandes sächsischer Tischlermeister wird darauf hin gewiesen, daß es namentlich für die minderbemit telten Kreise eine besondere Härte bedeutet, daß ihnen eine Totenbestattung vielfach zugemutet oder durch die Notlage aufgezwungen wird, die das Pietätgefühl und das Bedürfnis der letzten Dankabstattung tief verletzt. Neben der verbilligten Abgabe von Holz regt der Verband günstigere Zahlungsbedin gungen an, die es dem Tischlergewerbe mit Hilfe von öffentlichen Darlehen gestatten, ivc- nigstens das Holz für Särge den Preissteige rungen zu entziehen. Das Holz, das den Haupt bestandteil eines Sarges ausmacht, kostet für den einfachsten Sarg heute 45—50 000 Mark, so daß sich selbst bet der primitivsten Fertigstellung ein Preis ergibt, den viele Leidtragende einfach nicht mehr erschwingen können und der ihnen die Aufnahme von Schulden direkt auszwingt. Der Gedanke, billigeres Holz für Särge berett- zustellen, hat zweisellos viel für sich, der Erfüllung des Wunsches dürften sich aber, besonders wegen der Kontrolle über die Verwendung dieses Holzes, manche Schwierigkeiten cntgegenstellen- Die Stadtverordneten von Meißen bewilligten zum Ankauf von Holz zu Särgen 3,5 Millionen Mark Berechnungsgeld. Das Hol- reicht etwa zu hundert Särge». ES wird in zwei Monaten auf gebraucht sein. Man hat nur für diese Zett ge kauft, da die Untersuchungen über Einführung von Ersatzsärgen noch nicht abeschlossen sind. «nfgedeckte Mehlschiebnug. Einer großen Mehlschiebung kam Die Hallesche Polizei aus die Spur Sie hielt auf dem Güterbahnhof Halle einen Waggon mit 200 Zentner Mehl fest, der von der Stadtgemeinde Halle, ausschließlich zur Versorgung der Halleschen Bevölkerung bestimmt, von einem Bäckermeister an einen Leipziger Händler mit 6 Millionen Mark Gewinn verkauft worden war. Die Untersuchung ergab, daß der Bäckermeister bereits zwei Waggons mit je 200 Zentner nach auSWSrS verschoben hatte, und aus jedem Waggon Milltonengewtnue erzielte. Verschwundene politische Schriften. Die Hallesche Polizei gibt bekannt, daß auf dem Bahn hof Halle am 16. Februar ein brauner Koffer gestohlen worden sei, der politische Schriften ent halten habe. Für die Herbeischaffung dieser volitischen Schriften sei eine Belohnung von 2 Millionen Mark ausgelobt worden. Bei der Polizei ließ sich aber nicht feststellen, um welche Art politischer Schriften es sich dabei gehandelt hat und wer der Besitzer dieser politischen Schriften gewesen ist. Es ist nicht das erstemal, daß die Leipziger Messe im Zeichen eines politischen Ereignisse» steht, das unser ganzes wirtschaftliches Lebe» in seiner Grundlage erschüttert. Aber die Messe hat sich jedesmal als ein außerordentlich elastischer Faktor erwiesen; auch damals, als vor 2 Jahren gerade in der Meßwoche die Franzosen in Frankfurt einmar schierten. Damals wurde allgemein eine Panik auf der Leipziger Messe erwartet. Sie ist aber im Früh jahr 1921 ebensowenig eingetreten wie im Herbst 1922, als in der Woche vor der Messe der Dollar zum ersten Mal den Sprung auf 2000 Mark machte und die Pendelbewegungen unserer Valuta mit ihren täglichen gewaltigen Ausschlägen jede Preis kalkulation über den Haufen warfen. Auch die bevorstehende Frühjahrsmesse scheint sich eine gewisse Unabhängigkeit von den politischen und wirtschaftlichen Ereignissen bewahren zu sollen. Denn alle Stände und Plötze in den Leipziger Meß häusern und auf dem weiten Gelände der Tech- ruschen Messe sind nicht nur schon vergeben, sondern das Leipziger Meßamt muß täglich viele Nach fragen und Angebote abweisen, weil kein Platz mehr vorhanden ist. Die Frühjahrsmesse wird also nicht nur in einem bisher kaum dagewesenen Maße besucht werden, weil man seinen Meßstand einmal gemietet hat, sondern der Wunsch, auf dieser ein zigen, wirklich internationalen Messe mit seinen Mustern vertreten zu sein und sich hier unmittelbar über die Geschäftslage des inneren wie des äußeren Marktes zu orientieren, äußert sich in einem immer noch verstärkten Maße. Eine Einwirkung auf dis Messe zeigt der Ein bruch der Franzosen ins Nuhrrevier vorläufig nur insofern, als mit dem Eingriff des Feindes in den Eisenbahnverkehr dieses wichtigen Industrie gebietes das Anrollen der Schwergüter für die Tech- nische Messe vielleicht etwas erschwert und verlang, samt wird. Wenn übrigens kürzlich in der Presse davon die Rede gewesen ist, daß die Frankfurter Messe als erste dazu übergegangen sei, einen eigenen Gütcrbahnhof für Meßgüter einzurichten, so ist das für die Leipziger Technische Messe gar nicht erst nötig. Denn das alt« Ausstcllungsgelände am Dälkerschlachtdenkmal ist von vornherein mit zahl reichen, direkt an die Ausstellungshallen heran führenden Geleisen an den Eisenbahnverkehr anqe- schloffen. Di« Schwierigkeiten der Güterbeför derung infolge der Ruhrbesetzung treffen die Tech- nische Messe übrigen» je länger je weniger, weil beispielsweise das jetzt neuerbaute .Haus der Elektrotechnik* für dieses weite Gebiet der Metall- Industrie die willkommene Gelegenheit zum dauern- den Einbau auch der schwersten Werkstücke und Ma- schinen bietet, womit dann eine An- und Abfuhr großer Meßgütrr hier überhaupt nicht mehr in Frage körne. Die Entwicklung der Technischen Messe in kurzen drei Jahren hat für diese weiträumige Ausstellung heute Ausmaße geschaffen, über die kaum eine Weltausstellung verfügt hat. <mt doch auch diese zweimal jährlich stattfindende Messe die sporadischen Weltausstellungen völlig in den Sie» Dampfer auf per Elbe gesu«ke«. Der bei Magdeburg vor Anker liegende Dampfer „Nein burg", der mit Stückgut von Hamburg nach Halle unterwegs war, ist aus unbekannter Ursache gesunken. Die Mannschaft konnte nur knapp das Leben retten. Der Schaden ist groß. ES konnte nur ein Teil des Stückgutes geborgen werden. Berliner Räuber in Per Provinz. Eine aus sechs Personen bestehende Berliner Räuberbande ver übte in einer der letzten Nächte bei Prettin an der Elbe auf die in der Nähe gelegene Wein- bergSmüyle einen schweren Ueberfall. Das An wesen, das dem Besitzer Müller gehört, liegt etwa Hintergrund gedrängt, schon deshalb, well hier der knappen Zeit einer Woche genau dasseib« ge triftet wird, wie sonst in Bimmten, und weil st« «1t der Kraft eines Riescumaguetes all« am inter nationalen Güteraustausch interessierten Elem«tt« an sich zieht. Ziach den schlechten Erfahrungen, die da» Aus land mit den berüchtigten .freibleibenden Preisen* gemacht hat, ein Umstand, der unseren Handel i» Auslände noch immer schädigt, läßt sich sagen, daß auf der bevorstehenden Frühjahrsmesse die In dustrien die besten Geschäfte machen dürften, die über genügend .greifbare Ware* verfügen. Und in dieser Hinsicht ist es von großem Vorteil gewesen, daß die Textilindustrie, die keramische und die Glasindustrie und große Zweige der Metallindustrie infolge der geringer gewordenen Aufnahmefähig- leit des inneren Riarktes in der letzten Zeit vielfach auf Lager gearbeitet haben. 9tun hat die mit den Goldabgabea der Reichs- bank zusammenhängende unerwartete Erholung der Mark in der letzten Woche Gelegenheit geschaffen, ausländische Rohstoffe und Lebensmittel wieder billiger einzukausen, und weitschauende Geschäfts- leute haben vielfach im Lause der dritten Februar- woche diese Möglichkeit, auf Grund billiger Roh- stoffe wieder billigere Fabrikate zu erhalten, durch Prcisabschiüsse aus ihre Lagerware auch ihren Kun- den zugute kommen lassen.. Wer so seine Lager- bestände verringert hat, kann natürlich auch al» Einkäufer auf der Leipziger Messe sich wieder besser rühren, und es wäre erwünscht, daß die Regale in den Ladengeschäften sich durch eine solche vernünf- tige Preispolitik noch weiter geleert hätten. Denn der innere Markt bleibt nun doch einmal die solide und dauernde Grundlage unserer industriellen Pro duktion, soll Deutschland nicht zu einem Heim arbeiterdorf für eine ausländische Kundschaft werden. Und in diesem Sinne hat nichts irnser ganzes Wirtschaftsleben so geschädigt wie die hemmungslose Ausnutzung der Preiskonjunktur für alle im Zu- lande erzeugten Lebensmittel. Denn einen je größeren Teil seines Einkommens jeder Einzelne bei der neuen Lebensmitteltcuerung für seine Er nährung aufzuwenden hat, um so weniger bleibt für alle anderen Anschaffungen übrig, und entspreche:!d sinkt die Kaufkraft des inneren Marktes werter. Und wenn die ländliche Bevölkerung bisher als ein fast unbegrenzt aufnahmefähiger Käufer ausge treten ist, so dürfte, da bäuerlich« Kreise sich meist auf Jahre hinaus mit allem eingcdeckt haben, eine weitere Ergänzung dieser Bestände kaum noch in Frage kommen. So wird ein kluger Geschäftsmann mit dieser ländlichen Kundschaft vorläufig nicht mehr groß rechnen. Der Städter lebt aber bei sol chen Lebensmittelpreisen von der Hand in den Mund. In dieser Hinsicht steht die Messe also »mter denselben schwülen Aussichten wie unsere gesamte Zukunft, und doch hängt bei uns alles davon ab, daß die wirtschaftliche Maschine weiter läuft. eine halbe Stunde vom Ort entfernt an einsamer Straße. Als da« Ehepaar im Schlaf lag, drangen die Räuber, die Masten trugen und mit Blend- laternen nnd Revolvern ausgerüstet waren, in das Schlafzimmer der Eheleute ein und zwangen sie mit vorgebaltcnen Waffen, ihnen das Geld sowie die gesamten Schmuck- und Wertsachen herauSzugeben. Die Banditen verschwanden mit einer Beute im W rte von etwa 15 Millionen Mark, bestiegen die Fahrräder der Eheleute und des Dienstpersonals und fuhren davon Die Räder haben sie dann in Annaburg, im Kreise Torgau, verkauft nnd, wie festgestellt wurde, dort Fahr karten nach Berlin gelöst. Röntgens Entdeckung und die ärztliche ttunst Im Jahre 1895 überraschte Wilhelm Konrad Roentgen die Welt mit seinen R-Strahlen, die ihm zu Ehren später Roentgen-Strahlen genannt wurden, eine Entdeckung, die gerade die ärztliche Wissenschaft ungemein befruchtet hat; aber auch der reinen Physik gab sie manch großes Rätsel auf. Sie erschloß riesige Forschungsgebiete, auf denen seitdem wichtige Entdeckungen gemacht wurden. Es aalt zu nächst, die Roentgen-Strahlen, die als unsichtbare Strahlen dem menschlichen Auge verborgen bleiben mußten, durch besondere Hilfsmittel in sichtbares Licht zu verwandeln. Auf einem präparierten Leuchtschirm kam dann dicker Umwandlungsprozeß zustande, der nunmehr gestattete, die Roentgen-Strahlen und ihre besonderen Eigenschaften zu studieren. Man fand, daß die Strahlen den Lichtwellen gleich elektro magnetische Wellen darstellen, sich geradlinig in gleicher Schnelligkeit ausbreiten, obendrein aber Körper, je nach deren Dichte und der eigenen Durch dringungsfähigkeit, durchleuchten können. Man spricht von harten und weichen Strahlen, die man messen und dosieren kann, um sie schließlich in gewünschter, wirksamer Menge an den kranken Herd z» bringen. Don Bedeutung ist auch ihre photographische Wirk samkeit, worin sie dem Licht in seiner Wirkung auf die lichtempfindliche Schicht gleichen. In eigens präparierten Röhren, sogenannten Vakuumröhren, d. h. dlöhren, aus denen die Luft, die bekanntlich Elektrizität nicht leitet, ausgepumpt ist, erzeugen wir die uns so wertvollen Roentgen-Strahlen. Damit ist besonders dem Arzt ein unschätzbares Rüstzeug für die Erkennung innerer Krankheiten sowie für die Behandlung gewisser Hauterkrankungen oder sonstiger Krankheitsprozesse, die sich im beson- deren ties im Innern des menschlichen Organismus abspielen, in die Hand gegeben. Gerade ihre letztere Eigenschaft, ibre Einwirkung auf lebendes organische» Gewebe, hat eine eigene Wissen schaft begründet, und nirgends sind mehr Fragen offen, al» auf diesem Gebiete; es gilt vor allem ver Behandlung tiefer Krebsgeschwülste, die, zur rechten Zeit erkannt und wirksam dem Strahlen- bündel ausgesetzt, einer sicheren Heilung zuzuführen sind. Zn der Erkennung der inneren Erkrankungen leisten die Strahlen wichtige Pionierdienste; kaum »in Organ, da» nicht -,rr Darstellung gelangt. Ins- besonder« hat unser« Kenntni» der Magen- und Darmerkrankungen wertvolle Bereicherung erfahren. Selbst kleinste Veränderungen deckt der Leuchtschirm auf; das gleiche gilt für die Erkennung der Herz erkrankungen, der Lunaenveränderungen usw. Gerade die Lungenerforschung hat eine ungeahnte Entwicklung seit der Anwendung der Roentgen- Strahlen genommen. So wird allmählich der Schleier von den unklaren und rätselhaften normalen und krankhaften Verhältnissen im menschlichen Organismus gezogen. Aus der unscheinbaren Dersuchsanordnung Roent- gens ist heute ein umfangreiches Instrumentarium geworden mit gewaltig ratternden Maschinen, mit scheinbar geheimnisvollen Apparaten und Meß- geraten, ein Riesengebäude auf einem markanten Fundament -- die Entwicklung einer genialen Ent- deckung. Kobstt Georg-Büchner-Abeud im Weimarer Naitoual- theater. Das durch Ungenauigkeiten und Mißver- ständnisse der Herausgeber bis vor kurzem ganz und gar entstellte Tragödien-Fragment »Woyzeck* von Georg Büchner wurde bereits im vergangenen Jahr, bald nach der zuverlässigen Entzifferung und Neuausgabe der Handschriften durch Georg Wit kowski (Leipzig) von Ernst Hardt, dem Weimarer Generalintendanten, auf Grund dieser neuesten Ergebnisse für die Bühne bearbeitet. Die Aufführung wurde mit dem Schweigen der Ver- ständnislosigkeit ausgenommen. Nur in einigen kraß- realistischen Momenten löste die Tragödie eine» hilf los zu Boden gedrückten, zu Tode gequälten Menschenlebens . . . verschämte Heiterkeit aus. . . Dabei gaben Darsteller und Spielleiter ihr Beste». Die Schwierigkeiten der 25 kinematographisch vor übergleitenden Szenenskizzen wurden gut gelöst, ohne Wesentliches auf Kosten der Schnelligkeit zu opfern. — Mehr Glück hatte die zweite Erstauf führung des Abends, da« Lustspiel »Leo nee und Lena*. Das unwirklich-märchenhafte Spiel voll verstiegener Romantik und der Gegenwart schon längst vertrauter Serenissimus-Ironie verdiente, trotz seiner manchmal noch zu ernsthaften Darstellung, seine fröhliche Aufnahme und seinen anerkennenven Beifall, der sich durch das unwillige Zischen einiger durchaus unberechtigt politisch Mißvergnügter nicht beirren ließ. ' Helmut Unger« MenschikoW ««b Katharina. (Uraufführung un LaudeStheater Karlsruhe.) Das Leben der zweiten Katharina ist den Dich tern vieler Völker immer ein dankbarer Bor wurf gewesen. Des Leipziger Dichter« Helmut Unger entschieden epische Begabung hat sich nach dem Maß seiner Fähigkeit, deren Grenzen dort liegen, wo logische Schärfe und durchdringende Psychologie ihr Ende haben (und der Flug dra matischer Phantasie beginnt», des Stoffes bemäch- tigt und daran« das Schauspiel einer Frau ge schaffen. Die Handlung: Katharina, die Menschi kow liebt, und Menschikow, der nicht gleich wieder liebt, gehen den Weg zur Macht des Zarentums: bis Katharina den Hochflug ihrer Wünsche mit dem Tod von Menschikows Hand bezahlt, bis Menschikow an der Toten die Wertlosigkeit alles Streben« erkennt Der Ganq dieser Handlung ist konsequent, überaus eindringlich, bühnensicher und -wirksam, das Stück ist (äußerlich) vollendet, aber es ist eine Erzählung. E« mangelt die Tragik der inneren Bewegung. Das Karlsruher Publi kum nahm die ausgezeichnete Aufführung des Intendanten Volkner mit Dankbarkeit an und ries die Darsteller und den anwesenden Autor wie derholt vor den Vorhang. l» Russisch« Ehrung Wilhelm v. Bode«. Der Wissen- schajtliche Eonseil der Eremitage in Petersburg hat beschlossen, den Wirkl. Geh. Rat Dr. Wilhelm von Bode in Anerkennung seiner vielfachen Verdienste um die europäischen Museen und die Eremitage insbesondere zu seinem Ehrenmitglied zu ernennen. Mit dm» liebe» Gott auf Du «ud Du... AuS Königsberg wird uns geschrieben: Ich hatte meine Speichcrfrau bei einem recht beträchtlichen Diebstahl ertappt. Da» erste Wort, da» mir bei dieser fleißigen Kirchengängerin einftillt, ist: »Nun sagen Sie mal, liebe Frau Rohweder, Sie führen immer den lieben Gott im Munde — was wird der denn dazu sagen?* Worauf mir Frau Rohweder schlagfertig erwiderte: »Ach, wissen Sie, tzerrke, der lewe Gottke, der nömmt mich das nich iebel — der lew« Gottke weiß, daß ich's brauch'!* de« rHemenmeraa«. (Scka v sp i e l d a u S.) Nm D stedruar feien Carl Will! am Büller seinen geb,tasten GedurMtag. Er spielt an diesem Tag« Un SHauipuuh.ru» de« Manu« Sirtes» tt» .Bta«» de r Va^4»«ri«»e»'. _ Maria Magdalena Alte» Theater Alls Nollen des bürgerlichen Trauerspiels sind schwer, weil alle mehr hebbelisch als menschlich reden. Sie müssen aber, da Hebbel im Grunde nur mtellek- tuell, nicht ursprünglich theatralisch stilisiert hat, um so menschlicher, um so schlichter gespielt werden. Man darf sie eher naturalistisch verschleifen, al» pathetisch übertreiben. Der Stil des Deutschen Nationaltheater» von eigenen Gnaden, dos wir in Weimar haben, scheint die pathetische Uebertreibung zu sein. Denn ein ganz junger Anfänger, der von dort, übrigens aber aus Norddsutschland kommt, deshalb auf den schönen Namen Claus Clausen hört und auch so aussteht, leistete schon Erstaunliches in dieser Richtung. Mit »Rumpf beugt rückwärts* bei peinlichen Eröffnungen und einem heiseren, schwer katarrhalischen Ton bei 50 Prozent seines Textes. In dieser Weise wird er Lutz Altschul, der den Lockungen de« Film« ver fallen zu sein scheint, doch wohl nicht ersetzen. Oder man müßte ihm das Deutsche Nationaltheatrr erst gründlich abgewöhnen können. Neben dem Friedrich sah man eine neue Clara. (Agnes del Sarto wird wohl der starken Lockung ihrer eigenen Laute folgen.) Diese Clara von der Münchner Schaubühne möchte man in Leipzig be halten. Marin Lorenz sprach zwar ein gar zu brav akzentuiertes Pühnendeutsch, das mich gerade bei .^ebbel ärgert, weil es seinen nicht ganz gelungenen Naturalismus — den er nur, weil er ihn nicht konnte, auch nicht zu wollen vorgab — statt ihn ,u mildern, betont. Aber sie spielte die Not der tragischen Kleinbürgerin so richtiq mm der Enge, aus der Dravheit, aus der patriarchalischen Gebundenheit berau», daß sie im Punkte der Serienhaltung die beste, jedenfalls die richtigste Clara wurde, die wir seit langer Zeit in Leipzig gesehen haben. Etwa die Wesensart einer guterzogenen Diakonissin alteren Stiles. Wäre, wenn sie nickt da» Unalück gehabt hätte, Ehrenmitglied jedes christlichen Jungfrauen- verein» geworden. Durchaus nicht temperamentlos, aber von etwa« verkniffenem Temperament. Dabei kommen doch sehr warme Tone durch, so daß man nicht zu befürchten braucht, sie spiele etwa al» bieder- meierliche Maria Magdalena nur sich selbst. Sondern sie hat mit gutem Instinkt für den Typus der lamm- lrowwen Kleinbsiraerin sich auf einen Teil ibre» Register, eingestellt. Auf da» Gesangbuchregister.
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