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Erstes Kapitel. Konstruktion des Mauerwerks. 8 1- Allgemeines- Unter Manerwerk verstehen wir jede ans einzelnen Steinen zu einem Ganzen künstlich verbundene Masse, und wir nennen solche eine Mauer, solange sie nicht zur Bildung des Fußbodens oder der Decke eines Raumes bestimmt ist, in welch letzteren Fällen entweder ein Pflaster oder ein Gewölbe entsteht. Man benennt die Mauern verschieden, je nach ihrem jedesmaligen Zwecke nnd ihrer Stellung, oder je nach dein Material, ans dem sie bestehen. In ersterer Beziehung unterscheidet man Grund- oder Fundamentmauern, Keller mauern, Svckelmaueru, Hauptmauern, Scheidcmauern u.s.w. Diese Namen bezeichnen nnr den jedesmaligen Zweck und haben im allgemeinen keinen Einfluß auf die Art der Konstruktion. Dies ist aber der Fall, sobald das Material oder die Art der Verbindung die Benennung motivieren soll, nnd es find in dieser Beziehung zu unterscheiden: a) Mauern aus künstlichen Steinen. b) Mauern aus natürlichen Steinen. o) Mauern aus Stampf- und Gußwerk. cl) Mauern aus gemischten Konstruktionen, bei denen die verschiedenen Materialien unter s, l> und o zur Her stellung desselben Bauteiles Verwendung finden. Bei zweckmäßiger Konstruktion müssen die Eigenschaften des Baumaterials berücksichtigt werden, und es kommt vor nehmlich dessen Verhalten gegen äußere Beanspruchungen, die Festigkeit, in Betracht. Die Steine besitzen im all gemeinen eine große Druckfestigkeit, während die Zug- und die Biegungsfestigkeit viel geringer sind. Die Steine müssen deshalb namentlich auf ihre Druckfestigkeit ausgenutzt werden, wodurch die Art der Lagerung, die Verwendungsfähigkeit und die Verbindnngsweisc bedingt wird. Die Ausnutzung der Druckfestigkeit verlangt, daß die einzelnen Steine, aus denen die Mauerkörper und die Gewölbe hergestellt werden, nicht hohl gelagert sind, sondern daß sie möglichst in der ganzen Fläche aufliegen. Die Lagerflächen sollten deshalb vollkommen ebene Flächen bilden, wie dies bei den Werksteinen der griechischen Tempel- banten der Fall ist, die, wenigstens in den Sanmstrcifcn, ebene geschliffene Lagerflächen haben, so daß die Säulen trommeln und die Quader der Cella-Mauern unmittelbar söhne Mörtel) aufeinander geschichtet werden konnten, st Diese vollständig ebenen Lagerflächen können aber nur bei Werksteinen und auch bei diesen nur mit großen Kosten hergestellt werden. Bei den gewöhnlichen Manerkonstrnk tionen ist deshalb eine Substanz nötig, die, zwischen die Steine eingebracht, die Unebenheiten ausgleicht, die Druck übertragung übernimmt. Eine solche Substanz bilden die Mörtel, die außerdem die sehr wichtige Eigenschaft besitzen, in kürzerer oder längerer Zeit zu steinähulichen Massen zu erhärten, die Steine zusammen zu kitten und so die einzelnen Teile zu einer monolithen Masse zu vereinigen. Diese Eigenschaft ist besonders wichtig für die Mauer werke aus kleinen und aus unregelmäßig gestalteten Steinen, während sie für die aus schweren Werkstücken hergestellten Konstruktionen wenig in Betracht kommt, weil diese Steine schon durch ihr Eigengewicht eine gesicherte Lage erhalten. Hier dient das 2—6 mm starke Mörtelbett hauptsächlich zur Ausgleichung der Unebenheiten in den Lagerflächen der Steine. Außer der Druckübertragung muß aber noch eine Druck verteilung im Mauerwerk stattfindcn, und es müssen daher zur Erzielung möglichster Festigkeit und möglichster Unver- rückbarkeit der einzelnen Steine eines Mauerwerks noch andere Mittel als bloße Verbindung durch den Mörtel zur Anwendung gebracht werden, ums um so uotwcndiger 1) Siehe Fig. 240, S. 84.