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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.02.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-02-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192302161
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230216
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230216
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-02
- Tag 1923-02-16
-
Monat
1923-02
-
Jahr
1923
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I or. im »u md uf i e Die der ung llen itcn dcm laß- Uigt »uer >hen >gen am »Lese :ccht blcck ann ebs- nen. der wir ab- der Leb- »S cr. Re- r»o- r sie ca g )ten. nem ssen- der ,en. zum das tung der 8"- o t- usses igen. inen aus- Eren kehr, eits. c den die nach dem ör - rung Ge il e r. cicht- »aus- der paus Der ien». der ast- luf. )em.) am mz». »ahtn Das atio- > die loch sen >te. rxm Mein aus- hrcn Zoo »gen. stnen , ob- scseil lngs- »gen, Mos kann lang ziehe Der Lach- etwa : den nend t, sie rind, , im den nter- leine tat» , das t sich Da- »gut, -er- »tter, n ich des muß rrnen > mit de» vee. linde t auf koch» krettag, rlen 16. kedruar Leere Postamente Dor zehn Jahren versammelte sich eine kunst begeisterte Gemeinde in den Anlagen am Fleiicher- platz, unterhalb der Dtatthäikirche, »ur Feier der Grundsteinlegung eine» Denkmal» für einen der größten Söhne Leipzig«: Richard Wagner. Den Plan hierzu hatte man 30 Jahre früher, kurz nach Wagners Tode, gefaßt. Nun sollte an die Ausführung gegangen werden. Ein anderer Großer unserer Stadt, Max Klinger, sollte da» Denk- mal fertigen. Es ist nicht dazu gekommen. Der Weltkrieg trat hindernd dazwischen. Nur das Untergestell, das Postament, wurde aufgemauert. Don weiterem ist dann kaum noch die Rede gewesen, und Klinger selbst ist inzwischen gestorben. So hat denn das Postament de» Wagnerdenkmal» jahrelang zwischen den flankierenden, ebenfalls un- vollendet gebliebenen Treppenanlagen, einsam in die Welt gestarrt. Nun hat es auf einmal eine Fülle von »Kölle- gen" erhalten, und das hat es — unseren Spitz- buben zu danken. Der fortdauernd sinkende Wert der Mark veranlaßt die Herren Langfinger nämlich, nach allen möglichen Sachwerten auszuspähen. Und da bieten sich ihnen, geradezu augenfällig, auch unsere schönen Kunftdenkmöler in den Promenaden usw. als verhältnismäßig schnell zu erlangende Beute an. Acfthetische Bedenken sind ja noch keinem Spidbuben aufgestiegen, und »Schwierigkeiten", etwa hinsichtlich des Gewicht», kennt er nicht. Angesichts der Erfahrungen, die man nickt bloß in anderen Städten, sondern neuerdings auch in Leipzig über das Verschwinden von bronzenen Er- inneru:<gstafeln, Kunstdenkmälern usw. gemacht hat, bat «>; *^r Rat stör notig befunden, all« öffent lichen Kunstgegenstände von den Sok- keln zu entfernen und in gesickerte Derwah- rung zu nehmen. Die graziöse Kugelwerferin, dec starre Wächter mit dem aufwärts gerichteten Speere, der sehnige Kugelwerfer, da» holde Mägdlein auf dem Brunnen am Roßplatze. die schön geformten Vasen im König-Albert-Pärk und manche« ander« noch — alles ist von den Sockeln verschwunden, di« nun ..ganz für sich" emporragen. Vielleicht veranstaltet der Rat einmal eine Au«, stellnng dieser Kunstgegenstande, die so oft den Blick der Vassanten erfreuten. Aber im ganzen ist der Vorgang rin höchst trau, riges Zeichen der Zeit. Ein tiefe» Sinken. Vke Lrmahfgunqeii beim Steuerabzug Der Steuerausschuß des Reichstage» verhandelte über den Entwurf zur Aenderung der Bestimmungen über die steuerfreien Beträge (Familienabzüge, Wer- bungskosten) bei der Einkommensteuer. Der Entwurf sieht die Verdreifachung der bisherigen steuerfreien Bcträge vom 1. März ab vor. Außerdem soll vom Arbeitslohn, der auf die letzten sechs vollen Arbeit», tage des Februar entfällt, kein Steuerabzug vorge- nommen werden. Der Ausschuß ging über die Regierungsvorlage hinaus und beschloß die Vervierfachung der beim Stuerabzug zu berücksichtigenden Ermäßigungen vom 1. März ab. * Teuerungszahl 1 für Leipzig (Sta tistisches Amt Leipzig). Stichtag 14. Februar 1923: 2t 4 257 Mark. Am 7. Februar betrug die Teuerungs zahl 198948 Mark. Keine Schlafwagenplätze für Franzosen und Belgier. Die Reichsbahn gibt nunmehr an die fran- zösisch-belgischen Beauftragten bis auf weiteres keine Schlafwagenplätze mehr frei. Demgegenüber ermög- licht sie den anderen Reisenden vom 22. d. M. ab d.s Einzelbenutzung von Schlafwagenabteilen gegen De- zahlunq der Fahrkarten. Zuschläge und Bettkarten 1 Klasse in doppelter Hohe. Bisher war es nicht möglich, ein Schlafwagenabteil, welches zwei Betten enthält, für eine einzelne Person zu belegen. * Die Versorgung mit Brot aus Reisen. Dos Reichsernährungsmimsterium teilt mit, daß eine Foshlwara Sondervorstellung der .Retorte" Freudenhaus auf der Bühne zieht. China »md Japan auf der Bühne zieht. Chlnestsches Freuden- Haus in Japan, dachte Han» Bachwitz, zieht am meisten. Machen wir. Er machte es in drei Akten. Zwei davon — mindesten» — sind zuviel. Was wird, fragte sich der Autor, der Europäer in einem chinesischen Freuden, hau»? Ermordet wird er, soviel war klar. Aber warum so langsam? Es hätte recht gut um neun Uhr knallen können. Aber es knallte erst uin halb elf. Ein Sketch mit Knall um neun hatte sonstwo gezogen. So aber zieht es doch wohl nur in Leipzig, wo sich die guten Freunde nach dem Autor heiser schreien, trotz Knall um halb elf. Es wird in diesem Stück gehandelt ») von der europäischen Frau, welche Seele hat; d) von der astatischen, welche dieselbe angeblich nicht hat, aber angeblich haben möchte; e) von dem weißen Mann, welcher bei den Frauen angeblich Lust mit Seele, cl) von dem gelben, welcher bei denselben Lust ohne dieselbe sucht. Es wird sogar davon geträumt, wozu man einen zweiten Akt, ja die Ergebnisse de» Traumes werden mit echt deutscher Gründlichkeit wiederholt, wozu man einen dritten Akt benötigt. Di« Geschichte, darin liegt ihr Fehler, ist zu sehr auf Tiefsinn gedeichselt. Man zählt schließlich geradezu an den Rockknöpfen ab, ob wer sich jeweils auf der Bühne »um Thema äußert, nun die Seele ohne die Lust oder die Lust ohne die Seele, oder »Seele mit", oder »Lust mit" vorziehen würde. Die Frage war, soweit ich zu folgen vermochte, nur halb gelöst, al» e» endlich knallte. Um halb elf. Uebrigen», wenn ein chinesischer Bachwitz — ich weiß nicht, ob es so etwa» gibt —, wenn ein Bac-iwt-iz sich de» Stoffe» bemächtigt hätte, dann würde wohl die Europäerin da» Weib ohne »md die Asiatin da» Weib mit Seel« sein. Wie denn auch bei unserem deutschen Bac-iwi-tz der weiße Mann von gelben Teufeln spricht und der gelb« von weißen. Es ist scheinbar die bemerkenswerteste Eigentümlichkeit aller auf diesem Planeten herum, krabbelnden Raffen, daß sie sich ganz besonder» blöd onftellen, wenn man ihnen zumutet, sich in 'die Eigentümlichkeiten ihrer Mtt-Raffen «inzufühlen. Zck für meinen Teil glaube, geehrte Raffengenoffen rwd lleüe Antipoden, wir werde» wohl all« u» Lelprlger 1'sgedlntt llruirlelirettuog Nr. 4V Sette S Wiedereinführung der Reisebrotmarken nicht in Frage kommen kann, da die Herstellung solcher Brotmarken zu hohe Kosten verursacht. Bet länge- ren Reisen über vier Wochen Dauer kann eine Abmeldung bei der Wohngemeinde erfolgen. Die Brotversorgung übernimmt alsdann die Gast gemeinde. Bet kürzerer Abwesenheit muß der Reisende sich mit Markenbrot aus der Wohn- gemeinde versorgen oder freie» Brot kaufen. Tägliche Postverbindung nach Petersburg. Die Verhandlungen zwischen Estland und Rußland über eine täglich« Zugverbindunq -wischen Reval und Petersburg über Narwa und Jamburg sind jetzt, wie die »Reichszentrale für Deutsche Verkehrs. Werbung" mltteilt, abgeschlossen worden, und damit ist eine tägliche Dostverbinvung nach Petersburg sichergestellt. Die deutsche Reichspostverwaltuna hat sich die Verbindung sofort zunutze gemackt, und seit dem 5. Februar wird täglich ein Briefkartensckluß nach Peteroburg gefertigt, der mit dem Zuge l) », ab Berlin Echtes. Bahnhof 10.34 abend», über Insterburg—Riga der Dahnpost Narwa—Jamburg— Petersburg -»geführt wird. Starke Zunahme -er vetrteb^abbrüche Drahtbertch« unserer Dresdner SchrtfNettung Die zunehmende Verschlechterung der Wirtschaft», läge spiegelt sich nicht nur in den Zahlen der Arbeit», losen, sondern auch in anderen Erscheinungen wider. So sind im Oktober 1922 80, im November 141, im Dezember 107 und von Anfang Januar bis Mirte Februar 325 Fälle von Betriebsstillegungen im sächsischen Arbcitsmlnisterium erörtert worden. Die im Vergleich zum Dezember höhere November- ziffer erklärt sich daraus, daß in dieser eine Sammel, anzeige der ZIgarettenindustrte von 30 Fällen ent» halten war. Tatsächlich ist also die Zahl der Siill- legungen vom Oktober bis November stark gestiegen, bis Ende Dezember dann ungefähr gleich geblieben, mit Beginn des neuen Jahre» aber wieder außer- ordentlich Heraufeggangen. Freispruch im Prozeß Nötzold Drabtbertcht unserer Dresdner «chrtftkettung Dor dem Dresdner Schwurgericht stand der frühere Oberleutnant Nötzold unter der Anklage, er habe die beiden Berliner Händler Ruda und Hcusket zur Ermordung seiner Schwiegermutter, einer reichen Drauereidirektor- witwe, verleiten wollen. Nötzold lernte nach dem Kriege die Adoptivtochter der Witwe kennen und verheiratete sich mit ihr. Die Schwiegermutter war so für Nötzold eingenommen, daß sie ihn sogar adoptierte. Nötzold versuchte mit dem Gelds seiner Schwiegermutter sick ein» Existenz zu gründen, hatte aber kein Glück und geriet in Berlin in Schieberkreise. Da er sexuell anormal ver- anlagt war, will er Erpressungen ausgesetzt gewesen sein. Die Anklage warf ihm vor, er habe seine Schwiegermutter wollen ermorden lassen, da «r wußte, daß er als Universalerbe in Frage kam. Die beiden Händler Ruda und Hcuskel, mit denen sich Nötzold duzte, wollen nur zum Schein auf den Plan eingegangen sein; sie blieben auch in der Verhand lung bei ihren Aussagen. Nach mehrtägigen Der- Handlungen wurde Nötzold freigesprochen, da da» Gericht annahm, er habe nur im Blutrausch und unter dem Drucke seiner sexullen Verfehlungen den Plan zur Ermordung seiner Schwiegermutter ent worfen. Daß er von diesem Plan gesprochen hat, hat Nötzold bei seiner Vernehmung zugegeben. SLuglings-Milchkarten in Lhemnitz. Der Rat der Stabt Chemnitz beschloß, infolge der Milchknapp, heit ab 1. März für Säuglinge und Kranke die Milchkarte wieder einzuführen. 12 Uhr Polizeistunde in Berlin. Nach einer mehrstündigen Besprechung der Berliner Gast- wirtsinteressenten mit dem preußischen Minister des Innern wird die Polizeistunde auf 12 Uhr abends festgesetzt und der öffentliche Tanz an zwei Wochen- tagen von 8 Uhr abends und am Sonntag von 6 Uhr abends an erlaubt werden. Ein neuer Krieg? Kundgebung -es Friedenslartells Leipzig im Jentral.heaier Leipzig, IS. Februar Rur eine kleine Anzahl von Zuhörern hatte sich in dem ungeheizten Großen Festsaale de» Central- theater» eingefunden, um der Kundgebung des Leip ziger Friedenskartells gegen den Militarismus, gleichzeitig dessen erster öffentlicher Veranstaltung, beizuwohnen. In einer Begrüßungsansprache ge dachte Wilhelm Achilles der großen Friedens- künderin Bertha von Suttner, die ihre Augen kurz vor Beginn de» Weltkrieges, am 21. Juni 1914, sür immer schloß und noch auf dem Totenbett an ihrem Wahlsvruch »Die Was en nieder!" festhielt. Der Weltfriedensgcdanke sch en lange Zeit gleich seiner Verkünderin den Todesschlaf zu schlafen. Nach dcm Kriege aber ist er in allen Ländern zu neuem Leben erwacht und regt sich allenthalben kräftig. Zwar scheint der augenblickliche Zeitpunkt denkbar un- günstig zu sein, den Weltfrieden zu verkünden, aber wir dienen dem Frieden doch gerade jetzt am besten, wenn wir an ihm trotz aller Machenschaften der fran- zösischen Chauvinisten im Ruhrgebiet festhalten. Denn nur wenn wir nicht zu den Waffen greifen, schwachen wir die Sache der französischen Chauvinisten. Im Anschluß an die Eröffnungsansprache sang, lebhaft begrüßt, der Opernsänger Droh»-Cordes vom Neuen Theater einige Lieder von Meyerbeer, Karl Maria von Weber, Grieg und anderen. Line kleine Heiserkeit des Sängers vermochte den aus- gezeichneten Gesamteindruck seine» Vortrages nur unwesentlich zu vermindern. Die Rede des Pfarrers Bl ei er (Charlotten- bürg) behandelte tn ebenso aktueller wie kühner Weise das Thema »Kann un» eia neuer Krieg den Frieden bringen?" Sie war eine scharfe Abrechnung mit den Kriegs hetzern hüben wie drüben, die fetzt den Zeitpunkt gekommen erachten, ihre Anhänger zu den ersehnten Taten zu begeistern. In großen Zügen führte Pfarrer Bieter etwa folgende» aus: Niemals ist es so deutlich zutage getreten, daß das deutsche Volk kein Volk der Dichter und Denker ist, wie heut«. In keinem Volke wird so wenig nachgedacht und so gedankenlos nachgeschwatzt, was eine Hehpresse und inspirierte Depesckcnbureaus dem Volke vorreoen, wie in Deutschland. Bezeichnend ist, daß nirgendwo die über das Vorgehen der Fran zosen und Belgier verbreiteten Tatarennachrichten, die im unbesetzten Deutschland ohne weiteres geglaubt werden, weniger Glauben finden, als dort, wo tat sächlich die größte begründete Verbitterung gegen das Gebaren des französisck-belgischen Militarismus herrscht, nämlich im besetzten Rheinlande. Dort haßt man den Militarismus vielleicht mehr, als irgendwo sonst in Deutschland, bewahrt aber trotz- dem seine Urteilsfähigkeit gegenüber hetzerischen Tendenznachrichten. Unbestreitbare Tatsache ist, daß im Rheinland, das niemals franzosenfeindlich ge- wesen ist, jetzt größte Erbitterung gegen den sich allzu siegreich gebärdenden Militarismus herrscht. Daß die Feindseligkeit aber wirklich nur dem Militarismus gilt, geht daraus hervor, daß gegen das loyale Regime der Engländer kaum Miß stimmung herrscht. Ja viele Rheinländer erklären, sie fühlten sich unter englischer Herrschaft sicherer, als unter dem Regiment der Reichswehr. In eine solche objektiv empfindende Bevölkerung den Mili tarismus hineintragen, ist wahnsinnig. Man kann sich kaum etwas Gegensätzlicheres denken, als Rhein- und Ruhrbevölkerung und Militarismus. Daher hassen auch die Ruhrarbeitter keineswegs die Fran- zosen, sondern nur den Militarismus schlechthin. Sie würden gegen den deutschen Militarismus genau die gleiche passive Resistenz ausüben, wie gegen den französisch-belgischen. Das wissen die Besatzungs- behörden sehr gut. Sie sind daher bemüht, dem Militarismus möglichst keine Gelegenheit zu geben, mit der Zivilbevölkerung in Berührung zu kommen. Gespräche zwischen Soldaten und Zivilisten werden mit Gefängnis bedroht. Sie finden dessen unge- achtet dennoch statt, zumal unter der Besatzungs- armee sich viele dcutschsprcchende Elsässer und sogar Bekannte und ehemalige Kameraden der Ruhr- arbeiter befinden. Zn der Berührung zwischen auf. geklärten friedenswilligen Zivilisten und Soldaten ruhen von jeher di« Aersetzungskeime sür den Mili- rarismus.. So bedeutete der deutsche Einmarsch in die Ukraine 1918 den Anfang vom Ende de» Luden- dörfischen Militarismus. Irgendwie muß früher oder später die Au»- söhnung zwischen Frankreich und Deutschland auf dem Wege von Verhandlungen erfolgen. Einen Krieg oder bewaffneten Widerstand gegen die Eindringlinge inszenieren zu wollen, wäre Wahn- sinn. Man kann Poincarö und Foch, die noch nicht einmal die schlimmsten Chauvinisten in Frankreich sind, keinen größeren Gefallen tun, als sich den Franzosen und Belgiern mit der Waffe in der Hand zu widersetzen; dann hätten sie den Vorwand, nach dcm sie schon lange suchen. Dann wäre auch das wahre Ende Deutschlands gekommen. Nur wenige Menschen in Deutschland machen sick die richtige Vorstellung von der ungeheueren Macht Frankreichs, das jetzt vermöge seiner eigenen Riesenrüstungen und der Militärbündnisse mit Del- gien, Polen, Rumänien, der Tschechoslowakei und anderen Staaten ein Prestige habe, wie nie zuvor in der Geschichte. Gegen eine solche Macht mit den beschränkten deutschen Mitteln und den wenigen versteckten Waffen zum Widerstand zu predigen, wie es deutsche Militaristen und die Münchner Hitler- leute tun, heißt Deutschland ins Verderben reißen. Was erwartet man denn von einem erfolgreiche« Freiheitskriege, falls ein solcher überhaupt möglich wäre? Man denke doch nur an den »Nutzen" der Freiheitskriege 1813'1814/1815. Niemals ist das Volk ärger unterdrückt worden, als nach den Frei heitskriegen mit ihren leeren Versprechungen. Nicht den französischen Militarismus gilt es zu bekämpfen, sondern den Militarismus an s i ch. Man glaube doch nicht, daß Leute wie Hinden- bürg, Ludcndorff und Hofsmann sich anders gebär det hätten, als die heutigen Machthaber in Frank- reich, wenn Deutschland den Krieg gewonnen hätte. Der Militarismus, der Deuutsckland und die Welt nach einem deutschen Siege beherrscht hätte, wäre nnakss'chbar gewes-m. Mir hgb»n sn Beispiele, wie sich der preußisch-deutsche Militarismus nach einem gewonnenen Kriege ausgelebt hat. Die Be fehle und Edikte der Generäle Dcgoutte u. a. muten wie Kopien der Anordnungen preußischer Generäle nach dcm Einmarsch Preußens in Hannover 1866 an. Es wird behauptet, daß der Einmarsch Frankreichs und Belgien» ins Ruhrgebiet eine noch nie da. gewesene unerhörte Tatsache sei. Man irrt: Deutsch, land hat mit dem Einmarsch in Rußland nach ocm Frieden von Brest Litowsk den Franzosen und Bel- giern ein Vorbild gegeben, und nichts anderes wäre mit dcm beabsichtigten Raube von Longwy und Driey nach dem erhofften Siege im Weltkriege geschehen. Das sogenannte »Recht des Eroberers", sich Lander, die ihm nützlich erscheinen, einzuverlciben, ist also nicht zuerst von den Franzosen und Belgiern pro- klamiert worden. Der Redner ging darauf auf den Luxus «in, den sich Deutschland mit seiner Reichswehr leiste. Gerade jetzt erweise sich die Ueberflüssigkcit der Reichswehr am besten. Denn um einen bewaffneten Konflikt zu verhindern, kann Deutschland nichts besseres tun, als seine Reichswehr, den Herd aller reaktionären und militaristischen Umtriebe, möglichst fern vom Schuß zu halten. Es gebe kein besseres Argument gegen die Beibehaltung der Neichsweyr. Immer und immer wieder müsse betont werden, daß Verständigung zwischen Deutschland und <,cank- reich das einzige Mittel sei, die Franzosen und Bel gier aus dem Ruhrgebiet wieder zu entfernen. Datz von feiten Deutschlands Opfer gebracht werden müssen, sei selbstverständlich. Nun sollten aber »nd- lich auch die Kreise Opfer bringen, die bisher nur die anderen, die wirtschaftlich Schwachen, haben bluten lassen: die Großindustrie und die Landwirt schaft. Vorläufig denken beide noch nicht ans Opfer- bringen. Eine Anzahl von Dauern hält die Milch gefähr gleichviel Seele zur Verfügung haben. Dies nur nebenbei. Die Mimen, die sich über »Lust mit" oder »Lust ohne" im Freudenhause zu unterhalten hatten, wurden vom Schauspielhaus« gestellt. Stein (gelb, im Traumakt wcißgelb), Falkenhausen (weiß), Lina Carstens (gelb, im Traumakt weiß mit gelben Tupfen). Sie machten au» dem gedeichselten Tief- sinn so ziemlich, was zu machen war. Aber cs hätte, cetsnim oeoseo, um neun Uhr knallen müssen. Schmiedel, der Inszenator, hatte seine kleine Bühne sehr fein chinesisch dekorieren lassen. Nur durch die viele Stimmung, die er hinter der Szene machen ließ mit Musik, vor jedem Akt mindestens fünf Minuten Stimmung, wurde der nicht vorhandene Tiefsinn gar zu eifrig unterstrichen. Man hätte jedoch nicht unterstreichen sollen, son- dern streichen. Und früher knallen. Viel früher. «SN» Ssors Kleftlsr. Ehrung für Cornelius Gurlitt. Geh. Rat Pro fessor Dr.-Ing. e. h. Cornelius Gurlitt, der ver- oicnstvolle Leiter der Inventarisation der Dau- und Kunstdenkmäler Sachsens, ist von der theologi schen Fakultät der Universität Halle zum Ehren doktor ernannt worden. Gleichzeitig hat anläßlich der Beendigung de» großen, vor 40 Zähren begonne nen, jetzt 41 Bände umfassenden Inventarisations werkes Ministerpräsident Buck an Geh. Rat Gurlitt ein Schreiben gerichtet, in dem es heißt: »Cs ist dem Ministerium eine angenehme Pflicht, Ihnen für die umfassende und mühevolle wissenschastlichc Tätigkeit, die Sie seit langen Jahren und zuletzt unter erschwerenden Umständen in uneigennütziger Forscherarbeit dabet geleistet haben, seinen aufrichti gen Dank auszusprecken. E, darf Ihnen eine freudige Genugtuung sein, diesem der Wissenschaft und dem ganzen Lande in hohem Maße nutzbringenden Werke einen wertvollen Teil Ihrer Lebensarbeit mit schön- stem Erfolg gewidmet zu haben." Di« Deutsch« Röntgen Gesellschaft tagt vom IS. bi» 18. April tn der Münchner Frauenklinik. E« soll ein großer Röntgen-Kongretz werden, zu dem ein Eonderzug die Teilnehmer de» Wiener Kon- gresse« für innere Medizin nach Deutschland bringen wird. Et» »»bekannte» Derk Holbein» in deutsche» Be sitz. Ein Schweizer Gelehrter, Dr. Han« Koegler, Konservator a» Baseler Museum» hat setzt i» Sig ¬ maringer Schloß ein bisher unbekanntes Werk Han» , Holbeins des Jüngeren wiedererkannt. Es handelt , sich um eine etwas über eine» halben Meter hohe Darstellung des Urteils des Salomon in reicher Rennaissance-Architektur. Steuerpflichtig« Schönheit. In Baltimore fand kürzlich eine der in Amerika besonders beliebten Schönheitskonkurrenzen statt, bei der für die Siege rin des Wettbewerb» neben einem Barbetrag von 550 Dollar eine von dem Atelier der Stadt gelieferte Toilette als Preis ausgesetzt war. Die Freude der glücklichen Preisträgerin wurde aber empfindlich ge trübt, als sie vom Steueramt die Aufforderung er hielt, nicht nur für die bar erhaltenen 550 Dollar, sondern auch für den Wert der Toilette, der in der Voranzeige mit 1000 Dollar bezeichnet worden war, die entsprechende Einkommensteuer zu entrichten. Die junge Dame weigerte sich, Zahlung zu leisten, mit der Begründung, daß der von ihr erworbene Preis ein Geschenk darstelle. Die Steuerbehörde vertrat dagegen den Standpunkt, daß hier «in Ge winn in Frage komme, der dem »Kapital der Schön- heit" entfließe und deshalb de: Besteuerung unter liege. Als letzte Instanz hat jetzt die Preisträgerin das Schatzamt in Washington angerufen, dessen Ent- scheidung in den interessierten Kreisen mit großer Spannung erwartet wird, daß es sich hier um die grundsätzliche Regelung einer brennenden Frage handelt. Di« Zigarette nach der Mode. Die neueste Mcde in New Pork verlangt, daß junge Damen nur Zigaretten rauchen, deren Farbe der Toilette der Dame anxcpaßt ist. Bei einer Modenschau fiel e» auf, daß ein Mannequin sich zu einem blauen Kostüm eine blaue Zigarette ansteckte. In dem Um- kleideraum befanden sich Schachteln mit Zigaretten, deren Farben allen gezeigten Kostümen angepaßt waren. Die Mode hat bei den Damen der Gesell schaft allgemeinen Anklang gefunden. Flugblätter. Wir lesen in der Frankfurter Zeitung diese» Stimmungsbild von der Ruhr: Ueber den Hochofen hin surrte ein französischer Flieger, be- krachtet mit Flugblättern, die von schonen Tagen deklamierten, die die Franzosen den Ruhrländern be- reiten wollen. O, wie konnten sie locken, die Ver führungswische, wt- konnten sie schmeicheln! Unten faucht die feurig« Hochofenwelt. Metallisch spie di« Arbeit. Und wie die Flugblätter fielen, da war», all ob sich der Hochofen r-ckt-, al» ob sich urgewaltig Hände aus seinem Innern streckten, feurige, blitzend« ))ände. Und die Hände fingen die Zettel von dort oben »uf; wie mit wütenden Krallen drückten sie die Wische in das heiße, versengende Hochofenherz. Und verkohlt, verstoben und verweht war der Sircnensang aus Papier und Luge. Au» der Mustkwclt. Waldemar von Bauß- nerns neuestes dramatisches Werk, die musikalische Komödie, »Satyros", erlebte im Baseler Stadttheater die erfolgreiche Uraufführung. Di« Anlage des Werkes ist sinfonisch. Eingeleitet durch einen sinfonischen Prolog, ist cs polyphon interessant gestaltet, thematisch markant und klanglich originell. Das Orchester, dem die entscheidende Aufgabe zu fällt, ist meisterhaft behandelt. Bedenkt man, daß Baußnern durch geschickte szenische Ergänzungen die fragmentarische Klippe des Gocthischen Werkleins in bestmöglicher Weise überwunden hat, so kann man seine »Satvros"-Oper als eine Tat von dauerndem Werte bezeichnen, zumal da der tiefere ideelle Gehalt der Dichtung für un» Heutige an Bedeutung ge wonnen hat. — Friedrich Albert Köhler (Gera) konnte unlängst sein 40jähriges Komponisten- Zubiläum begehen. Von seinen mehr als zwanzig Bühnenwerken wurden aufgeführt: Burenblut (Bar- men). Der Schatzhauser (Erfurt), Die Hochzeit (Text buch nach einem Motiv von R. Wagner; Rudolstadt), Der Vetter auf Besuch (nach W. Buschs Schwank; Gotha). Ferner schrieb er zwei Oratorien, Sinfo- nien, Sonaten, Kammermusik und Lieder. — Am 11. Februar starb nach längerem Leiden der Violinist der Musikalischen Kapelle der sächsischen Staatslhea- ter Konzertmeister Paul Wille. Die Gesellschaft sür Theatergeschichte (Vorsitzender: Universitätsprofessor Max Herrmann) hat ihre» Vorstand durch die Herren: Universitätsprofessor Julius Petersen, Professor Ferdinand Gre- go rt und Dr. Han» Knudsen ergänzt. Zum Generalsekretär der Gesellschaft wurde Dr. Knudsen (Berlin-Steglitz) gewählt. «u» de« rycaterdureau». (S ch a u sp i el d a u ».) .Hasemann» Töchter', di« am Sonnabend nruetnstudtert zur «ussützrung kommen, stad tn den Hauptrollen besetzt mit: Carl William Büller (Anton Hasemann), Melanie Krüqer-Michoeu« (Albertine), Annemarie Niemann (Smilte), Grete Boerpelku» (Rose), Käibe Aranck-Witt (Aran,i«ka). «ottsrtcd flalkenbausen (Knorr), Aoses Kräh« (Körner) Walter Reuschli- «Baron V. Ainnow), Karl Walden (Klinker«), Else Schmidt (silrau Klintert), Berndard wlldenbatn (K(etn). Regie: Brrnbard wtldentzat«. — Bestellt« «arten müssen möglichst bU »Maq» z Udr adgebotr werd«.
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