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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.02.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-02-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192302143
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230214
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230214
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-02
- Tag 1923-02-14
-
Monat
1923-02
-
Jahr
1923
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8«tt«r «e. ss Besuch -er NeichrprSsi-enten in Mannheim l»l,e»«»r,«»1»«r»«ide«Let»,»gerr«aebleite» Mauuhetm, IS. Februar. Reichspräsident Ebert ist heute früh au» Karlsruhe hier etngetroffen. Bei einer eindrucks vollen Kundgebung im Rathau» bracht« der Reich». Präsident in einer Ansprache -um Ausdruck, daß Mannheim der Brennpunkt de» wirtschaftlichen Le bens Badens sei und daß man durchaus mit der Mög lichkeit zu rechnen habe, daß der Gegner die Hano auch nach dieser Stadt au»strecken werd«. Rach den Eindrücken aber, die er gestern in Karlsruhe emp fangen Hobe, könne man überzeugt sein, daß Deutsch- land auch in den Stürmen der nächsten Zeit fest auf die Treue dev badischen Dolles rechnen könne. Ebert schloß die Ansprache mit der Devise: »Für die deutsche Freiheit, für die deutsche Zukunft!" Lin Sieg -er deutsch en Arbeiter E»O«»erLr«h<»ertchtd«»Lei»»tierra«e»tattr» Gelsenkirchen, 12. Februar. Da es den Franzosen nicht möglich war, auf Grund ihrer Requisitionen Kohlen zu erhalten, auch nicht einmal sich ihren Bedarf für die Quartiere zu decken, ist heute mit Gewalt die Requisition von neuem begonnen worden. Auf der Zech« Prosper l erschien «ine Kompanie belgischer Soldaten mit Fuhrwerken. Unter dem Schutze der Bajonette mußten die Soldaten die Kohle aufladen, die dann im Triumph davongefahren wurde. Auf der Zech« Prosper II wurden nicht nur mitgebrachte Wagen beladen, sondern es wurden auch die der Zeche ge- hörigen beladenen Wagen mit den der Zeche ge- hörigen Gespannen fortgefahren. Wagen und Ge spanne waren bis zum Abend noch nicht zurück gebracht. Auf der Zeche Prosper HI ist aber das belgische Kommando auf harten Widerstand gestoßen. Hier waren unterdessen die Vorgänge auf den beiden anderen Prospcrzechen bekannt geworden. Al» die Belgier mit ihren Wagen anrückten, sammelte sich die gesamte stark« Schicht auf dem Hof und erklärte, daß sofort die Arbeit eingestellt würde, wenn auch nur ein Wagen mit Kohle von den Soldaten hlnausgefahren würde. Die Arbeiter sangen da» Deutschlandlied, und die belgischen Sol- baten, die einsahen, daß sie nur unter Waffen gebrauch sich Kohle verschaffen konnten, zogen unter Hurrarufen der Belegschaft ohne Kohle ab. Di« von den Zechen eingelegt« Beschwerde ist von dem befehlshabenden Offizier mit dem Hinweis zurück gewiesen worden, daß General Fournier angeordnet habe, mit Gewalt Kohle für den Hausbrand zu be schaffen, wenn die Requisitionen erfolglos bleiben würden. Vie Gretchenfrage H»,her. Wochenschrift Das Demokratische Deutsch land schreibt Fabius: 3» Frankreich nutzt Herr Poincars, dem jede« MiyA,.rÄL, ist, die parteipolitisch einseitige Ein- stellung des Kabinett» Cuno der Welt gegen über au«, indem er sie al» „undemokratisch" bezeichnet. Sollte man nicht auch aus den vergange nen Jahren in der Deutschen Dolkspartei und der Deutschnationolen Dolkspartei gelernt haben, daß es nottut, die Oberschicht unseres Volke» etwas besser von dem politischen Wert der demokratischen Ver fassung zu unterrichten und den Haß dagegen au» der Welt zu schaffen, da man ja doch zugibt, daß zu der Einheitsfront auch die demokratische Masse der Beamten, Angestellten und Arbeiter gehört und ohne sie in der dunkelsten Stunde des Vaterlandes kein vertrauensvolle« Durchholten erzielt werden kann? Sollte nicht auch das Kabinett Cuno Anlaß haben -u einem starken Bekenntnis zur Demo- kratie, um damit außenpolitisch gegenüber der »ißtrauenerweckenden Propaganda des Militaristen Poincarä, der da» Selbstbestimmungsrecht an der Ruhr mit Füßen tritt, Wirkungen zu erzielen? Wir geben dir Anregung, damit nicht aus den Kreisen cker veruneinigten Feindmächte die Gretchen frage an den Herrn Reichskanzler gestellt werde: .Die hast du'» mit der Demokratie?" wie man Graphiker wird Don N«n» K«lm»nn Es «ar in Mannheim, im März de» Jahre» 1922. Ich trat i« Kabarett Rumpelmayer aus und war ununterbrochen bei feinen und netten Leuten ein- geladen. In Mannheim gibt» das. Aber do» Kabarett war schrecklich. Eine» Abend» trat ein Herr an mich heran. Es sind in meinem Leben schon viele Hcrren an mich herangetretcn; aber der, den ich jetzt meine, war noch nie an mich herangetreten. Er trug Monokel, knallrote» Oberhemd, Bart- losigkeit und Reservelrutnantsallüren. Dorstellen tat er sich al» Abukadnezar Becker. Und aus seiner Karte stand -u lesen, daß er Diplom-Ingenieur sei. Ich hielt den Menschen für «inen Hochstapler »nd setzte mich infolgedessen bereitwillig an seinen Tisch. Dort saß bereit» eine zweite Type, di, mir al» Machandelboom präsentiert wurde. Oder so Lhnlkch. Sie verfügt« über einen mit Humagsolan gedüngten Dollbarl und zwinkert« schelmisch mit den Augen. Wir unterhielten uns äußerst angeregt über Ta- gor«, Keyserling, Werfel, Fritz von Unruh und andere Verkörpere? geballter Mentalität Dazu tranken wir einen mit Hilfe einer Droge (offenbar in den Leuna-Werken) hergestellten Malaga und rauchten furchtbar schwarze Zigarren. Es war ein bemerkenswerte» Milieu. Plötzlich -og Herr Machandelboom, von dem sich inzwischen erwiesen hatte, daß er Vertreter eine» graphischen Berlage» war, ein schöne» Blatt Papier au» der Aktentasche und begann eifrig zu schreiben. Abukadnezar und ich schlichen diskret nach der Toilette. Al» wir zurückkehrten, bat mich Herr Machandel- boom, da» Schriftstück -u unterzeichnen. Ich tat ihm den Gefallen. Angeheiterten soll man nicht» abschlagen. Dann la» ich, «a» er mir yorgelegt halt». E» haUdeltt sich um einen regelrechten Vertrag, dem- -ufol« ich sofort zehntausend Mark erhalten sollte. Ich nah« di« zehntausend Mark in Empfang. Dann tranken »Ke Eich« Schnäpse und sangen di» ^Elei*. I-e!pr!gEr uack ttLo6el8L«ttuos Die Regierungsbildung wieder gescheitert Dresden, Ist. SeHruir. fDr«htbertcht ««srer Dresduer Schrift- lei t u n s) Die Wahl de» »itttfterprLftdente« verlief auch heute ergebutslus. Du die Tozietldemokraten eine mündliche Aussprache mit den Demokraten in letzter Minute abgelehnt hatten, »ar eine DerftLndigung unmöglich gemacht worden. ES wählte jede Fraktion wieder wie im Dienstag ihren Vorsitzenden. Die sozialistischen Stimmen vereinigten sich auf Ministerpräsidenten Vuck. So erhielten Hofmann IS, Lr7 Kaiser 1v, Buck 4V, Dr. Sehsert S und Böttcher 10 Stimme«. U. Ak. Dre»d«n, 13. Februar. Drahtdericht unserer Dresdner Schrilltet«»«- Die so selbstverständliche und unausbleibliche Lösung der sächsischen Regierungokrisi» ist noch nicht gefunden worden. Da» heißt: gefunden worden ist sie schon, nur hat man auf feiten der Sozialdemo, kratischen Partei noch nicht so viel Mut beisammen, diese Lösung anzuwenden und zur Koalitionspolitik sich offen zu bekennen. Die Sozialdemokrattn er wecken den Anschein, als wollten sie für ihre Partei da« Recht in Anspruch nehmen, allein die Regie rung bilden zu dürfen. Da sie nur 40 von 96 Sitzen haben, wäre da» glatte Verleugnung de» demokra tischen Standpunktes. So weit geht es natürlich nicht bei den Sozialdemokraten; was sie tun, ist lediglich Verzögerungstaktik: die Fraktion und der Landevansschuß wollen nicht die Verantwortung für die Koalitionspolitik übernehmen und deshalb erst die sächsische Gesamtpartei befragen. Hierzu ist die Einberufung eine» Parteitages nötig, und dazu wieder Zeit. Es ist ein ebenso unaufrichtige» wie jämmerliche» Schauspiel, da» di« stärkste Fraktic-n des sächsischen Landtages damit bietet. Di« heutige Wahl verlief genau so ergebnis los wie die vom vorigen Dienstag. Nur war die heutige Sitzung noch mehr eine Burleske, und es kamen zu den Erklärungen törichte und überflüssige Reden, in denen jede Partei der anderen di« Schuld an den Zuständen beimaß und jede um das Ansehcn des Hause» bangte. Es gab persönliche Bemerkun- gen und Schimpfereien und Wortentziehungen und mehrmalige Unterbrechung der Sitzung, und es gab als Höhepunkt endlich die deutschnationale Ankün digung, die Deutschnationale Partei werde im Falle einer nochmaligen ergebnislosen Wahl den Antrag auf Auflösung des Landtages einbringen, da der Landtag seine Arbeitsunfähigkeit bewiesen habe. Und als Ergänzung zu dieser Ankündigung gab e» die kommunistisch« Drohung, die Arbeiter würden mit anderen Mitteln die Existenzberechtigung de» sächsischen Parlament« prüfen. Soviel muß jeder Anhänger der Demokratie und de» Parlamentarismus sagen: Das in Dres den getrieben wird, ist die Liicherlichmachung einer Institution, in der man eine feste Stütz« de» repu- blikantschen Staate» sah. s Einziger Punkt: Wahl de» Ministerpräsidenten. Die Tribünen sind schon lange vor Beginn der auf 12 Uhr angesetzten Sitzung gefüllt. Trotzdem stehen in der Vorhalle, zurückgehalten von Poltteibeamten, noch viele Einlatzbegehrende, und selbst vor dem Eingänge zum Landtag drängt und schiebt e» sich? 12 Uhr eröffnet Präsident Winkler di« Sitzung. Es fehlen nur ein deutschnationaler und ein kom munistischer Abgeordneter. Abg. Wirth (Soz.) gibt namens seiner Fraktion eine längere Erklärung ab, in der es u. a. heißt: In der Presse ist versucht worden, die Öffentlich keit über die Ursache und den Charakter der Re gierungskrise zu täuschen. Wir erblicken in der Zu- stimmung det bürgerlichen Parteien zu dem Miß- trauensantrag der Kommunisten einen Dorstoß gegen die sozialdemokratische Regierung, um den Besitzenden wieder ein« ihnen nicht zustehende Macht im Staate zu verschaffen. Ebenso unehrlich ist da« Verhalten der Kommunisten. Mit der unwahren Parole „für die Arbeiterregierung" im Munde stürzten die Kommunisten die bestehende Arbeittr- regieruRg. (Lärm bei den Kommunisten.) Die sozialdemokratische Partei entnimmt aus dem Er gebnis der letzten Wahlen da« Recht zur Bildung einer sozialistischen Regierung. (Abg. VIttcherr Nicht Arbeiterregierung?) Au« diesem Grunde schlagen wir Herrn Buck al» Ministerpräsident vor. Abg. Böttcher (Komm.) erklärt, di« Behauptung, die kommunistisch« Partei habe mit der sozialdemo- kratischen Partei über di« Wahl des Ministerpräsi denten verhandelt, sei unwahr. Die Stellung der kommunistischen Partei sei heute noch dieselbe wie zur letzten Sitzung. Di« kommunistische Partei ver urteile die arbeiterschädliche Parlament«- und Klaffenzankerei der Sozialdemokratie. Da» Ange- bot der großen Koalition betrachte die kommu nistische Partei al» «ine unverschämt« Heraus forderung der sächsischen Arbeiterschaft. Ein Ern- tritt der Kommunisten in eine sozialdemokratische Regierung komme nicht in Frage. Ein nichtswür dige» Komödienspiel werde hier getrieben, weil «in Teil der Sozialdemokrattn nach der Koalition zerr«, während der andere Teil zu feige sei, die Fol gerungen zu ziehen. Abg. Kaiser (Dop.): Dir find auch heuk noch bereit, an Verhandlungen teilzunehmen. Um die Wahl nicht wieder ergebnislos verlausen zu lassen, schlagen wir vor, die Wahl des Ministerpäfldenttn auf Donnerstag zu vertagen. Abg. Dr. Seyfert (Dem.): Der sozialdemokratische Versuch, mit den Kommunisten Politik zu treiben, ist mißglückt. Daraus muß dtt sozialdemokratische Partei die Konsequenzen ziehen. Wir haben bereit» am 1. Februar unsere Verpflichtung anerkannt, zur Bildung einer neuen Regierung die Hand zu bieten. Wir tragen der Tatsache Rechnung, daß ohne Sie kzu den Soz.) keine Regierung gebildet werden kann. Nun tragen Sie ober auch dem Rechnung, daß Sie allein keine Regierung bilden können. Wir sind bi» an die Grenz« de» Erträglichen gegangen. (Zuruf von recht»: Roch weiter!) Der Versuch der Ver ständigung darf nicht niedergerunaen werden von der Seite Ihrer Partei, die am nebsten wieder zu den Kommunisten zurü«kehren möchte. Wir ersuchen Sie, um de» Lande» und Volke« willen: Ergreifen Sie die Hand, die sich entgegenstreckt, und kommen Si, zur Verständigung! Aba. Müller-Leipzig (Soz.) wendet sich gegen da» Gaukelspiel, da» die kommunistisch« Partes mit der sächsischen Bevölkerung treib«. Mit einer Partei, dtt so gewissenlos mit den Arbeiterinteressen umspring«, verbiete e» der Anstand, eine Regierung zu bilden. Abg. Beutler (Dntl.): Dir erblicken in einer Ver tagung kein« Förderung der Wahl. Wir werden un» an der von Dr. Kaiser und von Dr. Seyfert empfohlenen Koalition nicht beteiligen. Ak«. Siewert (Komm.) wünscht eine Regieruna, di« restlo» Arbeiterinttressen vertrete, aber die sozial demokratische Regierung könne da« nicht tun. Aba. Ara» (Soz.) bezeichnet e» al» unmöglich, sich auf «ne Partei zu stützen, die selbst von der Mehrheit des Landesbettiebsrätekongresse« abgelehnt worden sei. (Lärm und Unruh« bei den Komm.) Abg. Dr. Kaiser (D. Vpt.) erklärt, seine Partti verurteile den bequemen Standpunkt der Deutsch nationalen. Ab. Böttcher (Komm.): Den Antrag auf Ver tagung lehnen wir ab, weil da» Ansehen de» Par lament» darunter leidet. (Unbändige Heiterkeit im ganzen Hause.) Vöttcher schließt: E» wäre da» Rich tigste, die Arbeiter kamen herein und jagten diese» Parlament -um Teufel und rollten die Fraae der Exifttnzsähigkeit de» Landtage« überhaupt auf. (Zu- Dann brachten wir Herrn Machondelboom in sein Hotel, und dann brachte mich Abukadnezar Ins zu meiner Behausung. Und dann vergaß ich den Vertrag. Mer am 1. August 1S22 erhielt ich ein Tele gramm — de« Inhalts, daß die zehn Rrdi.rangen fällig seien, und daß ich sie bis spätesten» End« August zu liefern habe. Daraufhin las ich den Vertrag zu End«. E» war «t.in Ruin. Ich telegraphierte postwendend an den Verlag, daß ich einem neuen Vorschuß mit Spannung ent- gegenblicke. Zwei Tag« darauf hatte ich ihn, den Vorschuß. Und da» rührte mich sehr. Und ich sagte mir: Dies« braven Leute darfst du nicht sitzen lassen. E, wird zwar ein großer Mist werden, was du da zu- sommenradierst, aber immerhin... du mußt deinen guten Willen bekunden. Ich bemerke ausdrücklich, daß ich bi« dato keine Ahnung hatte, was eine Radierung eigentlich ist. Da» Wort .Kaltnadel" hat mir seit je gewaltig imponiert. Weiter wußte ich nichts von der ge wünschten Technik. Das eine stand fest: Ich brauchte Kupfrrplatttn. Im Lexikon hieß e» klar und deutlich, daß man Kupferplatten radier«. Also ich beschaffte mir zehn Kupferplatten. Di« betrachtete ich aufmerksam, ohne zu ergründen, wa» vorn und was hinten sein könnte. Dann holt« ich mir allerhand Gerät, von welche» ich annah», daß e» zur Bearbeitung meiner Kupfer- platten geeignet sei. Dann kratzte ich los! E« war ein schauriges Geräusch, und ich bekam Zahnschmerzen. Es klang, wie wenn jemand mit dem Messer ans dem Teller herumkriekelt. Doch ich preßtt «acker die Kiemen aufeinander und dachte an den Vorschuß. Di« Stecknadel« waren bald stumpf. Auch di« Spicknadel funktioniert, wunschgemäß. Du ent deckt« ich t» Nähmaschinenkäfsthen meiner Frau einige prachtvolle Ding«: ein niedliche« Rädchen, «in« spitz« Feil« und mysteriös« Bohrer. E» ging ganz gut. Bloß di« Hand« schmerzten schlimm. In wenigen Stunden war di« Radierung Rum- mero 1 unter Dach und Fach. Schade, daß man nicht» erkennen konnte. Lßtzh L Ich wußte mir zu helfen, inde» ich au» dem Kinderzimmer Vasenol beschafft« und die Platte einpuderte. Der oder da« Puder setzte sich in den Rinnen fest und ließ meine Krakelei an» Tageslicht treten. Ich bewunderte meine Fertigkeiten und rannt« in di« Hainstraße zu einem Drucker. Der Drucker druckte. Man sah nicht»! Die Linien waren zu matt. Der Drucker meinte, ich hätte nicht stark genug gegraben. Anscheinend erregte ich sein Mitleid, und er verehrte mir ein Gerät, da» er scherzhafter weis« „Mulle tt" betitelte. Zu Hause nahm ich meinen alten Zirkel und außerdem da» Mullrtt und boxte die Kupserplatte in blinder Wut. Am nächsten Tag« erwachte ich »it Blasen am Mittelfinger. Gleichwohl galt e», die restierenden neun Radie- rungen zu bewirken. Ich legte «in paar verjährt« Hefte des .Simplizissimu»' neben mich und zeichnete fleißig ab. Hin und wieder änderte ich etwas ab sichtlich, damit niemand den Beschuß merkt, aber im großen und ganzen wurde da», wa» ich radlerte, leidlich originell — eben dadurch, daß ich keinen Dunst vom Zeichnen habe, geschweige denn vom Ra dieren. Allmählich bildeten sich Hornhäute aus meinen Fingern, dtt ich heutt noch mit Kukirol behandele. (Jedermann wärmsten« zu empfehlen!) In vier Tagen hatte ich die Serie fertig. Der Drucker staunte nicht schlecht, al» ich mit dem ganzen Segen angerückt kam. Dir schickten die zehn Blätter an di« Firma vthmar Kern in Pasing, wa» zu« Folg« hatte, daß ich wiederum Geld bekam. Liebe Menschen. Und mm haben sie mir nicht etwa (wa, ich ins- «heim befürchtete) «inen Prozeß auf den Hal« ge laden, sondern si« haben sich gefreut m»d ein« Mapp« au» den Radierungen gemacht. Man soll da nicht htueinreben. Gott verzeih« mir meine Sünden; aber sobald ich von meinen Wunden genesen bin und die letzten Hornhäute von den Fingern streif«, radiere ich aber mals. Ein Freund hat mir Herma»» Struck« .Kunst der Radierung" dediziert, und wa» dtt an dern können, do, kann ich auch. Da» wär« doch ge. lacht? Dir ersten richtige» Drucke hat Max Pallenberg LUttvortl, 6er» 14. ke-nrae rufe: .Heute ist Fastnacht!" — .August, du bist ein guter Roller!") Damit ist die Au»fprache beendet. Abg. Bertz (Komm.) erhält da» Wort zu einer Richtigstellung in bezug auf seine Person. Da er aber weltergehende Ausführungen macht, unterbricht ihn der Präsident und entzieht ihm schließlich da» Wort. Da der Abg. Bertz trotzdem weiterspricht und die Abgeord. neten sich erheben, um den Saal zu verlassen, unter, bricht der Präsident dtt Sitzung auf eine Viertel- stund«. Nach Wiedereröffnung erklärt Präsident Wiukler, da» Verhalten de» Abg. Bertz ermangele jeden parlamentarischen Anstandes. Er bitte aber auch die übrigen Fraktionen, auf ihre Mitglieder ein- zuwirken, daß sie nicht durch ihr Verhalten den Re- sonanzbodeu für derartige Vorkommnisse abgeben. Der Antrag Dr. Kaiser», die Dahl zu vertagen, wird mit allen gegen die Stimmen der Deutschen Polkrpartei abgelehnt. E» erfolgt hieraus di« Wahl des Miuisterprästdeutt» durch Stimmzettel. Sie hat das oben mitgettilte Er- gebnis (kein«!). Abg. Deutler (Deutsch«.) erklärt hierauf: Di« DSPD. bringt heute nicht mehr die zur Wahl er forderliche Mehrheit der Stimmen auf. E» ist ihre Pflicht, entweder eine Koalition zu suchen oder der Rechten allein die Regierungsbildung zu überlassen, tim dem gegenwärtigen Zustand ein End« zu bereiten, wird meine Partei, wenn die nächste Wahl wieder er gebnislos verlaufen sollte, den Antrag stellen, der Landtag möge sich auflösen, da er seine Un fähigkeit zur Erfüllung seiner verfassungsmäßigen Aufgaben dargetan hat. Der PrSsident unterbricht hierauf die Sitzung nm eine Stunde, u» dem Aeltostenrat Gelegenheit zur Beratung zu geben. Nach Wiedereröffnung ttilt er mit, daß die nächst« Sitzung am Donnerstag um 1 Uhr stattfinden soll. Auf der Tagesordnung stehen nur kleinere Vorlagen. Meine politische Nachrichten Reichskanzler Cuno hat seinen Besuch in München für Ende der Woche anaekündigr. Man gebt wohl nicht fehl in der Annahme, daß diese Reise außer dem Zweck, den Antrittsbesuch des bayerischen Ministerpräsidenten zu erwidern, auch noch den verfolgt, im Hinblick auf die innen- und außenpolitische Lage die Notwendigkeit der Fühlung nahme zwischen dem Reich und den Linzelländern zu schaffen. Sollte der Besuch bi» Ende der Woche au» irgendeinem Grund« nicht durchzuführen sein, so wird er höchstens um eine Woche verschoben werden. O- Dtt Deutschvölkische Freiheits- Partei hat eine Dertretertagung abgehalten, in der ihr Vorsitzender, der Reichstagsabgeordnete v. Gräfe, dtt Gegnerschaft der Partei gegen da» Kabinett Luuo begründete, das mit dec Note vom IS. Rovember 1922 die Erfüllungspolitik ledig- llch fortfetze und die deutsch«, Interesse» vernach- lässige. *- Das frau-öfisch« Marinemlnisterfum hat einer Matinmeldung zufolge ein neues Schiffsbauprogramm ausgearbeitet. Danach soll die Flotte einschließlich der Hilfsschiffe in fünf Jahren 700000 Tonnen umfassen, davon 66 000 Tonnen Unterseeboot« und 60000 Tonnen Flugzeug mutterschiff«. Acht Zabre lang soll kein Schlacht schiff gebaut werden, sondern uur leichte Schiffe, darunter 88 Torpedoboote, 81 Unterseeboote. Als Kredit wurden 2 400 000 Franken angeforbert, auf acht Jahre geteilt. * Der Bruder des irischen Minister« de« Innern. Dr. Higgins, wurde von bewaffneten Aufstandi. schen ermordet. Er war ein Schwager des Generalgouverneur» Healy. Auf einen von den Oberkommiffaren bei der Türkei wegen der jüngsten Ereignisse eingelegten Protest ging eine mündlich« Antwort «in, die als entgegenkommend angesehen wird. Weitere politisch« Nachrichten auf Seite S. zur Halste bekommen, und dtt andere hängt im Frankfurter Polizeipräsidium. Und alle» die« ist wirklich wahr. Sonst wäre es nicht halb so lustig. Stvei ZünfzigjLhrlge Arve! b«!iedtr deutsche L.iähttr begehen ihren fünfzigsten Geburtstag, der Orsterreichec Rudolf Hans Bartsch in Graz und der Berliner Georg Hirschfeld in München. — Bartschs Roman« er halten durch mozaritschen Stnnenglaa^ Tempera- ment und eine tief« Lieb« zur Helmot ihren leuchten- den Retz. Anonym trat er 1905 auf mit seinem Erst ling „Als Oesterreich zerfiel — 184K" und wurde dann innerhalb eines Jahres durch seinen prächtigen Roman „Die Zwölf q»S der Steiermark" berühmt. Al«, dtt daS hold« Spiel zwischen der reizenden Heldin des RomanS und ihre» zwölf jungen Liebhabern, dieser süße Klang von Melan- choltt und Jugendlust, von Schwärmerei und Weh- mut beglückt halt«, mochten auch an Bartschs schnell einander folgenden späteren bittersüßen Romanen und Novellen freudiges Wohlgefallen finden, ob sie nun gleich im Titel sich als „Bittersüße LttbeSge- schickten" ankündioten, ob sie Hannett, da« zürkliche Mädel, mlt den Verehrern, oder Schwammerl, den Mustkumkinngenen, mil seinen Verehrerinnen auS dem Dreimüderl-HaaS schilderten, oder oh sie die Schicksale der Aatndlkinder, daS Leben -er Schau spielerin Llffabeth KöN, -l« schmerzzerwühltt Grazie deS sterbenden Rokoko, das dumpf« Leid d«S Ratio- nalttütenkampfeS feiner steirischen Heimat erzählten. Bel feinem in erster Jugend «rsolatt« Hervor- treten als Dramatiker wurde Georg Hirschfeld alü eine Hoffnung der deutschen BÄ« begrüßt. Vor nahezu 28 Jahren — er oehdrtt al« Ihr füngstc- Mttglied der Freien Bühne" an — worden seine „Mütter" und einige Jahre darauf „Agnes Jordan" von Otto Brohm uraufgesührt und ln der gegen- «artige» Spttlzett hat ihre erfolgreich« Reaein- ffAdttrung mit Darstellern vom Range der Dorsch und Lrtesch die lebendig« Kraft bestätigt, mit der hier Hirschfeld fiese, menschlich« Probleme gestattet hak. Die gleich« zarte Lieb« zu den Kindern erdlch- ttttr Schicksale wach t» feinen Romanen „Freund schafs", das „Müdchen von Lklle", „Die Bel mosche Ecke",
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