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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.02.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192302112
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230211
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230211
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-02
- Tag 1923-02-11
-
Monat
1923-02
-
Jahr
1923
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Vie Juwelen -es Prinzen Zrie-rich Leopold Um ein MMiardenobjekt handelte e» sich in einem neuen Rechtsstreit, der vor dem Land gericht I Berlin »wischen dem Prinzen Friedrich Leopold von Preußen und dem preußischen Finanz minister zur Entscheidung gelangte. Nach der Beschlagnahme des prinzuchen «ermvgen« hatte der Finanzminister al» staatlicher Verwalter zur Tilgung der in der Schweiz entstandenen Ber- dindlichkeiten des Prinzen einen Kredit zur Ber-- Nlgung gestellt und dafür 16 Millionen Mark durch die Preußische Staatsbank aufaewendet. Als Sicherheit hatte sich der Finanzmtnister Hypotheken und die Juwelen de» Drinzen verpfänden lassen, die dem deutschen Gesandten in Bern in Ver wahrung gegeben wurden. Aus Ersuchen de» Prinzen übersandte der Finanzmtnister dem Prinzen im Juni vorigen Jahres einen Konto auSzug, der mit 18'M «XX) Mark abschlotz- Dcr Prinz bot die Zahlung diese- Betrage» an und verlangte Herausgabe der verpfändeten Sachen.* Der Ftnanzminister stellte sich nunmehr aus den Standpunkt, daß er vom Prinzen Rück zahlung in Schweizer Franken verlangen könne, und berechnete scineyorderungaus 16MM0Franc», was nach dem gegenwärtigen Kur» etwa zwölf Milliarden Mark ausmacht. Nur gegen Zahlung diese- Betrages erklärte er sich zur Aushändigung der Schmücklachen bereit. Tas Gericht hat sestgestellt, datz der Finanz minister nicht berechtigt sei, den Kredit in Schweizer Franken zurückzusordern, und hat den Finanz minister zur Herausgabe der verpfändeten Sachen sowie zum Schadenersatz wegen der verzögerten Freigabe und zur Tragung der Kosten des Rechts streit- verurteilt. Mit der kugel im Herzen Po» c inen» Berliner Gericht hatte sich der Korrespondent Nickord Mark wegen Urkunden» »älichnng, B truqc und Untreue in acht Fällen zn nerontMorten. Der Fall des noch jungen Angeklagten hat bereits weiteste Kreise der Wissenschaft beschäftigt, denn Mark »ft ein medizinisches Phänomen, das allen Theorien über die Wirkung von Herzschüssen wider» jpricht. Der Angeklagte war bei einer Kraftwagen» Versicherungsgesellschaft angestellt und hatte mit dec Untersuchung von «olchen Personen z» tun, die bei Automvbilunfällen verletzt worden waren und in» folgedcsten auf eine Entschädigung Anspruch erhoben. Dabei soll er Quittungen gefälscht und die Beträge unterschlagen hoben. Der Verteidiger Dr. Harry Pineno »nachte für den Angeklagten geltend, daß er sich möglicherweise iin Zustand der Bewußtseins» trübung befunden habe. Die ans Antrag der Ver» »eidigung geladenen Gerichtsärzte bezeichnete»» den Angeklagten als ein noch nicht dagewesenes medizi nisches Wunder. Der Angeklagte hat einen Steckschuß unmittelbar am Hei",en erlitten. Das Geschoß ist in dem Augenblick eingeschlagen, als eine Zusammen- ftehuug des Herzens erfolgte. Die Kugel blieb un mittelbar neben dein Herzmuskel stecken, und da sie »richt zu entfernen war, »nacht sie noch heute jede Be wegung des Herzens mit. Dieser Fall ist »n vielen iMibiziu'.jcheu Zcittckcistcn seinerzeit von Autoritäten s hsprochrir morden. Das Gericht beschloß im Interesse dm Angeklagten, diesen in einer Anstalt auf seinen Geisteszustand nnterfnchcn zu lassen. Für iätt Mittiouen perle» verloren. Einen schwere»» Verlust erlitt gestern »ine Berliner Dame. Sie begab sich mit einer Freundin vor» ihrer Wohnung am Lützowufer zunächst nach den» Telegraphrnamt nm Potsdamer Platz und von dort nach Lewalostraße 0 in Schöneberg, um sich photographieren zu lassen. Hier merkte sie beim Umkleiden, daß sie ihre 1 Meter lange Perlenkette, die etwa 150 Millionen Mark Wert hat, verloren luttlc. Auf die Wiederbeschaffung hat sic eine Be lohnung von 3 Millionen Mark ausgesetzt. Preistreiberei im Schuhhanvel In den» Prozeß gegen den Generaldirektor Ziment Rosenberg der Romeo-Neptun A. G. in München. der wegen Zurückhaltung großer Schuhwarenbestände nnd Pretstreiberel vor «in geu Monaten verhaftet wurde, verurteilte da» ^ouchergericht den Ange- klagten wegen Vergehen» der Warenzurllckhaltung tn Tateinheit mit dem vergehen der Handels beschränkung zu 10 Monaten Gefängnis, auf die 3 Monate der Untersuchungshaft anacrechnet werden, und zu einer Geldstrafe von 3 Millionen Mark. Ter größte Teil der beschlagnahmten waren wurde eitlgezogeu. Rosenberg wurde der Handel mit Gegenständen de» täglichen Bedarfs untersagt. Eine Trauerbotschafk für Vstzern. Sticht nur der Fasching ist der Not der Zeit zum Opfer ge fallen, Bayern muß auch noch da» Salvatorbier dahingeden, da» auf Grund de» Verbote» des Neich»ernährung»mintster» tn diesem Jahr nicht gebraut werden darf. Nur für den AuLIand- export darf e» bergestellt werden; da» bedeutet, datz die Valutaschlemmer Oesterreichs, Holland». Dänemarks und überall da, wo etwa» Starke« geschätzt wird, auch tn diesem März sich laben dürfen, daß aber der Münchener, der eigentliche und wirkliche Kenner süßen und schweren Gersten safte» zum Darben verurteilt ist. Mit Recht kann er heut« sagen: „Ja, da legst Di nieder!" Uetzerfall auf etne Lohuträgert». In Wiillnitz ist am Freiroq nachmittag ein im Kalk» und Zement» merk Göschwitz angestelltes 17 jährige» Mädchen, dos 500 000 Mark Arbeitslohn in einen Steinbruch bei Wolluitz tragen sollt», von einem unbekannten, dem Arbeiterstande angehörigen Manne in mittleren Jahre»: überfallen nnd des Geldes beraubt worden. Der Täter ist entkommen. Schwerer Grubenunglück in Amerika Reuter rnelvct aus Denver: Zufolge einer Explosion in einem Hteinkohlerr- bergwerk In rawfo » (Amerika) wurden 122 Bergarbeiter verschüttet. Die Ret tungsmannschaften haben bisher Ivtt Tote geborgen. Eine weitere unbestätigte Nach richt spricht von Toten. Gin Zeppelin für Amerika In der großen Zeppelinwerst am Bodensee geht jrtz» ein für die amerikanische Re gierung erbauter geppelin-Lustkreuzcr seiner Vollendung entgegen. Das Luftschiff, das von den Bereinigte»» Staaten nicht auf Reparationskosten übernommen, sonder»» bar bezahlt wird, wird eines der modernsten und stärksten Luftfahrzeuge werden, hie die Riesenhall« am Bodensee jemals verlassen haben. Hinsichtlich seiner Größe und Antriebskraft übertrifft der für Amerika erbaute Zeppelin nwh! alle seine Vorgänger. Das Schiss wird imstande sein, ohne Zwischen landungen Strecken zurückzulegen, die man noch vor wenigen Jahren als phantastisch bezeichnet hätte. Wie wir ersabren, dürften die letzten Arbeiten an dem Kreuzer im April vollendet werden. Im Mai beginnen dann vom Bodensee aus die ersten Probe fahrten, dtc sich bis über die Alpen ausdehnen sollen. Im Juni wird da« amerikanische Luftschiff nach Berlin übergeführt, von wo aus gegen End« de» Monats die Amerikareis« vorgesehen ist. Der Ozeon- ilug soll ohne Zwischenlandung vorgenommen werden. Dentsche Luftschifführer, Ingenieure und Mechaniker werden die Führung übernehmen. Ozeanflng zweie« Innkers-Flugzeng«. Rach einer Kabelmeldung aus New Bork haben vor einigen Tagen zwei Iunkers-Dasserverkehroslugzeuge, die schön seit einiger Zeit auf Cuba stationiert sind, von San Domingo e»nen »nunrerbrvchenen Flug über das Caraivische Meer noch La Guajara, den Hafen von Caracas, der Hauptstadt Venezuelas, durch geführt. Sie haben die SOO Seemeilen, gleich 900 Kilometer, weite Strecke über den Ozean in acht Stunden zurückgelegt. Für den Verkehr des süd» nmcrikanischen Festlandes mit der »m Welthandel bedeutsamen Inselgruppe, den Großen Antillen, wird dieser Ozeanslnq ganz besondere Beachtung finden müssen. Musik Leitung: wüversisi-r»»nns!kdir.Proi. H »i c d r. K r a n v e S Panliner-Konzert im Gewandhaus Die Bcstimmuirg des Reinertrag«» für die Rhein- und Ruhr-Gpende war auch für die An lage der BortragSfolae richtunggebend geworden: ..Don deutscher Hoffnung und Heimat" hätte darüber stehen dürfen. Wie immer bet den Pau- linern, so gab cd auch diesmal mehrere Neu heiten; die schönste davon Richard Stöhr» klang schönes und stimmung-schwere» „Morgenlied" im der neue»» Fassung). Hieran reichten nun freilich die beiden Uraufführungen — „Wa» die Berge singen" von Alfr. Hartig und „Zuversicht" «mit Klavier) von Joh. Fritzsche — keineswegs. Beide lassen e» noch stark an getstig-ästhettsche« Werten fehlen, sind vielfach unbedacht in'. Plaue hinein komponiert. Manche hübsche/Achtung — besonders ansängltch — ist dem zy^^» *or« gewiß zuzugestehen. Sonderbar hier) ' sse- danke, den Schluß „Nein, deutsches Psn, ^ikst nicht nieder" in etne (sonst tüchtiMZmon* Zsge zn packen. Im übrigen standen/-tzüre bolr Hein rich und Karl Zöllner, Griea/und, ,chöne Zyklus „Landsknechtslieder" (nut Baritonsolo und Klavier» von Stieler-Umlauft a-tf dem Zettel; ferner Gesänge vor» Hugo Wolf, deren vornehme Ausdeutung man Oskar Latzner verdankte, und drei „Spiyweg-Bilder" für Klavier von H. Kaun, deren anheimelnder poesivokler Nach, romanlik der a. B. Herbert Charlier, ein auch technisch schon weit vorgeschrittener Pianist, mit Geschmack nachspürtc. Der Chor stand unter der ebenso umsichtigen wie freudig belebenden Leitung des Universitätsmusikdirektar» Prof. Fried r ich Brand e» in jeder Beziehung auf alter Höhe: Woblklano, Geistigkeit der Au- deutung und Disziplin ließen nicht» zu wünschen übrig. Und das will heute, wo fast die Hälfte der aktiven Sänger gezwungen ist, einem Neben berufe nachzugehen, denn doch etwa» anderes be deuten, als in den bessern alten Zeiten. —n— Kur -en konzertsLlen Da« verstärkte Leipziger Sinfonie- Orchester unterstellte sich tn eine» zmn Dorkelle der Ruhr- and Rheinlandhilf« veranstalteten Veekkovenkonzerke tn der Alderthalle dem Stabe »es Herrn Otto Laug«. Dieser Dirigent. d«r übrigen» da» Konservaiorium tn Hagen leitet, hat sich um die Kapelle mancherlei Verdienste insofern erworben, als er sie in kritischer Zeit mit Rat und Tat unlersttlhte. Nun ober galt es zu zeigen, in wieweit er in reln künstlerischen Dingen mit dem Orchester tnnerllch Fühlung gewonnen hat. Man darf sagt», er ist ein straffer energischer Führer voller Zielbewußtsein, freilich aber auch ohne jene Kongenialikät, die durch ogogisch« Mittel und feinste Retuschen da» Kunstwerk völlig durchleuchtet. Kurzum, eS wurde brav und tüchtig musiziert. Mit der Loriolan-Ouverture sowie der D-dur-Sinfonie und der Eroica war elne Zusammenstellung gegeben, die dem Geiste der Zeit entspricht: Erschütternde«, Tröstliches, Heldenmütige». —K— Zwei hier bekannte Musiker widmeten lhre reif« Künstlerschasi der Schubert - Ausdeutung: Frau Catharina Bosch . Mvckel und Paul Otto MSckel. Geigerin und Pianist haben ln jahrr- longem gemeinsamen Musizieren «in ausgeglichenes Zusammenspiel erreich!: über ihre Vorzüge ist kaum Neues zu sagen. Gleich bet dem ersten Stück, der selten zu hörenden Fantasie tn C-Dur, Op. ISS. kam di« edle Kantilene der Geigerin zu voller Geltung. In diesem interessanten, zwischen elegischem und überschäumend freudigem Ausdruck» wechselnden Werke sprüht der Gcniefnnke Schuberts auf und überglSnzt die naturgemütz weniger zündenden «Kade. »Nischen Perioden der Fankaste, in d«nen die Ein- pedung weniger reich stießt. Sonatine Op. 187 und Nando brillant vervollständigten daS Programm. K. Einen Eindruck ganz besonderer Art hinterließen die Orchesierkomposttionen von Iosö BarradaS (Mexiko) — sie interessierten, pachten aber den Zu hörer nicht. Die Partitur »st trotz mancher Wogner- Skrauh-Tönung nicht gerade kompliziert gearbeitet. Neben berückenden Mischungen der einzelnen Klang- Körper sieben Stellen, di« un» banal anmuten: so stellt man sich etwa ein merikanischeS Gartenkonzerk vor. Zumal da Programm-Mustk getrieben wird, di« über oaS Ziel hinaußschieht. Ein besonderes Lob gebührt Herrn Kapellmeister Bohnke und dem na» ihm geleiteten Leipziger Sinfonie-Orchester. — Da Elsa Liebe treu (Klavier) und August Link (Violoncello) künstlerisch Wertvolle- spendeten, war ihr Konzert schlecht besucht. DaS Zusammenspiel war zwar gewiß nicht erstklassig (das Klavier ver urteilte da» Cello reichlich oft zur knhörbarkett), aber man spürte da» geistige Eindringen tn di« ge spielten Werk». Ganz ausgezeichnet war die durch und durch orchestral« Auffassung von Dring» A-Moll- Sonat« und bi« tamm«rmvsikmätzia« Wiedergabe her Variatioos eonesrtantas von Mendetsohn; da gegen »urd« Richard Strauß' F»Dur-Sonate nicht recht zusammenaehalten. Der Cellist muß gegen di« Schärf« seines Furie, die Pianistin an der Klarheit der Tonietterpassagen arbeiten. S. Nsrklratz tür cke kernauLage Deutschland» »echt auf Nechtrverivahrimg Berkin, 8. Februar. Die deutsch« Negierung hat heute in Paris eine Note überreichen lassen, bi« sich mit der französi schen Not« vom 4. Februar befahl, tn der die fran zösische Negierung angekünbigt hatte, daß sie in Zu kunft keine Schreiben mehr entgegen lieh me,» werde, die irgendein« Kritik der Fest- stellvnaen der Reparation-Kommission »der der in folge diese: Feststellungen getroffenen Maßnahmen enchielien. Die deutsche Negierung bestreitet der französischen Negierung das Necht dazu und weist darauf hin, daß der Beschluß der Reparetionskom. Mission, der eine allgemein« Verfehlung Deutschlands feststellt«, nicht einstimmig gefaßt worden ist. Wenn die französische Negierung eS fetzt ein für allemal ablehne, deutsch« Vorstellungen gegen -le von ihr getroffenen oder noch beabsichtigten Maßnahmen auch nur anzuhören, dann erhicke st« damit den Anspruch, datz alles, was st« nach ihrem beliebigen Ermessen getan hat oder tut, von Deutschland sttil- schwetgend hlngenommen werden muh. Die deutsch« Negierung werde sich jedoch nicht hindern lassen, den französischen Maßnahmen auch in Zukunft das ent- g«genz»»halt«n, waS ihnen nach Recht und Gerechtig keit entgegengehalten werden müsse. HollSn-lsche Milch für -ar kuhr-eblet Et,euer rrstztSertcktt de» Leid,»perrasedlaltes Este», 9. Februar: Die Milcbversorgttng des Industriebezirks ist durch einen Benrag mit dem großen holländischen Milchkonzern gesichert worden. Es sollen täglich 59 006 Liter Milch nach dem Ruhrbezirk geschafft werde»» zum Preise von etwa 12—14 holländischen Cents ad Melker«, d. h. das Liter Milch an Ort und Stelle würde etwa 2009 -tl kosten. Das Reich wird einen grasen Zuschuß geben müssen, um die Milch e,n verbilligen »md den zahlreichen Verbrauchern der» Genuß zu ermöglichen. In Len letzten. Togen macht sich die Tätigkeit fran zösischer Flieger ziemlich bemerkbar. Dies hängt damit zusammen, daß mau der Ingenieurkommission und ihron Beauftragten bisher den Zutritt und den Aufenthalt auf den Bergwerken verweigert hat, wo diese Beobachtungen für künftige Maßnahmen machen wollten. Deshalb macken jetzt Flugzeuge aus geringer Höhe photographische Aufnahmen der Grubenanlag-i». ZranzSfische UMitürjuftiz Et,euer Draht»er»«tde» Le«d,»s«rrsse»Klte» Düsseldorf, 9. Februar Del den Kundgebungen in Düsseldorf am S5. Januar wurde eia« Anzahl Leute von fran zösischen Soldaten festgenommen. Heute gibt der französische General bekannt, daß 14 Leute zu Ge fängnisstrafen von 8—30 Tagen verurteilt worden seien, weil sie aufrührerische Rufe aus- gestoßen, die Beiotzungetruppen durch Worte und Bilder beschimpft Haden oder gegen französische Sichcrheitsbeamte tätlich geworden seien. In Koblenz verurteilte das französische Militär» polizergericht zwei evangelische Pfarrer zu 10900 und 2VWGeldstrafe, »veil sie die Bevölkerung in Predigten aufgereizt hätten. In Zweibrücken hatte sich der I. Staats- anwalt der Requisition des Gefängnisses durch die Besatzungstruppen widersetzt. Er wurde von Sol daten verhaftet und, nachdem da» Gefängnis ge- räumt worden «ar, als erster Gefangener dorthin eiugelieferi Kohlenferien in -en Berliner Schulen Berlin S. Februar. Dec BerÜrr» Magistrat hat ohne Befraguirg der Stodlverordnefenverscnnmlung eine Neih« von Ber- ttner Gemeustxschulen geschlosfe». Di« SchKe- hong wird mit der infolge der Besetzung deS Ruhr gebiets in absehbarer Zeit zu erwarteten Kohlen knappheit begründet. 3n der Stadkverordneteu- versammluug herrscht große Erbitterung über diese Kohl«nfert«n, um so mehr, als der Magistrat die Absicht haben soll, sämtliche Berliner Schulen bis Ostern schließen zu lassen. Der Kohlenkommissar hat die Schließung -er Schulen als nicht erforderlich bezeichnet, da genügend Kohlen vorhanden feien. Maßnahmen gegen Len Marksturz Grahioertcht unserer Berkiuer Swrtktleituns Berlin, S. Februar. Der wirtschaftspolitische und der finanz politische Ausschuß -es Reichswirtschaftsrates be schäftigten sich in ihrer letzten Sitzung mit den Maßnahmen gegen den Verfall der deutschen Währung. Mit großer Mehrheit wurden Richtlinien angenommen, die dem Reichswirtschoftsrat als für die Regierung geeignete Mittel erscheinen, der Vernichtung der deutsch«» Währung entgkgen-uwirken. Gefordert wirü ern:; Intervention der Reichsbank auf den ausländifver» Börsenplätzen, Fernhaltung der Finanzwechsel vom Diskont der Reichsbank, Schaffung c»ncs ausreichen den Devisenfonds zur Befriedigung des Import- bedarfe, der Wirtschaft, sowie Bemühungen un» ausländische Kredite. Ferner wird die Wdamuiung der Devisenspekulation und die Beschränkung d:s freien Devisen- und Notenhandel» durch die Errich- tung einer Devisenzenrale gefordert. Wei tere notwendig« Maßnahmen sind die Eröffnung von Goldkrediten bei der Reichsbank gegen Einzahlung von Devisen, Auflegung einer inneren wertbeständi gen Anleihe, beschleunigte Einziehung der bestehen» den Steuern und beschleunigte Abführung des Lohnabzug» und der Umsatzsteuer, schließlich die Er fassung eines über das jetzige Maß hinausgehenden Teiles von Exportdcvisen. ver warschauer Metropolit ermordet Warschau, S. Februar. Gestern abenb wur-e Vas Haupt Der Orthodoxe» i« Polen, der Warschauer Me tropolit Georgi von dem Esholmer Archi mandriten Smaragd Lathszenko durch drei Revolverschüsse getötet. Rach Aussagen des Mörders ist der Grund zur Lat darin z« suchen, dast der Metropolit Den polni sche« Bestrebungen entgegen arbeitete, durch die die orthodoxe Kirche Polens von Ver rnsfischen Kirche losgelöst werden soll. Der besondere Anlaß sei die in dieser Ab sicht erfolgte Amtsentsetzung der orthodo xe» Bischöfe in Pinsk, Wilna und Grodno, die Gegner dieser Soslösungsbestrebungen sind. Z' Der deutsche Generalkonsul für Memel. Graf Wedel, ist daselbst emgeiroffcn und Hal die Geschäfte übernommen. Der deutsche Eisenbahnerverband, die Gewerkschaft deutscher Eisenbahner und der All gemeine Post» und Eisenbahnerverband i»n Saar gebiet haben in einer Eingabe an die Rcgierunge- kommifsion unter Hinweis auf die seit Einführung des Frankens sich immer weiter verschlechternde Lage der Beamten und Arbeiter um sofortige Einleitung von Verhandlungen wegen Erhöhung der Teuerungszulage ersucht. Man muß damit rechnen, daß, wenn die Negierungskommission dieses Ersuchen ablehnt, zu dem Bergarbeiterstrerk auch ein Eisenbahner- und Poststreik hinzutritt. Krchipenko Als Alexander Archipenko vor etwa zehn Jahren in der Galerie Del Vecchio einige Proben seine» Kunst zeigte, waren es zumeist Entwürfe in Gips. Es wirkt«, in unedlem Material ausgcführt und in» Verein mit der Programmalerei italienischer Futuristen, damals mehr wie «in Bluff. Jetzt bringt, vielleicht zum letztenmal in Deutschland, der Kun st verein eine umfassende Kollektion: Ar beiten in Stein und Bronze, Keramik, Zeichnungen und die von ihm geschaffen« Skulvta-Malerei. Ver suchen wir, aus so verschiedenen Dokumente»» Kern und Wackttum seines Wesen« festzustellen. Ohne daß damit eine chronologische Konstruktion versucht werden soll, bietet sich «in halbe» Dutzend großer Aktzeichnungen als Ausgangspunkt für da» Verständnis dar. Kärperbildung und Be» wegungsmotiv wecken hier Erinnerungen an Michel» angelo und an die von ihm abgeleitete dekorative Plastik des Barock; und so sehr mar» auch den Ge» danken an cii» bewußtes Herübernehmen bestimmter Anregungen ausschaltcn muß, so zeigt di« Verwandt» schäft doch zweierlei, das für das Schaffen de» Bild» ners Archipenko von durchgehender Bedeutung bleibt: Er arbeitet mit dem Kontur (in diesem Falle mit dem breit ausladenden und sehr bewegten Kon» tur) und unter starker Zuhilfenahme de» Lichts. Zu ausdrucksvollen Linien, die uns zur Einfühlung in ihr Eigenleben zwingen, und zu gleichsam im Lichte schmelzenden Masse»» wird die organische Form umgebildet. Aber man kann einen Plastiker nie »»ach b*ick>' nungen allein beurteilen; den Grad seiner Fähig keiten erweist er erst in der Behandlung d-s Ma terials. In dieser Peztehuvg gibt ein Werk wie der Graue Torso kostbare Ausschlüsse. Wir finden eine wunderbare Zartheit und Lebendigkeit der Epidermis sowohl, wie der ganzen von innen heran» wachsenden Struktur; einen Künstler, der durch den Stein nicht nur die Sensibilität unserer Finger spitzen zu erregen, sondern das Organgefühl unseres ganzen Körpers in Schwingung zu setzen versteht. Diese scheinbar so weit ins Abstrakte geführte Kunst ist in Wahrheit auf dem Boden ein« vollsinnlichen Plastizität erwachsen. Daß sie dabet schon hier, wle dann so ost, von vornherein auf den Torso ausgeht, Extremitäten und Kopf ausschaltet, ist nicht etwa «ine entschuldbare Lizenz, sondern künstlerische Weis heit, die aus strengste Geschlossenheit drängt. Ge stalten — kann man in Erweiterung eines Lieber- monnschen Wortes sagen — ist die Kunst, wegzu» lassen. Vollständigkeit bleibt ein Bedürfnis von Ignoranten. Bon solchen Voraussetzungen aus wird man ohne Mühe die Schönheit gewisser Arbeiten inne- werden: Den kleinen Marmortorso, eine der edelsten Schöpfungen, die aus der Hand eines Modernen hcroorgegangen; wo nun der Schwung des Konturs in eine betonte Linie gebannt und, trotz dieser Einstellung auf einen bestimmten Aspekt, das Blühen de» Fleisches im Licht von allen Seite»» der fühlbar wird. Den Torso in Bronze (vor der Säule), der die Dreidimensionalität noch mehr aufs Flache reduziert und die Willkür des Aus schnittes zu einer entzückenden Arabeske steigert. Die größeren F r a u e n st a t u e n, wo der steile Auftrieb in Schenkeln und Hüften an gewisse Meister der Spärrenaissance denken läßt. Schwierig wird es erst, wenn der Künstler eine neue Methode zu Hilfe nimmt und, aller plasti- schen Gewohnheit entgegen, nickt mehr wölbt, son» dern höhlt. Kommt man zunächst wieder von dein Zeichner Archipenko her, der ja häufig den mensch» lichen Körper in stereometrische Elemente zerlegt und daraus eine Bildkomposition macht, so liegt der Schluß nahe, daß es nun auch den Plastiker reizen mußte, kubistische Gesetze auf seine Kunst anzuwen» den. Aber man soll auch hier, wie stets vor Wer» ken bild:ndsr Kunst, nicht tüfteln, sondern sehen. Und man wird, wenn mm» diese Statuetten au« einiger Entfernung betrachtet und um sie herumgebt (oder sie langsam dreht), gewahr werden, daß diele abstruse Methode ein genial erfundenes Mittel ist. Worauf es dem Künstler dabei ankommt, ist dir Kanalisation des Lichts und die Regulierung der Reflexe, so daß sie von sich aus die plastische Form bauen helfen. Bleiben die Skulptomalereien. Do» sind halb mit malerischen, halb mit plastischen Mitteln hergestrllte Gebilde, eine neue Art Relief, aus kubistischer Anschauung heraus geschaffen. Daß ein Mensch mit so verfeinertem Sinn für Lichtwirkunq auch zur Farbe gedrängt wird, versteht man ohne weiteres; und tatsächlich besitzen diese Dinge ein höchst kultivierte» Kolorit. Daß in der Kollektion auch einige weniger ge glückte Experimente (Frau mit Schirm) zu finden sind, braucht nicht verschwiege» zu werden. Ader warum sollt« man, wie der Pädagoge mit dem Bakel, sich ausgerechnet auf eine klein« Unebenheit stürzen? Mollen wir un» nicht lieber an der Schönheit freuen, di« hier vor un» ausgebreiret liegt? An dem Mut de« Meisters, der ein« Tradition von Jahrhunderten durchbricht und neue Möglichkeiten aufschlicßt? Dir wolle»» e§. _ Bf. S>Ir»p.
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